Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Familien grundlegend verändern kann. In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall, und rund 700.000 Menschen leben mit den Folgen dieser Erkrankung. Die Neurorehabilitation spielt eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung verlorener Funktionen und der Verbesserung der Lebensqualität von Schlaganfallpatienten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte der Neurorehabilitation nach einem Schlaganfall.
Was ist ein Schlaganfall?
Bei einem Schlaganfall kommt es zu einer akuten Minderversorgung eines Teils des Gehirns mit Blut. Dies führt zu einem Sauerstoffmangel im betroffenen Gewebe, was zum Absterben von Gehirnzellen führen kann. Es gibt zwei Haupttypen von Schlaganfällen:
- Ischämischer Schlaganfall: Hierbei wird eine Arterie, die das Gehirn mit Blut versorgt, durch ein Blutgerinnsel blockiert.
- Hämorrhagischer Schlaganfall: Hierbei tritt Blut aus einem geplatzten Gefäß in das Gehirn aus.
Die Akutbehandlung eines Schlaganfalls zielt darauf ab, die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen und weitere Schäden zu minimieren.
Ziele der Neurorehabilitation
Neurologische Rehabilitationsmaßnahmen haben das Ziel, die durch den Schlaganfall verursachten Einschränkungen zu verbessern, sodass Patienten ihren beruflichen und sozialen Alltag möglichst selbstständig bewältigen können. Des Weiteren soll der Umgang mit der eigenen Erkrankung und den damit einhergehenden Funktionsdefiziten vermittelt und verbessert werden. Die Rehabilitation zielt auf die körperliche, psychische, soziale sowie berufliche Wiedereingliederung ab.
Die Ziele der Rehabilitation orientieren sich immer am Lebensalltag des Patienten. Ein weiteres Ziel ist es, Patienten bei einer notwendigen Umstellung des Lebensstils zu unterstützen, um einen wiederholten Schlaganfall zu vermeiden.
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Phasen der Schlaganfall-Rehabilitation
Rehabilitationsmaßnahmen nach einem Schlaganfall werden in verschiedene Phasen unterteilt, von A bis F. Die klassische Rehabilitation erfolgt in den Phasen B bis D.
- Phase A: Akutbehandlung im Krankenhaus.
- Phase B (Frührehabilitation): Unmittelbar nach der Akutbehandlung, oft noch mit intensivmedizinischer Betreuung.
- Phase C: Patient kann bereits aktiv mitarbeiten, benötigt aber noch pflegerische Unterstützung.
- Phase D (Medizinische Rehabilitation): Stationärer Aufenthalt in einer spezialisierten Rehaklinik, Patient ist relativ selbstständig.
- Phase E: Ambulante Maßnahme mit Fokus auf die Reintegration in den beruflichen Alltag.
- Phase F: Dauerhafte pflegerische Maßnahmen, oft mit zusätzlichen Therapien.
Die Phasen müssen nicht zwingend in dieser Reihenfolge durchlaufen werden. Das Rehabilitationskonzept wird individuell an die gesundheitliche Situation des Patienten angepasst.
Formen der Rehabilitation
Es gibt verschiedene Formen der Rehabilitation, die je nach Bedarf des Patienten in Frage kommen:
- Stationäre neurologische Rehabilitation: Die Behandlung erfolgt in Spezialkliniken, wobei rehabilitative Behandlungskonzepte im Vordergrund stehen. Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sprachtherapeuten, Psychologen und dem Sozialdienst arbeitet gemeinsam an den individuellen Rehabilitationszielen.
- Ambulante Rehabilitation: Der Patient wohnt zu Hause und wird tagsüber in einer Einrichtung behandelt. Das Angebot entspricht dem der stationären neurologischen Behandlung.
- Teilstationäre Rehabilitation: Ähnlich wie die ambulante Rehabilitation, jedoch mit einem intensiveren Therapieplan.
- Ambulante Therapie: Nach der stationären oder teilstationären Rehabilitation erfolgt die ambulante Behandlung durch sachkompetente Therapeuten (z. B. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden) von zu Hause aus.
Inhalte einer Rehabilitation
Rehamaßnahmen nach einem Schlaganfall bieten den Patienten ein multimodales Konzept auf der Basis verschiedener Behandlungsansätze. Speziell geschulte Therapeuten unterstützen die Patienten dabei auf verschiedenen Ebenen.
- Physiotherapie: Verbesserung von Beweglichkeit, Koordination und Muskelkraft.
- Logopädie: Verbesserung der Sprache und des Schluckvermögens.
- Ergotherapie: Training motorischer Fähigkeiten zur Bewältigung alltäglicher Aufgaben.
- Neuropsychologie: Training kognitiver Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis und räumliche Wahrnehmung.
- Psychologische Beratung: Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Bewältigung psychischer Probleme.
- Sozialberatung: Unterstützung bei der Organisation der Versorgung nach der Rehabilitation.
Zusätzlich gibt es noch weitere Therapiemöglichkeiten wie Wärme- und Kälteanwendungen oder Maßnahmen zur beruflichen Wiedereingliederung. Für jeden Patienten wird ein individueller Therapieplan entworfen, in dem auch eventuell bestehende Nebenerkrankungen miteinbezogen werden.
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Therapieansätze in der Neurorehabilitation
Die Therapie für Menschen mit neurologischen Erkrankungen stellt große Herausforderungen an Therapeutinnen und Therapeuten. Nur durch die Zusammenarbeit eines multiprofessionellen Teams kann die Kombination unterschiedlicher Therapieformen gewährleistet werden, um motorische, sensorische und kognitive Fähigkeiten der Patienten zu fördern.
- Schädigungsorientiertes Training: Aktives Training der geschädigten Extremität.
- Forced-Use Therapy: Intensives Training der betroffenen Hand oder des betroffenen Beins bei gleichzeitigem „Verbot“, die gesunde Hand für alltägliche Tätigkeiten einzusetzen.
- Spiegeltherapie: Bewegung der gesunden Hand vor einem Spiegel, um die Illusion einer Bewegung der gelähmten Hand zu erzeugen.
- Roboter-, computer- und virtual reality-gestützte Therapie: Bewegung, Gleichgewicht, Koordination und kognitive Fähigkeiten werden gleichzeitig trainiert.
Dauer der Rehabilitation
Die tatsächliche Dauer einer Rehabilitationsmaßnahme nach einem Schlaganfall lässt sich kaum abschätzen. Sie hängt sehr vom Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und von individuellen Faktoren ab. In der Regel wird eine Rehabilitationsmaßnahme vom jeweiligen Kostenträger zunächst für einen Zeitraum von drei Wochen genehmigt. Zum Ende dieser drei Wochen entscheiden die behandelnden Ärzte, Pfleger und Therapeuten zusammen mit dem Patienten, ob weitere Rehabilitationsmaßnahmen notwendig sind.
Kostenübernahme
Die Kosten für eine Rehabilitationsmaßnahme werden in der Regel von der Krankenkasse oder der Rentenversicherung übernommen. Bei berufstätigen Patienten ist meist die Rentenversicherung zuständig. Es empfiehlt sich, nach der Akutbehandlung die individuelle Kostenübernahme mit der zuständigen Krankenkasse zu klären, um einen entsprechenden Antrag stellen zu können.
Spezialisierte Kliniken
Die Rehabilitationsmaßnahme nach einem Schlaganfall sollte stets in einer spezialisierten neurologischen Rehaklinik erfolgen. Diese bieten Patienten ein individuelles und interdisziplinäres Behandlungskonzept unter enger Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pflegepersonal und Therapeuten.
Verkehrstüchtigkeit nach Schlaganfall
Neurologische Erkrankungen können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen, das gilt auch für den Schlaganfall. Die Einschätzung, ob eine Person nach einem Schlaganfall noch bzw. wieder fahrtauglich ist, erfordert Sachkompetenz. Wer einen Führerschein besitzt und danach erst eine Körperbehinderung erleidet, hat die Pflicht, in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen. Eine rechtsverbindliche Auskunft erhält man, wenn man bei der zuständigen Behörde eine freiwillige Mitteilung über die Erkrankung oder Einschränkung einreicht, damit der Führerschein gegebenenfalls geändert wird oder erforderliche Auflagen bzw. Beschränkungen eingetragen werden.
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Ernährung nach Schlaganfall
Eine besondere Ernährung nach einem Schlaganfall kann eine gute Prävention sein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. Mit einer gesunden Ernährung im Alter können Risikofaktoren wie zu hohe Cholesterin- oder Zuckerwerte durchaus in Schach gehalten werden, die als Ursache für einen Schlaganfall gelten können. Orientieren Sie sich an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: Eine Mischkost aus viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotem Fleisch.
Schluckstörungen nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall führt bei etwa der Hälfte der Betroffenen zu einer akuten Schluckstörung, rund ein Viertel der Betroffenen leidet an einer chronischen Schluckstörung (Dysphagie). Ein gestörter Schluckreflex muss immer behandelt werden, um Mangelernährung und das Eindringen von Nahrungsresten in die Lunge zu vermeiden.
Selbsthilfegruppen
Sowohl für Schlaganfall-Patienten selbst als auch für deren Angehörige können Schlaganfall-Selbsthilfegruppen eine große Unterstützung sein, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Schlaganfalls zu leben. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ist eine gute Adresse, wenn es darum geht, Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.
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