AEDL bei Demenz: Definition, Pflegeplanung und Lösungsansätze

Die Betreuung von Menschen mit Demenz stellt eine besondere Herausforderung dar. Um dieser gerecht zu werden, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Betroffenen individuell zu erfassen und entsprechende Maßnahmen zu planen. Ein wichtiger Ansatzpunkt hierfür ist das Konzept der Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens (AEDL). Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung von AEDL bei Demenz, gibt eine Definition von Pflegeproblemen und zeigt Lösungsansätze auf, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern.

Einführung

Demenz ist ein degenerativer Prozess im Gehirn, der mit negativen Auswirkungen auf zahlreiche Funktionen einhergeht. Betroffen sind vor allem das Gedächtnis, die Orientierung, das Denkvermögen und die Sprache. Hinzu kommen häufig Persönlichkeitsveränderungen und Verhaltensauffälligkeiten. Die Ursachen für Demenz sind vielfältig, wobei Eiweißablagerungen im Gehirn und Hirnschwund vorrangig im Temporal- und Parietallappen eine Rolle spielen. Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, Verletzungen des Gehirns und arteriosklerotische Veränderungen können ebenfalls zu Demenz führen.

Definition von Pflegeproblemen im Kontext von Demenz

Pflegeprobleme beschreiben individuelle Einschränkungen in der Selbstversorgung, die ohne professionelle Unterstützung nicht oder nur eingeschränkt bewältigt werden können. Sie entstehen häufig im Zusammenhang mit Krankheiten oder Rehabilitationsphasen und betreffen zentrale Lebensbereiche wie Mobilität, Aktivitäten, Hautpflege, Ernährung, Kommunikation oder soziale Teilhabe.

Im pflegerischen Alltag werden Pflegeprobleme häufig im Rahmen der AEDL-Struktur (Aktivitäten und existenzielle Erfahrungen des Lebens) betrachtet und erfasst. Dabei kann es sich sowohl um akute Zustände als auch um potenzielle Risiken handeln, die einer gezielten Pflegeintervention bedürfen. Ziel ist es, das Wohlbefinden der betroffenen Person zu verbessern und Komplikationen frühzeitig zu vermeiden.

Arten von Pflegeproblemen

Pflegeprobleme lassen sich je nach Ursache, Verlauf und Sichtbarkeit in verschiedene Kategorien einteilen:

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  • Aktuelle Pflegeprobleme: Bestehen zum Beobachtungszeitpunkt und erfordern sofortige pflegerische Maßnahmen (z. B. Schmerzen, Atemnot, Dekubitus oder Angstzustände).
  • Verdeckte Pflegeprobleme: Sind nicht unmittelbar erkennbar, zeigen sich aber in indirekten Signalen wie Unruhe, Körpersprache oder Vermeidungsverhalten.
  • Potenzielle Pflegeprobleme: Risiken, die sich aus dem aktuellen Gesundheitszustand ableiten (z. B. Sturzgefahr, Exsikkose oder Dekubitusrisiko).
  • Generelle Pflegeprobleme: Kommen bei vielen Patienten unter vergleichbaren Bedingungen vor (z. B. Muskelschwund durch zu wenig Bewegung oder Flüssigkeitsmangel bei einer Infektion).
  • Individuelle Pflegeprobleme: Entstehen durch persönliche Lebensumstände oder psychische Belastungen und unterscheiden sich von Mensch zu Mensch (z. B. Trauer, Schamgefühle oder sozialer Rückzug).

Beispiele für Pflegeprobleme bei Demenz

  • Desorientiertheit: Örtliche und situative Desorientiertheit führen zu Unsicherheit und Angst.
  • Gedächtnisstörungen: Amnesie (Gedächtnisstörung) erschwert die Kommunikation und die Bewältigung des Alltags.
  • Sprachprobleme: Wortfindungsstörungen und Schwierigkeiten, sich verbal auszudrücken, beeinträchtigen die soziale Interaktion.
  • Verhaltensauffälligkeiten: Unruhe, Aggression, Rückzug und Persönlichkeitsveränderungen stellen eine Herausforderung für die Betreuung dar.
  • Vernachlässigung der persönlichen Hygiene: Betroffene sind nicht mehr in der Lage, die persönliche Hygiene selbstständig durchzuführen.
  • Ernährungsprobleme: Schluckbeschwerden und Appetitlosigkeit führen zu Mangelernährung.
  • Schlafstörungen: Gestörter Tag-Nacht-Rhythmus und nächtliche Unruhe beeinträchtigen die Lebensqualität.
  • Erhöhtes Sturzrisiko: Aufgrund von Desorientiertheit und motorischen Einschränkungen besteht ein erhöhtes Sturzrisiko.

Das AEDL-Konzept nach Monika Krohwinkel

Das Konzept der Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens (AEDL) nach Monika Krohwinkel ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Pflegeplanung bei Menschen mit Demenz. Es betrachtet den Menschen in seiner Gesamtheit und berücksichtigt seine individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten. Die 13 AEDL-Bereiche umfassen:

  1. Kommunizieren
  2. Sich bewegen
  3. Vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten
  4. Sich pflegen
  5. Essen und trinken
  6. Ausscheiden
  7. Sich kleiden
  8. Ruhen und schlafen
  9. Sich beschäftigen
  10. Sich als Mann oder Frau fühlen und verhalten
  11. Für eine sichere und fördernde Umgebung sorgen
  12. Soziale Bereiche des Lebens sichern
  13. Mit existenziellen Erfahrungen umgehen

Bedeutung von AEDL bei Demenz

Bei Menschen mit Demenz sind die AEDL-Bereiche häufig beeinträchtigt. Die Pflegeplanung sollte daher darauf abzielen, die verbliebenen Fähigkeiten zu erhalten und die Selbstständigkeit so weit wie möglich zu fördern. Hierbei ist es wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des Betroffenen zu berücksichtigen.

Beispiel: Ein Mensch mit Demenz hat Schwierigkeiten, sich selbstständig zu waschen. Im Rahmen der Pflegeplanung wird ermittelt, welche Teilbereiche der Körperpflege er noch selbstständig durchführen kann. Die Pflegekraft unterstützt ihn dann bei den verbleibenden Aufgaben und achtet darauf, dass er sich wohl und sicher fühlt.

Umgang mit existenziellen Erfahrungen

Ein besonderer Fokus liegt auf dem AEDL 13 "Mit existenziellen Erfahrungen des Lebens umgehen können". Dieser Bereich umfasst den Umgang mit Themen wie Leben, Krankheit, Leiden, Sterben, Tod und Trauer. Gerade bei Menschen mit Demenz ist es wichtig, sensibel und professionell mit diesen Erfahrungen umzugehen.

Beispiel: Eine Bewohnerin im Pflegeheim leidet unter fortgeschrittener Demenz und zeigt Anzeichen von Unruhe und Ängstlichkeit, insbesondere in den Abendstunden. Die Pflegeplanung berücksichtigt diese existenziellen Bedürfnisse und sieht Maßnahmen vor, die der Bewohnerin Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Dazu gehören beispielsweise beruhigende Gespräche, das Vorlesen von Geschichten oder das Anhören von Musik.

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Lösungsansätze und Maßnahmen

Um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern, ist es wichtig, individuelle Pflegepläne zu erstellen, die auf den AEDL-Bereichen basieren. Hier einige Beispiele für Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen:

Kommunikation

  • Einfache Sprache verwenden: Klare und kurze Sätze verwenden, Fachbegriffe vermeiden.
  • Langsam sprechen: Deutlich sprechen und Pausen machen, um dem Betroffenen Zeit zum Verarbeiten zu geben.
  • Bilder und Gesten einsetzen: Visuelle Hilfsmittel verwenden, um die Kommunikation zu erleichtern.
  • Geduldig sein: Den Betroffenen ausreden lassen und nicht unterbrechen.
  • Wertschätzung zeigen: Dem Betroffenen aufmerksam zuhören und ihm das Gefühl geben, verstanden zu werden.

Mobilität

  • Sichere Umgebung schaffen: Stolperfallen beseitigen, für ausreichende Beleuchtung sorgen.
  • Bewegung fördern: Regelmäßige Spaziergänge und gymnastische Übungen anbieten.
  • Hilfsmittel bereitstellen: Rollatoren, Gehstöcke und andere Hilfsmittel zur Verfügung stellen.
  • Stürze vermeiden: Hüftprotektoren tragen lassen, Sturzprophylaxe durchführen.
  • Motorische Unruhe kanalisieren: Nächtliche Angebote schaffen, die den Bewegungsdrang befriedigen.

Ernährung

  • Appetit anregen: Lieblingsspeisen anbieten, für eine angenehme Atmosphäre sorgen.
  • Kau- und Schluckbeschwerden berücksichtigen: Pürierte Kost anbieten, Flüssigkeit andicken.
  • Regelmäßige Mahlzeiten anbieten: Feste Essenszeiten einhalten, kleine Mahlzeiten über den Tag verteilen.
  • Trinken fördern: Ausreichend Flüssigkeit anbieten, Trinkpausen einführen.
  • Mangelernährung vorbeugen: Ernährungsplan erstellen, Gewicht regelmäßig kontrollieren.

Körperpflege

  • Unterstützung anbieten: Hilfe bei der Körperpflege anbieten, aber den Betroffenen so viel wie möglich selbstständig machen lassen.
  • Rituale einführen: Feste Abläufe schaffen, um Sicherheit und Orientierung zu geben.
  • Wohlfühlatmosphäre schaffen: Für eine angenehme Temperatur sorgen, Lieblingsdüfte verwenden.
  • Hautpflege beachten: Trockene Haut vermeiden, Druckgeschwüre vorbeugen.
  • Inkontinenzversorgung sicherstellen: Regelmäßige Toilettengänge anbieten, Inkontinenzmaterialien bereitstellen.

Beschäftigung

  • Biografiearbeit: Erinnerungen wecken, Fotoalben durchsehen, Geschichten erzählen.
  • Kreative Angebote: Malen, Basteln, Singen, Musizieren.
  • Haushaltstätigkeiten: Leichte Aufgaben im Haushalt übernehmen lassen.
  • Gartenarbeit: Pflanzen gießen, Unkraut jäten.
  • Soziale Kontakte fördern: Gruppenaktivitäten anbieten, Besuche von Angehörigen ermöglichen.

Schlaf

  • Ruhige Umgebung schaffen: Für eine angenehme Schlafatmosphäre sorgen, Lärm vermeiden.
  • Regelmäßiger Tag-Nacht-Rhythmus: Feste Schlafzeiten einhalten, tagsüber aktiv sein.
  • Einschlafrituale: Beruhigende Rituale vor dem Schlafengehen einführen.
  • Vermeidung von Störfaktoren: Koffein, Alkohol und Nikotin vermeiden.
  • Medikamentöse Unterstützung: In Absprache mit dem Arzt Schlafmittel einsetzen.

Rolle der Telematikinfrastruktur (TI)

Die Telematikinfrastruktur (TI) kann Pflegekräfte dabei unterstützen, Pflegeprobleme schneller zu erkennen und standardisiert zu dokumentieren. Digitale Pflegeplanung, strukturierte Assessment-Tools und der direkte Austausch mit behandelnden Ärzten ermöglichen es, den aktuellen Stand der Versorgung transparent zu halten, Hinweise aus Leitlinien einzubinden und Ergebnisse von Untersuchungen zentral bereitzustellen. Individuelle Pflegebedarfe lassen sich dadurch nicht nur effizienter erfassen, sondern auch besser mit anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen koordinieren.

Beispiele für den Einsatz der TI in der Pflege

  • Digitale Schmerzerfassungsbögen: Lückenlose Erfassung und Bewertung von Schmerzen.
  • Elektronische Patientenakte (ePA): Austausch mit Ärzten und Anpassung von Medikationsplänen in Echtzeit.
  • Digitale Pflegeplanungssysteme: Erinnerung an Umlagerungsintervalle, Dokumentation der Hautbeobachtung und vorausschauende Organisation von Hilfsmitteln zur Dekubitusprophylaxe.
  • E-Learning-Plattformen: Schulungen zur Stärkung des Fachwissens des Personals im Umgang mit Demenz.
  • Digitale Tools zur Nahrungs- und Flüssigkeitsbilanzierung: Engmaschige Überwachung bei Mangelernährung und Flüssigkeitsdefiziten.

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