ADS Neurologische Grundlagen: Ein umfassender Überblick

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und die Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) sind weit verbreitete Verhaltensstörungen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreffen können. Die wissenschaftliche Forschung hat bedeutende Fortschritte bei der Aufdeckung der neurologischen Grundlagen dieser Störungen gemacht. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Erkenntnisse zu den neurologischen Aspekten von ADHS/ADS.

Einführung in ADHS und ADS

ADHS ist durch drei Kernbereiche gekennzeichnet: starke Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, starke Impulsivität und ausgeprägte körperliche Unruhe (Hyperaktivität). ADS wird manchmal als eine Unterform der ADHS betrachtet, bei der vor allem Unaufmerksamkeit im Vordergrund steht, während Hyperaktivität oder Impulsivität weniger ausgeprägt sind. Es ist wichtig zu betonen, dass viele Betroffene aufgrund ihrer ADHS auch besondere Ressourcen wie Spontaneität, Flexibilität und Kreativität besitzen.

Neurobiologische Grundlagen der ADHS

Das wissenschaftlich begründete Erklärungsmodell für die Entstehung der ADHS legt eine fehlerhafte Informationsverarbeitung zwischen bestimmten Hirnabschnitten zugrunde, welche für die Konzentration, Wahrnehmung und Impulskontrolle zuständig sind. Diese Störung ist wiederum durch ein Ungleichgewicht der Botenstoffe (Neurotransmitter) in diesen Hirnbereichen - vor allem von Dopamin und Noradrenalin - bedingt, die eine wichtige Rolle bei der Signalübertragung von einer Nervenzelle zur anderen spielen. Man geht u.a. davon aus, dass bei ADHS-Patienten Dopamin im Raum zwischen zwei Nervenzellen, dem so genannten synaptischen Spalt, nicht in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Die Unterversorgung mit diesem Botenstoff führt zu einer gestörten Informationsweiterleitung zwischen den Nervenzellen. Reize werden nur schlecht und unzureichend gefiltert.

Bildgebende Verfahren und Hirnstrukturen

Mit modernen bildgebenden Methoden wie der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und der Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT) konnten bei ADHS-Patienten zudem Funktionsstörungen in einzelnen Hirnabschnitten (Stammganglien und Frontalhirn) sowie Veränderungen in der „Gehirnarchitektur“ sichtbar gemacht werden. Auf diese Weise wurde festgestellt, dass z.B. der Hirnvorderlappen, d.h. Menschen mit ADHS können aufgrund der Stoffwechsel- und Funktionsstörungen in ihrem Gehirn die dauernden neuen Impulse nicht genügend filtern, so dass die Informationsverarbeitung behindert wird. Sie unterliegen einer permanenten Reizüberflutung. Die Betroffenen sind daher nur eingeschränkt in der Lage, ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache zu konzen¬trieren, sie leiden an einer gestörten Selbstregulation. Gleichzeitig ist der Zugriff auf vorhandene Fähigkeiten und Informationen eingeschränkt, so dass eine vorausschauende Handlungsplanung erschwert wird. Sie können wichtige von unwichtigen Wahrnehmungen kaum unterscheiden. Da alle Eindrücke ungefiltert auf sie einstürzen, stehen sie ständig unter einer großen Anspannung.

Ergebnisse neuroanatomischer Studien sprechen dafür, dass bei ADHS Funktionsstörungen bestimmter neuronaler Regelkreise vorliegen, deren wesentliche Bestandteile das Striatum (ein Teil der Basalganglien) und das Frontalhirn sind. Aber auch im Kleinhirn und anderen Hirnarealen von Kindern mit ADHS wurden Abweichungen gefunden. Die betreffenden Regelkreise sind wesentlich daran beteiligt, das Zusammenwirken von Motivation, Emotion, Kognition und Bewegungsverhalten neuronal zu realisieren bzw. zu steuern. Dysfunktionen (Funktionsstörungen) dieser Regelkreise gehen mit einem Über- oder Unterangebot von Botenstoffen (Neurotransmittern) in bestimmten Gehirnregionen einher. Aufgrund der Stoffwechsel- und Funktionsstörungen im Gehirn sind die Betroffenen nur eingeschränkt in der Lage, ihre Aufmerksamkeit auf eine Sache zu konzentrieren, sie leiden an einer gestörten Selbstregulation.

Lesen Sie auch: Auswirkungen neurologischer Symptome bei Long-COVID

Rolle von Dopamin und Noradrenalin

Ein wichtiger Botenstoff ist diesem Zusammenhang das Dopamin, welcher die Kommunikation von Nervenzellen untereinander steuert. Hyperaktive Kinder besitzen in einem Teil des Gehirns (dem sog. Hinterhirn) zu viel Dopamin, wodurch die sehr ausgeprägte Impulse von Neugier, Bewegung und die Suche nach Stimuli begründet ist. Und in dem Teil des Gehirns der zur Hemmung und Steuerung zuständig ist (Vorderhirn: präfrontaler Cortex und Striatum) liegt eine zu geringe Aktivität (und damit Konzentration von Dopamin) vor. Zur Erläuterung: Dopamin macht das Gehirn schnell, neugierig, impulsiv, glücklich, ausdauernd. Durch die Aufnahme von Zucker, Kokain und anderen Stimulantien kommt es zu einer erhöhten Ausschüttung von Dopamin. Bei der ADHS, auch in geringerem Umfang bei der ADS, wurde durch bildgebende Verfahren eine geringere Aktivität im Striatum und auch im präfrontalem Cortex gemessen. Ursächlich dafür ist eine Erhöhung der Anzahl von Dopamin-Transporter (DAT) in diesen Strukturen. Die erhöhte Dichte an Dopamintransportern (DAT) hat nun die Folge, dass aus den synaptischen Spalt Dopamin abtransportiert wird, sodass in diesen Bereichen entsprechend weniger Signalübetragung stattfindet. Bei der Dopaminüberschusshypothese wird nun ein Schritt weiter gedacht. Hier geht man davon aus, dass ein Zuviel des Botenstoffes Dopamin zu einer Erhöhung der Dopamintransporterdichte (DAT) quasi als kompensatorische Antwort des Gehirns auf einen Dopaminüberschuss zustande kommt.

Es hält eine Dysbalance von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin für wahrscheinlich. Regelkreise, die sich durch bildgebende Befunde bestätigen lassen.

Genetische Faktoren

Viele Studien weisen darauf hin, dass erbliche Faktoren eine bedeutsame Rolle für die Entwicklung von ADHS darstellen. Überzeugende Belege dafür stammen aus Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien. Zwillingsstudien zeigen, dass gut 80% der eineiigen und knapp 30% der zweieiigen Zwillinge die gleiche Symptomatik aufweisen. Auch anhand von molekulargenetischen Studien konnten einzelne Regionen im menschlichen Erbgut identifiziert werden, die bei Menschen mit ADHS typische Veränderungen aufweisen. Vor allem bei den Erbinformationen, die für die Bildung und Übertragung des Botenstoffes Dopamin verantwortlich sind, konnten entsprechende Veränderungen festgestellt werden. Allerdings können die bislang identifizierten Veränderungen die Entwicklung einer ADHS nur zu einem sehr geringen Teil erklären. Das Zusammenspiel zwischen verschiedenen Genen und das Zusammenspiel von erblichen und Umweltfaktoren sind für die Entwicklung von ADHS vermutlich besonders wichtig und es liegen nur wenige Untersuchungsergebnisse vor. Nach gegenwärtigem Forschungsstand wird davon ausgegangen, dass viele einzelne genetische Veränderungen zusammenwirken.

Eine genetische Veranlagung führt zu dieser neurobiologischen Störung, denn 10 bis 15% der nächsten Familienangehörigen von Kindern mit ADHS sind ebenfalls betroffen. Zwillingsstudien zeigen, dass gut 80% der Eineiigen und knapp 30% der Zweieiigen die gleiche Symptomatik aufweisen. Neuere Forschungsergebnisse gehen sogar davon aus, dass nahezu 80% aller ADHS-Erkrankungen erblich bedingt sind. Mehrere veränderte Gene (polygener Erbgang), die alleine kaum Störungen bewirken, sind aber im Zusammenspiel ursächlich für die fehlerhafte Informationsübertragung im Gehirn verantwortlich. Das erklärt dann auch das breite Spektrum möglicher Begleitstörungen (Komorbidität) wie Lerndefizite oder emotionale Störungen sowie das unterschiedliche Ansprechen auf die Medikation.

Trotzdem konnten die in den GWAS gefundenen Risikogenvarianten für die adulte und kindliche ADHS bisher nur zum Teil in anderen Stichproben repliziert werden bzw. Eines der vielversprechendsten Gene aus den GWAS ist CDH13, das in zwei unabhängigen GWAS gefunden wurde (Lasky-Su et al., 2008c; Salatino-Oliveira et al., 2015). CDH13 codiert für das Protein Cadherin-13, das eine Rolle in der Zelladhäsion und neuronalem Wachstum spielt (Lesch et al., 2008). Genetische Varianten im CDH13 Gen wurden allerdings auch mit weiteren neuropsychiatrischen Erkrankungen assoziiert gefunden (Redies, Hertel, & Hubner, 2012). GFOD1 (glucose-fructose oxidoreductase-domain containing 1, electron transport) wurde in einer GWAS als assoziiert mit ADHS gezeigt (Lasky-Su et al., 2008c). Unter den weiteren aus GWAS hervorgegangenen Risikogenen sind z. B. KCNIP4, KCNIP1 und KCNC1 zu nennen, die für Proteine codieren, die wiederum mit spannungsgesteuerten Kaliumkanälen interagieren und zum Teil ebenfalls als mit anderen psychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie bzw. bipolarer Störung assoziiert beschrieben wurden (Lasky-Su et al., 2008a; Lesch et al., 2008; Lewis et al., 2003; Neale et al., 2008; Weissflog et al., 2013). Das Gen des Glutamatrezeptors GRM5 sowie SPOCK3 und LPHN3 (Jain et al., 2012; Lesch, Merker, Reif, & Novak, 2013; Weber et al., 2014) sind ebenfalls vielversprechende Risikogene, die in GWAS gefunden wurden. SPOCK3 codiert für ein Ca2+-bindendes extrazelluläres Heparan/Chondroitin-Sulfat-Proteoglykan, über dessen Funktion wenig bekannt ist (Yamamoto et al., 2014). SPOCK3 scheint aber eine Rolle beim der Inhibierung von Neuritenwachstum zu spielen, möglicherweise durch einen inhibierenden Effekt auf Matrix-Metalloproteasen (Nakada et al., 2001). Sowohl die physiologischen und noch mehr die pathophysiologischen Rollen dieser Risikogene bzw. der codierten Proteine sind aber bisher wenig aufgeklärt. Weiterhin konnten FBXO33 und das Acetylcholin-metabolisierende Butyrylcholinesterase Gen (BCHE) Kopienzahlvarianten (copy number variants, CNVs) und Einzelbasenpolymorphismen sowie DIRAS2 Genvarianten assoziiert mit dem Risiko der Erkrankung gefunden werden (Jacob et al., 2013; Reif et al., 2011; Sanchez-Mora et al., 2015; Weber et al., 2014). Bei manchen dieser Gene ist bereits zumindest über die physiologische Funktion etwas bekannt. FBXO33 codiert für ein Mitglied der F-box Proteinfamilie und dieses agiert als Substraterkennungsprotein in einem Protein-Ubiquitin-Ligase-Komplex, der eine Rolle bei der proteasomalen Degradierung von Proteinen spielt (Lin et al., 2015). Die Acetylcholin-metabolisierende Butyrylcholinesterase oder Pseudocholinesterase ist eine nicht-spezifische Cholinesterase, die verschiedene Cholinester hydrolysiert und in der Leber hergestellt wird (Lockridge, 1988). DIRAS2 codiert für eine Ras GTPase, über deren Funktion noch kaum etwas bekannt ist (Reif et al., 2011). Allerdings konnte hier in einer weiteren Studie gezeigt werden, dass das Vorhandensein des Risikoallels zu einer gesteigerten Expression des Reportergens führt. Und in derselben Studie konnte weiterhin demonstriert werden, dass das Risikoallel einen Einfluss auf präfrontale Funktionen in einem Go-/No-Go-Task hatte, allerdings nur bei Kindern mit ADHS (Grunewald et al., 2016).

Lesen Sie auch: CBD-Studien zu neurologischen Erkrankungen

In letzter Zeit wurden zunehmend in einzelnen Familien oder auch größeren Stichproben seltene (rare und sehr rare) genetische Varianten wie Genkopienzahlvarianten (copy number variants, CNVs) gefunden, die einen stärkeren Einfluss auf die Krankheitsentstehung zu haben scheinen, da sie möglicherweise einen größeren funktionellen Einfluss auf das codierte Protein haben. Allerdings sind die Befunde, ob bei ADHS - ähnlich wie bei Autismus-Spektrum-Erkrankungen - tatsächlich eine größere Anzahl an CNVs im Vergleich zu gesunden Kontrollen vorkommen, inkonsistent. In einzelnen Genen konnten aber, zum Teil hypothesengetragen, CNVs assoziiert mit ADHS gefunden werden. Hier sind zum Beispiel CNVs im PARK2 Gen (codiert für das Parkin-Protein) und im NPY Gen (codiert für Neuropeptid Y) sowie CNVs in Glutamatrezeptorgenen (GRM1, GRM5, GRM7 und GRM8) zu nennen (Hawi et al., 2015; Jarick et al., 2014; Lesch et al., 2011). Ergänzend gibt es auch sehr rare chromosomale Anomalien, die unter anderem mit einer ADHS-Symptomatik einhergehen, aber eben sehr selten sind und zumeist mit einem Syndromkomplex mit Beteiligung verschiedener Organsysteme einhergehen, wie z. B. Als Beispiel sollen hier genetische Varianten im PARK2 Gen und die Implikationen in verschiedene neuropsychiatrische Erkrankungen genauer beschrieben werden. PARK2 CNVs wurden nicht nur als mit ADHS assoziiert, sondern auch mit Autismus-Spektrum-Erkrankungen bei Kindern in einer Population von Han-Chinesen (Yin et al., 2016) sowie in europäischen Populationen (Glessner et al., 2009; Scheuerle & Wilson, 2011) beschrieben. Die wichtigste und bekannteste Rolle spielen aber Mutationen im PARK2 Gen als eine der häufigsten Ursachen für das familiäre Parkinsonsyndrom (Delamarre & Meissner, 2017). Bei sowohl ADHS als auch Parkinson ist der Dopaminstoffwechsel relevant, allerdings waren die wenigen medikamentösen Studien, in denen ADHS-Patienten mit Antiparkinsonmedikamenten behandelt wurden (wie z. B. L-Dopa) nicht erfolgreich bzw. zeigten keine signifikante Verbesserung der ADHS-Symptomatik (England et al., 2011). ADHS ist eine neurodevelopmentale Erkrankung, die im Kindesalter beginnt und bei der von einem Reifungsdefizit des Gehirns ausgegangen wird, was sich dann im Laufe der Zeit potenziell verbessern kann, während hingegen die Parkinsonerkrankung eine neurodegenerative Erkrankung ist, die erst im höheren Lebensalter beginnt und die sich fortwährend verschlechtert. Bei der ADHS geht man eher von einer funktionellen Störung oder Dysbalance in Transmittersystemen aus, während es bei der Parkinsonerkrankung zur irreversiblen Zerstörung von neuronalem Gewebe kommt (Mettler, 1964; Shaywitz, Cohen, & Shaywitz, 1978). Eine aktuelle Studie, die neun SNPs in sieben verschiedenen ADHS-Risikogenen (SNAP25, DAT1, DRD4, HTR1B, TPH2, SLC6A2 und CDH13) bei einer Stichprobe von über 5000 Parkinsonpatienten analysierte, konnte allerdings keine signifikante Assoziation zwischen den ADHS-Risikogenvarianten und Parkinson nachweisen (Geissler et al., 2017). In neueren Publikationen werden zunehmend die sogenannten polygenetischen Risikoscores (polygenic risk scores) untersucht (Middeldorp et al., 2011). Hierbei geht es darum, wie viele verschiedene SNPs und CNVs in verschiedenen Genloci mit jeweils nur geringen oder moderaten Effekten möglicherweise zusammenwirken, also aggregieren können und damit einen größeren Effekt auf das Erkrankungsrisiko erzeugen.

Umweltfaktoren und psychosoziale Risikofaktoren

Der Konsum von Nikotin, Alkohol oder andere Drogen während der Schwangerschaft sowie ein Sauerstoffmangel bei der Geburt erhöhen vermutlich das Risiko des Kindes, später an ADHS zu erkranken. Auch zentralnervöse Infektionen während der Schwangerschaft, Schädelhirntraumen oder Verletzungen sowie Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt werden mit späteren hyperkinetischen Auffälligkeiten in Verbindung gebracht. Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen mit ADHS weisen derartige Belastungen jedoch nicht auf.

Die Entwicklung und der Verlauf von ADHS kann durch familiäre und schulische Einflüsse beeinflusst werden. Familiäre Bedingungen, Bedingungen im Kindergarten und in der Schule sind zwar nicht die ausschließliche Ursache der Störung, sie können aber in einem erheblichen Maße die Stärke der Probleme und ihren weiteren Verlauf mitbestimmen. Weisen Eltern Betroffener selbst psychische Probleme auf (z.B. ADHS-Probleme) oder gibt es in der Familie viele Streitereien oder starke finanzielle Belastungen, können dadurch die ADHS-Symptome des Kindes oder Jugendlichen verstärkt werden.

Zu den so genannten psychosozialen Risikofaktoren zählen z.B.: Unvollständige Familie, d.h. Aufwachsen mit einem alleinerziehenden Elternteil oder ohne Eltern psychische Erkrankung eines Elternteils, vor allem antisoziale Persönlichkeitsstörung des Vaters und Alkoholkonsum in der Familie familiäre Instabilität, ständiger Streit zwischen den Eltern niedriges Familieneinkommen, sehr beengte Wohnverhältnisse Inkonsequenz in der Erziehung, fehlende Regeln häufige Kritik und Bestrafungen unstrukturierter TagesablaufAuch eine mindere Intelligenz und die Persönlichkeit des Kindes, die zum großen Teil durch die ungünstigen Familienverhältnisse bedingt ist, wie z.B.

"Schlechte Erziehung” oder “negative Kindheitserfahrungen” können als eigentliche Ursachen einer ADHS ausgeschlossen werden. Ungünstige Familienverhältnisse können die betroffenen Kinder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung jedoch zusätzlich belasten und sich auf den Schweregrad, den Krankheitsverlauf und die Entwicklung von begleitenden Störungen (z.B. Aggressivität, Angst) negativ auswirken.

Lesen Sie auch: Aktuelle Forschung zu neurologischen Erkrankungen

Moderner Lebensstil als Risikofaktor

Manche Fachleute vermuten, dass die ADHS-Entwicklung auch durch unseren heutigen modernen Lebensstil ungünstig beeinflusst wird. Statt Wege zur Schule zu Fuß zurückzulegen und täglich im Freien zu spielen, werden die Kinder mit dem Bus oder von den Eltern zur Schule gebracht und meistens wird drinnen gespielt und allzu häufig am PC. Körperliche Aktivität, optische und akustische Wahrnehmung aus der Natur und wirkliches „Begreifen“ mit den Händen findet immer weniger statt. Bewegungsdrang, überschießende Energie und Neugier können kaum ausgelebt werden. Weniger Autorität der Eltern und Lehrer fördert heutzutage zwar die freie Entfaltung gesunder Kinder, schadet aber dem ADHS-Kind, das klare Strukturen, Regeln und Regelmäßigkeit benötigt. Große Gruppenstärken in Kindergärten und Schulen, die individuelle Betreuung nahezu unmöglich machen, verschärfen das Problem, ebenso der sogenannte „offene Kindergarten“, der kaum Strukturen vorgibt.

Behandlung von ADHS

Der Wirkstoff Methylphenidat entfaltet seine Wirkung in der Blockierung des Dopamintransporter-Systems (DAT). Dadurch kommt es zu einer Erhöhung der Konzentration des Botenstoffes Dopamin im synaptischen Spalt. Methylphenidat (Ritalin) fällt unter das Betäubungsmittelgesetz unter der Gruppe der Amphetamine. Kurzfristig und während der Gabe von Ritalin kommt es damit zu einer Aktivierung des präfrontalen Cortex sowie auch des Striatum. Die Erhöhung der stratiofrontalen Aktivität hat nun zur unmittelbaren Folge, dass die Hemmungsfunktion des Cortex auf das limbische System aufgebaut wird und die Patienten in der Folge temporär, während der Wirkung des Medikaments (1- 4h), bessere Konzentrationsleistungen im Sinne der fokussierten Aufmerksamkeit erbracht werden können und auch weniger Störungsanfälligkeit im Sinne des Auftretens neuer Handlungsimpulse zuungunsten der aktuellen Tätigkeit stattfinden. Nach ca. 4 Stunden und nach insgesamtem Absetzen des Medikamentes kann es allerdings zu einem Reboundeffekt kommen, d.h. In der Langzeitwirkung von Methylphenidat kann es langfristig, aufgrund der kompensatorischen Bemühungen des Gehirns, zu einer Erhöhung der Dopamamintransporter (DAT) kommen. Unerwünschte Nebeneffekte können Wachstumsstörungen, Tics, Sehstörungen, Schlafstörungen, Bauchschmerzen, Herzrasen, erhöhter Blutdruck, gesteigerte Nervosität, Herzrhythmusstörung u.a. Langzeituntersuchungen stehen noch aus.

Präfrontaler Cortex und das Striatum sind maßgeblich für Selbstkontrolle, dem Gedächtnis, der Konzentration und vielen anderen geistigen Leistungen verantwortlich. Die Studienlage ergibt eine signifikante Aktivierung und Neuronenzunahme der frontostratialen Strukturen über die Durchführung von komplexen Bewegungstrainings. Befunde einer Erhöhung der Aktivierung und Anzahl von Neuronen liegen außerdem im Bereich des Hippocampus vor, von dem aus das räumliche, sprachliche und situative Gedächtnis gebildet wird. Durch die Kombination von funktionalem Bewegungstraining und Neurofeedbacktraining werden entsprechend nicht nur die Strukturen aktiviert, die normalerweise durch Ritalin aktiviert werden (Selbstkontrolle und Leistungsverbesserung), sondern es finden auch weitere Verbesserungen wie Raumorientierung, Sozialverhalten und Kreativität statt. Dies bedeutet: In den Strukturen, die zur Steuerung des Verhaltens und der kognitiven Leistungen zuständig sind, kommt es zu erhöhter Aktivität.

Die Behandlung von ADHS stützt sich heute auf mehrere Säulen: Individuell kombiniert werden nach Aufklärung und Beratung aller Betroffenen eine Psychotherapie, z. B.

tags: #ADS #neurologische #Grundlagen