Alzheimer, Autofahren und Versicherung: Ein umfassender Überblick über Regelungen und Verantwortlichkeiten

Die Diagnose Alzheimer-Demenz stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Neben der Bewältigung des fortschreitenden Verlusts kognitiver Fähigkeiten stellt sich oft die Frage nach der Fahrtauglichkeit und den damit verbundenen rechtlichen und versicherungstechnischen Aspekten. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge zwischen Alzheimer, Autofahren, Versicherungen und den jeweiligen Verantwortlichkeiten.

Autofahren und Demenz: Eine Gratwanderung

Ein Auto bedeutet für viele Menschen Unabhängigkeit und Flexibilität, besonders in ländlichen Gebieten. Der Verzicht auf das Autofahren fällt daher oft schwer. Bei einer Demenzerkrankung ist es jedoch wichtig, die Fahrtauglichkeit regelmäßig zu überprüfen, da die Krankheit Gedächtnis, Wahrnehmung, Konzentration, Orientierung und Urteilsfähigkeit beeinträchtigen kann - allesamt Fähigkeiten, die für das sichere Führen eines Fahrzeugs unerlässlich sind.

Individuelle Beurteilung der Fahrtauglichkeit

Die "Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung" verbieten das Autofahren mit Demenz nicht pauschal. Stattdessen ist eine individuelle Beurteilung des Krankheitsverlaufs und seiner Auswirkungen auf die Fahrsicherheit erforderlich. Eine leichte hirnorganische Wesensänderung muss die Fahrtauglichkeit nicht zwangsläufig beeinträchtigen. Faktoren wie Medikamenteneinnahme, Schwindel oder Müdigkeit können die Fahrtauglichkeit zusätzlich beeinflussen.

Warnzeichen und Überprüfung der Fahreignung

Angehörige und Ärzte sollten auf fahrsicherheitsrelevante Auffälligkeiten achten. Wollen Betroffene trotz Beeinträchtigungen nicht auf das Autofahren verzichten, können Angehörige eine Überprüfung der Fahreignung veranlassen. Auch Ärzte dürfen die Behörden informieren, wenn fahruntüchtige Personen weiterhin Auto fahren. Bei beginnenden Einschränkungen können Anpassungen wie das Vermeiden von Fahrten bei Dunkelheit oder in unbekannten Gebieten helfen.

Die Rolle des Arztes

Ärzte sind verpflichtet, Patienten bei der Diagnosestellung über die möglichen Auswirkungen der Demenz auf die Fahrtauglichkeit aufzuklären. Sie dürfen jedoch Dritten gegenüber nur dann einen Hinweis auf die Fahruntauglichkeit geben, wenn der Patient einwilligt und sie von der Schweigepflicht entbindet. In bestimmten Ausnahmefällen, wenn eine unmittelbare Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer besteht, kann die ärztliche Schweigepflicht entfallen.

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Rechtliche Aspekte und Haftung

Aufsichtspflicht der Angehörigen

Angehörige sind rechtlich nur dann verpflichtet, das Autofahren eines Menschen mit Demenz zu verhindern, wenn sie die Aufsichtspflicht über die erkrankte Person haben. Dies ist der Fall, wenn sie vom Betreuungsgericht als rechtliche Betreuer bestellt wurden und zu deren Aufgabenfeld ausdrücklich die Beaufsichtigung gehört. Bei Verletzung der Aufsichtspflicht müssen sie für Schäden aufkommen, die die betreute Person beim Autofahren verursacht.

Haftung bei Unfallschäden

Grundsätzlich leistet die Kfz-Haftpflichtversicherung als Pflichtversicherung für Schäden gegenüber Dritten. Die Versicherung kann sich die Schäden jedoch vom Menschen mit Demenz ersetzen lassen, insbesondere wenn der Unfall aufgrund der Demenz und der Missachtung ärztlicher Anweisungen passiert ist.

Vorsorgevollmacht und Betreuung

Um im Falle einer fortschreitenden Demenz handlungsfähig zu bleiben, ist es ratsam, frühzeitig eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Damit kann eine Vertrauensperson bevollmächtigt werden, Entscheidungen in verschiedenen Bereichen zu treffen, wie z.B. medizinische Behandlungen, finanzielle Angelegenheiten und die Suche nach einem Pflegeheimplatz. Wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt oder diese nicht ausreichend ist, kann das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer bestellen.

Versicherungsschutz bei Demenz

Haftpflichtversicherung

Für Menschen mit Demenz ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung sinnvoll. Besteht bereits eine Versicherung, sollte die Versicherungsgesellschaft über die Erkrankung informiert werden, da dies eine "Gefahrenerhöhung" darstellen kann. Viele Versicherungen bieten die Mitversicherung von "nicht deliktfähigen" erwachsenen Personen an.

Kfz-Versicherung

Auch bei Autofahrern mit Demenz greift zunächst die Kfz-Haftpflichtversicherung für Schäden gegenüber Dritten. Allerdings kann die Versicherung Regressansprüche geltend machen, wenn der Unfall aufgrund der Demenz verursacht wurde und ärztliche Anweisungen ignoriert wurden.

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Parkerleichterungen für Menschen mit Demenz

Schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen „aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) oder Blindheit können den blauen EU-Parkausweis beantragen. Auch Menschen mit Demenz können unter Umständen die Voraussetzungen für eine „außergewöhnliche Gehbehinderung“ erfüllen, wenn die Demenz die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Mit dem blauen Parkausweis dürfen sie auf Behindertenparkplätzen parken, auch wenn sie das Fahrzeug nicht mehr selbst steuern können.

Alternativen zum Autofahren

Wenn die Fahrtauglichkeit nicht mehr gegeben ist, ist es wichtig, alternative Mobilitätslösungen zu finden. Dazu gehören:

  • Öffentliche Verkehrsmittel: Busse und Bahnen ermöglichen weiterhin die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
  • Taxis: Taxis bieten eine flexible und bequeme Möglichkeit, ans Ziel zu gelangen.
  • Fahrdienste: Spezielle Fahrdienste für Senioren und Menschen mit Behinderung können eine gute Alternative sein.
  • Unterstützung durch Angehörige und Freunde: Angehörige und Freunde können Fahrten übernehmen oder bei der Organisation von Transportmöglichkeiten helfen.

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