Die Diagnose Demenz ist für Betroffene und Angehörige gleichermaßen ein einschneidendes Ereignis. Umso wichtiger ist es, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen und richtig zu deuten. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über den Beginn von Demenzanzeichen, die verschiedenen Demenzformen, Risikofaktoren, Diagnoseverfahren, Behandlungsmöglichkeiten und den Umgang mit der Erkrankung im Alltag.
Was ist Demenz? Eine Definition
Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich "ohne Geist". Er beschreibt einen Zustand, bei dem die geistigen Fähigkeiten eines Menschen, wie Gedächtnis, Denken, Sprache und Orientierung, fortschreitend abnehmen. Demenz ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Syndrom, das verschiedene Ursachen haben kann.
Am Anfang der Demenz sind häufig Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit gestört, im weiteren Verlauf verschwinden auch bereits eingeprägte Inhalte des Langzeitgedächtnisses. Eine Demenz geht weit über den Verlust der geistigen Fähigkeiten hinaus. Menschen mit Demenz fällt es zunehmend schwer, sich in ihrem alltäglichen Umfeld zu orientieren. Das Risiko wächst, dass sie sich und andere in Gefahr bringen. Deshalb ist es wichtig, die Lebensumstände - soweit möglich - an ihre Bedürfnisse anzupassen. Menschen mit Demenz fällt es zunehmend schwer, sich in ihrem alltäglichen Umfeld zu orientieren. Die Demenz raubt den Betroffenen zunehmend die Möglichkeit, vertrauten Tätigkeiten nachzugehen und ihre Freizeit wie gewohnt zu gestalten. Menschen mit Demenz verlieren nach und nach die Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen.
Ab wann beginnen Demenz Anzeichen?
Eine Demenz beginnt meist schleichend. Die ersten Anzeichen sind oft unspezifisch und werden daher leicht übersehen oder als normale Alterserscheinungen abgetan. Es gibt nicht "den einen" Zeitpunkt, ab dem Demenzanzeichen beginnen, da der Verlauf individuell unterschiedlich ist. Dennoch gibt es typische Frühsymptome, auf die man achten sollte.
Frühsymptome einer Demenz
- Gedächtnisprobleme: Vergesslichkeit, insbesondere im Kurzzeitgedächtnis. Betroffene verlegen häufig Dinge, wiederholen Fragen oder vergessen Termine. Normale altersbedingte Veränderung: Namen oder Termine werden kurzfristig vergessen, später aber wieder erinnert.
- Schwierigkeiten beim Planen und Problemlösen: Es fällt schwer, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren oder etwas vorausschauend zu planen und umzusetzen. Betroffene brauchen für vieles mehr Zeit als zuvor. Normale altersbedingte Veränderung: Zerstreutheit, wenn viele Dinge gleichzeitig zu tun sind.
- Probleme mit gewohnten Tätigkeiten: Alltägliche Handlungen werden plötzlich als große Herausforderung empfunden.
- Orientierungsprobleme: Schwierigkeiten, sich in vertrauter Umgebung zurechtzufinden oder Zeit und Datum einzuschätzen.
- Sprachprobleme: Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten, einem Gespräch zu folgen oder sich aktiv daran zu beteiligen.
- Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens: Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Misstrauen, Rückzug oder Enthemmung.
- Vermindertes Urteilsvermögen: Schwierigkeiten, Situationen richtig einzuschätzen oder Entscheidungen zu treffen.
- Verlust der Eigeninitiative: Nachlassen von Hobbys, sozialen oder sportlichen Aktivitäten.
- Verlegen von Gegenständen: Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind, lassen oft Dinge liegen oder legen sie an ungewöhnliche Orte.
Diese Anzeichen können, müssen aber nicht auf eine Demenz hindeuten. Es ist wichtig, sie ärztlich abklären zu lassen, um die Ursache zu ermitteln und gegebenenfalls eine frühzeitige Behandlung einzuleiten.
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Demenz im jüngeren Alter
Demenzerkrankungen können auch im jüngeren Alter entstehen. Von einer Demenz im jüngeren Lebensalter spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Grundsätzlich können alle Demenzformen auch vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Menschen unter 65 Jahren sind häufiger von Demenzformen betroffen, die sich auf das Verhalten und die Persönlichkeit auswirken, wie zum Beispiel Frontotemporale Demenz.
Obwohl sich die Symptome nicht wesentlich von denen einer Demenz im höheren Lebensalter unterscheiden, bleiben frühe Demenzen oft zunächst unerkannt. So kommt es vor, dass jüngere Menschen mit Demenz erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome richtig diagnostiziert und behandelt werden. Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle:
- Demenz wird oft mit Vergesslichkeit gleichgesetzt. In jungen Jahren wird eine Demenz nicht vermutet.
- Selbst Ärztinnen und Ärzte führen Symptome wie Vergesslichkeit oder auffälliges Verhalten häufig zunächst auf Depressionen, Burnout, Stress oder Beziehungsprobleme zurück.
- Jüngere Menschen mit Demenz kommen erst gar nicht in die ärztliche Praxis - sei es, weil sie sich „nicht krank“ fühlen, sei es, weil sie aus Angst vor der Diagnose das Arztgespräch meiden.
Betroffene und Angehörige sollten daher auffällige Wesensveränderungen, Sprachprobleme oder psychische Beeinträchtigungen immer ernst nehmen und ärztlich abklären lassen.
Ursachen und Formen von Demenz
Demenzen können viele verschiedene Ursachen und Formen haben. Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Demenzen.
Primäre Demenzen
Bei primären Demenzen beginnt der Krankheitsprozess direkt im Gehirn. Die Schädigungen sind bleibend. Zu den häufigsten primären Demenzformen gehören:
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- Alzheimer-Krankheit: Sie ist die häufigste Ursache für Demenz und betrifft mehr als 60 Prozent aller Demenzerkrankten. Kennzeichnend für Alzheimer ist insbesondere der frühe Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Aus bislang ungeklärten Gründen sterben bei Alzheimer nach und nach Nervenzellen im Gehirn ab, was dann die Symptome der Demenz herbeiführt.
- Vaskuläre Demenz: Sie wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht, beispielsweise durch Schlaganfälle oder chronischen Bluthochdruck. Die Beeinträchtigungen können sehr unterschiedlich sein, äußern sich aber vor allem in den Bereichen Gedächtnis, Sprache, Denkvermögen, Bewegung und Orientierung.
- Frontotemporale Demenz (Morbus Pick): Sie führt zu einem Rückgang von Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns. Das führt dazu, dass frontotemporale Demenz vor allem die Persönlichkeit und das soziale Verhalten der betroffenen Person verändert und weniger das Erinnerungsvermögen beeinträchtigt. Frontotemporale Demenz tritt oft bei jüngeren Menschen zwischen 45 und 60 Jahren auf, in Einzelfällen sogar schon ab dem 20. Lebensjahr.
- Lewy-Körper-Demenz (Lewy-Body-Demenz): Sie ist ebenfalls eine neurodegenerative Erkrankung, bei der sogenannte "Lewy-Körperchen" für den Rückgang von Nervenzellen in der Hirnrinde verantwortlich sind. Typische Symptome sind optische Sinnestäuschungen (Halluzinationen) sowie motorische Störungen. Auch ein rascher Wechsel von Wachheit zu Müdigkeit im Tagesverlauf kommt häufig vor.
- Parkinson-Demenz: Im Zusammenhang mit Parkinson entwickelt sich bei circa 30 bis 40 Prozent der Betroffenen auch eine dementielle Erkrankung.
Sekundäre Demenzen
Sekundäre Demenzen werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch (Korsakow Demenz) oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst. Auch Grunderkrankungen wie Parkinson, Hirntumore, Depressionen oder das Korsakow-Syndrom können zu einer Demenz führen.
Risikofaktoren für Demenz
Obwohl die Medizin die einzelnen Formen von Demenz genau beschreiben, diagnostizieren und bis zu einem gewissen Grad auch behandeln kann, ist bislang ungeklärt, warum manche Menschen erkranken und andere nicht. Allerdings sind einige Risikofaktoren bekannt, die das persönliche Risiko für eine Demenzerkrankung drastisch erhöhen:
- Alter: Ab einem Alter von 65 Jahren steigt das Demenz-Risiko mit jedem weiteren Jahr deutlich an.
- Geschlecht: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
- Genetische Veranlagung: Es gibt Hinweise auf eine erbliche Komponente bei einigen Demenzformen, insbesondere bei der Alzheimer-Krankheit.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes und Schlaganfälle erhöhen das Demenzrisiko.
- Ungesunder Lebensstil: Übergewicht, Bewegungsmangel, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind Risikofaktoren für Demenz.
- Soziale Isolation: Mangelnde soziale Kontakte und Vereinsamung können das Demenzrisiko erhöhen.
- Schwerhörigkeit: Unbehandelte Schwerhörigkeit kann das Demenzrisiko erhöhen.
- Vitamin-D-Mangel: Ein Mangel an Vitamin D kann das Demenzrisiko erhöhen.
Tatsächlich lässt sich einer Demenz in vielen Fällen vorbeugen. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität zählen dabei zu den wichtigsten Schutzfaktoren.
Diagnose von Demenz
Je früher eine Demenzerkrankung erkannt wird, desto größer sind die Chancen, den Krankheitsverlauf zu verzögern, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Erste Anlaufstelle für die Diagnosestellung ist die hausärztliche Praxis.
Ablauf der Diagnosestellung
- Anamnese: Der Arzt erhebt die Krankengeschichte des Patienten und befragt ihn und seine Angehörigen nach den Symptomen, deren Beginn und Verlauf.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt führt eine allgemeine körperliche Untersuchung durch, um andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen.
- Neurologische Untersuchung: Der Arzt untersucht die neurologischen Funktionen des Patienten, wie Reflexe, Koordination undSensibilität.
- Kognitive Tests: Der Arzt führt verschiedene Tests durch, um die geistige Leistungsfähigkeit des Patienten zu überprüfen. Dazu gehören beispielsweise der Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder der DemTect.
- Bildgebende Verfahren: In der Regel werden bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) des Gehirns durchgeführt, um strukturelle Veränderungen im Gehirn festzustellen. PET-CT (Positronen-Emissions-Tomographie, z.B.
- Laboruntersuchungen: Der Arzt veranlasst Laboruntersuchungen, um andere mögliche Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie beispielsweise Vitaminmangel oder Schilddrüsenerkrankungen.
Mit den Ergebnissen kann der Arzt außerdem bestimmen, um welche Demenzform es sich handelt und in welchem Stadium sich der Betroffene befindet.
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Behandlung von Demenz
Alzheimer-Demenz, Frontotemporale Demenz, Lewy-Körper-Demenz, Parkinson-Demenz und Vaskuläre Demenz sind bis heute leider nicht heilbar. Dennoch ist die Behandlung von Demenz wichtig, weil sie die Lebensqualität der Betroffenen im weiteren Verlauf erheblich steigert. Je nach Demenzform, Stadium und individuellem Gesundheitszustand kommen unterschiedliche Medikamente und nicht-medikamentöse Therapien in Frage.
Medikamentöse Therapie
Es gibt Medikamente, die den Verlauf der Alzheimer-Krankheit verlangsamen und die Symptome etwas abschwächen können. Diese Medikamente werden als Antidementiva bezeichnet. Sie können die Gedächtnisleistung, die Konzentration und dieAlltagskompetenzen verbessern.
Nicht-medikamentöse Therapien
Neben der medikamentösen Therapie gibt es eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapien, die bei Demenz eingesetzt werden können:
- Kognitives Training: Übungen zur Verbesserung der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der Konzentration.
- Ergotherapie: Unterstützung bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben und Förderung der Selbstständigkeit.
- Physiotherapie: Verbesserung der körperlichen Beweglichkeit und Koordination.
- Logopädie: Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
- Musiktherapie: Einsatz von Musik zur Förderung der emotionalen und kognitiven Fähigkeiten.
- Erinnerungstherapie: Wecken von Erinnerungen durch Fotos, Geschichten undAlltagsgegenstände.
- Realitätsorientierungstraining: Übungen zur Verbesserung der zeitlichen und räumlichen Orientierung.
- Verhaltenstherapie: Hilft vor allem Patienten in einem frühen Stadium, mit der Krankheit besser umzugehen.
Begleitende Maßnahmen
Neben den spezifischen Therapien gibt es eine Reihe von begleitenden Maßnahmen, die die Lebensqualität von Menschen mit Demenz verbessern können:
- Anpassung des Wohnumfelds: Schaffung einer sicheren und übersichtlichen Umgebung.
- Unterstützung im Alltag: Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und anderen alltäglichen Aufgaben.
- Soziale Kontakte: Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und Teilnahme anaktivitäten.
- Entlastung der Angehörigen: Unterstützung der Angehörigen durch professionelle Hilfsangebote.
Umgang mit Demenz im Alltag
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine echte Herausforderung. Zu Beginn der Erkrankung reicht oft ein wenig Unterstützung im Alltag aus, doch im weiteren Verlauf wird der Bedarf an Hilfe immer größer. Doch viele Menschen sind bereit, sich selbst so lange wie möglich um ihre Angehörigen zu kümmern, wenn diese an Demenz erkranken.
Tipps für den Umgang mit Demenzkranken
- Kommunikation: Sprechen Sie in kurzen, klaren Sätzen und geben Sie dem Betroffenen Zeit, zu antworten.
- Geduld: Seien Sie geduldig und verständnisvoll.
- Wertschätzung: Behandeln Sie den Betroffenen mit Würde und Respekt.
- Routine: Schaffen Sie eine regelmäßige Tagesstruktur.
- Sicherheit: Sorgen Sie für eine sichere Umgebung und vermeiden Sie Stress.
- Beschäftigung: Bieten Sie dem Betroffenen altersgerechte und sinnvolle Beschäftigungen an.
- Entlastung: Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, um sich selbst zu entlasten.
Demenzgerechte Raumgestaltung
Zu einem guten Umgang mit der Demenz gehört auch die demenzgerechte Raumgestaltung. Dabei geht es darum, Barrieren abzubauen und hilfreiche Anhaltspunkte zur zeitlichen und räumlichen Orientierung zu schaffen.
Unterstützung für Angehörige
Die Pflege eines Angehörigen mit Demenz kann sehr belastend sein. Es ist wichtig, sich selbst nicht zu überfordern und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt zahlreiche Angebote zur Unterstützung von Angehörigen, wie beispielsweise:
- Pflegekurse: Vermittlung von Wissen und praktischen Fertigkeiten für die Pflege von Demenzkranken.
- Selbsthilfegruppen: Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen.
- Beratungsstellen: Informationen und Beratung zu allen Fragen rund um die Demenz.
- Entlastungsangebote: Kurzzeitpflege, Tagespflege oder stundenweise Betreuung.
Leben mit Demenz: Stadien und Patientenverfügung
Jede Demenz-Erkrankung bringt individuelle Einschränkungen mit sich und verläuft unterschiedlich schnell. Die Einteilung in Demenz Stadien dient lediglich der Übersicht über Phasen, die irgendwann im Verlauf der Krankheit zu erwarten sind. Es ist unmöglich, vorherzusagen, wann diese Phasen eintreten.
Stadien der Demenz
- Frühphase: Erste Symptome sind vorhanden, die erkrankte Person ist aber noch weitgehend selbstständig.
- Mittelschwere Demenz: Die Symptome sind deutlich ausgeprägt und die Selbstständigkeit ist eingeschränkt.
- Schwere Demenz: Die Person ist auf intensive Betreuung und Pflege angewiesen.
Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Dieses Dokument entlastet zudem Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.