Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine neurologisch-psychiatrische Entwicklungsstörung, die meist in der Kindheit beginnt und bis ins Erwachsenenalter andauern kann. Hinter ADHS verbirgt sich eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jedes unruhige oder unaufmerksame Kind gleich unter ADHS leidet. Eine differenzierte Untersuchung durch erfahrene Ärzte oder Psychotherapeuten ist notwendig, um festzustellen, ob tatsächlich eine krankhafte Störung vorliegt. Bleibt ADHS unbehandelt, kann dies ernsthafte Folgen für das Kind und sein Umfeld haben.
Definition und Symptomatik von ADHS
ADHS ist durch eine Kombination von Symptomen gekennzeichnet, die sich in unterschiedlicher Ausprägung zeigen können. Die einzelnen Symptome können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein und müssen nicht immer alle gleichzeitig auftreten. Der Oberbegriff ADHS umschreibt auch die Ausprägung der Erkrankung, bei der weniger hyperaktive Verhaltensweisen beobachtet werden, sondern vorrangig Aufmerksamkeitsstörungen vorliegen (ADS). Um als ADHS bezeichnet zu werden, müssen die Symptome über einen längeren Zeitraum (mindestens sechs Monate) und in verschiedenen Lebensbereichen (z. B. zu Hause, in der Schule) bestehen.
Neurologische und psychiatrische Aspekte von ADHS
ADHS ist eine komplexe Störung, bei der sowohl neurologische als auch psychiatrische Aspekte eine Rolle spielen.
Neurologische Unterschiede
- Veränderungen in Gehirnstruktur und -funktion: Neurobiologische Unterschiede: Veränderungen in Gehirnstruktur und -funktion, z. B.
Psychiatrische Aspekte
- Komorbiditäten: ADHS tritt häufig in Verbindung mit anderen psychischen Störungen auf, wie z. B. Angststörungen oder Depressionen.
- Emotionale und soziale Störungen: ADHS kann zu Problemen im sozialen Umgang und Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation führen.
Ursachen von ADHS
Die genauen Ursachen von ADHS sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausgegangen:
- Genetische Veranlagung: ADHS ist in vielen Fällen erblich bedingt.
- Umweltfaktoren: Pränatale Einflüsse (z. B.
- Neurobiologische Unterschiede: Veränderungen in Gehirnstruktur und -funktion, z. B.
Diagnostik von ADHS
Eine sorgfältige Diagnostik ist entscheidend, um ADHS von anderen Störungen abzugrenzen und eine geeignete Behandlung einzuleiten. Die Diagnostik umfasst in der Regel folgende Schritte:
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- Anamnese und Befragung: Erhebung der Symptome über verschiedene Lebensbereiche (Eltern, Lehrer, Erzieher), Häufigkeit und Dauer, sowie der Beeinträchtigungen.
- Körperliche Untersuchung: Körperliche Untersuchungen, Überprüfung von Sinnesfunktionen (Sehen, Hören), ggf.
- Überprüfung auf Differentialdiagnosen und Komorbiditäten: Es muss ausgeschlossen werden, dass die Symptome besser durch andere Problembilder erklärt werden - z. B.
Behandlung von ADHS
Die Behandlung von ADHS erfolgt üblicherweise multimodal, d.h. sie kombiniert verschiedene Therapieansätze:
- Medikamentöse Therapie: Zum Beispiel Stimulanzien (z. B.
- Psychotherapie: Z. B. Verhaltenstherapie, Familientherapie.
- Weitere unterstützende Maßnahmen: Ergotherapie, ggf. spezielles Training (z. B.
Als Orientierungshilfe für die Behandlung betroffener Kinder, Jugendlicher und Erwachsene steht seit 2017 eine von medizinische Fachgesellschaften entwickelte Leitlinie der höchsten Entwicklungsstufe zur Verfügung, die S3-Leitlinie "ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“.
Unterstützung und Informationen für Betroffene und Angehörige
Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, die Unterstützung und Informationen für Menschen mit ADHS und ihre Familien anbieten.
- ADHS Deutschland e. V.: Bietet Beratung und Informationen für Betroffene und Angehörige. Hinweis des ADHS Deutschland e. V.
- Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V.: Setzt sich für die Belange von Menschen mit Behinderung und ihren Familien ein.
- Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e. V.: Bietet Erziehungsberatung und Unterstützung für Familien.
- Das "ADHS-Infoportal": Das Internetportal wurde vom „zentralen adhs-netz“ mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit entwickelt. Die dort eingestellten Informationen orientieren sich strikt an den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien (Evidenzbasierung) und den Leitlinien der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften.
- Umfangreiche Informationen zu ADHS bei Kindern und Jugendlichen sowie auch zu ADHS bei Erwachsenen: stellt auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) auf der Internetseite www.gesundheitsinformation.de bereit.
- Das Robert Koch-Institut (RKI): Das Robert Koch-Institut (RKI) hat in Zusammenarbeit mit dem BIÖG Erkenntnisse zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung aus dem Gesundheitsmonitoring des RKI analysiert und in dem Schwerpunktbericht zur psychischen Gesundheit im Kindes- und Jugendalter ein Kapitel zu ADHS bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht.
- YouTube-Kanal von ADHS Deutschland e. V.: "Auf den Punkt in 90 Minuten", auf diesem Kanal finden Sie Vorträge, die den aktuellen Stand des Fachwissens zu verschiedenen Themen im Bereich ADHS zum Inhalt haben (u.a.
ADHS in der Schule: Nachteilsausgleich und Förderung in Thüringen
In der Thüringer Schulordnung wird die ADHS nicht explizit in den sonderpädagogischen Förderbereich eingeordnet (§47b "Sonderpädagogische Förderung und gemeinsamer Unterricht", S. 26ff) und wird auch im Bereich der Leistungsbewertung im Sinne des Nachteilsausgleiches (§59, Abschnitt 5) nicht explizit erwähnt. Explizite Erwähnung der ADHS findet man jedoch in der Broschüre "Nachteilsausgleich: Vorbeugen - Erkennen - Anwenden" im Abschnitt 2.3 Wie wird darüber entschieden, ob ein Anspruch auf Nachteilsausgleich vorliegt? [S.6].
Anspruch auf Nachteilsausgleich
"Einen Anspruch haben grundsätzlich alle Schülerinnen und Schüler, die zum Nachweis und zur Entwicklung ihrer Leistungsfähigkeit auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind. Anspruchsberechtigt sein können bspw. Schülerinnen und Schüler […] mit diagnostizierten psychischen oder seelischen Erkrankungen (z. B. Depressionen, Angststörungen, Bulimie/Anorexie, Psychosen, Neurosen, Anfallsleiden, ADHS oder andere emotional-soziale Störungen. […] "
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"Das Vorliegen einer der oben genannten medizinischen bzw. psychologischen Diagnosen allein führt nicht automatisch zur Gewährung von Nachteilsausgleich in der Schule. Grundlage für die Anerkennung eines Nachteilsausgleiches ist in jedem Fall die pädagogische Diagnostik. Bei Überprüfung des Vorliegens eines Nachteilsausgleichs können jedoch (schul-)psychologische Stellungnahmen und medizinische Diagnosestellungen hinzugezogen werden.
Es zählt zu den regelhaften pädagogischen Aufgaben der Lehrkräfte, bei Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen individuell zu prüfen, durch welche Maßnahmen schulisches Lernen und die Erbringung von Lernleistungen unterstützt werden können. Sie stellen sich auf ihre Schülerinnen und Schüler ein und organisieren Unterrichtsprozesse so, dass die Lernen-den die Anforderungen bestmöglich bewältigen und die curricularen Vorgaben der Lehrpläne erfüllen können.
Hat eine Schülerin bzw. ein Schüler einen Anspruch, so trifft die Klassenkonferenz die Entscheidung über notwendige und erforderliche Formen (Art und Umfang) des Nachteilsausgleichs. Für den Beschluss der Klassenkonferenz müssen Unterlagen vorliegen, aus denen der individuelle Bedarf erkennbar ist und sich Unterstützungsmöglichkeiten ableiten lassen.
Pädagogische Förderung
Die Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit ADHS wird dabei im Abschnitt 3.1.5 Aufmerksamkeitsdefizitstörung mit und ohne Hyperaktivität (ADHS/ADS) zunächst als pädagogischer Förderauftrag formuliert, ein sonderpädagogischer Förderbedarf ergibt sich gemäß der Handreichung nicht zwangsläufig.
Auf der Basis einer medizinischen Diagnose können verschiedene Maßnahmen zum Nachteilsausgleich und unterstützenden pädagogischen Maßnahmen abgeleitet werden. Aus dem Störungsbild ergibt sich nicht zwangsläufig ein sonderpädagogischer Förderbedarf (Nachteilsausgleich: Vorbeugen - Erkennen - Anwenden, S.
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Mögliche Formen des Nachteilsausgleichs
- Gewährung individueller Entspannungs- und Erholungsphasen, z.
- Bereitstellen technischer und didaktischer Hilfsmittel, z.
- Differenzierte Aufgabenstellungen, in Ausnahmefällen auch in Klassenarbeiten, z.
- ggfs. Visualisierung von Zeitvorgaben, z. B.
- Veränderte Gestaltung der Arbeitsblätter, z. klare Schriftart, ggf.
- Vereinbarung und Visualisierung individueller Verhaltensziele, z. B.
"Die Wahl der entsprechenden Formen des Nachteilsausgleichs sowie der unterstützenden pädagogischen Maßnahmen ist abhängig von der besonderen Situation der jeweiligen Schülerin oder des jeweiligen Schülers. Diese Maßnahmen sollten in regelmäßigen Abständen aktualisiert und ggf.
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