Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die durch eine Reihe motorischer und nicht-motorischer Symptome gekennzeichnet ist. Zu den Hauptmerkmalen gehören Bewegungsverlangsamung (Bradykinese), Muskelsteifheit (Rigor), Ruhetremor und posturale Instabilität. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kann es zu einer akinetischen Krise kommen, einem lebensbedrohlichen Zustand, der eine sofortige medizinische Intervention erfordert. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung der akinetischen Krise bei Parkinson.
Parkinson-Krankheit im Überblick
Die Parkinson-Krankheit ist durch den Verlust von dopaminproduzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra, einem Bereich des Gehirns, der für die Bewegungssteuerung wichtig ist, gekennzeichnet. Der resultierende Dopaminmangel führt zu den charakteristischen motorischen Symptomen der Krankheit. Obwohl die genauen Ursachen für das Absterben der Nervenzellen noch nicht vollständig geklärt sind, werden genetische Faktoren, Umwelteinflüsse und altersbedingte Veränderungen als mögliche Risikofaktoren diskutiert.
Häufigkeit im Alter
Die Prävalenz der Parkinson-Krankheit steigt mit dem Alter. In Deutschland sind schätzungsweise 310.000 Menschen betroffen, wobei etwa 150.000 von ihnen 80 Jahre oder älter sind. Etwa 60 % der Patienten, bei denen die Diagnose nach dem 80. Lebensjahr gestellt wird, leiden unter dem akinetisch-rigiden Phänotyp.
Begleiterkrankungen und ihre Auswirkungen
Bei älteren Patienten wird die Parkinson-Symptomatik oft durch altersbedingte Begleiterkrankungen wie Polyneuropathien, Sehstörungen, Innenohrerkrankungen und Sarkopenie verschlimmert. Auch neuropsychiatrische Symptome wie Apathie, Depression und Angst sind häufig. Im Verlauf der Erkrankung entwickeln etwa 80 % der Betroffenen eine Demenz.
Was ist eine akinetische Krise?
Die akinetische Krise ist eine akute und potenziell lebensbedrohliche Komplikation der Parkinson-Krankheit, die durch eine plötzliche und ausgeprägte Verschlechterung der motorischen Symptome gekennzeichnet ist. Betroffene erleben eine nahezu vollständige Bewegungsunfähigkeit, die sich innerhalb weniger Tage entwickeln kann. Oftmals können sie weder schlucken noch sprechen, was die Situation zusätzlich erschwert.
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Ursachen einer akinetischen Krise
Die akinetische Krise kann verschiedene Ursachen haben:
- Plötzliches Absetzen oder Reduzieren von Parkinson-Medikamenten: Dies ist eine der häufigsten Ursachen. Die Medikamente gleichen den Dopaminmangel im Gehirn aus, und ein plötzlicher Entzug kann zu einer rapiden Verschlechterung der Symptome führen.
- Schwere Begleiterkrankungen: Infektionen, Dehydration oder andere schwere Erkrankungen können eine akinetische Krise auslösen.
- Operative Eingriffe: Auch Operationen können den Körper stark belasten und eine Krise verursachen.
- Störungen der Medikamentenaufnahme: Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, die die Aufnahme von Medikamenten beeinträchtigen, können ebenfalls eine Krise auslösen.
- Einnahmefehler der Parkinson-Medikamente: Auch Fehler bei der Einnahme der Medikamente können die Ursache einer akinetischen Krise sein.
Symptome einer akinetischen Krise
Die Symptome einer akinetischen Krise sind vielfältig und können sich rasch entwickeln:
- Bewegungslosigkeit (Akinese): Betroffene sind kaum oder gar nicht in der Lage, sich zu bewegen.
- Sprachverlust (Aphasie): Die Fähigkeit zu sprechen ist stark eingeschränkt oder nicht mehr vorhanden.
- Schluckstörungen (Dysphagie): Das Schlucken von Speichel, Nahrung oder Flüssigkeit ist erschwert oder unmöglich.
- Hohes Fieber: Oftmals geht die Krise mit einem deutlichen Temperaturanstieg einher.
- Muskelsteifheit (Rigor): Die Muskeln sind stark angespannt und steif.
- Veränderungen des Bewusstseins: Verwirrtheit, Desorientierung oder Bewusstseinsverlust können auftreten.
- Vegetative Störungen: Schwitzen, Herzrasen, Blutdruckschwankungen können auftreten.
Diagnose einer akinetischen Krise
Die Diagnose einer akinetischen Krise basiert in erster Linie auf der klinischen Beurteilung des Patienten. Wichtig ist, andere mögliche Ursachen für die plötzliche Verschlechterung der Symptome auszuschließen. Folgende Untersuchungen können hilfreich sein:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere der Medikamenteneinnahme und Begleiterkrankungen. Auch Angaben von Angehörigen können wichtige Anhaltspunkte liefern.
- Körperliche Untersuchung: Beurteilung des neurologischen Zustands, der Vitalfunktionen und des Flüssigkeitshaushalts.
- Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen zur Überprüfung von Entzündungswerten, Elektrolyten, Nieren- und Leberfunktion.
- Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns erforderlich sein, um andere Ursachen auszuschließen.
- L-Dopa-Test: In unklaren Fällen kann ein L-Dopa-Test durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob die Symptome auf eine dopaminerge Therapie ansprechen.
Behandlung einer akinetischen Krise
Die Behandlung einer akinetischen Krise erfordert eine sofortige stationäre Aufnahme und intensive medizinische Betreuung. Ziel ist es, die Symptome zu lindern, die Grunderkrankung zu behandeln und Komplikationen zu vermeiden. Folgende Maßnahmen sind in der Regel erforderlich:
- Wiederherstellung der Medikamenteneinnahme: Die Parkinson-Medikamente müssen so schnell wie möglich wieder verabreicht werden. Bei Schluckstörungen kann dies über eine Nasensonde oder intravenös erfolgen, falls entsprechende Präparate verfügbar sind.
- Behandlung von Begleiterkrankungen: Infektionen oder andere Grunderkrankungen müssen umgehend behandelt werden.
- Flüssigkeitszufuhr und Elektrolytausgleich: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um Dehydration zu vermeiden. Elektrolytstörungen müssen ausgeglichen werden.
- Unterstützung der Atmung: Bei Atemproblemen kann eine Sauerstoffgabe oder in schweren Fällen eine künstliche Beatmung erforderlich sein.
- Behandlung von Komplikationen: Komplikationen wie Lungenentzündung, Thrombosen oder Dekubitus müssen frühzeitig erkannt und behandelt werden.
- Symptomatische Therapie: Maßnahmen zur Linderung von Symptomen wie Fieber, Schmerzen oder Unruhe können erforderlich sein.
- Medikamentöse Therapie: Amantadin-Infusionen oder Apomorphin-Spritzen können helfen, die Krise zu meistern.
Medikamentöse Therapie im Detail
- Levodopa: Die Aminosäure Levodopa wird aufgrund ihrer raschen Metabolisierung nur kombiniert mit einem Decarboxylase-Inhibitor (Benserazid oder Carbidopa) eingesetzt. Diese Kombinationen haben die günstigste Wirkung-Nebenwirkung-Relation unabhängig vom Alter.
- COMT-Inhibitoren: Catechol-O-Methyl-Transferase(COMT)-Inhibitoren werden mit Levodopa kombiniert, um die Wirkung von Levodopa zu verlängern. Die gängigen COMT-Inhibitoren Entacapon und Opicapon penetrieren kaum ins Zentralnervensystem (ZNS).
- Dopamin-Antagonisten und Monoaminooxidase-Hemmer: Beide Substanzklassen haben bei den meisten geriatrischen Patientinnen und Patienten eine ungünstige Wirkung-Nebenwirkung-Relation. Insbesondere aufgrund des Risikos von Psychosen und orthostatischer Dysregulation verbieten sich Amantadin, MAO-B-Hemmer (Selegilin, Rasagilin und insbesondere Safinamid) und die Dopaminagonisten (Pramipexol, Ropinirol, Piribedil und Rotigotin) zumeist beim geriatrischen Patientinnen und Patienten.
Therapieoptionen bei motorischen Komplikationen
Bei unkalkulierbaren Fluktuationen kann die jejunale Applikation von Levodopa plus Decarboxylase-Inhibitor über eine Pumpe gleichmäßige Levodopa-Plasmakonzentrationen sicherstellen. Foslevodopa/Foscarbidopa (Verhältnis 20/1) ist seit 2023 zur kontinuierlichen, subkutanen Applikation verfügbar.
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Ungeeignete Medikamente
Eine Parkinson-Symptomatik verschlimmern oder ein Parkinsonoid verursachen können nicht nur hochpotente klassische Neuroleptika, sondern auch Pharmaka, die üblicherweise zu den atypischen Neuroleptika gezählt werden (Leitsubstanz Risperidon) sowie niedrigpotente sedierende und schlafanstoßende Neuroleptika (Leitsubstanzen Melperon, Pipamperon, Prothipendyl), Metoclopramid sowie selten andere Medikamente, zum Beispiel Flunarizin, Lithium, Valproat.
Langfristige Betreuung
Nach einer akinetischen Krise ist eine engmaschige neurologische Betreuung erforderlich, um die Medikation optimal einzustellen und das Auftreten weiterer Krisen zu verhindern. Auch physiotherapeutische, ergotherapeutische und logopädische Maßnahmen können sinnvoll sein, um die motorischen und kognitiven Fähigkeiten des Patienten zu verbessern.
Prävention einer akinetischen Krise
Einige Maßnahmen können dazu beitragen, das Risiko einer akinetischen Krise zu verringern:
- Regelmäßige Medikamenteneinnahme: Die Parkinson-Medikamente sollten unbedingt regelmäßig und nach Anweisung des Arztes eingenommen werden.
- Vermeidung von abruptem Absetzen oder Reduzieren der Medikamente: Änderungen der Medikation sollten nur in Absprache mit dem Arzt erfolgen.
- Frühzeitige Behandlung von Begleiterkrankungen: Infektionen oder andere Erkrankungen sollten umgehend behandelt werden.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, um Dehydration zu vermeiden.
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Neurologen helfen, den Krankheitsverlauf zu überwachen und die Therapie anzupassen.
- Schulung von Patienten und Angehörigen: Patienten und ihre Angehörigen sollten über die Symptome einer akinetischen Krise und dieNotwendigkeit einer sofortigen medizinischen Behandlung informiert sein.
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