Absence-Epilepsie nach Schlaganfall: Ursachen, Symptome und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch eine Neigung zu Krampfanfällen gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch eine Störung der elektrischen Aktivität der Nervenzellen im Gehirn, wodurch es zu einer falschen oder vermehrten Erregung kommt. Besonders im höheren Alter kann ein Schlaganfall eine Ursache für das Auftreten von Epilepsie sein.

Was ist Epilepsie?

Der Begriff "Epilepsie" beschreibt die Neigung, Krampfanfälle zu erleiden, die durch eine Störung der elektrischen Aktivität der Nervenzellen im Gehirn verursacht werden. Ein einzelner Anfall bedeutet jedoch noch nicht, dass eine Epilepsie vorliegt. Mediziner sprechen erst dann von einer Epilepsie-Erkrankung, wenn Anfälle mehrfach auftreten. Etwa jeder 10. Mensch erlebt einmal in seinem Leben einen epileptischen Anfall, ohne dass sich daraus eine Epilepsie entwickelt. Die Häufigkeit der Epilepsie beträgt 0,5-1,2 %, wobei Frauen und Männer gleichermaßen betroffen sind.

Ursachen der Epilepsie

Ein Anfall entsteht, wenn Nervenzellen in der Hirnrinde aus dem Takt geraten und zu viele elektrische Impulse aussenden oder im selben Rhythmus senden, obwohl sie das nicht tun sollten. Dies liegt daran, dass Hirnzellen einander anregen können, wodurch sich fokale Anfälle ausbreiten und das ganze Gehirn erfassen können, was zu generalisierten Anfällen führt.

Die Ursache einer Epilepsie kann in einer Schädigung des Hirngewebes liegen, etwa nach einem Schlaganfall, einer Entzündung oder einer Kopfverletzung, aber auch durch die Parkinson-Krankheit und Alzheimer-Demenz. Einige Gene können zur Epilepsie führen, was bedeutet, dass die Neigung, eine Epilepsie zu entwickeln, angeboren sein kann. Meistens kommt es dann schon im Kindesalter zur Epilepsie. In einigen Fällen liegt die Ursache in einer Stoffwechselstörung, im Immunsystem oder ist unbekannt.

Schlaganfall als Risikofaktor

Zerebrovaskuläre Erkrankungen, insbesondere Schlaganfälle, sind eine der Hauptursachen für Epilepsie im Alter. Studien haben gezeigt, dass ein Hirninfarkt das Risiko für einen epileptischen Anfall um ein Vielfaches erhöht. Man unterscheidet zwischen Früh-Anfällen, die kurz nach dem Infarkt auftreten, und Spät-Anfällen, die erst Wochen oder Monate später auftreten. Chronische Prozesse wie der Wegfall hemmender Einflüsse, Vernarbung und die Bildung neuer synaptischer Verbindungen spielen bei Spät-Anfällen eine Rolle.

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Patienten mit Spät-Anfällen, die auch Früh-Anfälle hatten, haben ein besonders hohes Risiko für eine fokale Epilepsie. Weitere Risikofaktoren für eine Epilepsie nach Schlaganfall sind der Infarkttyp (hämorrhagisch > kardioembolisch > ischämisch bei Arteriosklerose), die Lokalisation (kortikal > subkortikal) und die Schwere des Schlaganfalls.

Weitere Risikofaktoren

Neben Schlaganfällen gibt es weitere Risikofaktoren, die die Entstehung einer Epilepsie begünstigen können:

  • Kopfverletzungen
  • Hirntumoren
  • Entzündungen der Hirnhäute (Meningitis) oder des Gehirns (Enzephalitis)
  • Fieberkrämpfe im Kindesalter
  • Psychosoziale Faktoren, wie Armut

Symptome der Epilepsie

Die Symptome eines epileptischen Anfalls können vielfältig sein und hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist. Man unterscheidet zwischen fokalen und generalisierten Anfällen.

Fokale Anfälle

Ein fokaler Anfall (frühere Bezeichnung: „Petit-Mal”) führt zu weniger starken Symptomen, da nicht das ganze Gehirn betroffen ist. Die Person bewegt möglicherweise den Kopf oder die Augen, beginnt zu kauen, zu schlucken oder zu schmatzen, oder gibt Stimmlaute von sich. Die Symptome sind vielfältig und hängen davon ab, welcher Bereich des Gehirns den Anfall auslöst. Oft geht der Anfall in einen generalisierten Anfall über.

Fokale Anfälle können sich unterschiedlich äußern:

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  • Vegetative fokale Anfälle: Beeinträchtigung der unwillkürlichen Körperfunktionen.
  • Psychische Symptome: Plötzliche Angst, Wut oder Halluzinationen.
  • Störungen der Sinneswahrnehmung: Blitze sehen, Geräusche oder Stimmen hören, komischer Geschmack im Mund, merkwürdige Gerüche, Temperatur-Missempfindungen, Kribbeln oder Lähmungserscheinungen.
  • Automatismen: Wiederholung bestimmter Handlungsmuster.
  • Fokale Anfälle mit Bewusstseinseinschränkung: Der Patient nimmt den epileptischen Anfall nicht bewusst wahr und kann sich später an nichts erinnern.

Generalisierte Anfälle

Der generalisierte tonisch-klonische Anfall (frühere Bezeichnung „Grand-Mal”) führt zu plötzlichem Bewusstseinsverlust, wodurch die Person stürzen kann. Danach kommt es zum Verlust der Kontrolle über die Muskeln: „Tonisch” bedeutet, dass sich die Muskulatur unkontrolliert anspannt, während „klonisch” zuckende Bewegungen beschreibt. Die Person kann sowohl erstarren als auch Zuckungen erleiden. Außerdem kann sich die Haut leicht bläulich färben und Speichelfluss ist möglich.

Ein generalisierter Anfall ist schwere Muskelarbeit und eine große Anstrengung für den Körper. Danach ist man oft benommen, müde oder verwirrt. Es kann passieren, dass man die Kontrolle über Blase und Darm verliert. Auch kurzzeitige Lähmungen sind möglich. Einige Personen bemerken, dass sie sich während des Anfalls auf die Zunge gebissen haben, während andere unter Übelkeit, Kopfschmerzen und Muskelkater leiden. Normalerweise ist der Anfall damit vorüber. Selten führt ein Anfall jedoch zu einer unmittelbar lebensgefährlichen Herzrhythmusstörung, die sofort behoben werden muss.

Weitere Formen generalisierter Anfälle sind:

  • Absence: Plötzliche Bewusstseinsstörung, oft mit geöffneten Augen, die meist nach weniger als 10 Sekunden vorüber ist. Betrifft meist Kinder und Jugendliche.
  • Myoklonischer Anfall: Muskelzuckungen ohne Bewusstseinsstörungen.
  • Atonischer Anfall: Verlust der Muskelkraft.

Vorboten und Auslöser

Manche Menschen mit Epilepsie verspüren Vorboten eines Anfalls, wie Kopfschmerzen, Schwindel, Stimmungsschwankungen oder erhöhte Reizbarkeit. Diese Vorboten werden als Prodrom bezeichnet. Es gibt jedoch keine allgemeingültigen Auslöser, deren Vermeidung Anfälle verhindern könnte. Schlafmangel, Alkoholkonsum, flackernde Lichter und Stress können jedoch bei manchen Menschen Anfälle auslösen.

Diagnose der Epilepsie

Wenn Sie einen Anfall erlebt haben, sollten Sie in der Hausarztpraxis auch die Begleitsymptome beschreiben. Dazu zählen Übelkeit und plötzliche Stimmungsschwankungen. Sie können nach einem Auslöser suchen: Haben Sie derzeit Schlafmangel? Nehmen Sie seit Kurzem Medikamente ein? Berichten Sie auch, ob in Ihrer Familie bereits eine Epilepsie aufgetreten ist.

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Es ist sehr hilfreich, wenn andere Personen einen Anfall beobachtet haben und bei der Untersuchung beschreiben können. Besonders nützlich sind Videoaufnahmen. So lässt sich sagen, wie lange der Anfall gedauert hat. Außerdem gibt es nicht-epileptische Anfälle, die psychische Ursachen haben und anders ablaufen. Eine Bewusstlosigkeit, wie sie bei Kreislaufstörungen auftritt, ist kein epileptischer Anfall.

Nach dem Arztgespräch folgen meist eine körperliche Untersuchung und eine Blutentnahme. Außerdem werden Sie auf Anzeichen für neurologische Beschwerden hin untersucht. Es kann zusätzlich eine Messung der elektrischen Herzaktivität (EKG) gemacht werden.

Bei Verdacht auf Epilepsie erhalten Sie eine Überweisung zur Facharztpraxis für Neurologie. Wichtig ist eine Messung der Hirnströme (EEG) - für einige Minuten oder als Langzeitaufzeichnung. Ein EEG sollte innerhalb von 24 Stunden nach einem Anfall gemacht werden, weil es dann aufschlussreicher ist. Derselbe Zeitrahmen gilt für die schmerzlose, ungefährliche Darstellung des Gehirns durch Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT). Diese Untersuchungen finden in der radiologischen Praxis statt.

Normalerweise ist keine weitere Untersuchung nötig. In seltenen Fällen kann das Hirnwasser, das Gehirn und Rückenmark umgibt, untersucht werden. Dies geschieht durch den Einstich mit einer Nadel in den Rücken (Liquorpunktion).

Nach einem erstmaligen Anfall sollten Sie sich im Krankenhaus untersuchen lassen, um gefährliche Ursachen wie einen Schlaganfall auszuschließen. Gleiches gilt, wenn Sie sehr lange bewusstlos waren oder wiederholte oder untypische Anfälle erlitten haben. Personen mit bekannter Epilepsie benötigen nach einem einzelnen Anfall meist keine Krankenhauseinweisung.

Spezielle Aspekte bei älteren Patienten

Epilepsien im Alter sind fast immer fokale, das heißt symptomatische Epilepsien, obwohl ein erstes Auftreten einer generalisierten Epilepsie selten auch im Alter vorkommen kann. Bei älteren Patienten werden epileptische Anfälle häufig nicht erkannt und als unklare mentale Veränderungen, Verwirrtheit, Synkopen, Gedächtnisstörungen oder Schwindel eingeordnet. Anfallsvorgefühle (Auren) sind bei älteren Patienten selten. Zudem kann die postiktale Verwirrtheit bei Älteren deutlich länger dauern, was als Demenz oder Hirninfarkt verkannt werden kann.

Daher muss bei einem akut verwirrten älteren Patienten ohne strukturelle Veränderungen in der Computertomografie und ohne eine andere plausible Erklärung für kognitive Ausfälle an einen epileptischen Anfall oder einen Status nicht konvulsiver Anfälle gedacht werden und ein Elektroenzephalogramm (EEG) durchgeführt werden.

Behandlung der Epilepsie

Die Behandlung eines epileptischen Anfalls besteht in erster Linie darin, die Person vor Verletzungen zu schützen und den Rettungsdienst zu rufen, wenn der Anfall länger als 5 Minuten dauert oder sich die Person nicht erholt. Die langfristige Behandlung zielt darauf ab, weitere Anfälle zu verhindern.

Akutmaßnahmen während eines Anfalls

Während des Anfalls können Anwesende eine weiche Unterlage unter den Kopf legen und harte Gegenstände aus der Umgebung entfernen. Die Person sollte während des Anfalls nicht festgehalten werden. Bringen Sie die Person nach dem Anfall in die stabile Seitenlage. Wenn bei der Person keine Epilepsie vorbekannt ist, sollte der Rettungsdienst gerufen werden (112), auch wenn der Anfall vorbei ist. Anfälle über 5 Minuten gelten als Notfall - rufen Sie den Rettungsdienst! Bei zwei Anfällen in kurzer Zeit ohne zwischenzeitige Erholung müssen Sie ebenfalls den Notruf wählen!

Medikamentöse Therapie

Medikamente sind der wichtigste Teil der Behandlung. Sie blockieren Kanäle in den Gehirnzellen, durch die Kalzium- und Natriummoleküle fließen und beeinflussen die Freisetzung von Neurotransmittern (Botenstoffen im Gehirn). Bei fokaler Epilepsie wird oft das Medikament Lamotrigin verwendet. Die generalisierte Epilepsie wird häufig mit Lamotrigin oder Valproinsäure behandelt. Absencen therapiert man oft mit Ethosuximid.

Manche Medikamente führen zu Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit, Schwindel und Konzentrationsstörungen. Einige Medikamente erhöhen das Risiko für Osteoporose oder verringern die Wirkung von Verhütungsmitteln („Pille”). Valproinsäure und manche andere Epilepsiemedikamente dürfen in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Aus diesen Gründen sollten Kosten und Nutzen immer abgewogen werden. Nach 2 Jahren Anfallsfreiheit können Sie mit den behandelnden Ärzt*innen besprechen, ob es sinnvoll ist, das Medikament abzusetzen.

Nervenstimulation

Sollten Medikamente keine Wirkung zeigen, dann bietet Nervenstimulation eine Alternative. Es wird ein Stimulator implantiert, der elektrischen Strom an den Vagusnerv abgibt. Dadurch sinkt die Zahl der Anfälle ‒ Anfallsfreiheit wird damit jedoch nicht erreicht.

Operation

Reicht eine Therapie mit Medikamenten nicht aus, dann kann operiert werden. Operationen haben sich in der Behandlung der Epilepsie bewährt. Dabei wird oft mit modernen Lasern oder Radiowellen ein Stück Hirngewebe abgetragen.

Ketogene Ernährung

Wenn Sie von Epilepsie betroffen sind, sollten sich besonders Kinder und Jugendliche ketogen ernähren. Das heißt, sie sollten viel Fett und sehr wenige Kohlenhydrate (Brot, Nudeln, Kartoffeln) zu sich nehmen. Der Körper reagiert auf diese Ernährung mit Fettverbrennung ‒ einem Zustand, der sonst beim Fasten auftritt. Auch im Gehirn laufen dann andere Stoffwechselprozesse ab ‒ bei jeder zweiten genetisch bedingten Epilepsie kann man so Anfallsfreiheit erreichen. Die Ernährungsumstellung braucht jedoch Disziplin.

Therapie bei älteren Patienten

Die medikamentöse Behandlung alter Patienten mit Antiepileptika ist kompliziert und erfordert besondere Aufmerksamkeit gegenüber altersbedingten Veränderungen der Pharmakokinetik und der Pharmakodynamik. Aufgrund der vielzähligen Interaktionen können die sogenannten enzyminduzierenden Antiepileptika (Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Primidon) im Alter generell nicht empfohlen werden.

Ältere Patienten sind empfindlicher gegenüber den zentralen und systemischen Nebenwirkungen der Antiepileptika, insbesondere kognitiven Nebenwirkungen. Eine antikonvulsive Therapie im Alter ist daher bestimmt durch die Suche nach dem am besten verträglichen und am wenigsten metabolisierten Medikament. Die Dosierung sollte nach dem Prinzip „Start slow, aim low“ erfolgen.

Weitere Maßnahmen

Neben der medikamentösen Behandlung gibt es weitere Maßnahmen, die Menschen mit Epilepsie helfen können:

  • Regelmäßiger Schlaf
  • Vermeidung von Alkohol
  • Stressbewältigung
  • Geeignete Berufswahl
  • Vorsicht bei Freizeitaktivitäten wie Schwimmen
  • Informationen für Angehörige und Betreuer

Leben mit Epilepsie

Epilepsie ist eine große Belastung im Beruf und im Privatleben. Da jeder Anfall ein Risiko birgt und es unmöglich ist, Anfälle vorherzusagen, führt Epilepsie zu großer Verunsicherung. Aus Angst und Scham ziehen sich Betroffene zurück.

Epilepsie lässt sich jedoch gut behandeln: 2 von 3 Betroffenen, die Medikamente einnehmen, haben gar keine Anfälle mehr. Oft führt bereits das erste Medikament zum Erfolg. Meistens reicht ein einziges Medikament aus.

Führerschein

Das Autofahren bei Epilepsie ist nicht erlaubt. Eine Ausnahme gilt bei einer länger anhaltenden, dokumentierten Anfallsfreiheit. Ihre Fahreigung muss beurteilt werden.

Kinderwunsch

Bestimmte Medikamente dürfen in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Deshalb sollten Sie bei einem Kinderwunsch ärztlichen Rat einholen und die Schwangerschaft engmaschig überwachen lassen.

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