Ein Schlaganfall ist ein einschneidendes Ereignis, das das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von einem Moment auf den anderen verändern kann. In Deutschland erleidet ungefähr alle zwei Minuten jemand einen Schlaganfall, was jährlich über 250.000 Fälle bedeutet. Fast jeder siebte davon betrifft Menschen unter 50 Jahren, ein sogenannter "juveniler Schlaganfall". Die Zahl dieser Fälle scheint zuzunehmen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Risikofaktoren und Rehabilitationsmöglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf jüngere Betroffene.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirninsult genannt, ist ein Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, die durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutversorgung des Gehirns verursacht werden. Dies führt zu einer Mangelsituation in den betroffenen Hirnregionen, wodurch Nervenzellen absterben können. Eine Sonderform stellt die Transitorisch Ischämische Attacke (TIA) dar, bei der die Durchblutungsstörung nur kurzzeitig auftritt. Aber auch eine TIA ist ein Notfall, da sie ein Vorbote eines "richtigen" Schlaganfalls sein kann.
Symptome erkennen: Auf jede Minute kommt es an
Die Symptome eines Schlaganfalls treten plötzlich auf und können vielfältig sein. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe empfiehlt, auf folgende Anzeichen zu achten:
- F (Face/Gesicht): Kann die Person lächeln, oder hängt ein Mundwinkel herab?
- A (Arms/Arme): Kann die Person beide Arme nach vorne strecken und dabei die Handflächen nach oben drehen?
- S (Speech/Sprache): Kann die Person einen einfachen Satz klar und deutlich nachsprechen?
Treten diese Symptome auf, ist sofortiges Handeln gefragt. Rufen Sie umgehend den Rettungsdienst (112), denn jede Minute zählt.
Ursachen und Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Die Ursachen für einen Schlaganfall sind vielfältig. Bei älteren Menschen sind häufig Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Vorhofflimmern, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen die Hauptursache. Diese Faktoren spielen auch bei jüngeren Menschen eine Rolle, allerdings gibt es hier noch weitere, spezifische Ursachen.
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Spontane Gefäßdissektion als Ursache bei jungen Menschen
Ärzte gehen davon aus, dass bis zu einem Viertel der Schlaganfälle bei unter 50-Jährigen durch eine sogenannte Spontane Gefäß-Dissektion einer Halsarterie entstehen kann. Dabei kommt es durch eine kleine Verletzung zu einem Einriss in der Gefäßinnenwand. Es bildet sich ein Wandhämatom, das zu einer Engstelle oder sogar einem Gefäßverschluss führen kann.
Weitere Ursachen für juvenile Schlaganfälle
Neben der Gefäßdissektion können auch andere Faktoren bei jüngeren Menschen einen Schlaganfall auslösen:
- Gerinnungsstörungen: Angeborene oder erworbene Gerinnungsstörungen können das Risiko für Blutgerinnsel und somit für einen Schlaganfall erhöhen.
- Blutgefäßentzündungen (Vaskulitis): Entzündliche Prozesse in den Blutgefäßen können zu Verengungen oder Verschlüssen führen.
- Hormonelle Faktoren: Bei Frauen unter 35 Jahren spielen hormonelle Faktoren eine größere Rolle. Die Einnahme von Hormonpräparaten wie der Antibabypille kann die Thrombosegefahr erhöhen. Auch Migräne, die bei Frauen häufiger auftritt, wird mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko in Verbindung gebracht.
In einem großen Teil der Fälle, insbesondere bei Patienten unter 50 Jahren, können Ärzte jedoch keine konkrete Ursache für den Schlaganfall feststellen.
Anja Liebermanns Erfahrung mit einem juvenilen Schlaganfall
Die 39-jährige Anja Liebermann vom Bodensee erlitt selbst einen Schlaganfall aufgrund von Dissektionen - spontanen Einrissen in der inneren Schicht der Gefäßwand, wodurch sich Hämatome und dann Gerinnsel bildeten. "Bei dem Schlaganfall sind Gerinnsel wohl von den hinteren, hirnzuführenden Arterien, die Arteria vertebralis heißen, ins Gehirn transportiert worden und haben dann dort andere Gefäße verschlossen", erläutert Prof. Dr. Joachim Liepert.
Behandlung und Rehabilitation nach einem Schlaganfall
Wenn es zu einem Schlaganfall kommt, ist schnelles Handeln entscheidend. In der Klinik werden Betroffene meist in eine sogenannte Stroke Unit, eine Art Schlaganfall-Spezialstation, aufgenommen. Hier wird versucht, den Blutpfropf, der ein wichtiges Gefäß verstopft, entweder mit einer Infusion aufzulösen oder mit einem Katheter aus dem Gefäß zu entfernen (Angiografie).
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Neurologische Frührehabilitation
Nach der Akutbehandlung ist eine frühzeitige Rehabilitation entscheidend, um die Schäden so gering wie möglich zu halten und den Patienten schnell eine größtmögliche Eigenständigkeit wiederzugeben. Die Neurologische Frührehabilitation zählt weiterhin zum akutstationären Bereich und beschreibt die Behandlungsphase, die direkt auf die Akutphase folgt.
Ein multiprofessionelles Team, bestehend aus spezialisierten Fachärzten, Pflegekräften, Ergo- und Psychotherapeuten, Neuropsychologen, Logopäden, medizinisch-technischem Personal und Mitarbeitern des Sozialdienstes, arbeitet eng zusammen, um die Patienten gleichzeitig in mehreren aufeinander abgestimmten Bereichen zu therapieren und zu unterstützen. Dabei werden vor allem Funktionsstörungen im Bereich der Mobilität, beim Sprechen oder Schlucken behandelt.
Neuroplastizität: Das Gehirn lernt neu
Durch einen Schlaganfall gehen im Gehirn viele Millionen Nervenzellen verloren - und damit oft wichtige Funktionen. Doch das Gehirn besitzt die Fähigkeit, sich neu zu organisieren (Neuroplastizität). Nicht genutzte Synapsen können aktiviert werden, und Nerven aus anderen Hirnbereichen können sogar ins Infarktgebiet "rüberwachsen" und sich dort neu verbinden.
Neuroplastizität ist in den ersten drei Monaten nach dem Schlaganfall am einfachsten zu erreichen. Auch danach sind Fortschritte möglich, der Aufwand wird aber höher.
Anja Liebermanns Weg zurück ins Leben
Patientin Anja Liebermann trainiert deshalb mehrere Stunden täglich mit ihrer Ergotherapeutin und ihrem Physiotherapeuten. Wieder gehen zu lernen ist Liebermann besonders wichtig. Sie trainiert deshalb intensiv Stand-, Gang- und Feinmotorik, unter anderem mit dem Einsatz von robotik- und computergestützten Trainingsgeräten.
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Dank intensivem Training schafft es Liebermann seit Kurzem wieder, alleine zu stehen. Als nächstes will sie wieder gehen lernen: "Sehr unsicher."
Prävention: Das Risiko selbst in der Hand haben
Laut der Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe hat sich die Sterblichkeitsrate bei Schlaganfällen in den vergangenen 25 Jahren fast halbiert. Experte Bäzner ist sich sogar sicher, “dass man bis zu 90 % des Schlaganfallrisikos selbst in der Hand hat”.
Wichtige Maßnahmen zur Risikoreduktion
- Blutdruck kontrollieren und gegebenenfalls behandeln: Bluthochdruck ist einer der Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall.
- Blutzuckertherapie machen, falls Blutzuckerwerte erhöht sind: Diabetes erhöht das Schlaganfallrisiko.
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität hilft, viele Risikofaktoren gleichzeitig zu reduzieren.
- Rauchen aufhören: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Risiko für Blutgerinnsel.
- Keine Drogen nehmen: Drogenkonsum kann das Herz-Kreislauf-System stark belasten und das Schlaganfallrisiko erhöhen.
- Sich gesund ernähren: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten trägt zur Gesundheit der Blutgefäße bei.
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