Anatomie des Nervensystems beim Pferd: Ein umfassender Überblick

Die Anatomie des Pferdekopfes und des Nervensystems spielt eine zentrale Rolle im Pferdetraining und beeinflusst maßgeblich die Beweglichkeit, Kommunikation und das Wohlbefinden des Tieres. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Strukturen des Nervensystems beim Pferd, von den feinen Knochen und Muskeln des Kopfes bis hin zu den Nervenbahnen, die den gesamten Körper durchziehen. Ein tiefes Verständnis dieser anatomischen Gegebenheiten ermöglicht es Reitern und Pferdeausbildern, Missempfindungen zu vermeiden, die Leistungsfreude zu fördern und eine harmonische Zusammenarbeit zu erreichen.

Der Pferdekopf: Eine anatomische Besonderheit

Im Vergleich zu anderen Tieren wie Hunden oder Katzen ist der Pferdehals sehr lang. Um dem Pferd das Tragen und Bewegen des Kopfes zu erleichtern, hat die Evolution den Pferdekopf leichter geformt. Die Knochen am Kopf sind eher dünn, und im Inneren des Schädels befinden sich viele Hohlräume. Das Nasenbein, wo normalerweise der Nasenriemen liegt, ist ebenfalls sehr dünn und empfindlich. Studien haben gezeigt, dass zu fest angezogene Nasenriemen in diesem Bereich Veränderungen in der Knochenstruktur verursachen können.

Wenn man die Haut entfernen würde, würde man feststellen, dass der Pferdekopf fast nur aus "Haut und Knochen" besteht, d.h. der Knochen ist nicht von Weichteilen bedeckt. Dies betrifft unter anderem den gesamten Nasenrücken, die Augenpartie, die Jochbeinleiste, das Schläfenbein und die Unterkieferäste. Da dort keine "Dämpfung" durch Weichteile vorhanden ist, sind die empfindliche Knochenhaut und die Faszien sehr exponiert und können schmerzhaft werden, wenn auf den Knochen beispielsweise die Trense drückt.

Der Schädel besteht aus 34 Knochen, von denen die meisten flach sind. Die Knochen haben faserige Gelenke (Suturen), bei denen die Knochen durch faseriges Gewebe verbunden sind. Diese Verbindungen lassen leichte Bewegungen zu. Das Kiefergelenk ist das größte Gelenk am Schädel des Pferdes. Es ist die Verbindung zwischen Unter- und Oberkiefer.

Das Nervensystem: Zentrale Schaltstelle des Körpers

Das Nervensystem des Pferdes besteht, wie das menschliche Nervensystem, aus dem Parasympathikus und dem Sympathikus. Beide sind wichtig zur Versorgung und Steuerung der Organfunktion.

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  • Sympathikus: Erregung, Training, Aktivität, Stress, z.B. Erhöhung der Atmung und des Pulses
  • Parasympathikus: Entspannung, Erholung, Regeneration, z.B.

Aufgrund eines einmalig prägenden (Trauma) oder eines dauerhaft vorliegenden (Alltag) äußerlichen Reizes kann das Nervensystem jedoch mit einer kontinuierlichen Übererregung oder Untererregung reagieren. Das heißt, dass entweder der Sympathikus oder der Parasympathikus vermehrt aktiv ist. Das Nervensystem befindet sich also in einer Dysregulation und somit nicht mehr in Balance.

Eine dauerhafte Untererregung kann zum Beispiel durch Unterforderung im Alltag, Unterversorgung an Mineralien oder Überversorgung an Energie (Adipositas) oder nach einem Verlust entstehen. Mentale Symptome wie Lustlosigkeit, Energiemangel, Apathie können hierdurch auftreten. Der Parasympathikus ist nun der dominierende Anteil. Die Aktivität des Parasympathikus ist durchauserwünscht. Hierdurch kommt das Pferd in die Entspannung, Verdauungsprozesse finden statt und das Pferd regeneriert. Kommen jedoch keine neuen Reize dazu (Unterforderung) kommt es zu einer chronischen Untererregung und hemmt die Aktivität des Sympathikus, was zu einer Leistungsminderung und vermehrten Antriebslosigkeit führt.

Eine dauerhafte Übererregung kann zum Beispiel durch eine zu hohe Beanspruchung, Überforderung, chronischen Schmerzen und Druck entstehen. Mentale Symptome einer Übererregung können zum Beispiel vermehrte Schreckhaftigkeit, Aggression, Überempfindlichkeit und Nervosität sein. Körperlich kann sich Übererregung in Form von Koliken, Magengeschwüren, Kopfschmerzen, verspannten Muskeln und unbewegliche Faszien äußern. Das Pferd befindet sich hier im sogenannten „Fight or Flight“ Modus, was einen reinen Überlebensmodus darstellt. Das erklärt auch, warum übererregte, oder umgangssprachlich „gestresste“ Pferde eine verminderte Konzentration während des Trainings zeigen.

Je nachdem wie sensibel das Pferd ist, reicht bereits der Stress des Reiters oder Besitzers aus, um einen Stress im Pferd auszulösen. Viele Menschen leben in einer Leistungsgesellschaft und stehen selbst häufig unter Druck und sind innerlich angespannt. Wenn sie also von der Arbeit kommen und mit den Gedanken bereits beim nächsten Tag sind, oder sich noch über eine bestimmte Situation des heutigen Tages ärgern, so übertragen sie diese innerliche Anspannung unmittelbar auf ihr Pferd.

Nerven im Kopfbereich

Unterhalb des Kiefergelenks verläuft direkt unter der Haut Richtung Nase der große Gesichtsnerv (Facialis). Hier sondern sich ein paar Nervenäste ab, die zum Ohr und zum Auge hin verlaufen. Weiterhin hat dieser Nerv mehrere Äste, die sich über die Backe verteilen.

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Dann gibt es am Kopf noch den allseits bekannten Trigeminusnerv. Er verläuft unterhalb des Unterkiefers in der Nähe vom Kiefergelenk ebenfalls in Richtung Nase. Dieser Nerv teilt sich mehrmals und ist einmal für sensorische Wahrnehmungen aber auch für viele Muskeln im Gesicht verantwortlich. Ein Teil des Trigeminusnervs teilt sich im Unteraugenhöhlennerv (N.infraorbitalis). Dieser Nerv tritt aus dem Schädel genau an der Stelle aus, wo der englische oder schwedische Nasenriemen liegt. Ein weiterer Ausgang eines Nervs ist am Unterkiefer, der Kinnnerv (N. mentalis) und auch da läuft meist ein Riemen lang: der Sperr- oder auch Kinnriemen. Beide Nerven Versorgen die Nase und die Ober- bzw. Unterlippe. Dieser Nerv versorgt auch die Zähne und kann Schmerzen ausstrahlen oder auch z.B.

Nerven in der Halswirbelsäule

Ebenso können durch verspannte Muskulatur und nicht bewegliche Wirbel die Zwischenwirbellöcher verengt sein, die die Nerven durchlassen. Somit kann die Versorgung verschiedener Gebiete eingeschränkt sein. Sollte der Reiter Veränderungen in der Beweglichkeit der Halswirbelsäule feststellen, ungleiches Schwitzen ( auf einer Seite mehr als auf der anderen) , sich das Pferd im Halfter aufgehängt haben, oder gestürzt sein, ist es sinnvoll den Hals bzw.

Bedeutung für das Training

Die Anatomie des Pferdekopfes spielt eine zentrale Rolle im Pferdetraining und beeinflusst maßgeblich die Beweglichkeit und Kommunikation. Besonders der Unterkiefer und das Zungenbein sind von Bedeutung, da sie für die Losgelassenheit des gesamten Pferdes, z.B. durch ein freies Kauen, verantwortlich sind. Durch die Berücksichtigung der anatomischen Strukturen und das Verständnis der Anatomie sowie die Wirkung der Hilfen auf dieselbe wird nicht nur das Training effektiver, sondern auch die Beziehung zwischen Reiter und Tier gestärkt, was eine wesentliche Grundlage für eine harmonische Zusammenarbeit darstellt. Diese harmonische Zusammenarbeit und verbesserte Losgelassenheit wirken positiv auf alle körperlichen und seelischen Komponenten. Die Muskeln, Sehnen, Faszien bleiben geschmeidig, die Gelenke werden nicht überansprucht, selbst die Hufe werden korrekt abgenutzt und bleiben stabiler. Auch geistig und seelisch ist das Pferd agiler und zufriedener.

Der Nasenriemen

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass durch zu fest angezogene Nasenriemen in diesem Bereich eine Veränderung in den Knochenstruktur stattfinden kann. Laut einer Studie liegt bei den meisten Trensen der größte Druckpunkt rechts und links neben dem Nackenbands und nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, direkt auf dem Nackenband. Neben dem Nackenband setzt kurze und längere Muskulatur an. Die langen Muskeln kommen vom unteren Hals- und Brustwirbelbereich, von den Dornfortsätzen und vom Oberarm und sogar von den Lendenwirbeln und Kreuzbein. Diese Muskeln sind für die Bewegung von Hals und Kopf zuständig, wie zum Beispiel der Arm-Kopf Muskel. Wenn die Trense an den Muskelansätzen am Kopf erhöhten Druck ausübt, ist die Vorführung des Vorderbeines eingeschränkt. Der Grund dafür ist, dass Muskeln, die erhöhtem Druck ausgesetzt sind, weniger Kraft entfalten können. Es gibt auch kürzere Muskeln, die für die Feinmotorik und Stabilisation des Kopfes und Genick zuständig sind.

In dem Bereich um das Kiefergelenk, wo der Stirnriemen ansetzt, wurde ebenfalls erhöhter Druck gemessen. Hier liegt z.B. die Ohrspeicheldrüse, die für die Speichelzufuhr zur Maulhöhle zuständig ist. Unterliegt sie permanentem Druck kann die Zufuhr reduziert sein. Das Zungenbein hat seinen Ursprung zwischen den Unterkieferästen und geht hoch bis zum Äußeren Gehörgang. Wenn das Pferd zum Beispiel schluckt, entsteht durch einen zu engen Nasenriemen erhöhter Druck auf das Kiefergelenk und Zungenbein. Ist das Kiefergelenk dann dadurch blockiert, kann die Losgelassenheit des Pferdes eingeschränkt sein.

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Die bekannte Regel, dass der Nasenriemen zwei Fingerbreit unter dem Jochbein verlaufen sollte, macht somit viel Sinn: zum einen haben wir die Gesichtsarterie und -vene, die da langlaufen und zum anderen haben wir dort einen Nervenausgang. Am proximalen Teil des Kopfes (Stirn) liegen die „größeren“ Muskeln des Kopfes, wie z.B. der äußere Kaumuskel. Distal (zur Nase hin) werden die Muskeln flacher und dünner, das bedeutet, dass es nicht viel Puffer zwischen Knochen und Trense gibt. Diese Muskeln sind für die Bewegung der Lippen zuständig und können z.B. durch einen zu engen Nasenriemen komprimiert werden. Sie verlieren dadurch an Kraft. Man sieht es leider sehr schnell, wenn ein Nasenriemen zu eng anliegt.

Kiefergelenk und Zungenbein

Die beiden wichtigsten anatomischen Strukturen für die Einwirkung und Hilfen Übertragung sind das Kiefergelenk und der Hyoid-Apparat. Eine Anspannung der Zungen- und Kaumuskulatur bewirkt immer Druck im Kiefergelenk. Beispielsweise wenn das Pferd Schmerzen oder Stress hat. Von alters her ist dann ein Reflex angelegt, der bei Druck im Kiefergelenk automatisch zu einer Verspannung der Nackenmuskulatur führt, sozusagen als vorbereitende Muskelanspannung zur Flucht. Mit einer Art festem Gelenk heftet sich das Zungenbein an den Schädel direkt hinter dem Kiefergelenk und liegt dann zwischen den Unterkieferknochen in der Kehle. Das Zungenbein ist mit vielen Faszien und Muskeln verbunden. Es spannt sozusagen die Muskulatur und Faszien des gesamten Kauapparates, der Kehle und des Schlundes auf. Wichtig ist es daher für den Schluckakt, der ja auch die Atmung beeinflusst. Durch das Kauen und Schlucken wird diese Muskulatur gelöst und eine freie Atmung erleichtert. Aufgrund der zentralen Position verbindet sich dieser Hyoid-Apparat mit den Muskel-/Faszienketten der Oberlinie, die im Bereich des Genicks entlang der Halswirbelsäule über den Rücken bis in die Hinterhand verlaufen. Eine andere funktionelle Verbindungskette liegt in der Kehle und dem Schlund, bis in die Brust und Bauchmuskulatur, die sogenannte untere Muskel- und Faszienkette. Ein erschwertes Kauen oder Abschlucken ist extrem unangenehm für das Pferd und führt zur Behinderung der Atmung bis hin zur Atemnot bei größerer Anstrengung.

Die Studie „Biomechanics of the Equine Jaw: Implications for Dentistry“ von Clarke et al. (2011) hat hervorgehoben, dass ein lockerer Unterkiefer nicht nur die Entspannung der Kaumuskulatur fördert, sondern auch entscheidend für die korrekte Kraftverteilung und Bewegungsdynamik des ganzen Pferdes ist. Das Pferd muss für ein lockeres Zungenbein und freies Atmen schlucken können. Schaum vor dem Maul bei der Arbeit bedeutet: „das Pferd kann seine Spucke nicht abschlucken“. Diese wird dann im Maul zu Schaum aufgeschlagen. In der Natur schäumen Pferde nur im Maul, wenn sie unter extremen Stress und maximale körperlicher Anstrengung geraten. Genau das soll aber bei der Arbeit nicht passieren.

Gebisslose Zäumung

Die Studie „In-Depth Analyses of Equine Cranial Nerves“ von Williams et al. (2003), hat gezeigt, dass das Nervensystem im Kopf eines Pferdes besonders empfindlich und komplex ist. Der Nasenrücken ist das A und O der Übertragung von Hilfen auf den Pferdekopf bei einer gebisslosen Zäumung. Die frühere Abart, bloßes Metall oder Metallketten darauf wirken zu lassen ist Gott sei Dank nur noch vereinzelt zu sehen (wir haben noch zwei Spanier mit Serreta-Narben auf dem Nasenrücken). Aber auch schwere Ausführungen mit festem Naseneisen (auch die mit Gelenken) können nie eine so feine Einwirkungen übertragen. Der Bereich um die Nase ist besonders empfindlich und ermöglicht dem Pferd, subtile Signale des Reiters zu erkennen. Das Jochbein ist der Halt für große Teile der Kaumuskulatur. Es sitzt direkt und ungepolstert unter der Haut. Unterkiefer-Äste: Der Kinn- oder Unterkieferriemen verläuft immer über diese Knochen, die sehr scharfkantig werden, je weiter zum Maul der Riemen verschnallt wird. Die Behinderung der Maulöffnung ist umso größer, je näher der Nasenriemen in Richtung Kinn verschnallt wird. Das liegt an dem größeren Abstand zum Kiefergelenk. Die Unsitte den Kinnriemen über eine Umlenkrolle zu führen und damit ohne Gefühl sehr schnell enger zu verschnallen, führt zu einer reduzierten Kaumöglichkeit mit verspannten Muskeln, Schluck- und Atemschwierigkeiten. Wie weit oder eng der Nasenriemen verschnallt werden kann, ist eine Philosophie für sich: auf dem Nasenrücken 2 Finger übereinander oder 3 Finger nebeneinander usw. Letztendlich gelten 2 Regeln: je tiefer der Nasenriemen sitzt, desto lockerer muß er verschnallt werden damit Kauen und Schlucken gut möglich sind und zweitens soll er so weit wie möglich sein, so dass das Pferd problemlos noch von einer Karotte (keiner riesig großen) abbeißen, bequem kauen und runterschlucken kann.

Genick und Ohren

Auf dem Genick wird ein Zaum immer einen gewissen Druck ausüben, das geht nicht anders, da hier jeder Zaum aufsitzt. Der dichte Nervenbesatz und der komplizierte Bewegungsapparat um das Hinterhaupt, den 1. und 2. Halswirbel mit vielen funktionellen Verbindungen zum Kiefergelenk und Zungenbein macht diese Region so wichtig und empfindlich. Daher muss dieser Druck gering sein, z.B. durch einen leichten Zaum, mit weicher Polsterung. Anatomische Ohr-Ausschnitte sind dazu da, um den Zug des Backenriemens am Genickstück Richtung Ohren auszugleichen. Gerade beim Longieren und der Bodenarbeit mit einem Kappzaum verrutscht der Nasenriemen vieler Modelle sehr leicht und der Backenriemen der anderen Seite kommt immer näher an das Auge oder rutscht sogar darüber. Die Ohren des Pferdes sind nicht nur für das Hören entscheidend, sondern spielen auch eine wesentliche Rolle im Zusammenspiel mit den Hilfen des Reiters. Pferde können ihre Ohren unabhängig voneinander weit nach vorne und hinten bewegen. Das ermöglicht ihnen, auf verschiedene Geräusche und Signale zu reagieren. Die Stellungen der Ohren drücken den Gemütszusand aus und geben dem Reiter wertvolle Hinweise auf die Aufmerksamkeit und die Stimmung seines Pferdes.

Das Pferdemaul

Fast alle Pferde haben mal Haken und scharfe Kanten an den Zähnen. Drückt dann ein Zaum dort auf die Backen über den Zahnreihen, wird die Schleimhaut der Wangen leicht verletzt. Das geschieht besonders dann, wenn der Nasenriemen mit einem Eisen verstärkt ist, und dann seitlich rutscht, so dass ein Ende des gepolsterten Naseneisens in die Wangenschleihaut gedrückt wird. Der Trigeminus ist ein Gesichtsnerv, der für die Empfindungen im gesamten Gesicht und dem Maul zuständig ist. Gerade dort, wo er aus dem Knochen austritt, sind die Nervenbündel sehr dicht gepackt und daher die Empfindlichkeit sehr hoch. Alle Riemen und Zaumteile die hier oder in der Nähe verlaufen, können diese Nerven sehr stark reizen. Das ist unter anderem der Hauptgrund für Headshaker. Vergleicht jetzt mal die Lage der Nasenriemen bei verschiedenen (Kapp-) Zaumarten. Sehr hoch verlaufende Riemen am oder unter dem Jochbein tangieren den Oberkiefer-Nervenaustrittspunkt. Ein Gebiß im Pferdemaul ist seit vielen Jahrhunderten die gängigste Art, um Einfluss auf den Pferdekopf zu nehmen. Die Spanne der Einwirkung reicht vom Hineinfühlen in die Anlehnung bis zur Gewaltanwendung durch viel mechanische Kraft. So leicht diese Einwirkung auch gehalten wird, es steckt ein Stück Metall im Pferdemaul. Hier ist fast alles sehr empfindlich …..Gaumen, Zähne, Zunge, Laden, Maulwinkel.

Die Bedeutung der Ausrüstung

Die Auswahl des passenden, gut sitzenden Zaums, der speziell auf die anatomischen Gegebenheiten des Pferdekopfes abgestimmt ist, ist daher mindestens ebenso wichtig wie die Anpassung eines Sattels. Überlege zuerst, in welcher Reitweise du dich zu Hause fühlst und was du gemeinsam mit deinem Pferd erreichen möchtest. Danach richtet sich oft die Art des Zaums, den du wählen solltest. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Ausbildungsstand deines Pferdes. Besitzt du bereits ein ausgebildetes Pferd, das keine weitere Ausbildung benötigt und vorwiegend für entspannte Ausritte genutzt wird, ist ein Kappzaum möglicherweise nicht notwendig. Wenn dein Pferd jedoch noch in der Ausbildung ist oder du es longieren möchtest, ist ein gut sitzender Kappzaum unverzichtbar. Achte darauf, dass der Zaum eine druckfreie Passform hat und Kauen und Schlucken problemlos zulässt um die harmonischen Bewegungen deines Pferdes unverspannt über Genick und Hals bis in die Hinterbeine fließen zu lassen. Ein gut sitzender Kappzaum sollte die einzelnen Komponenten anatomisch angepasst haben, um eine gleichmäßige Druckverteilung zu gewährleisten. Er muss leicht genug sein, um auf dem Nasenrücken und Genick nicht zu drücken. Die Backenriemen dürfen nie ins Auge rutschen und sollen das Jochbein nicht berühren. Der Nasenriemen wird immer über verschiedene Nerven und Knochenkanten führen. Er sollte aber genau deshalb sehr leicht und gut anschmiegsam sein. Sein Verlauf muss die wichtigen Nervenaustrittspunkte freilassen. Besonders wichtig ist der stabile Sitz. Wenn ihr Kappzäume vergleicht, sind nur die Modelle akzeptabel, die beim Longieren und der Bodenarbeit nicht verrutschen. Denn genau das möchten wir doch in der Kommunkation mit unserem Pferd erreichen: eine präzise, eindeutige und feine Hilfenübertragung. Ansonsten muss euer Pferd raten, ob und was eigentlich gemeint ist. Der Kappzaum darf also nicht nur wegen der Pferdeschonung, sondern auch unbedingt auf Grund der Hifenübertragung nicht rutschen.

Tipps für mehr Losgelassenheit und Sorgenfreiheit am Stall

  1. Atemübungen: Atemübungen können helfen Stress loszulassen. Wenn man sich gestresst fühlt, flacht die Atmung ab und man atmet nicht mehr tief ein und aus. Wenn man also bewusst den Fokus auf die Ein- und Ausatmung legt, kann man lernen innerhalb weniger Minuten in die Entspannung zu gehen. Hierbei ist es wichtig vor allem die Ausatmung stetig zu verlängern.
  2. Dankbarkeit: Anstatt sich darüber den Kopf zu zerbrechen, was gestern war oder was morgen sein wird, sollte man sich regelmäßig daran erinnern, was man im Jetzt bereits hat, was man bis heute schon alles geschafft hat und wofür man dankbar ist. Man kann diese Gedanken entweder aufschreiben oder eine meditative Einheit in den Alltag einbinden. Hierdurch wird der Fokus auf die positiven Aspekte gelenkt.
  3. Bewegung: Bewegung ist für den Körper essentiell. Stress schüttet bestimmte Neurotransmitter aus, die die Faszien kontrahieren lassen. Das kann zum Beispiel zu Rückenschmerzen oder Kopfschmerzen führen. Eine Yoga-Einheit kann die Mobilität wieder herstellen und die Faszien beweglicher machen. Auch eine gute Haltung hat einen unmittelbaren Einfluss auf den Gemütszustand. Daher sind stabilisierende Übungen und effektive Sporteinheiten für das Nervensystem eine wichtige Unterstützung.

Der letzte Punkt kann genau so auch auf die Pferde übertragen werden. Hier ist es außerdem wichtig, dass überschwellige Trainingsreize innerhalb des Trainings nur für kurze Zeit (wenige Sekunden bis Minuten) gesetzt werden und nach dem Training eine Regenerationszeit von etwa 48 Stunden berücksichtigt wird. Die Mobilisation und Stabilisation sind wichtige Aspekte in der Trainingstherapie. Auch Pferde äußern Gemütszustände in Haltungsänderungen und andersherum können Pferde mit einem angepassten Training helfen, wieder mehr Energie und Stolz zu verspüren.

Parasympathische Momente schaffen

Gönnen Sie Ihrem Pferd regelmäßig nach dem Training eine Massage - das Nervensystem dankt es. Wohltuende Berührungen entspannen die Muskeln, Puls und Atmung werden langsamer, die Zellregeneration setzt ein und das Pferd schüttet Glückshormone aus. Um das Genick des Tiers zu entspannen, empfiehlt die Pferde-Physiotherapeutin kreisende, sanfte Berührungen mit den Fingerspitzen. Sie können auch den Mähnenkamm kräftig schütteln. Eine der Lieblingskraulstellen vieler Pferde ist der Widerrist. Auch hier sind kreisende Bewegungen mit den Fingerspitzen angenehm.

Lavendel beruhigt die Nerven. Atmen Pferde ätherisches Lavendelöl ein, entspannen sie sich nach stressigen Situationen schneller. Das zeigen verschiedene Studien (Journal of Equine Veterinary Science, Vol. 33/2013 und Vol. 63/2018). Lavendel wirkt sich auf den Herzschlag und den Cortisolspiegel im Blut aus.

Pferdeverhalten verstehen

Pferde sind keine Maschinen. Sie sind Lebewesen - mit Gefühlen, Erfahrungen, einem eigenen Charakter. Sie denken, sie fühlen, sie erinnern sich. Sie reagieren nicht auf Knopfdruck, sondern auf das, was in ihnen vorgeht. Wenn wir glauben, dass ein Pferd „nachgibt“, weil wir den Druck erhöhen, dann sehen wir nur die Oberfläche. Was wir oft nicht erkennen: Das Pferd gibt nicht nach. Es gibt auf. Denn Pferde, die nicht aufgeben, haben genau zwei andere Optionen: Kampf oder Flucht. Das ist kein „Ungehorsam“. Wir denken, das Pferd ist stur? Das Pferd ist überfordert. Wir denken, das Pferd ist faul? Das Pferd ist verzweifelt. Wir denken, das Pferd widersetzt sich? Ja, das tut weh. Weil wir unser Pferd lieben. Aber Liebe allein reicht nicht. Wir müssen auch verstehen. Pferde brauchen keine Dominanz - sie suchen nach einem verlässlichen Partner, der Stabilität gibt. Wenn du der ruhige, sichere Pol in eurer Beziehung bist, wird dein Pferd sich an dir orientieren. Es wird gelassener, aufmerksamer und lernbereiter. Pferde sind faszinierende Wesen - hochsensibel, intuitiv und blitzschnell in ihren Reaktionen. Sie nehmen die Welt auf eine völlig andere Weise wahr als wir Menschen. Ihr Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, komplexe Pläne zu schmieden oder rational über Situationen nachzudenken, sondern darauf, unmittelbar auf Reize zu reagieren. Dieses einzigartige neuronale System bestimmt, wie Pferde lernen, kommunizieren und sich in ihrer Umwelt orientieren. Ihr Nervensystem fährt extrem schnell hoch und danach wieder runter - anders als bei uns Menschen. Das beeinflusst das Stressverhalten der Pferde enorm. Pferde können nur dann wirklich lernen, wenn sie im parasympathischen Modus sind - also entspannt und stressfrei. Ihr Neurobiologisches System regelt ihre Kommunikation und macht sie als Beute- und Herdentier unfassbar fein. Pferde sind wahre Meister darin, Emotionen zu lesen.

Pferde sind nicht nur hochsensible Wesen, sondern auch neurologische Meisterwerke der Natur. Ihr Gehirn ist darauf programmiert, blitzschnell zu reagieren, feinste Veränderungen in ihrer Umgebung wahrzunehmen und emotionale Zustände anderer Lebewesen zu spiegeln. Oxytocin ist das „Bindungshormon“, das bei Entspannung ausgeschüttet wird. Pferde sind Meister darin, die Herzfrequenzvariabilität (HRV) ihres Gegenübers zu lesen. Ein ausgeglichener, kohärenter Herzrhythmus signalisiert Sicherheit und Ruhe. Studien haben gezeigt: Wenn Menschen sich in einem kohärenten Zustand befinden (also ruhig atmen, positive Emotionen empfinden und einen harmonischen Herzrhythmus haben), synchronisiert sich das Pferdeherz mit dem menschlichen Herzschlag. Pferde besitzen hochentwickelte Spiegelneuronen, die sie die Stimmung nachahmen lassen. Angst, Wut oder Stress überträgt sich direkt. Pferde sind wahre Empathen. Sie erkennen die Körpersprache, Atmung und sogar die Herzfrequenz. Wer angespannt ist, überträgt das auf sein Pferd. Üben Sie sich also immer in innerer Ruhe und Achtsamkeit. Pferde orientieren sich an der Energie ihrer Umgebung. Bist du gestresst, hektisch oder unsicher, wird dein Pferd ebenfalls nervös.

Schlussfolgerung

Ein umfassendes Verständnis der Anatomie des Nervensystems beim Pferd, insbesondere im Kopfbereich, ist entscheidend für eine erfolgreiche und pferdegerechte Ausbildung. Durch die Berücksichtigung der anatomischen Gegebenheiten, die Wahl der passenden Ausrüstung und die Schaffung einer entspannten Lernumgebung können Reiter und Pferdeausbilder eine harmonische Beziehung aufbauen, die auf Vertrauen und gegenseitigem Verständnis basiert. Es ist wichtig, sich über die möglichen Vor- und Nachteile der verschiedenen Hilfsmittel, durch die wir mit unseren Pferden kommunizieren, schlau zu machen, da sie aufgrund der Anatomie des Pferdekopfes Auswirkungen auf Bewegungsabläufe, Muskeln, Gelenke und das seelische Wohlbefinden des Tieres haben.

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