Zustand nach epileptischem Anfall: Behandlung und Erste Hilfe

Ein epileptischer Anfall kann beängstigend wirken, sowohl für die Betroffenen als auch für die Zeugen. Es ist jedoch wichtig, ruhig zu bleiben und zu wissen, wie man richtig handelt. Die meisten Anfälle sind harmlos und dauern nur wenige Minuten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Behandlung nach einem epileptischen Anfall und die notwendigen Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Was ist ein epileptischer Anfall?

Ein epileptischer Anfall entsteht durch eine plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladung von Nervenzellen im Gehirn. Diese Entladung kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, darunter Muskelkrämpfe, Bewusstseinsverlust,Veränderungen der Sinneswahrnehmung und Verhaltensänderungen. Epilepsie ist eine chronische neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. Zu den möglichen Ursachen und Risikofaktoren gehören:

  • Genetische Veranlagung: Epilepsie kann familiär gehäuft auftreten.
  • Hirnschäden: Verletzungen,Infektionen, Schlaganfälle oder Tumore im Gehirn können epileptische Anfälle auslösen.
  • Entwicklungsstörungen des Gehirns: Angeborene Fehlbildungen des Gehirns können das Risiko für Epilepsie erhöhen.
  • Stoffwechselstörungen: Erkrankungen wie Diabetes oder Nierenversagen können epileptische Anfälle verursachen.
  • Fieberkrämpfe: Bei Säuglingen und Kleinkindern können hohe Temperaturen zu Fieberkrämpfen führen.
  • Auslöser (Trigger): Bestimmte Faktoren können bei manchen Menschen epileptische Anfälle auslösen, wie z. B. Schlafmangel, Stress, Alkohol, Drogen oder flackerndes Licht.

Arten von epileptischen Anfällen

Es gibt verschiedene Arten von epileptischen Anfällen, die sich in ihren Symptomen und ihrem Verlauf unterscheiden. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) hat ein Klassifikationssystem entwickelt, um die Anfallsformen nach ihren Merkmalen zu ordnen. Grundsätzlich wird zwischen fokalen und generalisierten Anfällen unterschieden.

Fokale Anfälle

Fokale Anfälle beginnen in einem begrenzten Bereich einer Hirnhälfte. Die Symptome hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Fokale Anfälle können sich unterschiedlich äußern:

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  • Motorische Symptome: Muskelzuckungen, Krämpfe,Versteifung von Gliedmaßen,Automatismen (unwillkürliche Bewegungen wie Schmatzen oder Nesteln).
  • Nicht-motorische Symptome: Veränderungen der Sinneswahrnehmung (z. B. Kribbeln, Taubheitsgefühle, Lichtblitze, Geruchs- oder Geschmacksveränderungen), kognitive Beeinträchtigungen (z. B. Sprachstörungen,Verwirrtheit), emotionale Veränderungen (z. B. Angst, Furcht,Wut), autonome Reaktionen (z. B. Herzrasen, Schweißausbrüche, Übelkeit).

Ein fokaler Anfall kann sich auf beide Hirnhälften ausbreiten und in einen generalisierten tonisch-klonischen Anfall übergehen.

Generalisierte Anfälle

Generalisierte Anfälle betreffen von Anfang an beide Hirnhälften. Die Betroffenen sind in der Regel bewusstlos. Zu den häufigsten Formen generalisierter Anfälle gehören:

  • Tonisch-klonische Anfälle (Grand Mal): Der Körper versteift sich zunächst (tonische Phase), dann kommt es zu rhythmischen Zuckungen der Muskeln (klonische Phase). Oft kommt es zu Bewusstseinsverlust, Zungenbiss und Einnässen.
  • Absencen (Petit Mal): Kurze Bewusstseinsaussetzer, die meist nur wenige Sekunden dauern. Die Betroffenen wirken abwesend und reagieren nicht auf Ansprache. Absencen treten häufig bei Kindern auf.
  • Myoklonische Anfälle: Plötzliche, kurze Zuckungen einzelner Muskeln oder Muskelgruppen.
  • Atonische Anfälle: Plötzlicher Verlust der Muskelspannung, der zu Stürzen führen kann.

Status epilepticus

Ein Status epilepticus ist einNotfall, bei dem ein epileptischer Anfall länger als fünf Minuten andauert oder mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten, ohne dass der Betroffene zwischendurch das Bewusstsein wiedererlangt. Ein Status epilepticus kann zu Hirnschäden führen und muss umgehend medizinisch behandelt werden.

Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall

Wenn jemand einen epileptischen Anfall hat, ist es wichtig, ruhig zu bleiben und die folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

  1. Ruhe bewahren: Ein epileptischer Anfall kann beunruhigend wirken, ist aber in den meisten Fällen nicht lebensbedrohlich.
  2. Sicherheit gewährleisten: Sorgen Sie dafür, dass die Person sich nicht verletzen kann. Entfernen Sie gefährliche Gegenstände aus der Umgebung und polstern Sie den Kopf mit einer Jacke oder einem Kissen ab. Nehmen Sie die Brille ab.
  3. Nicht festhalten: Versuchen Sie nicht, die Person festzuhalten oder die Krämpfe zu unterdrücken. Lassen Sie dem Anfall seinen Lauf.
  4. Atemwege freihalten: Lockern Sie enge Kleidung am Hals. Drehen Sie den Kopf zur Seite, um zu verhindern, dass die Person an Erbrochenem oder Speichel erstickt. Versuchen Sie nicht, den Mund zu öffnen oder Gegenstände zwischen die Zähne zu schieben.
  5. Auf die Uhr schauen: Notieren Sie die Startzeit des Anfalls. Die meisten Anfälle dauern nur wenige Minuten.
  6. Notruf wählen: Rufen Sie den Notruf (112), wenn:
    • Der Anfall länger als fünf Minuten dauert.
    • Es sich um den ersten Anfall der Person handelt.
    • Die Person sich verletzt hat.
    • Die Person nach dem Anfall nicht wieder zu Bewusstsein kommt.
    • Mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten.
    • Atembeschwerden auftreten.
  7. Nach dem Anfall: Bleiben Sie bei der Person, bis sie vollständig wach und orientiert ist. Sprechen Sie beruhigend mit ihr und bieten Sie ihr Hilfe an. Wenn die Person müde ist, bringen Sie sie in die stabile Seitenlage. Beachten Sie die Schamgefühle der betroffenen Person und schützen Sie sie vor neugierigen Blicken.

Was man vermeiden sollte

  • Nichts in den Mund stecken: Auch wenn die Person sich auf die Zunge beißt, sollten Sie nichts in den Mund schieben. Es besteht die Gefahr, dass die Person erstickt oder sich verletzt.
  • Nicht festhalten oder zu Boden drücken: Dies kann zu Verletzungen führen und die Person unnötig beunruhigen.

Behandlung nach einem epileptischen Anfall

Die Behandlung nach einem epileptischen Anfall hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Ursache des Anfalls, der Anfallsart und dem allgemeinen Gesundheitszustand der Person.

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Ärztliche Untersuchung

Nach einem epileptischen Anfall sollte die Person von einem Arzt untersucht werden. Der Arzt wird die Krankengeschichte erheben, eine körperliche Untersuchung durchführen und gegebenenfalls weitere Untersuchungen anordnen, wie z. B.:

  • Elektroenzephalogramm (EEG): Misst die elektrische Aktivität des Gehirns, umAnfallsbereitschaft festzustellen.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): ZeigtStrukturelle Veränderungen im Gehirn, dieAnfälle auslösen können.
  • Blutuntersuchungen: Zum Ausschluss von Stoffwechselstörungen oder Infektionen.

Medikamentöse Therapie

Wenn die Diagnose Epilepsie gestellt wird, ist in der Regel eine medikamentöse Therapie mit Antiepileptika erforderlich. Antiepileptika können die Häufigkeit und Schwere der Anfälle reduzieren oder sogar ganz verhindern. Die Wahl des geeigneten Medikaments hängt von der Anfallsart, dem Alter der Person und anderen individuellen Faktoren ab. Es ist wichtig, die Medikamente regelmäßig und gemäß den Anweisungen des Arztes einzunehmen.

Notfallmedikation

Manche Menschen mit Epilepsie haben eine Notfallmedikation (z. B. Diazepam oder Midazolam) bei sich, die bei einem längeren Anfall oder einem Status epilepticus verabreicht werden kann. Die Verabreichung der Notfallmedikation sollte von geschulten Personen (z. B. Angehörigen oder Pflegepersonal) erfolgen.

Weitere Behandlungsoptionen

In einigen Fällen, wenn die medikamentöse Therapie nicht ausreichend wirksam ist, können weitere Behandlungsoptionen in Betracht gezogen werden, wie z. B.:

  • Chirurgische Eingriffe: Entfernung des Anfallsherds im Gehirn.
  • Vagusnervstimulation: Ein Gerät, das den Vagusnerv stimuliert, um die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.
  • Ketogene Diät: Eine spezielle Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist und bei manchen Menschen mit EpilepsieAnfälle reduzieren kann.

Verhalten nach dem Anfall

Nach einem Anfall benötigt die betroffene Person Zeit, um sich zu erholen. Es ist wichtig, Ruhe zu bewahren und die Person zu unterstützen. Folgende Maßnahmen können hilfreich sein:

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  • Ruhe und Entspannung: Sorgen Sie für eine ruhige Umgebung und vermeiden Sie Stress.
  • Schlaf: Viele Menschen sind nach einem Anfall müde und benötigen Schlaf.
  • Flüssigkeitszufuhr: Bieten Sie der Person Wasser oder Saft an, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
  • Vermeidung von Auslösern: Identifizieren Sie mögliche Auslöser für die Anfälle und vermeiden Sie diese.
  • Begleitung: Bieten Sie der Person Begleitung an, insbesondere wenn sie sich unsicher oder ängstlich fühlt.
  • Dokumentation: Notieren Sie den Verlauf des Anfalls, um dem Arzt wichtige Informationen für die Diagnose und Behandlung zu liefern.

Leben mit Epilepsie

Epilepsie kann das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinflussen. Es ist wichtig, sich umfassend über die Erkrankung zu informieren und sich Unterstützung zu suchen. Folgende Aspekte sind im Umgang mit Epilepsie wichtig:

  • Medikamenteneinnahme: Die regelmäßige Einnahme der Medikamente ist entscheidend für die Anfallskontrolle.
  • Vermeidung von Auslösern: Identifizieren Sie mögliche Auslöser und vermeiden Sie diese.
  • Gesunder Lebensstil: Achten Sie auf ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung.
  • Stressmanagement: Lernen Sie Stress abzubauen, z. B. durch Entspannungsübungen oder Yoga.
  • Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus.
  • Beruf und Freizeit: Passen Sie Ihre beruflichen und freizeitlichen Aktivitäten an IhreAnfallssituation an.
  • Fahreignung: Klären Sie mit Ihrem Arzt, ob Sie ein Fahrzeug führen dürfen.
  • Notfallausweis: Tragen Sie einen Notfallausweis mit Informationen über Ihre Erkrankung, Medikamente und Kontaktpersonen bei sich.
  • Selbsthilfegruppen: Treten Sie einer Selbsthilfegruppe bei, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und Unterstützung zu erhalten.

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