Die Pflege von Menschen mit Demenz, insbesondere wenn Aggressionen auftreten, stellt Angehörige und professionelle Pflegekräfte vor große Herausforderungen. In solchen Situationen kann es notwendig werden, freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) oder sogar eine Zwangseinweisung in Erwägung zu ziehen. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen und rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Maßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit Aggressionen bei Demenz.
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM): Definition und rechtliche Grundlagen
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) umfassen alle Maßnahmen, die die Bewegungsfreiheit eines Menschen gegen dessen Willen einschränken. Dazu gehören beispielsweise Bettgitter, Fixierungen oder das Verschließen von Türen.
Rechtliche Grundlagen:
- § 1831 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Regelt seit dem 1. Januar 2023 die Voraussetzungen für FEM und freiheitsentziehende Unterbringung. Zuvor war dies in § 1906 BGB geregelt.
- Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG): Relevant für Heimverträge und die Rechte von Bewohnern in Pflegeheimen.
- Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) der Bundesländer: Grundlage für die öffentlich-rechtliche Unterbringung bei akuten psychischen Krisen.
- § 63 StGB (Strafgesetzbuch): Regelt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Rahmen des Maßregelvollzugs (Forensik).
Grundsatz:
Normalerweise sind FEM und eine freiheitsentziehende Unterbringung von Patienten nicht erlaubt, sondern strafbare Freiheitsberaubung (§ 239 StGB). Sie sind aber unter bestimmten Umständen erlaubt.
Voraussetzungen für freiheitsentziehende Maßnahmen
Freiheitsentziehende Maßnahmen sind nur unter strengen Voraussetzungen zulässig:
- Erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung: Eine Voraussetzung für eine Einweisung ist immer eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung. Oft kommt es zu einer Einweisung, weil ein Mensch mit Demenz z.B. in der eigenen Wohnung verwahrlost, unterernährt ist, jede Hilfe ablehnt oder aggressiv wird. In solchen Fällen kann eine Einweisung in eine geschlossene Abteilung einer Klinik gegen den Willen des Menschen mit Demenz notwendig werden.
- Notwendigkeit zur Abwendung einer Gefahr: Eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff ist notwendig, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden. Das geht nur mit Freiheitsentzug.
- Verhältnismäßigkeit: Die Maßnahme muss verhältnismäßig sein und darf nicht länger als unbedingt notwendig andauern. Auch zu Hause dürfen Betreuer oder Bevollmächtigte Menschen mit Demenz die Freiheit nicht länger als unbedingt notwendig entziehen, sonst ist es strafbare Freiheitsberaubung (siehe oben).
- Alternative Maßnahmen: Bevor FEM angewendet werden, sollten immer alternative Maßnahmen, z.B. technische Hilfsmittel oder die Anwesenheit einer Pflegekraft als Sitzwache, geprüft werden.
- Einwilligung: Geschäftsfähige können eine Vollmacht für die Entscheidungen über einen Freiheitsentzug erstellen. Bei der Diagnose einer Demenz sind einige Menschen schon nicht mehr geschäftsfähig, also sollten sie das möglichst vorher regeln. Bevollmächtigte dürfen aber nur über freiheitsentziehende Unterbringung entscheiden, wenn das ausdrücklich in einer schriftlichen Vollmacht so festgelegt ist (§ 1820 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Das gleiche gilt für freiheitsentziehende Maßnahmen in Heimen, Krankenhäusern oder sonstigen Einrichtungen. Freiheitsentziehenden Maßnahmen zu Hause dürfen Bevollmächtigte hingegen auch sonst zustimmen, also z.B.
- Genehmigung des Betreuungsgerichts: Bevollmächtigte und rechtliche Betreuer dürfen einer freiheitsentziehenden Unterbringung oder freiheitsentziehenden Maßnahmen in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer sonstigen Einrichtung nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zustimmen (§ 1831 Abs. 2 und 4 BGB). Wohngruppen für betreutes Wohnen zählen als Einrichtung. Rechtlich ungeklärt ist hingegen, ob auch das eigene Zuhause als Einrichtung gilt, wenn die Pflege dort ausschließlich von professionellen Pflegekräften übernommen wird.
Ausnahmen:
- Gefahr im Verzug: Bei akuter Gefahr (Gefahr im Verzug) müssen sie die Genehmigung des Betreuungsgerichts unverzüglich (also so schnell wie möglich) nachträglich einholen (§ 1831 Abs. 2 S.
- Freiheitsentziehende Maßnahmen zu Hause: Nur weil das Betreuungsgericht freiheitsentziehende Maßnahmen zu Hause nicht genehmigen muss, heißt das nicht, dass rechtliche Betreuer oder Bevollmächtigte nach Belieben die Freiheit von Menschen mit Demenz einschränken dürfen. Wenn Sie von unbegründetem Freiheitsentzug erfahren, den die Betroffenen mit freiem Willen nicht gewollt hätten, können Sie sich ans Betreuungsgericht wenden. Das Betreuungsgericht kann dann z.B. Wenn Sie einen Menschen mit Demenz zu Hause pflegen und freiheitsentziehende Maßnahmen einsetzen wollen bzw. müssen, brauchen Sie dafür die Zustimmung des rechtlichen Betreuers oder der dafür bevollmächtigten Person.
Wichtig:
- Wenn die Voraussetzungen für die Unterbringung oder die Maßnahmen in Heimen, Krankenhäusern oder sonstigen Einrichtungen nicht mehr vorliegen, müssen rechtliche Betreuer oder Bevollmächtigte den Freiheitsentzug sofort beenden. Sie müssen das außerdem so schnell wie möglich dem Betreuungsgericht melden (§ 1831 Abs. 3 f. Diese Regel gilt zwar nicht für freiheitsentziehende Maßnahmen zu Hause, aber Betreuer oder Bevollmächtigte dürfen Menschen mit Demenz auch zu Hause die Freiheit nicht länger als unbedingt notwendig entziehen, sonst ist es strafbare Freiheitsberaubung (siehe oben).
- Freiheitsentziehende Maßnahmen dürfen nicht aus Routine oder aus Unsicherheit erfolgen. Jede Maßnahme muss individuell geprüft, nachvollziehbar begründet und eindeutig dokumentiert werden.
Die Rolle des Betreuers und Bevollmächtigten
- Rechtliche Betreuer: Sie dürfen nur über freiheitsentziehende Unterbringung oder Maßnahmen entscheiden, wenn das Betreuungsgericht ausdrücklich angeordnet hat, dass die rechtliche Betreuung auch den Aufgabenbereich "Entscheidung über freiheitsentziehende Unterbringung / Maßnahmen" umfasst (§ 1815 Abs. 2 BGB). Wenn bisher noch niemand wirksam für die Entscheidung über den Freiheitsentzug vom Gericht eingesetzt oder bevollmächtigt wurde, muss das Betreuungsgericht einen Betreuer ausdrücklich dafür einsetzen. Es kann diese Aufgabe auch einer schon für andere Aufgabenbereiche eingesetzten oder bevollmächtigten Person übertragen.
- Bevollmächtigte: Eine Heimaufnahme ist über eine Vorsorge- oder Generalvollmacht möglich, wenn die betroffene Person nicht mehr geschäftsfähig ist. Mit einer gültigen Vorsorgevollmacht, die die Aufenthaltsbestimmung umfasst, kann eine andere Person einen Heimvertrag abschließen - aber nur, wenn die betroffene Person nicht mehr geschäftsfähig ist. Die Geschäftsunfähigkeit muss im Zweifel durch eine ärztliche Bescheinigung oder Begutachtung festgestellt werden. Eine Generalvollmacht kann ebenfalls zur Unterbringung berechtigen, sofern sie weitreichend formuliert ist und nicht widerrufen wurde. Auch hier gilt: Keine Anwendung gegen den Willen einer geschäftsfähigen Person.
- Pflichten: Rechtliche Betreuer oder Bevollmächtigte müssen normalerweise vor ihrer Zustimmung die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen, außer bei Gefahr im Verzug. Bei Gefahr im Verzug müssen sie die Genehmigung des Betreuungsgerichts unverzüglich (also so schnell wie möglich) nachträglich einholen (§ 1831 Abs. 2 S.
Zwangseinweisung: Öffentlich-rechtliche Unterbringung nach PsychKG
Wenn die Voraussetzungen für FEM nach BGB nicht ausreichen oder eine akute psychische Krise vorliegt, kann eine Zwangseinweisung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) des jeweiligen Bundeslandes erforderlich sein.
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Voraussetzungen für eine öffentlich-rechtliche Unterbringung:
- Schwere psychische Krankheit: Die Voraussetzung für eine Unterbringung ist immer, dass eine schwere psychische Krankheit vorliegt.
- Gefährdung: Andere Vorraussetzungen variieren von Gefährdung bedeutender eigener Rechtsgüter bzw. bedeutender Rechtsgüter anderer, über eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bis zu erheblicher Selbst- oder Fremdgefährdung. Akute Eigen- und Fremdgefährdung stellen eine Notfallsituation dar, in der betroffene Personen nicht sicher davon ablassen können, sich selbst oder ihre Mitmenschen zu verletzen und dabei schlimmstenfalls sogar ihren eigenen Tod in Kauf zu nehmen. In der Regel liegt eine psychiatrische Erkrankung oder ein besonderer Ausnahmezustand zugrunde.
Ablauf:
Meistens sind für die Umsetzung die Sozialpsychiatrischen Dienste zuständig. Die Polizei und/oder das Ordnungsamt entscheiden zunächst darüber und danach das zuständige Gericht. Bei Fremdgefährdung ist ein Freiheitsentzug nach PsychKG auch dann möglich, wenn eine bevollmächtigte Person oder der rechtliche Betreuer die Maßnahme abgelehnt hat.
Wichtig:
- Die Unterbringung darf nur auf der Basis eines richterlichen Beschlusses erfolgen. Nur in Akutfällen dürfen Patienten auch ohne diesen bis zum Ablauf des Folgetages nach Aufnahme, in Baden-Württemberg bis zu 72 Stunden, zurück gehalten werden.
- Pflegeeinrichtungen sind rechtlich nicht befugt, eine Person nach PsychKG selbst einzuweisen.
- Es ist nicht Aufgabe der Einrichtung, selbst zu entscheiden, ob eine Unterbringung nach PsychKG erforderlich ist. Nur, wenn eine gültige Vorsorge- oder Generalvollmacht vorliegt oder eine rechtliche Betreuung angeordnet ist.
Ursachen für Aggressionen bei Demenz und Umgang damit
Aggressionen und bösartige Verhaltensweisen zählen zu den oft missverstandenen Verhaltensmuster der Demenzerkrankung. Rund die Hälfte der Dementen zeigen temporär oder permanent Aggressionen, die sich als verbale und körperliche Gewalt auf Gegenständen, Umfelder und Personen, mitunter auch gegen sich selbst richten. Ablehnendes Verhalten, Wutausbrüche und mangelnde Impulskontrolle gehen bei Demenz mit Orientierungsproblemen, körperlicher Unruhe, Vergesslichkeit und Frustration einher.
Häufige Ursachen für akute Eigen- und Fremdgefährdung:
- Alkoholvergiftung
- Akute Psychosen (schizophrene oder bipolare Störungen)
- Erregungszustände in sozialen Konfliktsituationen ohne eine psychiatrische Erkrankung
- Eine Vergiftung bei Personen, die mehrere bewusstseinsverändernde Suchtstoffe gleichzeitig konsumieren, (z. B. Alkohol, Kokain und weitere Drogen).
- Bestimmte Persönlichkeitsstörungen
- Demenz
- Entzugssyndrom/Delir
Weniger häufige Ursachen:
- Bestimmte Zustände nach einem epileptischen Anfall, in der die Person nicht vollständig bei Bewusstsein und nicht in der Lage ist, mit ihren Mitmenschen zu kommunizieren.
- Akute Belastungsreaktion nach einem psychischem Trauma
- Intelligenzminderung mit in bestimmten Abständen wiederkehrenden, gleichartig verlaufenden Erregungszuständen
- Unmittelbar vorhergehendes Schädel-Hirn-Trauma
- Eine Persönlichkeitsstörung, die durch eine Hirnschädigung hervorgerufen wurde.
Seltene Ursachen:
- Eine akute Gehirnerkrankung, z. B. eine Blutung oder Entzündung des Gehirns
- Eine Störung des Stoffwechsels (z. B. Unterzucker, wenn Niere oder Leber ihre Arbeit nicht mehr vollständig verrichten, eine Überfunktion der Schilddrüse)
- Weitere Gehirnerkrankungen wie ein Tumor oder ein Schädigung von Gefäßen
Weitere Faktoren, die zu aggressivem Verhalten gegenüber Mitmenschen führen können:
- Vorliegen von Schizophrenie und anderen psychotischen Erkrankungen
- Zusätzlicher Alkohol- und Drogenmissbrauch erhöht das Risiko.
- Wenn sich Personen mit Vorerkrankungen nicht an die notwendigen Behandlungen halten.
- Wenn eine Person Schwierigkeiten hat, ihre eigenen Impulse zu kontrollieren (z. B. Ausleben von Wut).
- Bestimmte Persönlichkeitsstörungen
- Obdachlosigkeit
- Männliches Geschlecht
- Gewalterfahrung und Missbrauch in der Kindheit
Umgang mit Aggressionen:
- Eigene Ruhe bewahren: Zu den wichtigsten Aspekten im Umgang mit aggressiven Demenzkranken zählt die eigene Ruhe, Geduld und die Fähigkeit, die Angriffe des Betroffenen nicht persönlich zu nehmen.
- Routinen und ruhige Atmosphäre: Gleichbleibende Routinen, eine ruhige Atmosphäre und die individuellen Schlüssel, zum an Demenz Erkrankten durchzudringen, sind eine große Herausforderung.
- Einfühlungsvermögen: Einfühlungsvermögen für die Situation des Erkrankten und Ruhe zu bewahren sind für pflegende Angehörige und professionelles Pflegepersonal nicht immer einfach.
- Klare Kommunikation: Vermitteln Sie Verständnis für die Situation. Bei sexueller Enthemmung, körperlicher Aggression gegen Menschen und Gegenstände sowie bei Zerstörungswut sollten Sie professionelle Unterstützung suchen.
- Vermeidung von Verstärkern: Entsprechend den individuellen Ursachen als Auslöser für aggressive Verhaltensmuster ist die Vermeidung von Verstärkern wichtig, um einen guten Umgang mit Demenzerkrankten zu ermöglichen. So sollten Störungen der Routinen als Stressauslöser ebenso vermieden werden wie die Überforderung, die mitunter bereits durch viele Personen, laute Geräusche oder parallele Interaktionen entstehen können.
- Professionelle Unterstützung: Auch Pflegekurse mit Spezialisierung auf die Pflege von an Demenz erkrankten Angehörigen können wertvolle Tipps und Strategien für ein individuelles Notfallmanagement liefern.
Was sollte man bei Dementen vermeiden?
Vor allem ist es jedoch wichtig, selbst die Ruhe zu bewahren und geduldig zu bleiben, um eine Verschärfung der Pflegeprobleme zu verhindern. Vermeiden Sie, selbst laut und energisch zu werden oder sich reizen zu lassen. Verlassen Sie nötigenfalls kurz den Raum, nachdem Sie die Person bestmöglich vor Selbstverletzung geschützt haben. Sorgen Sie für ausreichenden Ausgleich für Ihre eigene Person, um mit den Belastungen der Pflege von Angehörigen mit Demenz zurecht zu kommen. Lassen Sie sich von professionellen Pflegekräften unterstützen und versuchen Sie stets, Ihre eigenen Leistungsgrenzen im Blick zu behalten.
Problem & Umgang mit Körperpflege bei Demenzkranken
Eine besondere Herausforderung in der Pflege von Angehörigen mit Demenz entsteht, wenn der Widerstand gegen die Pflege dem körperlichen Pflegebedarf gegenübersteht. Die pflegerische Handlung sollte bei Widerstand des Dementen unterbrochen werden. Vertraute Personen und bevorzugte Gegenstände der Körperpflege (beispielsweise angenehme Düfte im Duschgel) können den Widerstand gegen die Pflege reduzieren helfen. Bemühen Sie sich, Ursachen zu erkennen und zu lösen. So kann ein harter Waschlappen als unangenehm empfunden werden, während der Austausch gegen ein besonders weiches Exemplar das Pflegeproblem eventuell schon löst. Testen Sie Alternativen, die dem an Demenz erkrankten Menschen zu früheren Zeiten gut gefallen haben und positive Erinnerungen belebt. Oft sind schon kleine Schritte hilfreich, um eine Verbesserung bei den Aggressionen und dem Widerstand gegen die Körperpflege hervorzurufen. Zwang sollte in der Körperpflege bei Widerstand stets vermieden werden. Verinnerlichtes Schamgefühl und Frustration über den Verlust der eigenen Fähigkeiten machen die körperliche Pflege auch für den Erkrankten zu einer großen Herausforderung. Zwang ist für Menschen mit Demenz immer irritierend und kann als Trigger die Aggression verstärken. Halten Sie bei Wutausbrüchen den nötigen Abstand, achten Sie auf eine Vermeidung von Selbst- und Fremdgefährdung und nutzen Sie erlernbare Strategien aus Pflegekursen mit einer Spezialisierung auf Demenzerkrankte für die Deeskalation. Wie kann man Demenzkranke beruhigen?
Ruhe und Verständnis für den Betroffenen und möglichst ein entspannter Umgang in ruhiger Atmosphäre sind auch bei der Körperpflege wichtige Pfeiler, um die notwendigen Schritte bei zu Aggression neigenden Dementen zu erfüllen. Nutzen Sie ruhige Kommunikation mit Erklärungen, gewohnte, gleichbleibende Abläufe und binden Sie, sofern möglich, die Wünsche und Fähigkeiten der dementen Person in die Körperpflege ein. Keinesfalls sollten Sie die Körperpflege gegen den Willen des Patienten vornehmen, da die Grenze zur Gewalt fließend ist. Auch kann die Körperpflege gegen den Willen des Patienten als Nötigung oder gar Körperverletzung ausgelegt werden, die als Stra…
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Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen
Vor allem bei akuter Gefährdung lassen sich freiheitsentziehende Maßnahmen nicht vermeiden. Technische Hilfsmittel können die persönliche Betreuung von Menschen mit Demenz zu Hause und im stationären Umfeld unterstützen und erleichtern. So gibt es z.B. Signalgeber, wenn Menschen den Impuls haben, sich aus dem sicheren Umfeld zu entfernen und „irgendwo“ hinzugehen. Betroffene tragen dann einen Sender am Körper. Solche Alarmsysteme gibt es auch für Zuhause. Mittlerweile erlauben auch gängige Geräte wie Smartwatches (Multifunktionsuhren) oder Handys die Ortung via Registrierung und Internet.
Ein sehr niedriges Bett kann eine geeignete Alternative zu einem Bettgitter sein. Hüftprotektoren können das Verletzungsrisiko bei Sturzgefahr verringern und ggf.
Die Anwesenheit einer Pflegekraft als Sitzwache kann unter Umständen freiheitsentziehende Maßnahmen verhindern, aber hat den Nachteil, dass der Mensch mit Demenz dadurch in der Privatsphäre eingeschränkt ist.
"Der Werdenfelser Weg" wird in mittlerweile über 200 Landkreisen bundesweit angewandt, um freiheitsentziehende Maßnahmen zu unterbinden oder auf ein unumgängliches Minimum zu reduzieren. Spezialisierte Verfahrenspfleger mit pflegefachlichem Grundwissen diskutieren im gerichtlichen Auftrag jeden Fixierungsfall individuell und gehen gemeinsam mit dem Heim und den Angehörigen/Betreuern Alternativen durch und regen im Einzelfall auch Erprobungen von Alternativmaßnahmen an. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft gibt "Empfehlungen zum Umgang mit Gefährdung bei Demenz". Bei einer Demenz kann unter Umständen eine Zwangsbehandlung nötig werden, wenn die Demenzsymptome eine Einsicht in die Behandlungsnotwendigkeit verhindern. Als rechtlicher Betreuer eines Menschen mit Demenz können Sie unter Umständen in eine Zwangsbehandlung einwilligen, aber nur mit Zustimmung des Betreuungsgerichts.
Schuldgefühle bei der Entscheidung für ein Pflegeheim
Bei der Entscheidung, dass ein Elternteil ins Pflegeheim muss, entstehen bei Kindern immer Schuldgefühle. Das schlechte Gewissen wird von der Unsicherheit verstärkt, ob Mutter oder Vater im Heim unglücklich wären. Kinder können dann kaum noch rational denken, sondern werden von Gefühlen geleitet. Manchmal gibt es trifftige Gründe, warum Kinder die Verantwortung für die Betreuung der Eltern nicht übernehmen können. Dennoch machen sich Töchter und Söhne Vorwürfe. Es kann hilfreich sein, sich vor Augen zu halten, dass man die Eltern nicht grundlos in ein Pflegeheim ziehen lässt. Ganz im Gegenteil wird ein Umzug ins Heim geplant, um die Eltern richtig versorgt und sicher aufgehoben zu wissen, weil man es selbst nicht leisten kann. Manchmal muss eine solche Entscheidung auch gegen den Willen von Mutter oder Vater getroffen werden. Alte und kranke Menschen sind oft nicht mehr in der Lage, die Notwendigkeit für eine Unterbringung im Heim einzusehen. Viele Kinder und Enkel „wollen“ den Eltern oder Großeltern helfen, können sie aber auf längere Sicht nicht optimal betreuen und versorgen. Die eigene Familie oder der Beruf machen ein solches Vorhaben unmöglich. Da hilft auch der gute Wille nicht weiter, wenn sich die Pflegeaufgabe ohne Selbstaufgabe nicht in die Praxis umsetzen lässt. Wenn sich Familienmitglieder zusammensetzen und sich Gedanken machen, bevor sie schweren Herzens die Entscheidung für ein Pflegeheim treffen, lassen sie niemanden im Stich. Auch im Heim können schließlich Besuche stattfinden.
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Informationen und Unterstützung
Pflegestützpunkte bieten umfassende Beratung und Unterstützung für pflegende Angehörige. Sie können ggf. Betreuungsvereine unterstützen durch Informationen, Beratung und Aufklärung.
Weitere Anlaufstellen:
- Psychiatrische Kliniken: In akuten Krisen (Suizidgedanken oder -absichten, Bedrohung/ Gewalt) von Ihnen nahestehenden Menschen oder bei Ihnen selbst wenden Sie sich bitte an die nächste psychiatrische Klinik.
- Rettungsleitstelle: Unter der Telefonnummer 112.
- Polizei: Unter der Telefonnummer 110.
- Telefonseelsorge: Die kostenfreie Hotline ist über die Telefonnummern 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222 und 116 123 erreichbar.
- SeeleFon: Hotlines unter 0180 950 951 (Telefonkosten bei Anrufen aus dem deutschen Festnetz entsprechend Ihres Telefonvertrags) und unter 0228 7100 2424 (dt. Festnetzgebühren) jeweils Mo bis Do 10.00-12.00 + 14.00- 20.00 Uhr, Fr 10.00-12.00 + 14.00-18.00 Uhr. Beratungstelefon der Familien-Selbsthilfe Psychiatrie, richtet sich an psychisch erkrankte Menschen und angehörige Personen/Familienmitglieder. Beraten wird durch selbsterfahrene Betroffene oder Angehörige.
- Info-Telefon Depression: Hotline kostenfrei unter 0800 3344 533. Bietet krankheits- und behandlungsbezogene Informationen und Anlaufstellen im Versorgungssystem.
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