Ein Zeckenbiss kann verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen, darunter auch Lähmungen im Gesicht. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der Zeckenbiss-assoziierten Gesichtslähmung, auch bekannt als Fazialisparese.
Was ist Borreliose und wie hängt sie mit Zecken zusammen?
Die Lyme-Borreliose, auch bekannt als Lyme-Krankheit, ist eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien der Art Borrelia burgdorferi verursacht wird. Diese Bakterien werden hauptsächlich durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen. Zecken haben einen Stechrüssel, durch den sie Blut saugen. Dabei können Krankheitserreger in die Blutbahn von Menschen und Tieren gelangen. Somit ist ein Zeckenstich und nicht - wie umgangssprachlich oft behauptet - ein Zeckenbiss für eine Borreliose verantwortlich.
Verbreitung und Risikofaktoren
Borreliose ist in Deutschland weit verbreitet, wobei die Zahl der infizierten Zecken je nach Region variiert. Die Krankheit tritt gehäuft in den Monaten Juni bis August auf. Das Risiko einer Infektion hängt vom Alter der Zecke ab, da ältere Zecken mehr Wirte gestochen haben und somit eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie mit Borrelien infiziert sind.
Etwa einer von 100 Menschen, die von einer Zecke gestochen werden, erkrankt tatsächlich an Borreliose - das sind in Deutschland jährlich etwa 3 Krankheitsfälle pro 10.000 Personen. Die meisten Infektionen bleiben jedoch ohne Symptome.
Symptome der Borreliose
Die Symptome einer Borreliose können vielfältig sein und sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten manifestieren. Ein typisches Anzeichen ist die Wanderröte, die bei etwa 90% der Krankheitsfälle auftritt. Weitere Symptome sind:
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- Wanderröte (Erythema migrans): Eine ringförmige Hautrötung, die sich um die Einstichstelle bildet und sich langsam nach außen ausbreitet. Die Rötung ist mindestens fünf Zentimeter groß und hat oft eine blasse Mitte.
- Grippeähnliche Beschwerden: Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber, Lymphknotenschwellungen oder Müdigkeit.
- Hautveränderungen: In seltenen Fällen können sich knötchenartige oder blaurote Schwellungen der Haut an Ohren, Brustwarzen oder im Genitalbereich bilden. In Ausnahmefällen kann die Haut eine chronische Entzündung (Acrodermatitis chronica atrophicans) entwickeln.
- Herzbeteiligung: In sehr seltenen Fällen kann eine Entzündung des Herzens (Lyme-Karditis) auftreten, die mit Herzrhythmusstörungen einhergehen kann.
- Befall des Nervensystems (Neuroborreliose): Brennende Nervenschmerzen, Gesichtslähmung oder Schäden des zentralen Nervensystems. Mögliche entzündliche Nervenreizungen können in seltenen Fällen zu Taubheitsgefühl, Seh- oder Hörstörungen sowie zu Lähmungen des Rumpfes, der Arme oder der Beine führen. Bei Kindern äußert sich die Neuroborreliose oft in Form einer Hirnhautentzündung (Meningitis), die mit starken Kopfschmerzen und Gesichtslähmungen verbunden ist.
- Chronische Gelenkentzündungen (Lyme-Arthritis): Entzündungen in den Gelenken, die meist die Kniegelenke betreffen, aber auch die Sprung-, Ellenbogen-, Finger-, Zehen- und Handwurzelgelenke. In der Regel treten die Entzündungen schubweise und wiederkehrend auf.
Neuroborreliose und Gesichtslähmung
Wenn die Borrelien das Nervensystem befallen, spricht man von einer Neuroborreliose. Diese tritt bei etwa drei Prozent der von Borreliose betroffenen Menschen auf. Die Beschwerden treten meist wenige Wochen bis Monate nach dem Zeckenstich auf. Typische Symptome sind:
- Brennende Nervenschmerzen, die sich vor allem nachts verschlimmern.
- Gesichtslähmungen, die ein- oder beidseitig auftreten können.
- Entzündliche Nervenreizungen, die zu Taubheitsgefühlen, Seh- oder Hörstörungen sowie Lähmungen führen können.
Bei Kindern äußert sich die Neuroborreliose häufig in Form einer Hirnhautentzündung (Meningitis), die mit starken Kopfschmerzen oder plötzlichen Gesichtslähmungen einhergehen kann.
Diagnose der Borreliose
Die Diagnose der Borreliose erfolgt in erster Linie über die typische Hautrötung (Wanderröte). Eine Blutuntersuchung im Labor kann helfen, die Diagnostik zu unterstützen. Allerdings bedeutet der Nachweis von Antikörpern lediglich, dass das Immunsystem im Lauf des Lebens bereits einmal Kontakt zu Borrelien hatte, nicht aber, ob es sich um eine frische Infektion handelt.
Behandlung der Borreliose
Je eher die Borreliose erkannt wird, desto besser lässt sie sich behandeln. Die Borreliose-Therapie setzt auf Antibiotika. In der Regel wird ein Antibiotikum mit dem Wirkstoff Doxycyclin oder Amoxicillin verordnet, das zwei bis vier Wochen lang eingenommen werden muss. In bestimmten Fällen kommt auch eine intravenöse Gabe eines Antibiotikums in Frage. Meist heilt eine Borreliose folgenlos ab.
Wegen möglicher Nebenwirkungen und der Seltenheit der Erkrankung ist es nicht zu empfehlen, nach einem Zeckenstich sozusagen „auf Verdacht“ mit einem Antibiotikum zu behandeln.
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Neuroborreliose: Spätfolgen & Therapie im Spätstadium
Die Neuroborreliose ist eine komplizierte Verlaufsform der Lyme-Borreliose, der häufigsten durch Zecken übertragenen bakteriellen Infektionskrankheit in Europa. Bei der Neuroborreliose haben sich die Bakterien bis in das Gehirn und das Nervensystem der Patienten ausgebreitet.
Bei der Neuroborreliose unterscheidet man eine Frühform und eine Spätform. Bei der frühen Neuroborreliose kann es wenige Tage bis Wochen nach der Infektion zu allgemeinen Symptomen wie Krankheitsgefühl, Muskel- und Gelenkschmerzen, leichtem Fieber oder Nachtschweiß kommen. Bei der späten Neuroborreliose treten noch Monate bis Jahre nach der Infektion Beschwerden des Nervensystems auf.
Die wichtigste Maßnahme nach der Diagnose einer Neuroborreliose ist die Antibiotika-Therapie. Damit werden die Bakterien, die die Symptome verursachen, abgetötet. Am häufigsten werden die Wirkstoffe Doxycyclin (als Tabletten) sowie Penicillin, Cefotaxim oder Ceftriaxon als Infusion verabreicht.
Andere Ursachen für Gesichtslähmungen
Neben der Borreliose gibt es auch andere Ursachen für Gesichtslähmungen, die im Folgenden erläutert werden:
Idiopathische Fazialisparese
Periphere Gesichtsnervenlähmungen sind mehrheitlich idiopathisch, haben also keine eindeutig erkennbare Ursache. Manchmal wird die Lähmung auf eine Beeinträchtigung des Gesichtsnervs durch Kälte oder Viren zurückgeführt.
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Ohrerkrankungen
Der Gesichtsnerv verläuft streckenweise unmittelbar neben Hör- und Gleichgewichtsnerv im inneren Gehörgang im Felsenbein, einem Teil der Schädelbasis. Daher ist er nicht selten auch von Krankheitsprozessen betroffen, die sich im mittleren Ohr abspielen. Meist gehören periphere Gesichtslähmungen zu den Komplikationen, die sich bei schweren akuten wie chronischen Mittelohrentzündungen entwickeln können.
Guillain-Barré-Syndrom
Diese Erkrankung gehört zu den sogenannten Polyradikuloneuritiden. Das bedeutet, dass Nervenwurzeln, Rückenmarksnerven und/oder periphere Nerven entzündet sind. Das führt zu Lähmungen und Bewegungsstörungen in unterschiedlichen Körperbereichen. Die Ursachen sind noch nicht geklärt.
Verletzungen und andere Schäden im Bereich des Gesichtsnervs
Bei einer Kopfverletzung durch einen Aufprall oder heftigen Schlag kann auch die Schädelbasis in unterschiedlichen Abschnitten brechen. Verläuft der Bruch im Bereich des Felsenbeins, ist häufig der Gesichtsnerv mit betroffen. Knochensplitter, Überdehnungen und Risse können ihn schädigen oder durchtrennen.
Sarkoidose
Diese meist gutartige Systemerkrankung, auch Morbus Boeck genannt, erfasst unterschiedliche Körperbereiche, sehr oft die Lymphknoten und die Lungen, aber auch viele andere Organe sowie in einigen Fällen das Nervensystem (Neurosarkoidose). Dabei bilden sich knötchenartige Geschwülste im Bindegewebe (Granulome), die die Funktion des jeweiligen Organs behindern und zu vielfältigen Beschwerden führen. Sind die Hirnnerven betroffen, tritt sehr häufig eine Fazialislähmung auf.
Erkrankungen im Gehirn
Eine akute oder chronische Hirnhautentzündung tritt meist als Folge einer infektiösen oder entzündlichen Grunderkrankung auf. Das können eine Borreliose, eine Herpes-Zoster-Infektion oder eine Sarkoidose sein.
Ohrherpes, "Gürtelrose des Ohrs"
Nach einer meist in der Kindheit durchgemachten Windpockenerkrankung verbleiben die verantwortlichen Viren, die Varizella-zoster-Viren, in den Hirnnerven oder Nervenwurzeln des Rückenmarks. Nach vielen Jahren können sie wieder aktiv werden. Das geschieht öfter im reiferen Lebensalter oder bei geschwächter Körperabwehr. Bei einem Ohrherpes (Herpes zoster oticus) ist neben dem Hör- und Gleichgewichtsnerv meist auch der Fazialisnerv betroffen.
Vorbeugung von Zeckenbissen und Borreliose
Um das Risiko eines Zeckenbisses und einer Borreliose-Infektion zu minimieren, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:
- Tragen Sie bei einem Aufenthalt im Wald oder auf Wiesen geschlossene Schuhe, langärmlige Hemden und lange Hosen. Ziehen Sie die Strümpfe über die Hosenbeine.
- Wählen Sie am besten helle Kleidung, dann lassen sich die winzigen dunklen Zecken leichter erkennen und entfernen.
- Verwenden Sie Zecken-abweisende Mittel auf der Haut. Beachten Sie dabei die Herstellerangaben.
- Suchen Sie nach dem Aufenthalt in der Natur den Körper gründlich nach Zecken ab. Zecken mögen warme weiche Hautstellen. Suchen Sie deshalb besonders in den Kniekehlen, in den Leisten, unter den Achseln, hinter den Ohren sowie am Kopf und Haaransatz.
- Entfernen Sie Zecken so schnell wie möglich mit einer Pinzette, einer Zeckenkarte oder einem speziellen Instrument zur Zeckenentfernung. Greifen Sie die Zecke an ihrem Kopfbereich möglichst nah der Haut und ziehen Sie diese langsam und gerade heraus. Verzichten Sie auf Manipulationen an der Zecke zum Beispiel mit Öl, Cremes oder durch Zerquetschen, weil dadurch möglicherweise vermehrt Erreger freigesetzt werden.
- Desinfizieren Sie die Stichstelle im Anschluss sorgfältig.
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