Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist eine durch Zecken übertragene Viruserkrankung, die Entzündungen der Hirnhaut, des Gehirns und des Rückenmarks verursachen kann. Obwohl nicht jeder Zeckenstich zu einer FSME-Infektion führt, ist es wichtig, die Risiken zu kennen und sich entsprechend zu schützen.
Was ist FSME?
FSME ist eine akute Entzündung der Hirnhäute, die oft auch das Gehirn und das Rückenmark betrifft. Ausgelöst wird sie durch das FSME-Virus, das in Deutschland fast immer durch Zecken übertragen wird. Daher wird die Erkrankung auch Zeckenenzephalitis genannt. Seltener erfolgt die Übertragung durch virusinfizierte Rohmilch von Ziegen, Schafen und - extrem selten - von Kühen. Eine FSME-Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nur bei einer Organtransplantation möglich.
Wie häufig ist FSME?
Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 706 FSME-Erkrankungen registriert. Die Fallzahlen sind von Jahr zu Jahr recht unterschiedlich. Hauptsächlich infizieren sich Menschen bei Freizeitaktivitäten in der Natur mit FSME, beispielsweise beim Zelten oder Wandern. Die meisten Erkrankungen beobachtet man im Frühjahr und Sommer.
Kinder halten sich häufiger im Freien auf und werden deshalb auch häufiger gestochen als Erwachsene. Sie sind deshalb generell gefährdeter, an FSME zu erkranken. Bei ihnen verläuft die Infektion in der Regel mild und heilt ohne bleibende Schäden aus.
FSME darf nicht verwechselt werden mit einer anderen Erkrankung, die durch Zecken übertragen wird: Lyme-Borreliose. Dabei handelt es sich um eine durch Bakterien (Borrelien) ausgelöste Krankheit. Anders als bei FSME gibt es keine begrenzten Borreliose-Gebiete. Die Borreliose kommt in allen bewaldeten und pflanzenbewachsenen Gebieten in Europa und Nordamerika vor. Bei rechtzeitiger Diagnose ist die Borreliose gut heilbar.
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Wahrscheinlichkeit einer FSME-Infektion nach Zeckenstich
Nicht jeder Zeckenstich führt zu einer FSME-Infektion, und nicht jede Infektion führt zur Erkrankung: In den Risikogebieten tragen im Schnitt nur etwa 0,1 bis 5 Prozent der Zecken das FSME-Virus in sich. Kleinräumig kann die Durchseuchung aber sehr stark schwanken.
Wenn infizierte Zecken einen Menschen stechen und dabei das Virus übertragen, entwickelt auch nur ungefähr ein Drittel dieser Betroffenen tatsächlich eine klinisch erkennbare Frühsommer-Meningoenzephalitis (mit Symptomen wie Kopfschmerzen, Fieber etc.). Bei den meisten FSME-Infizierten zeigen sich keine Symptome.
Allerdings sollte man bedenken, dass die Erkrankung dennoch schwerwiegend verlaufen und sogar tödlich enden kann: Der Heilungsprozess kann sich über Monate hinziehen. Manchmal bleiben dauerhafte neurologische Einschränkungen (wie Konzentrationsprobleme) zurück. Bei etwa einem von hundert Betroffenen führt der FSME-Befall des Nervensystems zum Tod.
FSME-Risikogebiete in Deutschland
Die FSME tritt vorwiegend in bestimmten Endemiegebieten auf. Diese liegen in Süddeutschland (Baden-Württemberg, Bayern, Südhessen) sowie in Teilen von Österreich und der Schweiz, in Skandinavien und Osteuropa. In Höhenlagen über 1.000 Meter kamen bisher fast keine Zecken vor.
Seit Beginn der Meldepflicht für FSME-Erkrankungen im Jahr 2001 wurden zunehmend mehr Regionen in Bayern zum FSME-Risikogebiet erklärt. Große Teile Bayerns - 95 der 96 Landkreise und kreisfreien Städte - sind bereits FSME-Risikogebiet. Um sich vor der - zumeist über Zecken, selten über Rohmilch und Rohmilchprodukte übertragenen - schweren Infektionskrankheit FSME zu schützen, empfiehlt die Ständige Impfkommission am RKI (STIKO) die FSME -Impfung allen Personen, die sich ständig oder zeitweilig in Risikogebieten in der Natur aufhalten und so Kontakt mit Zecken haben können.
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Eine Karte der FSME-Risikogebiete findet sich auf der Seite des Robert Koch-Instituts. Diese zeigt genauer an, in welchen Landkreisen das Risiko erhöht ist.
Symptome einer FSME-Erkrankung
Nicht jeder Stich einer infizierten Zecke führt zu einer Infektion beim Menschen. Nach erfolgter Infektion treten bei rund 30 % der Infizierten Krankheitserscheinungen auf. Die Krankheit verläuft in der Regel in zwei Phasen:
- Zunächst kommt es zu grippeähnlichen Symptomen mit mäßigem Fieber (in der Regel nicht über 38 °C), Kopfschmerzen, Erbrechen, Schwindelgefühl.
- Nach einem fieberfreien Intervall von etwa einer Woche bis 20 Tagen entsteht bei ca. 10 % der Patienten eine Meningoenzephalitis (Hirnhaut- und Gehirnentzündung) mit Fieber, Erbrechen, meningealen Reizerscheinungen, vereinzeltem Auftreten von Stupor oder Koma. Vorwiegend bei älteren Patienten kann sich zusätzlich eine Myelitis (Rückenmarksentzündung) entwickeln.
In Einzelfällen besteht die Gefahr von bleibenden neurologischen Ausfällen, in der Regel in Form von Lähmungserscheinungen, Anfallsleiden oder lange andauernden Kopfschmerzen. Diese Symptome können oft erst Monate nach der Erkrankung auftreten. Häufig kommt es jedoch selbst nach schweren Verläufen zur völligen Heilung. Schwere Krankheitsverläufe werden meist bei Erwachsenen beobachtet. Die FSME verläuft bei ca. Die FSME kann nicht ursächlich behandelt werden. Lediglich die Symptome können gelindert werden, z. B. Spätschäden lassen sich dadurch nicht verhindern.
Diagnose von FSME
Zunächst führt der Arzt oder die Ärztin ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen, um die Krankengeschichte zu erheben (Anamnese): Die auftretenden Beschwerden werden dabei genau berücksichtigt. Wichtig zu wissen ist auch, ob ein Aufenthalt in einem FSME-Risikogebiet stattgefunden hat und es in den letzten Wochen zu einem Zeckenstich gekommen ist. Allerdings bemerken viele Patienten und Patientinnen den Zeckenstich gar nicht, weil der Speichel einer Zecke unter anderem betäubende Substanzen enthält. Das bedeutet: Auch wenn sich die Betroffenen an keinen Zeckenstich erinnern können, schließt das FSME nicht aus.
Auf das Anamnesegespräch folgen Blutuntersuchungen: Bei einer FSME sind verschiedene Entzündungsparameter erhöht (Anzahl der Leukozyten, Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP). Außerdem wird nach spezifischen Antikörpern gegen FSME-Viren im Blut gesucht.
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Normalerweise sind bei einer Infektion etwa zwei bis vier Wochen nach dem Zeckenstich spezifische IgM-Antikörper (Immunglobulin M) nachweisbar. Etwa ein bis zwei Wochen später finden sich dann auch spezifische IgG-Antikörper (Immunglobulin G) im Blut der Erkrankten.
Die Diagnose FSME steht fest, wenn sowohl spezifische IgM als auch IgG im Blut nachweisbar sind, die Betroffenen die entsprechenden Krankheitssymptome zeigen und nicht gegen FSME geimpft sind.
In seltenen Fällen werden bei einer FSME-Infektion keine spezifischen IgM gebildet, etwa bei einem geschwächten oder medikamentös unterdrückten Immunsystem. Die Diagnose stützt sich dann auf andere Werte: Der signifikante Anstieg an spezifischen IgG-Antikörpern liefert einen deutlichen Hinweis auf die Infektion.
Zusätzlich kann eine Probe der Gehirn-/Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) entnommen werden (Liquorpunktion). Sie wird im Labor auf spezifische Antikörper und auf Spuren des Erbguts der FSME-Viren hin untersucht. Das Virenerbgut ist allerdings nur während der ersten Krankheitsphase im Liquor nachweisbar. Später kann nur noch die Antwort des Immunsystems auf die Erreger - in Form von spezifischen Antikörpern - gemessen werden.
In manchen Fällen kann man zusätzlich detaillierte Bilder des Gehirns mittels Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) anfertigen. Das ist vor allem hilfreich, um eine Gehirnentzündung durch FSME-Viren von einer Gehirnentzündung durch Herpes-simplex-Viren abzugrenzen.
FSME ist meldepflichtig. Wird eine akute FSME durch direkten Virusnachweis (Erbgut) oder indirekten Virusnachweis (spezifische Antikörper) festgestellt, muss das dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden.
Behandlung von FSME
Da es keine ursächliche Therapie gegen die FSME gibt, stellt die Impfung - neben allgemeinen Abwehrmaßnahmen gegen Zecken (z. B. Die Ständige Impfkommission am RKI (STIKO) empfiehlt die FSME-Impfung allen Personen, die sich ständig oder zeitweilig in Risikogebieten in der Natur aufhalten und so Kontakt mit Zecken haben können. Für einen vollständigen Impfschutz für die Dauer von ca. 3 bis 5 Jahren sind in der Regel 3 Impfungen im Zeitraum eines Jahres notwendig, wobei bereits nach den ersten 2 Impfungen ein zuverlässiger Schutz für ca. 1 Jahr besteht. Aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes sollten die regelmäßig notwendigen Auffrischimpfungen nicht vergessen werden, welche im Abstand von 3 bis 5 Jahren (abhängig vom Alter und vom gewählten Impfstoff) erfolgen sollten.
Die Therapie erfolgt symptomatisch.
Vorbeugung von FSME
Ein wirksamer Schutz gegen FSME ist die FSME-Impfung. Man kann aber noch mehr tun, um einer Infektion vorzubeugen - indem man Zeckenstiche möglichst vermeidet. Dazu sollten Sie folgende Ratschläge beherzigen:
- Tragen Sie beim Aufenthalt in Wäldern, Gebüsch und hohem Gras geschlossene Schuhe, lange Hosen und langärmelige Oberteile. Stecken Sie die Hosenbeine in die Socken, dann muss die Zecke den Weg über die Kleidung nehmen - dort fällt sie leichter auf. Aus dem gleichen Grund ist helle Kleidung sinnvoll.
- Tragen Sie ein Zeckenschutzmittel (Repellent) auf. Beachten Sie, dass es nur eine zeitlich begrenzte Wirkung hat und keinen 100-prozentigen Schutz bietet.
- Berühren Sie keine wilden Tiere wie Mäuse oder Igel. Diese haben oft Zecken.
- Nach einem Aufenthalt im Freien sollten Sie die Kleidung und Ihre Haut nach Zecken absuchen. Die Blutsauger bevorzugen weiche, warme Körperstellen. Deshalb findet man sie oft in den Kniekehlen oder Leisten, unter den Achseln, im Bauchnabel, in der Ellenbeuge, im Genitalbereich, hinter den Ohren sowie am Kopf und Haaransatz.
Wenn Sie eine saugende Zecke entdecken, sollten Sie sie möglichst schnell entfernen. Haben Sie keine Pinzette dabei, behelfen Sie sich mit den Fingernägeln. Lösen Sie Zecke vorsichtig und möglichst rückstandslos aus der Haut.
FSME-Impfung
Die FSME-Impfung ist eine wirksame Möglichkeit, sich vor der Erkrankung zu schützen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung allen Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten und gegenüber Zecken exponiert sind, sei es durch Freizeitaktivitäten oder durch berufliche Exposition.
Für die Grundimmunisierung sind drei Impfstoffdosen erforderlich. Eine Indikation für eine Impfung besteht für Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten und gegenüber Zecken exponiert sind, sei es durch Freizeitaktivitäten oder durch die berufliche Exposition bei z. B. Um die Indikation einer FSME-Impfung für eine Auslandsreise zu klären, siehe STIKO-DTG-Reiseimpfempfehlungen. Falls ein Aufenthalt in einem FSME-Endemiegebiet vorgesehen ist und sich ein Expositionsrisiko abzeichnet, ergibt sich eine Impfindikation (siehe Impfempfehlungen der STIKO).
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