Jeden Tag sind Psyche und Nervensystem zahlreichen Belastungen ausgesetzt. Die Homöopathie bietet eine sanfte, nebenwirkungsfreie Heilmethode, die die Selbstheilungskräfte anregt und wie ein schützender Mantel das strapazierte Nervenkostüm umhüllen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Anwendungsmöglichkeiten der Homöopathie bei Störungen des zentralen Nervensystems, insbesondere unter Berücksichtigung der Mittel Hyoscyamus und Cocculus.
Die Bedeutung des Nervensystems und seine Belastungen
Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das den gesamten Organismus steuert. Es besteht aus dem willkürlichen und dem vegetativen Nervensystem. Das vegetative Nervensystem reguliert unbewusst ablaufende Körperfunktionen und wird in das sympathische und parasympathische Nervensystem unterteilt. Der Sympathikus bereitet den Körper auf Leistung vor, während der Parasympathikus für Ruhe und Regeneration zuständig ist.
Die moderne Lebensweise mit ständiger Erreichbarkeit, Reizüberflutung und hohem Leistungsdruck kann das Nervensystem überlasten und zu seelischen und psychosomatischen Beschwerden führen. Dies kann sich in Schlafstörungen, nervösen Kopfschmerzen, Reizmagen, Reizdarm und anderen vegetativen Beschwerden äußern.
Homöopathie als sanfte Unterstützung
Die Homöopathie betrachtet den Menschen ganzheitlich und zielt darauf ab, die Selbstheilungskräfte des Körpers anzuregen. Das richtig gewählte Homöopathikum kann helfen, die innere Balance wiederherzustellen und die täglichen Anstrengungen besser zu bewältigen.
Hyoscyamus niger (Schwarzes Bilsenkraut)
Hyoscyamus niger, auch bekannt als Schwarzes Bilsenkraut, ist ein homöopathisches Mittel, das vor allem bei auffallenden Symptomen der Psyche und bei Störungen des zentralen Nervensystems eingesetzt wird. Es soll sowohl Erwachsenen als auch Kindern helfen können.
Lesen Sie auch: Auswirkungen neurologischer Dysfunktion
Anwendungsgebiete von Hyoscyamus
Die Einsatzmöglichkeiten von Hyoscyamus sind vielfältig. Besonders die psychische Verfassung eines Kranken kann entscheidende Hinweise liefern:
- Verhaltensauffälligkeiten: Manische oder hysterische Zustände, Exhibitionismus, albernes Verhalten, Ruhelosigkeit, Angstzustände, Flockenlesen.
- ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom, besonders bei zappeligen und unruhigen Kindern, die langsam begreifen und sich Dinge schlecht merken können.
- Epilepsie: Wiederholte, unwillkürliche Muskelkontraktionen (Tics), epileptische Krampfanfälle.
- Schlafstörungen: Alpträume, Schlaflosigkeit nach Aufregung.
- Weitere Beschwerden: Husten, Schluckauf, Harn- und Stuhlinkontinenz, Stuhlzurückhaltung, Krämpfe der willkürlichen und unwillkürlichen Muskulatur, Ruhelosigkeit, Geschwätzigkeit, Eifersucht, Fluchen und unzüchtiges Reden, Gestikulieren, Ängste.
Der Hyoscyamus-Typ
Der Hyoscyamus-Typ hat viele Facetten. Er kann fröhlich und zu Scherzen aufgelegt sein, aber auch albernes, bösartiges oder berechnendes Verhalten zeigen. Oft beobachtet man eine gewisse Schamlosigkeit und das Fehlen von moralischem Empfinden und ethischen Hemmschwellen. Sexuelle Übererregbarkeit und krankhafte Eifersucht können ebenfalls Kennzeichen sein.
Anwendung und Dosierung von Hyoscyamus
Hyoscyamus ist in Form von Globuli, Tropfen oder Tabletten erhältlich. Bei akuten Krankheiten oder leichteren psychischen Problemen kann man Hyoscyamus D6 oder D12 selbstständig einsetzen. Empfohlen wird, mehrmals täglich drei Globuli einzunehmen. Bei Verhaltensauffälligkeiten oder heftigeren psychischen Problemen wird Hyoscyamus D12 oder D30 empfohlen, jedoch nicht öfter als zweimal täglich. Höhere Potenzen wie C12, C30, C200 oder C1000 sollten nur von einem Homöopathen verordnet werden.
Cocculus (Indische Scheinmyrte)
Cocculus, gewonnen aus der indischen Scheinmyrte, ist ein homöopathisches Mittel, das vor allem auf das zentrale Nervensystem einwirken soll. Es wird bei nervöser Überreizung, Schwindel, nervösen Verdauungsbeschwerden und muskulärer Schwäche eingesetzt. Besonders bekannt ist Cocculus für seine Wirkung bei Reisekrankheit.
Anwendungsgebiete von Cocculus
- Reisekrankheit: Übelkeit und Erbrechen bei allen Arten von Verkehrsmitteln.
- Schwindel: Drehschwindel, der sich bei Bewegung verschlimmert.
- Schlafstörungen: Schlaflosigkeit durch Sorgen oder Schlafmangel.
- Kopfschmerzen / Migräne: Mit großer Übelkeit und Erbrechen, Schmerzen im Hinterkopf und Nacken.
- Nervöse Verdauungsbeschwerden: Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Bauchschmerzen.
- Weitere Beschwerden: Schwangerschaftserbrechen, schmerzhafte Menstruation, Zittern von Händen, Armen und Beinen, Überreizung und Schwäche durch Schlafmangel und Schichtarbeit, chronisches Erschöpfungs-Syndrom, Jetlag.
Der Cocculus-Typ
Der Cocculus-Mensch wird als kraftlos infolge einer nervösen Erschöpfung beschrieben. Er soll sehr reizbar sein und seine geistigen Prozesse scheinen verlangsamt. Oft ist er sehr mitfühlend und erschöpft sich schnell, wenn er sich um kranke Menschen kümmert.
Lesen Sie auch: Anatomie des ZNS im Detail
Anwendung und Dosierung von Cocculus
Cocculus ist in Form von Globuli, Tropfen oder Tabletten erhältlich. Bei Reisekrankheit, Schwindel und akuten Krankheiten kann man Cocculus D6 oder D12 selbstständig einsetzen. Empfohlen wird die Dosierung von drei Globuli mehrmals täglich. Bei Reisekrankheit kann Cocculus D4 im Bedarfsfall viertel- bis halbstündlich eingenommen werden. Höhere Potenzen wie C30 oder C200 sollten nur nach Verordnung durch einen Homöopathen eingenommen werden.
Weitere homöopathische Mittel bei psychischen Beschwerden
Neben Hyoscyamus und Cocculus gibt es weitere homöopathische Mittel, die bei psychischen Beschwerden eingesetzt werden können:
- Aconitum D12 (Sturmhut): Nach Erleben eines Schocks mit Todesangst.
- Gelsemium D12 (Gelber Jasmin): Bei Lähmung und Kraftlosigkeit nach einem Schrecken.
- Argentum nitricum D12 (Silbernitrat): Bei Unruhe und Aufregung vor besonderen Ereignissen, Lampenfieber.
- Ignatia D12 (Ignatiusbohne): Bei Trennungsschmerzen, Trauer und Kummer.
- Natrium chloratum D12 (Kochsalz): Bei Depressionen als Folge von Kummer und Ärger, Rückzugstendenzen.
- Opium: Bei großer Benommenheit und eingeschränktem Bewusstsein nach einem Schreck.
- Nux vomica D12 (Brechnuss): Bei Reizbarkeit, Zorn und Überlastung.
Wichtige Hinweise zur Anwendung
- Bei länger anhaltenden oder schlimmer werdenden Beschwerden sollte immer ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden, um die Ursache abzuklären. Dies gilt besonders bei Erkrankungen von Babys und Kindern.
- Homöopathische Arzneimittel haben keine Nebenwirkungen, aber bei einer Erstverschlimmerung sollte die Einnahme unterbrochen werden.
- Die Wirksamkeit der Homöopathie ist wissenschaftlich umstritten und nicht eindeutig belegt.
Ergänzende Maßnahmen zur Stärkung des Nervensystems
Neben der Homöopathie gibt es weitere Maßnahmen, die zur Stärkung des Nervensystems beitragen können:
- Bewegung und Entspannung: Regelmäßige Bewegung und Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder autogenes Training helfen, Stress abzubauen und die innere Balance wiederherzustellen.
- Psychotherapie: Bei Bedrückung, Ängsten und Sorgen kann professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit hochwertigen Lebensmitteln und dem Meiden von Zusatzstoffen und industriell vorgefertigten Produkten ist wichtig für die Gesundheit von Körper und Psyche. Bitterstoffe, z. B. in Chicorée, Endiviensalat oder Artischocken, können allgemein stärkend wirken.
- Pflanzenheilkunde: Beruhigende Pflanzen wie Baldrian, Hopfen, Passionsblume und Melisse können bei nervösen Beschwerden und Schlafstörungen helfen. Lavendel wirkt entspannend, insbesondere bei äußerlicher Anwendung.
- Akupunktur: Kann Blockaden im Energiefluss beheben und damit auch günstig auf die Psyche wirken.
Lesen Sie auch: Wie man ZNS-Entzündungen erkennt und behandelt
tags: #zentrales #nervensystem #homöopathie #anwendungsgebiete