Das Gehirn, der zentrale Rechner des Körpers, ist ein komplexes Organ, das von einem Netzwerk von Nerven versorgt wird. Zwölf Hirnnervenpaare entspringen dem Gehirn und versorgen Kopf, Hals und Rumpf mit sensorischen und motorischen Funktionen. Diese Nerven steuern lebenswichtige Prozesse wie Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und die Kontrolle der Gesichtsmuskulatur.
Das Gehirn: Eine Einführung
Das Gehirn (Encephalon) ist der Teil des zentralen Nervensystems, der innerhalb des knöchernen Schädels liegt und diesen ausfüllt. Es besteht aus unzähligen Nervenzellen, die über zuführende und wegführende Nervenbahnen mit dem Organismus verbunden sind und ihn steuern. Ein Mensch hat ungefähr 100 Milliarden Gehirnzellen, die das zentrale Nervensystem, unser Gehirn, aufbauen und untereinander verknüpft sind. Die Zahl dieser Verknüpfungen wird auf 100 Billionen geschätzt. Die Nervenzellen im Gehirn sind eingebettet in ein stützendes Gewebe aus Gliazellen. Das Gehirn ist von drei Hirnhäuten umgeben: Dura mater, Arachnoidea und Pia mater.
Das menschliche Gehirn lässt sich grob in fünf Abschnitte gliedern:
- Großhirn (Telencephalon)
- Zwischenhirn (Diencephalon)
- Mittelhirn (Mesencephalon)
- Kleinhirn (Cerebellum)
- Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata)
Die verschiedenen Anteile der Großhirnrinde übernehmen ganz unterschiedliche Funktionen.
Der Hirnstamm ist der stammesgeschichtlich älteste Teil des Gehirns und besteht aus Mittelhirn, Medulla oblongata und Brücke (Pons). Oberhalb des Hirnstamms und unterhalb der beiden Großhirnhemisphären sitzt das Kleinhirn.
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Die graue Substanz im Gehirn besteht in erster Linie aus Nervenzellkörpern. Aus grauer Substanz bestehen etwa die Großhirnrinde, die Basalganglien, die Kleinhirnrinde und die Hirnnervenkerne. Neben der grauen Substanz gibt es noch die weiße Substanz, die aus den Nervenzellfortsätzen, den Nervenfasern (Axonen), besteht. Die weiße Substanz findet sich im Mark von Großhirn und Kleinhirn.
Überblick über die Hirnnerven
Dem Gehirn entspringen zwölf paarige Nerven, die den Kopf, den Hals und Organe im Rumpf versorgen. Sie treten als Hirnnervenpaare aus dem Gehirn aus und werden mit den römischen Zahlen I bis XII nummeriert. Die Nummerierung beginnt mit dem Hirnnerv, der am weitesten rostral, das heißt am weitesten “vorne”, aus dem Gehirn austritt. Die Entwicklung findet in der vierten bis fünften Woche der Embryonalperiode statt.
Die Hirnnerven können sensorische, motorische oder auch beide Faserqualitäten gleichzeitig führen. Einige Hirnnerven sind an speziellen Sinnen wie dem Sehen, Hören und Schmecken beteiligt. Andere wiederum sind wichtig für die Muskelkontrolle des Gesichts.
Im Grunde versteht man unter den Faserqualitäten die Funktionen, die einem Hirnnerv zugeschrieben werden. Sensorische Informationen sind jene, die von der Umwelt kommen und über unsere Sinnesorgane zum Gehirn gelangen, wie Riechen, Hören und Sehen. Sensible Informationen sind Reize, die zum Beispiel von der Haut zum Gehirn weitergeleitet werden wie Druck-, Berührungs-, Temperatur und Schmerzimpulse. Nervenfasern, die Informationen vom Gehirn zur Hals- und Kopfregion senden, werden als “efferent” bezeichnet (motorische Information) und jene die Informationen vom Körper zum Gehirn senden als “afferent“.
Weitere Klassifizierung:"Viszero-" bedeutet, dass der entsprechende Hirnnerv Informationen zwischen Gehirn und inneren Organen vermittelt.
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Tabelle der Hirnnerven mit Funktionen
| Hirnnerv | Bezeichnung | Qualität | Funktion |
|---|---|---|---|
| I | Nervus olfactorius | sensorisch | Geruchswahrnehmung; leitet Geruchssignale von der Riechschleimhaut in der Nase zum Gehirn |
| II | Nervus opticus | sensorisch | Sehen; leitet visuelle Informationen von der Netzhaut zum Gehirn |
| III | Nervus oculomotorius | parasympathisch-motorisch | Innerviert den Großteil der Augenmuskulatur; führt allgemein somatoefferente und allgemein viszeroefferente Fasern; die allgemein viszeroefferenten Fasern versorgen den M. ciliaris, der bei Aktivierung zur Linsenkrümmung und somit zur Nahakkommodation führt und den M. sphincter pupillae. Physiologie und Anomalien der Pupille über den M. |
| IV | Nervus trochlearis | motorisch | Innerviert den M. obliquus superior; führt nur allgemein somatoefferente, also motorische Fasern. |
| V | Nervus trigeminus | sensibel-motorisch | Sensible Informationen vom Gesichtsbereich zum Gehirn; versorgt die Kaumuskulatur mit motorischen Fasern; teilt sich in die drei Hauptäste N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2) und N. mandibularis (V3) auf. Nervus trigeminus (V) hat 3 Äste: N. ophthalmicus (Augenhöhlennerv), N. maxillaris (Oberkiefernerv), N. mandibullaris (Unterkiefernerv). |
| VI | Nervus abducens | motorisch | Innerviert den M. rectus lateralis; besitzt ausschließlich allgemein somatoefferente Fasern. Diese dienen der motorischen Innervation des M. rectus lateralis. |
| VII | Nervus facialis | sensorisch-parasympathisch-motorisch | Innerviert die Gesichtsmuskulatur, die vorderen zwei Drittel der Zunge (Geschmack), die Tränen- und Speicheldrüsen; Fasern angelagert, die den N. intermedius bilden. Beide zusammen werden auch als Nervus intermediofacialis bezeichnet. Der N. intermedius versorgt die vorderen zwei Drittel der Zunge mit speziell viszeroafferenten Fasern; diese dienen der Geschmackswahrnehmung. Des Weiteren führt er allgemein viszeroefferente (parasympathische) Fasern, die die Drüsen Gl. lacrimalis, Gl. submandibularis, Gl. sublingualis versorgen. Lidbewegung und Schließen des Auges über den M. orbicularis oculi. Bewegung und Schließen des Mundes über den M. orbicularis oris. Mundhöhle: Lippen und Zunge (Ast Chorda tympani des N. facialis). |
| VIII | Nervus vestibulocochlearis | sensorisch | Hören und Gleichgewicht; besteht aus zwei Anteilen: dem N. vestibularis, der für das Gleichgewichtsorgan zuständig ist, und dem N. cochlearis, der das Hörorgan versorgt. Präzise Einstellung der Gehörknöchelchen über den M. stapedius. |
| IX | Nervus glossopharyngeus | sensorisch-parasympathisch-motorisch | Innerviert Strukturen im Mundbereich und im Rachen; führt motorische und sensible Fasern; allgemein somatoafferente Fasern innervieren die Schleimhaut im Mittelohr und im Rachen; die allgemein viszeroefferente Fasern versorgen die Speicheldrüsen; allgemein viszeroafferente Fasern dienen der Blutdruckregulation. |
| X | Nervus vagus | sensorisch-parasympathisch-motorisch | Innerviert zahlreiche Organe im Brust- und Bauchraum; ist der Hauptnerv des Parasympathikus; allgemein somatoafferente Fasern versorgen die Hirnhaut sensibel; allgemein viszeroefferente (parasympathische) Nervenfasern versorgen Lunge, Herz, Magen, Leber, Niere, Darm und Gefäße; allgemein viszeroafferente Fasern dienen der Blutdruckregulation und leiten sensible Informationen von der Rachen-, Speiseröhren- und Magenschleimhaut weiter. |
| XI | Nervus accessorius | motorisch | Innerviert den M. trapezius und den M. sternocleidomastoideus; führt ausschließlich speziell viszeroefferente Fasern und versorgt den M. trapezius, den M. sternocleidomastoideus und die Kehlkopfmuskeln motorisch. |
| XII | Nervus hypoglossus | motorisch | Innerviert die Zungenmuskulatur. Bewegung des Unterkiefers über den M. mylohyoideus. |
Die Hirnnerven im Detail
Im Folgenden werden die einzelnen Hirnnerven genauer betrachtet:
I. Nervus olfactorius (Riechnerv)
Der Nervus olfactorius ist der erste Hirnnerv und für den Geruchssinn verantwortlich. Er besteht aus zahlreichen feinen Nervenfasern, die von den Riechzellen in der Nasenschleimhaut zum Bulbus olfactorius ziehen. Dieser tritt durch die Lamina cribrosa (Knochenabschnitt mit vielen kleinen Löchern) im Os ethmoidale (Siebbein) in den Schädel ein. Die Fasern sammeln sich im Bulbus olfactorius (Riechkolben), wo sie verschaltet werden. Die Axone verteilen sich dann zum Riechhirn, einem entwicklungsgeschichtlich sehr alten Teil der Hirnrinde.
Schädigungen des Nervus olfactorius können zu einer Beeinträchtigung des Geschmacksempfindens führen.
II. Nervus opticus (Sehnerv)
Der Nervus opticus ist der zweite Hirnnerv und für das Sehen zuständig. Er wird durch Ganglienzellen gebildet, die aus der äußersten Schicht der Netzhaut des Auges kommen und deren lange Fortsätze (Axone) den Nervus opticus bilden. Er verlässt die Netzhaut und tritt durch den Canalis opticus in den Schädel ein. Die Fasern ziehen zum “Chiasma opticum“; Fasern die von der nasalen Seite der Netzhaut kommen, kreuzen auf die Gegenseite. Die Fasern der temporalen Seite verlaufen ungekreutzt weiter. Danach erstrecken sie sich als Tractus opticus zum Thalamus, wo sie verschaltet werden. Sie ziehen dann als Sehstrahlung (Radiatio optica) zur primären Sehrinde.
Von seiner Entwicklung und seinem Aufbau her ist der Sehnerv kein eigentlicher Nerv, sondern ein Teil der weißen Hirnsubstanz - er wird von den Hirnhäuten Arachnoidea und Pia mater umhüllt. Entzündungen des Nervus opticus verschlechtern die Sehkraft. Eine Optikusatrophie ist eine Degeneration der Fasern des Sehnervs durch Druck, den zum Beispiel ein Tumor verursachen kann.
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III. Nervus oculomotorius (Augenmuskelnerv)
Der Nervus oculomotorius ist der dritte Hirnnerv und steuert die meisten Augenmuskeln. Er entspringt aus den zwei Hirnnervenkernen Nucleus n. oculomotorii und Nucleus accessorius n. oculomotorii. Die Fasern aus beiden Kernen fügen sich zum Nerv zusammen und verlassen das Mittelhirn. Der Nerv zieht in der lateralen Wand des Sinus cavernosus (venöser Blutleiter) nach vorne und verlässt den Schädel durch die Fissura orbitalis superior in der Augenhöhle.
Die parasympathischen Fasern des Nervus oculomotorius verlaufen durch die Radix oculomotoria zum Ganglion ciliare, wo sie umgeschaltet werden und dann weiter zum Corpus ciliare, wo sie den Muskel versorgen, der für die Akkommodation (Anpassung des Auges an Nah- oder Fernsicht) verantwortlich ist und den, der die Pupille verengt.
IV. Nervus trochlearis (Augenmuskelnerv)
Der Nervus trochlearis ist der vierte Hirnnerv und innerviert den Musculus obliquus superior, einen der Augenmuskeln. Er entspringt am Nucleus n. trochlearis im Mittelhirn. Er verlässt als einziger Hirnnerv das Gehirn hinten, also dorsal. Er zieht zur Brücke und durch den Sinus cavernosus. Letztlich gelangt er durch die obere Augenhöhlenspalte zu dem Muskel, den er versorgt.
V. Nervus trigeminus (Drillingsnerv)
Der Nervus trigeminus ist der fünfte Hirnnerv und hat sowohl sensible als auch motorische Funktionen. Er ist der Hauptnerv für die sensible Versorgung des Gesichts, der Mundhöhle und der Nasenhöhle. Außerdem steuert er die Kaumuskulatur.
Nucleus mesencephalicus n. Nucleus principalis n. Nucleus spinalis n. Nucleus motorius n. Alle Fasern treten seitlich aus dem Pons aus und vereinigen sich zum Nervus trigeminus. Die sensiblen Fasern lagern sich zum Ganglion trigeminale (Nervenzellansammlungen) zusammen. Der Nerv teilt sich dann in seine drei Hauptäste (N. ophthalmicus (V1), N. maxillaris (V2) und N. mandibularis (V3).
- Nervus ophthalmicus (V1): Versorgt die Stirn, die Kopfhaut, das obere Augenlid, die Nase und die Hornhaut.
- Nervus maxillaris (V2): Versorgt die Wange, das untere Augenlid, die Oberlippe, die Zähne des Oberkiefers und die Schleimhaut der Nase.
- Nervus mandibularis (V3): Versorgt die Unterlippe, das Kinn, die Zähne des Unterkiefers, die Zunge und die Kaumuskulatur.
Der Nervus trigeminus beginnt mit seinen sensiblen Wurzelzellen in der mittleren Schädelgrube, seitlich von der Brücke. Nahe der Felsenbeinpyramide geht der Nerv durch die Dura mater, wo er das Ganglion trigeminale bildet. Hier beginnt fächerförmig die Dreiteilung des Nervus trigeminus:
Trigeminusneuralgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die den Trigeminusnerv betrifft. Trigeminusneuralgie kann auf eine Kompression der A. cerebellaris superior, Tumore, Aneurysmen oder Infarkte zurückzuführen sein. Herpes Zoster (Gürtelrose) kann den Trigeminusnerv befallen.
VI. Nervus abducens (Augenmuskelnerv)
Der Nervus abducens ist der sechste Hirnnerv und innerviert den Musculus rectus lateralis, einen der Augenmuskeln. Er entspringt aus dem Nucleus n. abducentis und tritt ventral (vorne) zwischen Pons und Medulla oblongata (verlängertes Rückenmark) aus. Der Nervus abducens liegt im sogenannten Fazialishügel der Rautengrube. Er tritt zwischen Medulla oblongata und der Brücke aus dem Gehirn aus, durchbricht die Dura mater und zieht dann in die Augenhöhle.
VII. Nervus facialis (Gesichtsnerv)
Der Nervus facialis ist der siebte Hirnnerv und hat vielfältige Funktionen. Er steuert die Gesichtsmuskulatur, die für Mimik und Gesichtsausdruck verantwortlich ist. Außerdem ist er für die Geschmackswahrnehmung im vorderen Teil der Zunge zuständig und innerviert die Tränen- und Speicheldrüsen.
Der Nervus facialis (Gesichtsnerv) und der Nervus intermedius entspringen aus den Kernen Nucleus n. facialis, Nucleus tractus solitarii und Nucleus salivatorius superior. Sie treten gemeinsam aus dem Hirnstamm zwischen Pons und Olive aus. Der Nervus intermediofacialis tritt dann in den Meatus acusticus internus (Knochenkanal im Felsenbein) ein, dessen Fasern sich dann zum Ganglion geniculi (Nervenzellenansammlungen) zusammenlagern.
Der Nervus facialis tritt am Kleinhirnbrückenwinkel aus dem Gehirn aus. Zwischen ihm und dem Nervus vestibulocochlearis (8. Hirnnerv) verläuft der Nervus intermedius, der sich im Felsenbein mit dem Nervus facialis vereint. Der Nervus facialis, der Nervus intermedius und der Nervus vestibulocochlearis (8. Hirnnerv), die zusammen als Facialisgruppe bezeichnet werden, treten gemeinsam durch den inneren Gehörgang in das Felsenbein ein.
Im inneren Gehörgang treten Nervus facialis und Nervus intermedius zusammen in den Fazialiskanal des Felsenbeins ein und gelangen nach vielen Windungen an das Foramen stylomastoideum. Hier bildet der Nerv ein Ganglion, an dem der Nervus intermedius den Nervus facialis verlässt und weiterzieht als Nervus petrosus major. Dieser Nerv teilt sich innerhalb des Schläfenbeins in drei weitere Äste auf und außerhalb des Schädels wiederum in drei Äste mit zahlreichen Nebenästen.
Der Nervus facialis besteht aus drei Hauptkomponenten:
- Sensorische Fasern leiten Geschmacksempfindungen von den vorderen zwei Dritteln der Zunge zum Gehirn.
- Parasympathische Fasern führen zu den Unterzungen- und Unterkieferspeicheldrüsen sowie den Tränendrüsen.
- Willkürliche motorische Fasern versorgen alle Muskeln des Gesichts.
Akustikusneurinom betrifft am häufigsten den Nervus vestibulocochlearis (VIII), kann aber aufgrund seiner Lage im Kleinhirnbrückenwinkel auch den N. facialis (VII) betreffen.
VIII. Nervus vestibulocochlearis (Hör- und Gleichgewichtsnerv)
Der Nervus vestibulocochlearis ist der achte Hirnnerv und für das Hören und das Gleichgewicht zuständig. Er besteht aus zwei Anteilen:
- Nervus vestibularis: Überträgt Informationen vom Gleichgewichtsorgan im Innenohr zum Gehirn. Die Kerne Nucleus vestibularis superior, Nucleus vestibularis lateralis, Nucleus vestibularis medialis und der Nucleus vestibularis inferior gehören zum Nervus vestibularis. Der Pars vestibularis führt zu den Sinneszellen der Bogengänge.
- Nervus cochlearis: Überträgt Informationen von der Hörschnecke (Cochlea) im Innenohr zum Gehirn. Der Pars cochlearis führt zu den Sinneszellen des Corti-Organs im Innenohr.
Der Nervus vestibulocochlearis tritt zusammen mit dem Nervus facialis aus dem Kleinhirnbrückenwinkel aus und verläuft gemeinsam mit diesem durch den inneren Gehörgang.
Ein Akustikusneurinom betrifft am häufigsten den Nervus vestibulocochlearis (VIII). Die Erkrankung zeigt sich oft mit Hörverlust und Tinnitus.
IX. Nervus glossopharyngeus (Zungen-Rachen-Nerv)
Der Nervus glossopharyngeus ist der neunte Hirnnerv und hat sowohl sensible als auch motorische Funktionen. Er innerviert die Zunge, den Rachen und die Ohrspeicheldrüse. Außerdem ist er an der Geschmackswahrnehmung im hinteren Teil der Zunge beteiligt.
Die Fasern der fünf Kerne Nucleus spinalis n. trigemini, Nucleus salivatorius inferior, Nucleus tractus solitarii pars inferior, Nucleus tractus solitarii pars superior und Nucleus ambiguus treten gemeinsam seitlich hinter der Olive aus dem verlängerten Rückenmark aus. Sie ziehen Richtung Felsenbein, verdicken sich zum Ganglion superius n. glossopharyngei und treten dann durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus. Nach dem Austritt verdicken sie sich abermals zum Ganglion inferius n. glossopharyngei.
Der Nervus glossopharyngeus verlässt das Gehirn hinter der Oliva (eine seitlich von der Medulla oblongata liegende Vorwölbung des verlängerten Rückenmarks im Rautenhirn). Von dort zieht er durch das Foramen jugulare (eine Öffnung an der Schädelbasis zwischen Hinterhaupts- und Felsenbein) zur äußeren Schädelbasis.
Der Nervus glossopharyngeus ist ein Nerv mit motorischen, sensiblen, parasympathischen und sensorischen Anteilen. Nach seinem Weg aus dem Gehirn bildet er zwei Ganglien (knotenförmige Ansammlungen von Nervenzellkörpern in einem Nervenstrang), von denen mehrere Äste abgehen.
X. Nervus vagus (umherschweifender Nerv)
Der Nervus vagus ist der zehnte Hirnnerv und der längste Hirnnerv. Er hat ein sehr weites Versorgungsgebiet und innerviert zahlreiche Organe im Brust- und Bauchraum, darunter Herz, Lunge, Magen, Darm, Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse. Er ist der Hauptnerv des Parasympathikus, des Teils des Nervensystems, der für Entspannung und Regeneration zuständig ist.
Die Kerne des Nervus vagus sind der Nucleus spinalis n. trigemini, der Nucleus dorsalis, der Nucleus tractus solitarii pars inferior, der Nucleus tractus solitarii pars superior und der Nucleus ambiguus. Seine Fasern treten gemeinsam hinter der Olive aus dem verlängerten Rückenmark aus und verdicken sich zum Ganglion superius. Auf Höhe dieses Ganglions gibt der Nerv sensible Äste ab. Der Nervus Vagus tritt dann, wie der N. accessorius, durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus. Der Nervus vagus verläuft weiter und gibt gemischte Äste ab. Er zieht dann zur Speiseröhre und versorgt diese. Schließlich vereinen sich die Fasern zum Truncus vagalis anterior (vorderer Vagusstamm) und Truncus vagalis posterior.
Der Nervus vagus tritt aus der Medulla oblongata aus und zieht zwischen zwei Gefäßen, der Vena jugularis und der Arteria carotis interna, nach unten in die Brusthöhle. Der rechte Nervus vagus verläuft dann weiter vor der Schlüsselbeinarterie zur rechten Seite der Luftröhre, wobei er einen Ast (Nervus laryngeus recurrens) abgibt, der sich um die Arterie windet. Von der Luftröhre zieht der Nervus vagus weiter hinter den rechten Bronchus bis zur Rückseite der Speiseröhre und zur Rückseite des Magens. Der linke Nervus vagus zieht zwischen der Arteria carotis communis und der Schlüsselbeinarterie zum Aortenbogen, gibt dann nach hinten und oben einen Ast (Nervus laryngeus recurrens) ab und gelangt hinter dem Lungenhilus zur vorderen Fläche der Speiseröhre und des Magens.
XI. Nervus accessorius (Beinerv)
Der Nervus accessorius ist der elfte Hirnnerv und innerviert den Musculus sternocleidomastoideus und den Musculus trapezius, zwei wichtige Muskeln für die Bewegung von Kopf und Schulter.
Die Fasern des ersten Kerns, des Nucleus ambiguus treten als “Radix (Wurzel) cranialis” unterhalb des N. vagus aus dem verlängertem Rückenmark aus. Die Fasern des zweiten Kerns, des Nucleus spinalis, treten außerhalb des Schädels auf Höhe des zweiten und fünften Halswirbels als Radix spinalis aus. Sie ziehen durch das Foramen magnum, durch das auch das verlängerte Rückenmark in den Schädel eintritt, in die Schädelhöhle. In dieser lagern sich die zwei Wurzeln zum Truncus nervi accessorii zusammen und treten gemeinsam durch das Foramen jugulare aus dem Schädel aus.
Der Nervus accessorius entspringt aus dem Halsmark mit sechs bis sieben Spinalwurzeln (Radices spinales), die sich im Wirbelkanal vereinigen. Durch das große Hinterhauptsloch tritt er in den Schädel ein und vereint sich mit Ästen des Nervus vagus, mit dem zusammen er durch das Drosselloch in der hinteren Schädelgrube wieder austritt. Danach teilt er sich in zwei Äste, die den Kopfnicker- und den Trapezmuskel versorgen.
XII. Nervus hypoglossus (Zungennerv)
Der Nervus hypoglossus ist der zwölfte Hirnnerv und innerviert die gesamte Zungenmuskulatur.
Die Fasern des Nervus hypoglossus entspringen am Nucleus n. hypoglossi und verlassen den Hirnstamm zwischen unterer Olive und Pyramide.
Der Nervus hypoglossus entspringt von allen 12 Hirnnerven am weitesten unten am Gehirn. Die motorischen Fasern des Nervus hypoglossus beginnen mit zehn bis 15 Wurzelfäden in der Medulla oblongata. Diese werden dann zu zwei Bündeln gesammelt, die durch die Dura mater gehen und im sogenannten Canalis hypoglossi aus dem Schädel austreten.
Klinische Bedeutung
Verletzungen oder Erkrankungen der Hirnnerven können zu vielfältigen Symptomen führen, je nachdem, welcher Nerv betroffen ist. Einige Beispiele sind:
- Nervus olfactorius (I): Verlust des Geruchssinns (Anosmie)
- Nervus opticus (II): Sehstörungen, Gesichtsfeldausfälle
- Nervus oculomotorius (III), Nervus trochlearis (IV), Nervus abducens (VI): Doppelbilder, Augenbewegungsstörungen, Ptosis (Herabhängen des Augenlids)
- Nervus trigeminus (V): Gesichtsschmerzen (Trigeminusneuralgie), Sensibilitätsstörungen im Gesicht, Kaumuskelschwäche
- Nervus facialis (VII): Gesichtslähmung (Fazialisparese), Geschmacksverlust, verminderte Tränen- und Speichelproduktion
- Nervus vestibulocochlearis (VIII): Hörverlust, Tinnitus, Gleichgewichtsstörungen
- Nervus glossopharyngeus (IX), Nervus vagus (X): Schluckstörungen, Heiserkeit, Störungen der Herzfrequenz und des Blutdrucks
- Nervus accessorius (XI): Schwäche oder Lähmung des Musculus sternocleidomastoideus und des Musculus trapezius
- Nervus hypoglossus (XII): Zungenlähmung, Sprachstörungen