Morbus Crohn: Ursachen und neurologische Symptome

Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), die neben Colitis ulcerosa die häufigste ihrer Art ist. In Deutschland sind etwa 250.000 Menschen betroffen. Die Erkrankung ist durch eine Entzündung im Verdauungstrakt gekennzeichnet, die von der Mundhöhle bis zum Anus jeden Abschnitt betreffen kann, sich jedoch am häufigsten im terminalen Ileum und im proximalen Kolon manifestiert. Typische Symptome sind Bauchschmerzen und Durchfall, die die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken können. Unbehandelt kann die anhaltende Entzündung zu Schäden am Darm führen. Eine frühzeitige Diagnose und wirksame Behandlung sind daher entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden.

Was ist Morbus Crohn?

Morbus Crohn ist durch eine segmental und transmurale Entzündung des Gastrointestinaltrakts charakterisiert. Die Pathologie ist durch eine nicht-kontinuierliche Verteilung der Entzündung gekennzeichnet, die alle Wandschichten des Darms betreffen kann und zu Strikturen, Fisteln und Abszessbildungen führt. Die Erkrankung verläuft in der Regel in Schüben, wobei sich Phasen mit und ohne Beschwerden abwechseln. Besonders häufig beginnt sie zwischen dem 15. und 40. Lebensjahr, wobei Männer und Frauen etwa gleich häufig erkranken.

Ursachen von Morbus Crohn

Die genaue Ursache von Morbus Crohn ist bis heute nicht abschließend geklärt. Es wird angenommen, dass verschiedene Faktoren bei der Entstehung der Erkrankung eine Rolle spielen.

Genetische Prädisposition

Es gibt eine genetische Veranlagung für Morbus Crohn. Haben andere Familienmitglieder eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, ist die Wahrscheinlichkeit, selbst zu erkranken, erhöht. Mehr als 200 genetische Loci wurden in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für entzündliche Darmerkrankungen identifiziert. Besonders hervorzuheben ist das NOD2/CARD15-Gen, das eine Schlüsselrolle in der Immunantwort gegen bakterielle Pathogene spielt. Mutationen in diesem Gen sind mit einer erhöhten Anfälligkeit für Morbus Crohn verbunden, insbesondere in kaukasischen Populationen. Weitere wichtige Gene umfassen ATG16L1, IL23R und FUT2, die alle verschiedene Aspekte der Immunantwort und der Autophagie beeinflussen. Etwa 10-20% der Patienten weisen eine positive Familienanamnese für entzündliche Darmerkrankungen auf, was auf eine genetische Prädisposition hindeutet.

Dysregulierte Immunantwort

Morbus Crohn wird als eine durch eine dysregulierte Immunantwort auf Bestandteile des intestinalen Mikrobioms hervorgerufene Erkrankung angesehen. Normalerweise schützt das Immunsystem den Darm vor pathogenen Mikroorganismen und toleriert gleichzeitig harmlose Kommensalen. Bei Morbus Crohn führt eine Fehlregulation dieser Balance zu einer anhaltenden Entzündungsreaktion, die zu einer chronischen Schädigung des Darmgewebes führt. Eine gestörte Funktion von regulatorischen T-Zellen, eine Überproduktion von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α, IL-12 und IL-23 sowie eine Fehlfunktion der epithelialen Barriere tragen zur Pathogenese bei.

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Umweltfaktoren

Äußere Faktoren, sogenannte Umwelteinflüsse, können das Auftreten von Morbus Crohn begünstigen, darunter Infekte oder bestimmte Nahrungsbestandteile. Zu den wichtigsten Umweltfaktoren gehört das Rauchen, das als einer der stärksten Risikofaktoren für die Entwicklung und Verschlechterung von Morbus Crohn gilt. Raucher haben ein höheres Risiko, an Morbus Crohn zu erkranken, und bei ihnen verläuft die Krankheit oft schwerer. Weitere potenziell relevante Umweltfaktoren umfassen eine westliche Ernährungsweise, die reich an Fett und Zucker ist, und möglicherweise eine gestörte Darmflora fördert, sowie die Einnahme bestimmter Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), die die Darmbarriere schwächen können.

Veränderte Darmbarriere

Durch eine Störung bzw. Schwächung der Schleimhautbarriere im Darm bei Morbus Crohn gelangen Bakterien und Nahrungsbestandteile in die Darmwand und somit in den Körper. Dadurch wird das Immunsystem alarmiert und reagiert mit einer Entzündung.

Mikrobiota

Veränderungen in der Zusammensetzung der intestinalen Mikrobiota, bekannt als Dysbiose, spielen eine entscheidende Rolle in der Pathogenese von Morbus Crohn. Patienten mit Morbus Crohn zeigen häufig eine reduzierte Diversität der Mikrobiota sowie eine vermehrte Präsenz von entzündungsfördernden Bakterien (z.B. Escherichia coli) und eine Abnahme von entzündungshemmenden Bakterien (z.B. Faecalibacterium prausnitzii).

Symptome von Morbus Crohn

Morbus Crohn beginnt oft schleichend. Die ersten Beschwerden können Blähungen, Durchfall oder allgemeines Unwohlsein sein und lassen häufig nicht gleich auf die Erkrankung schließen. Wie sich die Entzündung im Verdauungstrakt weiter ausdehnt oder wie häufig es zu Schüben kommt, lässt sich nicht vorhersagen. Jeder Krankheitsverlauf bei Morbus Crohn ist unterschiedlich.

Typische Symptome

  • Anhaltender wässriger oder breiiger Durchfall
  • Krampfartige Bauchschmerzen, häufig im rechten Unterbauch, meist ein bis zwei Stunden nach dem Essen
  • Gewichtsverlust, da Nährstoffe wegen des Durchfalls nur unzureichend vom Körper aufgenommen werden können und die Nahrungsaufnahme durch Appetitlosigkeit oder Übelkeit schwerfällt
  • Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl, insbesondere wenn der Morbus Crohn schwer ausgeprägt ist
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit (Fatigue)

Weitere Symptome

  • Bauchschmerzen & Blähungen
  • Übelkeit, Erbrechen & Appetitlosigkeit
  • Müdigkeit, Erschöpfung & Kopfschmerzen
  • Gewichtsverlust & Fieber
  • Haut & Ausschläge

Extraintestinale Manifestationen

Morbus Crohn kann mit Beschwerden außerhalb des Verdauungstrakts einhergehen. Begleiterkrankungen können z. B. die Haut, die Augen oder die Gelenke betreffen. Diese werden in der Fachsprache extraintestinale Manifestationen genannt:

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  • Hautentzündungen
  • Augenentzündungen
  • Blutarmut
  • Gelenkentzündungen
  • Verengung der Gallengänge oder Gallensteine
  • Leberentzündungen
  • Nierensteine

Neurologische Symptome bei Morbus Crohn

Morbus Crohn betrifft nicht nur den Verdauungstrakt. Einige Betroffene berichten von Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühlen in Händen und Füßen. Entzündungen und Mangelerscheinungen können die Nervenleitung stören, was zu Muskelschwäche führt. In seltenen Fällen kann Morbus Crohn mit Entzündungen im zentralen Nervensystem einhergehen, die Kopfschmerzen oder Sehstörungen auslösen.

Fatigue

Es gibt neue Hinweise dafür, dass die Hirn-Darm-Achse für die Entstehung extraintestinaler Symptome bei M. Crohn eine Rolle spielt, v.a. was Fatigue im Remissionsstadium angeht. Forscher der Uniklinik Mannheim untersuchten bei 67 Crohn-Patienten und 42 gesunden Kontrollen das Volumen der grauen Substanz mittels kranieller MRT. Die höchsten Scores in den Fragebogen hatten Patienten mit aktiver Erkrankung. Auch stellten die Forscher ein verringertes Volumen der grauen Substanz im präzentralen Gyrus und anderen sensomotorischen Arealen im Vergleich zu den Kontrollen fest. Die Assoziation zwischen Fatigue und dem MRT-Befund konnte jedoch nur bei Patienten in Remission nachgewiesen werden.

Diagnose von Morbus Crohn

Um einen Morbus Crohn eindeutig zu diagnostizieren, werden verschiedene Untersuchungen und Methoden eingesetzt:

1. Basisdiagnostik

Bei Verdacht auf Morbus Crohn, insbesondere bei Symptomen wie chronischer Diarrhoe und Unterbauchschmerzen, erfolgt eine erste Abklärung mittels Blut- und Stuhldiagnostik:

  • Blutuntersuchungen: Hier werden entzündliche Marker wie CRP und BSG bestimmt, die in der Regel erhöht sind. Weitere Blutparameter können eine Anämie anzeigen, oft verbunden mit Eisenmangel (niedriges Ferritin, reduzierte Transferrin-Sättigung). Der Nachweis von Anti-Saccharomyces cerevisiae Antikörpern (ASCA) kann unterstützend sein, da diese bei einem Teil der Patienten positiv sind.
  • Stuhldiagnostik: Zur Abklärung infektiöser Ursachen wird der Stuhl auf pathogene Keime untersucht. Zusätzlich werden fäkale Entzündungsmarker wie Calprotectin und Lactoferrin gemessen. Diese Proteine sind bei Entzündungen des Darms erhöht und helfen, zwischen entzündlichen und funktionellen Darmbeschwerden zu unterscheiden.

2. Endoskopie und histologische Bestätigung

  • Ileokoloskopie: Die Ileokoloskopie ist der Goldstandard zur Diagnosesicherung. Während dieser Untersuchung werden systematische Stufenbiopsien entnommen, um die Ausbreitung der Erkrankung histologisch zu bestätigen. Typische endoskopische Befunde umfassen segmentale, diskontinuierliche Entzündungen mit Ulzera (oft in Landkartenform oder als „Schneckenspuren“), Fissuren, Erythem und seltener Pseudopolypen.

3. Ausbreitungsdiagnostik

Um das genaue Ausmaß und das Befallsmuster der Erkrankung zu beurteilen, insbesondere bei Verdacht auf Stenosen oder Fisteln, werden bildgebende Verfahren eingesetzt:

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  • Abdomensonografie: Diese Untersuchung wird bei jedem Schub sowie in der Verlaufsbeobachtung angewendet, um Veränderungen wie eine Verdickung der Darmwand oder das Vorhandensein von Abszessen und Fisteln zu erkennen.
  • MRT-Enteroklysma: Besonders bei der Erstdiagnose dient das MRT-Enteroklysma der Beurteilung der Krankheitsaktivität und der detaillierten Darstellung des Dünndarmbefalls. Hierbei wird der gesamte Magen-Darm-Trakt nach der Gabe eines Kontrastmittels (z.B. Mannitollösung) untersucht, um Entzündungen, Verdickungen der Darmschlingen und vergrößerte Lymphknoten sichtbar zu machen.
  • Röntgen nach Sellink (Enteroklysma): Dieses Verfahren wird vor allem verwendet, um Fistelgänge und Stenosen zu identifizieren. Dabei wird Kontrastmittel in den Dünndarm eingebracht, und der Verlauf wird mittels mehrerer Röntgenaufnahmen dokumentiert.

4. Weitere diagnostische Verfahren

  • Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD): Diese wird eingesetzt, wenn eine Beteiligung des oberen Gastrointestinaltrakts vermutet wird. Hierbei können Aphthen und andere Entzündungszeichen im Ösophagus, Magen oder Duodenum sichtbar gemacht werden.

5. Nachsorge und Prävention

  • Regelmäßige Koloskopien: Aufgrund des erhöhten Risikos für kolorektale Karzinome bei Morbus Crohn sind regelmäßige Koloskopien zur Überwachung notwendig.

Therapie von Morbus Crohn

Die Therapie von Morbus Crohn zielt darauf ab, die Entzündung zu kontrollieren, Symptome zu lindern, Remissionen zu induzieren und zu erhalten sowie Komplikationen vorzubeugen. Die Behandlung ist individuell und hängt vom Schweregrad der Erkrankung, dem Befallsmuster und dem Auftreten von Komplikationen ab.

1. Medikamentöse Therapie

  • Aminosalicylate (z.B. Mesalazin): Diese werden insbesondere bei leichtem bis mittelschwerem Morbus Crohn eingesetzt, vor allem wenn der Kolon betroffen ist. Sie wirken entzündungshemmend auf die Darmschleimhaut.
  • Glukokortikoide (z.B. Prednisolon): Bei akuten Schüben kommen systemische Glukokortikoide zum Einsatz, um die Entzündung schnell zu reduzieren. Sie werden jedoch aufgrund ihrer Nebenwirkungen nur kurzfristig verwendet. Bei leichteren Fällen können auch lokal wirkende Steroide wie Budesonid eingesetzt werden. Bei leichter Entzündungsaktivität: 1. Wahl: Topische Glukokortikoide wie Budesonid.
  • Immunmodulatoren (z.B. Azathioprin, Methotrexat): Bei steroidrefraktärem Verlauf wird eine Eskalation der Therapie notwendig. Dies kann die Gabe von Immunsuppressiva wie Azathioprin oder 6-Mercaptopurin beinhalten. Auch die medikamentöse TNF-α-Hemmung kann dann indiziert sein, oft in Kombination mit Thiopurinen, wobei der Thiopurin-Methyltransferase-Polymorphismus (TPMT) zu beachten ist. Alternativ kann auch Methotrexat eingesetzt werden.
  • Biologika (z.B. TNF-α-Inhibitoren wie Infliximab, Adalimumab): Diese werden bei mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn eingesetzt, insbesondere wenn die Patienten auf andere Therapien nicht ansprechen. Sie blockieren gezielt entzündungsfördernde Zytokine und können bei fistelbildender Erkrankung besonders effektiv sein. Neben TNF-α-Inhibitoren gibt es weitere Biologika, wie Integrin-Antagonisten (z.B. Vedolizumab) und Interleukin-12/23-Inhibitoren (z.B. Ustekinumab), die in der Therapie von Morbus Crohn eingesetzt werden.
  • Antibiotika (z.B. Metronidazol, Ciprofloxacin): Diese kommen bei der Behandlung von perianalen Fisteln und Abszessen zum Einsatz, oft in Kombination mit mit Ciprofloxacin oder Ceftriaxon.

2. Chirurgische Therapie

  • Indikationen: Bei schweren Verläufen oder Komplikationen wie narbigen Stenosen, die medikamentös nicht zugänglich sind, muss eine chirurgische Intervention in Betracht gezogen werden. Besonders bei Kindern mit umschriebenem Befall des terminalen Ileums und anhaltender Krankheitsaktivität, die zu Wachstumsverzögerungen führt, sollte die OP-Indikation sorgfältig geprüft werden.
  • Postoperative Betreuung: Nach der Operation ist eine engmaschige Nachsorge wichtig, um ein Wiederauftreten der Erkrankung frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls eine erneute Behandlung einzuleiten.

3. Ernährungs- und Lebensstilinterventionen

  • Ernährung: Eine angepasste Ernährung kann helfen, Symptome zu lindern und Mangelzustände zu vermeiden. In akuten Phasen kann eine enterale Ernährung notwendig sein, um den Darm zu entlasten. Patienten sollten eine ausgewogene Ernährung einhalten und gegebenenfalls Nährstoffdefizite durch Supplemente ausgleichen.
  • Lebensstil: Rauchen verschlechtert den Verlauf von Morbus Crohn erheblich und sollte dringend vermieden werden. Regelmäßige körperliche Aktivität kann die allgemeine Gesundheit verbessern und zur Stressbewältigung beitragen.

4. Langfristige Betreuung und Monitoring

  • Kontinuierliche Überwachung: Regelmäßige Arztbesuche und diagnostische Kontrollen sind entscheidend, um den Krankheitsverlauf zu überwachen, die Wirksamkeit der Therapie zu beurteilen und frühzeitig auf Komplikationen zu reagieren.
  • Psychosoziale Unterstützung: Da Morbus Crohn eine chronische und belastende Erkrankung ist, kann psychosoziale Unterstützung durch Selbsthilfegruppen, psychologische Beratung oder ein multidisziplinäres Behandlungsteam die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern.

Komplikationen bei Morbus Crohn

Im Verlauf von Morbus Crohn können unterschiedliche Komplikationen auftreten, insbesondere wenn es zu einer anhaltenden starken Entzündung kommt.

  • Fisteln und Abszesse: Breitet sich die Entzündung über die Darmwand hinaus aus, können Fisteln entstehen. Diese röhrenförmigen entzündeten Verbindungen können sich zwischen zwei Darmschlingen, vom Darm zur Haut oder vom Darm zu anderen Organen bilden. Ausgehend von Fisteln wiederum können sich entzündliche Eiteransammlungen, sogenannte Abszesse, bilden.
  • Verengungen im Darm (Stenosen): Schwellungen oder Vernarbungen der entzündeten Darmschleimhaut können zu einer Verengung (Stenose) innerhalb des Darms führen.

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