Aktuelle Hochrechnungen zeigen, dass in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz leben. Der Großteil dieser Fälle betrifft die Alzheimer-Krankheit, auch bekannt als Morbus Alzheimer, die bekannteste und häufigste Demenz-Erkrankung. Die Tendenz ist steigend, da die Krankheit meist erst im Alter bemerkbar wird, obwohl sie pathobiologisch bereits Jahrzehnte vor den ersten Gedächtnisdefiziten beginnt. Mit einer älter werdenden Bevölkerung steigt auch die Zahl der Alzheimer-Patienten.
Symptome und Verlauf der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Erkrankung schleicht sich langsam ein und beginnt lange, bevor die ersten Symptome auftreten. Typische Symptome sind Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit, Unruhezustände, Sprachstörungen sowie Aggression und Enthemmung. Diese Symptome sind unterschiedlich stark ausgeprägt und verstärken sich im Verlauf der Erkrankung.
Frühe Phase
In der frühen Phase machen sich erste, vermeintlich harmlose Aussetzer bemerkbar. Betroffene wirken fahrig und schusselig, werden vergesslich, verlegen Dinge, bringen Sätze nicht zu Ende und können sich schlecht konzentrieren. Oft sind sie bedrückt, da die Veränderungen Kummer, Angst und Scham auslösen. In diesem Stadium ist die Alzheimer-Erkrankung schwer von einer Depression zu unterscheiden.
Mittlere Phase
In der mittleren Phase leidet das Sprachverständnis zunehmend. Fähigkeiten wie Autofahren, berufliche Fertigkeiten und Orientierungsvermögen gehen verloren. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch das Langzeitgedächtnis betroffen. Die Persönlichkeit der Betroffenen verändert sich, sie sind nervös, rastlos, misstrauisch, gereizt und zuweilen enthemmt oder aggressiv.
Späte Phase
Gegen Ende der dritten Phase kommt große motorische Unruhe hinzu. Im Spätstadium sind Betroffene bettlägerig und pflegebedürftig. Sie können nur noch wenige Worte sprechen oder verstummen ganz.
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Ursachen und Mechanismen der Alzheimer-Krankheit
Die Symptome der Alzheimer-Erkrankung sind die Folge eines massiven Nervensterbens im Gehirn. Zunächst sind die Synapsen betroffen, die Verbindungsstellen, über die Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten weitergeleitet werden. Wissenschaftler sehen auffällige Eiweißablagerungen im Gehirn der Betroffenen, die als mitverantwortlich für den Tod der Nervenzellen gelten.
Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen
Sogenannte Beta-Amyloid-Proteine verklumpen und sammeln sich zwischen den Nervenzellen an und formieren sich zu Plaques. Diese Ablagerungen führen zu einer entzündlichen Reaktion der umgebenden Immun- und Gliazellen, die die Krankheitsprozesse vorantreiben. Schließlich kommt es zur Bildung von Tau-Fibrillen in den Nervenzellen, welche die Nervenzellen in ihrer Funktion beeinträchtigen und zu ihrem Zelltod beitragen.
Genetische Ursachen
Die Alzheimer-Krankheit kann genetisch bedingt sein, was jedoch nur rund drei bis fünf Prozent aller Fälle betrifft. Bisher sind drei Gene bekannt, die für diese Form verantwortlich sind. Sind sie verändert, bricht die Alzheimer-Erkrankung in jedem Fall aus - in der Regel sehr früh, zwischen dem 30. und 65. Lebensjahr.
Forschung und Therapieansätze
Forscher widmen sich der Alzheimer-Erkrankung aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. Sie suchen nach den genauen Ursachen für die Veränderungen im Gehirn der Betroffenen und wollen aufklären, in welcher Weise die auffälligen Eiweißablagerungen die Nervenzellen schädigen. Andere Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit den möglichen genetischen Ursachen der Erkrankung. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld ist die Suche nach Ansatzpunkten für neue Therapien und Biomarkern, die als frühe Warnzeichen dienen können.
Neue Antikörpertherapien
Neue Antikörpertherapien wie Lecanemab und Donanemab können erstmals den Krankheitsverlauf der Alzheimer-Erkrankung beeinflussen, indem sie aktiv Amyloid-Plaques abbauen. Diese Therapien wirken jedoch nur, wenn sie frühzeitig eingesetzt werden, was eine frühe Diagnose voraussetzt.
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Medikamentöse Behandlung
In der Behandlung von Patienten mit Demenzerkrankungen spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung, zur Milderung von Verhaltensstörungen und in manchen Fällen auch zur Verhinderung weiterer Schädigungen des Gehirns eingesetzt.
Nicht-medikamentöse Behandlung
Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern. Hierzu gehören die geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen, die richtige Weise des Umgangs, die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung und die Beratung der Angehörigen.
Einfluss von Lebensstilfaktoren
Körperliche Aktivität spielt eine wichtige Rolle bei der Verlangsamung des Verlaufs der Alzheimer-Erkrankung. Studien zeigen, dass bereits einige Tausend Schritte täglich dazu führen können, dass die Krankheit langsamer voranschreitet.
Körperliche Aktivität
Körperliche Aktivität kann die Ausbreitung von Alzheimer-typischen Veränderungen im Gehirn verlangsamen und die mentale Leistungsfähigkeit schützen. Bereits 3000 Schritte am Tag können dazu beitragen, dass sich im Gehirn weniger schnell schädigende Tau-Proteinklumpen ansammeln. Einen noch größeren Effekt haben 5000 bis 7500 Schritte. Regelmäßiges Gehen trainiert die Kognition, die Navigation, die Orientierung und die Interaktion mit der Umgebung. Zudem wird die kardiovaskuläre Gesundheit trainiert und eine Reihe blutgebundener Wachstums- und Schutzfaktoren freigesetzt, die sich positiv auf das Gehirn auswirken und die Ausbreitung von Tau verlangsamen könnten.
Weitere Lebensstilfaktoren
Neben körperlicher Aktivität spielen weitere Lebensstilfaktoren eine Rolle für die Gehirngesundheit: geistige und soziale Aktivität, gesunde Ernährung und wenig Alkoholkonsum.
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Herausforderungen und Perspektiven
Die steigende Zahl an Alzheimer-Erkrankten stellt eine enorme Belastung für Patienten und deren Angehörigen dar, aber auch eine politische, soziale und finanzielle Herausforderung. Daher ist es umso wichtiger, die Krankheit weiter zu erforschen, um sie in Zukunft wirksamer behandeln zu können.
Frühe Diagnose und Intervention
Eine frühe Diagnose ist entscheidend, um den Krankheitsverlauf durch Medikamente und Lebensstiländerungen positiv zu beeinflussen. Warnsignale wie Vergesslichkeit, Wortfindungsstörungen oder Orientierungseinbußen sollten ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden.
Individuelle Betreuung und Pflege
Der Verlauf der Krankheit ist bei jedem etwas unterschiedlich. Die Erkrankten sind aber zunehmend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Die Krankheitsdauer bis zum Tod beträgt im Durchschnitt etwa acht Jahre, es gibt aber sehr schnelle und sehr langsame Verläufe. Die jeweiligen Anforderungen an Betreuung, Pflege, Therapie und ärztliche Behandlung sind dabei sehr verschieden. Denn Alzheimer-Kranke sind keine einheitliche Gruppe, sondern Individuen mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen, Kompetenzen und Defiziten, die in unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Situationen leben.