Alzheimer durch Trauma: Ursachen, Auswirkungen und Behandlungsansätze

Viele Verhaltensweisen und Äußerungen älterer Menschen werden oft vorschnell als Symptome von Demenz oder Alzheimer eingeordnet. Dies kann jedoch das Leiden und die Not der Betroffenen unnötig vergrößern oder verlängern. Oftmals geschieht dies aus Unkenntnis der Pflegenden oder des Fachpersonals in den Pflegeeinrichtungen. Um ältere Menschen hilfreich zu begleiten, ist es unerlässlich, Demenz (insbesondere die Alzheimer-Demenz) von möglichen Traumafolgen abzugrenzen. Dies erfordert professionelles Wissen und genaues Hinsehen, da Unruhe, Verzweiflung, Scham oder sozialer Rückzug Verhaltensweisen sind, die sowohl bei Demenz als auch bei einer Re-Traumatisierung auftreten können.

Alzheimer-Demenz: Eine Übersicht

Alzheimer ist eine der Hauptursachen für Demenz. In Deutschland leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, wobei zwei Drittel von ihnen an Alzheimer leiden. Bei dieser Krankheit sterben Nervenzellen und ihre Verbindungen untereinander ab. Dies führt zu Problemen mit dem Gedächtnis, dem Denken und dem Verhalten.

Pathologische Veränderungen im Gehirn

Bei Alzheimer-Erkrankten beobachtet man zwischen den Nervenzellen vermehrt harte, unauflösliche Ablagerungen, sogenannte Plaques. Im Inneren der Zellen kommt es zu chemischen Veränderungen der Tau-Fibrillen, die eigentlich für die Zellstruktur und den Nährstofftransport wichtig sind. Zudem ist im Gehirn von Alzheimer-Betroffenen weniger Acetylcholin vorhanden.

Risikofaktoren und Verlauf

Es gibt verschiedene Risikofaktoren für Alzheimer. Je mehr Risikofaktoren bei einer Person vorliegen, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Krankheit auftritt. Einige Risikofaktoren lassen sich beeinflussen, beispielsweise durch einen veränderten Lebensstil. Die Symptome entwickeln sich in der Regel langsam und verschlechtern sich über mehrere Jahre. Der Verlauf der Alzheimer-Krankheit kann bei jedem Menschen unterschiedlich sein. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer beträgt 12 bis 24 Jahre.

Diagnose und Behandlung

Bei zunehmenden Gedächtnisstörungen sollte man sich an den Hausarzt wenden. In der Regel wird zunächst die Krankengeschichte erhoben, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung und einer neuropsychologischen Testung. In Deutschland sind verschiedene Wirkstoffe zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen, abhängig vom Schweregrad der Erkrankung.

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Medikamentöse Therapie:

  • Acetylcholinesterasehemmer: Donepezil, Galantamin und Rivastigmin werden bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz eingesetzt.
  • NMDA-Rezeptor-Antagonist: Memantin ist zur Therapie der mittelschweren bis schweren Alzheimer-Demenz zugelassen.
  • Amyloid-Antikörper-Therapie: Für Menschen mit einer Frühform der Alzheimer-Krankheit gibt es seit September 2025 eine Therapie mit Lecanemab. Diese Antikörper binden an die Beta-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn.

Weitere Behandlungswege:

Um die geistigen Leistungen und Alltagsfähigkeiten zu stärken, gibt es viele therapeutische Behandlungswege. Damit lassen sich auch Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.

Leben mit Alzheimer

Die Diagnose einer Alzheimer-Krankheit ist für die meisten Betroffenen und ihre Familien zunächst ein tiefer Einschnitt. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Krankheit auseinanderzusetzen. Kleine Veränderungen im Alltag, Routinen, liebevolle Unterstützung und Geduld helfen dabei, Orientierung zu geben. Wer versteht, was gerade geschieht, kann bewusster handeln. Ein guter Weg ist es, die eigenen Stärken bewusst auszubauen und mit den Schwächen möglichst gelassen und kreativ umzugehen.

Tipps für den Alltag:

  • Struktur: Feste Tagesabläufe, wiederkehrende Rituale und vertraute Umgebungen helfen, sich zu orientieren.
  • Aktivität: Bewegung, frische Luft, Musik, gemeinsames Kochen oder einfache Handarbeiten können viel Lebensfreude schenken.
  • Gefühle: Sprechen Sie über Ihre Gefühle. Der Austausch mit vertrauten Menschen, mit Angehörigen oder in Selbsthilfegruppen kann entlasten.
  • Unterstützung: Hilfe anzunehmen, bedeutet nicht Schwäche, sondern Stärke.
  • Positive Momente: Nicht jeder Tag wird einfach sein, aber in vielen steckt ein kostbarer Moment: ein Lächeln, ein vertrauter Blick, ein Augenblick der Nähe.

Trauma und Alzheimer: Ein oft übersehener Zusammenhang

Viele ältere Menschen haben im Laufe ihres Lebens traumatische Erfahrungen gemacht, wie Krieg, Flucht, Gewalt oder den Verlust von Angehörigen. Diese Erfahrungen können lange Zeit verborgen bleiben, aber im Alter, insbesondere bei Demenz, wieder aufbrechen. Unverarbeitete traumatische Erlebnisse können sich in Form von Unruhe, Angst, Verzweiflung, Scham oder sozialem Rückzug äußern - Symptome, die auch bei Demenz auftreten können.

Reaktivierung von Traumata im Alter

Bei manchen alten Menschen werden Traumata nach einem jahrzehntelangen beschwerdefreien Intervall mit plötzlicher Wucht reaktiviert. Sie sind gefangen in einer früheren schweren traumatischen Situation. Dabei geht es weniger um die sachlich erinnerbaren Fakten als vielmehr um die mit diesen Erlebnissen zusammenhängenden Gefühle von Angst, Panik und Hilflosigkeit, einer bedrohlichen oder beängstigenden Situation ausgeliefert zu sein.

Unser Unbewusstes ist zeitlos! Erlebtes wird nicht gelöscht, sondern höchstens mit einem hohen psychischen Kraftaufwand verdrängt und abgewehrt. Durch äußere oder innere Reize können traumatische Erlebnisse bzw. die damit verbundenen Gefühle reaktiviert und - wenn auch oft in verzerrter oder unverständlicher Weise - wiedererlebt werden. Diese Phänomene werden diagnostisch als „Posttraumatische Belastungsstörungen“ (PTBS) bezeichnet.

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Altersspezifische Faktoren, die eine Trauma-Reaktivierung begünstigen

  • Mehr Zeit zur Wahrnehmung: Die Menschen haben mehr Zeit, Unbewältigtes wahrzunehmen und sich zu erinnern, da die Lebensanforderungen durch Existenzaufbau, Beruf und Familie wegfallen.
  • Druck, sich einer unerledigten Aufgabe zu stellen: Manche nehmen vorbewusst einen Druck wahr, sich noch einer unerledigten Aufgabe stellen zu müssen.
  • Abnehmende Fähigkeiten: Altwerden bedeutet auch das Abnehmen von Fähigkeiten, von Attraktivität, von Bedeutung - dies kann eine (für das eigene Selbstbild) kränkende Erfahrung sein (narzisstische Dimension des Alterungsprozesses).
  • Eingeschränkter Lebensraum: Der Lebensraum ist zunehmend eingeschränkt.
  • Veränderte kognitive Prozesse: Kognitive Prozesse und Funktionen verändern sich, sodass es zu einer Modifikation und (besonders bei Menschen mit Demenz) auch Verzerrung der Trauma-bezogenen Erinnerungen kommen kann.
  • Selektive Erinnerung: Eine selektive Erinnerung wird als Erinnerungsstil bevorzugt, zum Teil wird die Lebensphase, in welcher das Trauma geschehen ist, mental „ausgespart“.
  • Unzusammenhängende Erinnerungen: Die Erinnerungen an das Trauma werden unzusammenhängender (nachlassendes Gedächtnis).
  • Entkopplung von Symptomen und Trauma-bezogenen Bildern: Symptome können sich von Trauma-bezogenen Bildern entkoppeln (z.B. bei Albträumen sind Traumata nicht erkennbar).
  • Verzerrte Wahrnehmung: Menschen mit Demenz sind in zunehmendem Maße kognitiv eingeschränkt und nehmen Reize oft in verzerrter Weise wahr. Sie leben im „Hier und Jetzt“ und sind dadurch besonders gefährdet, frühere traumatische Erlebnisse bei unterschiedlichen Reizen so zu erleben als wären sie aktuell und sehr bedrohlich.
  • Eingeschränkte verbale Verständigung: Da auch ihre verbale Verständigung zunehmend eingeschränkt ist, können sie sich mit fortschreitender Erkrankung überwiegend nur nonverbal mit Mimik, Gestik und Verhalten äußern, welches für die betreuenden Personen oft nicht nachvollziehbar ist.

Symptome einer PTBS bei Demenz

Psychische und psychosoziale Verhaltensauffälligkeiten und Störungen sowie funktionelle Störungen und körperliche Erkrankungen, die bei einem alten Menschen festgestellt werden, können auch ursächlich mit früheren belastenden, kränkenden bis traumatisierenden Erfahrungen und Erlebnissen in Verbindung stehen. Insbesondere „komische“ und unverständliche Verhaltensweisen (zum Beispiel Aufheben, Anhäufen und Sammeln von Essen oder Gegenständen, übermäßiges Sparen im Alltag, fehlende Rücksichtnahme auf sich und den Körper, immer bereit zum Aufbruch zu sein, Schwierigkeit zu trauern, misstrauische Einstellung zur Umwelt) sind gut erkennbare Symptome, die auf eine PTBS hinweisen können.

Weitere Hinweise können sein:

  • Auffällige Komorbidität (Depression, Angst, Somatisierung, Sucht, Dissoziation)
  • Unklare therapieresistente Schmerzsyndrome (z.B. anhaltende körperliche Schmerzzustände)
  • Misstrauische und feindselige Verhaltensmuster (z.B. bei Persönlichkeitsstörungen)
  • Unerklärliche Ängste oder Schreckhaftigkeit vor bestimmten Geräuschen, Gegenständen, Situationen, Personen
  • Nicht nachvollziehbares Vermeiden von bestimmten Situationen, Räumen und Personen

Psychotische Inhalte, die bei Menschen mit Demenz auftreten, können mögliche PTBS-Symptome sein und sollten hinsichtlich möglicher Bezüge zu den traumatisierenden Ereignissen überprüft werden. Solche Wahnvorstellungen und Halluzinationen geben nicht nur wichtige diagnostische Hinweise, sondern ermöglichen auch ein tieferes Verständnis für die Not und die traumatische Erlebniswelt des Erkrankten, wenn man das Gehörte in den biographischen Kontext einzuordnen weiß.

Umgang mit reaktivierten Traumata im Pflegealltag

Ein Großteil der Angehörigen und der Pflegemitarbeitenden im ambulanten und stationären Bereich werden mit reaktivierten Traumata von alten Menschen im Arbeitsalltag konfrontiert. Ausgelöst durch aktuelle Ereignisse wie Kriege haben diese Begegnungen erheblich zugenommen. Im Pflegealltag erleben Mitarbeitende auch bei Pflegebedürftigen die Rückkehr von Erinnerungen sehr eindrucksvoll. Gerade bei den Menschen, die unter einer Demenz mit zunehmender Tendenz leiden, aber auch bei denjenigen, die Verluste zu verkraften hatten, verdichten sich nicht aufgearbeitete Erlebnisse oft zu sehr schmerzhaften Erinnerungen.

Stützende Maßnahmen in der akuten Phase:

  • Die betroffene Person anschauen, ihre Mimik, Gestik und ihr Verhalten aufmerksam beobachten und auf sich wirken lassen.
  • Die aktuelle Situation erfassen und die Angst, Panik und Verzweiflung des Betroffenen mit-fühlen.
  • Nicht sofort durch Reden und Handeln unterbrechen und reagieren, sondern sich eigener Angst, Panik und Ohnmacht bewusstwerden; Abstand gewinnen, Ruhe bewahren (mehrmals durchatmen, 21/22 zählen, Augen kurzfristig schließen) und nicht mit beruhigenden oberflächlichen Floskeln (z.B. „Du bist ja nicht im Krieg“, „Das ist doch nicht so schlimm“, „Jetzt trink erst mal “) reagieren.
  • Eigene Gefühle, zum Beispiel von Hilflosigkeit und Ohnmacht, fühlen und sich von dem Entsetzen abgrenzen und sich nicht anstecken lassen.
  • Auf die Schilderung eingehen und beschreiben lassen (Gefühle, damalige Situation u.a.) oder durch einen akut angstreduzierenden Einfall (s. Beispiel) stoppen.
  • Geborgenheitsgefühle und Vertrauen vermitteln, soweit gestattet Hände streicheln, in den Arm nehmen, beruhigende Worte (langsam, freundlich und behutsam) finden, Blickkontakt halten und dies durch Mimik, Gestik und Verhalten verstärken.
  • Verbal und nonverbal zeigen und empfinden lassen, dass die betroffene Person nicht allein ist, sondern Unterstützung hat und sie schützt.
  • Sich als Angehörige nicht scheuen, um Hilfe zu bitten.
  • Als Pflegekraft Unterstützung holen.

Nach der akuten Situation:

Nach der akuten Situation sollte man überlegen, wie man auslösende Faktoren (z.B. Fernsehsendungen, Zeitungen oder Gespräche mit Kriegsinhalten) verringern und welche Umgangsweisen man in Zukunft bei einer ähnlichen akuten Situation einsetzen könnte. Hilfreich ist, dies mit allen Mitarbeitenden oder Angehörigen zu besprechen und Fachleute einzubeziehen. Förderlich kann für Menschen mit Demenz sein, ihre Emotionen durch Malen oder Musik (z.B. bekannte Lieder singen) auszudrücken. Dieser schöpferische Akt kann auch tröstende Wirkung haben. Bewegung (vielleicht auch Tanzen), körperliches Ausagieren, kann das Spüren eigener Kräfte verstärken und zur Verringerung von innerer Unruhe und Spannung führen. Auch humorvolle Angebote können durchaus sinnvoll sein. Möglicherweise können Medikamente in unterschiedlicher Dosierung zur Verringerung von Angst, Panik und Schlafstörungen (Albtraum) hilfreich sein. Rat kann man sich bei Trauma-Ambulanzen, die einen Schwerpunkt in der Gerontopsychiatrie haben, einholen oder als Angehörige eine Selbsthilfegruppe (Alzheimer-Angehörigengruppe) aufsuchen.

Selbstfürsorge für Angehörige und Pflegende

Gerade Angehörige stehen oft hilflos und ohnmächtig einer oder einem Betroffenen gegenüber. Sie können sich manchmal von den angstbesetzten Schilderungen der Pflegebedürftigen nicht lösen und sind selbst Opfer. Mitleid allein nützt dabei nicht viel. Angehörige durch fachpflegerische Hilfen zu unterstützen, manchmal auch mit dem Rat, eine Psychiaterin oder einen Psychotherapeuten aufzusuchen, fördert eine adäquate und angstreduzierte Umgangsweise mit den Betroffenen.

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Wichtig ist, auch an sich selbst zu denken, zum Beispiel Kontakte zu Freundinnen, Freunden und Bekannten weiter zu pflegen, Freizeitaktivitäten und bisherige eigene Aktivitäten nicht zu vernachlässigen und regionale Hilfen anzunehmen, um nicht zu vereinsamen und sich zu isolieren. Selbstgefährdet ist man, wenn man sich nur für die Erkrankten aufopfert, sie zum Inhalt des eigenen Lebens macht. Dies nützt Angehörigen und Erkrankten wenig! Eine psychosoziale Beratung oder Psychotherapie kann hier förderlich sein, da zum Teil auch alte eigene Konflikte aufbrechen können und der Bearbeitung bedürfen.

Trauma-Therapie im Alter

Ist bei einem akuten Ausbruch einer Reaktivierung eines Traumas die kognitive Störung noch nicht zu weit fortgeschritten, kann eine Trauma-Therapie erfolgsversprechend sein. Das Alter und/oder eine mäßig ausgeprägte kognitive Störung allein sind hierbei keine Kontraindikationen.

Hilfreich sind auch die Arbeiten und Hinweise von „Alter und Trauma“ (www.alterundtrauma.de). Insbesondere kann auf die Zusammenstellung von „Traumafolgen im Alter: Fragen von Angehörigen“ hingewiesen werden. Auch der Leitfaden für Pflegende „Der Einfluss von Kriegserinnerungen auf die Praxis" gibt viele Hinweise zum Umgang mit retraumatisierten alten Menschen.

Psychohistorische Sichtweise in der Pflege

Für die Pflege bedarf es eines erweiterten Pflegekonzeptes, welches die psychohistorische Sichtweise in den Alltag integriert und damit vielfältige Formen des herausfordernden Verhaltens verstehbar macht und Möglichkeiten zu einer sensiblen und kreativen Pflege der Betroffenen und seiner Angehörigen aufzeigt. Erfahrungsgemäß verändert sich die Umgangsweise mit einem kranken und pflegebedürftigen Menschen, wenn man erfährt, was er im Krieg oder in der Nachkriegszeit erlebt hat. Das Verständnis für sein Tun und das Interesse, ihn zu stützen und seine Lebensqualität zu fördern, wird größer.

Schädel-Hirn-Trauma und Alzheimer: Ein weiterer Risikofaktor

Schädel-Hirn-Traumata (SHT) gehören zu den Faktoren, die das Risiko für eine Alzheimer-Krankheit erhöhen. Nach einem SHT findet man alzheimer-typische Ablagerungen des Proteins Tau und abgestorbene Nervenzellen (Neurodegeneration) im Gehirn. Es gibt Hinweise, dass Hirnentzündungen nach einem SHT diese Prozesse beschleunigen.

Forschung zu Schädel-Hirn-Trauma und Alzheimer

Dr. Dr. Sergio Castro-Gómez von der Universitätsklinik Bonn konnte zeigen, dass das Protein NLRP3-Inflammasom eine entscheidende Rolle bei diesen Hirnentzündungen spielt. Fehlt dieses Protein, reduzieren sich auch die schädlichen Tau-Ablagerungen. Derzeit wird untersucht, in welcher Beziehung das NLRP3-Inflammasom zum SHT steht und wie es sich auf die Alzheimer-Krankheit auswirkt.

Langzeitfolgen von Schädel-Hirn-Traumata

Selbst leichte Schädel-Hirn-Traumata können langfristig gravierende Folgen haben: Das Risiko, später an Alzheimer oder anderen Demenzen zu erkranken, steigt. Wie sehr, hängt von der Schwere und der Häufigkeit der Verletzungen ab.

Eine Studie der Universitäten Washington und Aarhus hat 2,8 Millionen dänische Patientendaten ausgewertet. Im Schnitt wurde der gesundheitliche Werdegang der erfassten Personen 36 Jahre lang verfolgt. Die Auswertungen ergaben, dass selbst ein leichtes Trauma mit einem deutlich höheren Risiko für eine Demenz einhergeht.

Erhöhtes Demenzrisiko nach Schädel-Hirn-Trauma:

  • Ein leichtes Trauma: +17%
  • Ein gravierendes Trauma: +33%
  • Zwei bis drei Traumata: +33%
  • Vier Traumata: +61%
  • Fünf und mehr Verletzungen: +183%

Prävention und Behandlung von Schädel-Hirn-Traumata

Wer bereits ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat, sollte alles dafür tun, weitere Hirnverletzungen zu vermeiden. In vielen Sportarten können Helme vor leichten und schweren Kopfverletzungen schützen. Bei einem SHT oder einer Gehirnerschütterung ist es wichtig, strikt das medizinische Protokoll zu befolgen. Während schwere Fälle ohnehin im Krankenhaus behandelt werden müssen, bedeutet das für leicht bis mittelschwer geschädigte Patienten vor allem strikte Bettruhe, damit sich das Gehirn erholen kann. Sportler sollten ihre sportliche Aktivität sofort beenden, auch wenn sie lediglich eine leichte Gehirnerschütterung erlitten haben.

Kindheitstrauma und beschleunigte Hirnalterung

Studien haben gezeigt, dass stressreiche und hochbelastende Kindheitserfahrungen sich negativ auf die Gesundheit im Erwachsenenalter auswirken können. Betroffene erkranken häufiger und leiden etwa unter Depression, Angststörungen, Herzkreislauf- oder Stoffwechselerkrankungen. Forschende der Charité - Universitätsmedizin Berlin konnten zeigen, dass schwerwiegende Kindheitserfahrungen zu messbaren Anzeichen für eine beschleunigte Hirnalterung führen und neurodegenerative Prozesse im Alter verstärken.

Auswirkungen von Kindheitstrauma auf das Gehirn

Frauen, die in ihrer Kindheit in hohem Maße Stress oder Trauma erlebten, wiesen im Blut vermehrt Biomarker für Entzündungen und Neurodegeneration auf, hatten ein geringeres Hirnvolumen und mehr kognitive Probleme. Die Ergebnisse zeigen einen sehr deutlichen Zusammenhang zwischen frühen psychosozialen oder sozio-emotionalen Stresserfahrungen und verstärkter Hirnalterung bei Frauen.

Resilienz und Prävention

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jede oder jeder Betroffene nach kindlichem Trauma eine Demenz entwickeln wird. Viele Menschen besitzen ein hohes Maß an Resilienz, also Widerstandskraft, mit der sie schwere Lebenskrisen überstehen, ohne größeren Schaden zu nehmen. Wie Resilienz nach frühen belastenden Erfahrungen in der Kindheit gezielt gefördert werden kann, ist eine wichtige Frage für weiterführende Studien.

Chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE)

Demenz durch traumatische Hirnverletzungen (TBI) tritt auf, wenn wiederholte oder schwere Kopfverletzungen zu einer langfristigen Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen führen. Ein typisches Beispiel für diese Art von Demenz ist die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE), die bei Menschen beobachtet wird, die über Jahre hinweg wiederholt Kopfverletzungen erlitten haben.

Ursachen und Symptome der CTE

TBI kann zu einer Vielzahl von neuropathologischen Veränderungen im Gehirn führen, einschließlich neuronaler Degeneration, axonaler Schädigung, Entzündung und der Bildung von Tau-Proteinen und Amyloid-Ablagerungen. Die Symptome der Demenz durch traumatische Hirnverletzungen können eine Vielzahl von kognitiven, emotionalen und Verhaltenssymptomen umfassen.

Kognitive Symptome:

  • Gedächtnisstörungen
  • Probleme mit der Aufmerksamkeit und Konzentration
  • Langsame Verarbeitungsgeschwindigkeit
  • Probleme mit dem logischen Denken und der Problemlösung

Emotionale Symptome:

  • Depressionen
  • Angstzustände
  • Reizbarkeit
  • Stimmungsschwankungen

Verhaltenssymptome:

  • Impulsivität
  • Aggression
  • Soziale Inkompetenz
  • Mangelnde Hemmung

Verlauf und Behandlung der CTE

Der Verlauf der Demenz durch traumatische Hirnverletzungen kann variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Art und Schwere der Verletzung, das Alter zum Zeitpunkt der Verletzung und die individuellen genetischen und neurologischen Faktoren. Die Behandlung konzentriert sich auf die Verwaltung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Dies kann eine Kombination aus medikamentöser Therapie, kognitiver Rehabilitation, Psychotherapie und unterstützenden Maßnahmen umfassen.

Prävention der CTE

Besonders gefährdet sind Sportlerinnen und Sportler, die Kontaktsportarten betreiben. In Folge wiederholter Kopfverletzungen kann es später zu bleibenden kognitiven Einschränkungen oder auch zu einer Demenz kommen. Als besonders gefährlich gelten dabei wiederholte Schläge gegen den Kopf, die im Einzelfall nicht unbedingt schwerwiegend sein müssen. Bei Sport- und Freizeitaktivitäten mit erhöhtem Sturzrisiko sollten Sie einen Helm tragen.

Herpes-Viren, Gehirnerschütterungen und Alzheimer

Britische Wissenschaftler konnten einen Zusammenhang zwischen Herpes, Gehirnerschütterungen und Alzheimer nachweisen. Demnach könnten Kopfverletzungen ruhende Viren im Gehirn wieder aktivieren und damit Nährboden für eine Alzheimer-Krankheit schaffen. Schon leichte Kopfverletzungen hätten das Potential, eine gefährliche Kettenreaktion in Gang zu setzen, die Gedächtnisverlust und kognitiven Verfall zur Folge hat.

Aktivierung von Viren durch Gehirnerschütterungen

In einer Studie nutzten die Forscher ein kleines, biotechnologisch hergestelltes Modell von menschlichem Gehirngewebe, um die Folgen von körperlichem Trauma auf die Entwicklung von Alzheimer zu testen. Sie beobachteten, wie wiederholte „leichte“ Stöße die ruhenden Viren aktivierten. Diese Reaktivierung löste Entzündungen, die Bildung von Beta-Amyloid-Plaques und die Bildung schädlicher Tau-Proteine ​​aus, die Gehirnzellen schädigen und das Gedächtnis beeinträchtigen können.

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