Antiemetika sind aus der Notfallmedizin nicht wegzudenken und spielen eine wichtige Rolle bei der Behandlung verschiedener Zustände, einschließlich der Begleitung von Epilepsiebehandlungen. Dieser Artikel beleuchtet den Einsatz von Antiemetika im Kontext von Epilepsie, insbesondere im Hinblick auf Krampfanfälle und deren Behandlung.
Krampfanfälle: Ursachen und erste Maßnahmen
Ein generalisierter Krampfanfall kann dramatisch wirken und erfordert schnelles Handeln. Die Ursachen für solche Anfälle sind vielfältig. Ein persistierender Krampfanfall in der Notaufnahme oder im Rettungsdienst ist potenziell bedrohlich und entspricht einem akut behandlungsbedürftigen Status Epilepticus. Mögliche Ursachen sind Infektionen, insbesondere im neurologischen Bereich (Epilepsie, akuter/Z.n.), Elektrolytstörungen und spezielle Anfallssituationen wie alkoholinduzierte Anfälle oder Eklampsie in der Schwangerschaft.
Diagnostik und Akutbehandlung von Krampfanfällen
Die Diagnose umfasst einen orientierten Neuro-Status zur Feststellung von Paresen und eine fokussierte Anamnese, um Informationen über bekannte Epilepsie, die Gabe von Antikonvulsiva und spezielle Anfallsauslöser zu erhalten. Die Initialbehandlung erfolgt oft mit Benzodiazepinen intravenös (iv) oder intranasal (in). Falls kein iv-Zugang vorhanden ist, kann Midazolam 10 mg in. oder intramuskulär (im) verabreicht werden. Weitere Optionen sind Levetiracetam 60mg/kg (max. 4500mg) über >10min iv, Valproat 40mg/kg (max. 3000mg) über >10min iv, Propofol (1-)2mg/kg iv oder Esketamin 0,5(-1)mg/kg iv. In bestimmten Fällen kann auch ein Relaxans indiziert sein.
Bei Kindern unter 6 Jahren mit Fieber sollte vor allem an einen Fieberkrampf gedacht werden. Bei Schwangeren muss insbesondere eine Eklampsie in Betracht gezogen und mit 4-6g Magnesium iv behandelt werden. Bei bekanntem Alkoholabusus sollte Thiamin 100mg iv gegeben werden, ebenso bei Verdacht auf Hypoglykämie Glukose und gegebenenfalls Thiamin.
Antiemetika in der Notfallmedizin
Antiemetika sind unverzichtbar in der Notfallmedizin. Sie werden eingesetzt, um Übelkeit und Erbrechen zu behandeln, die oft mit erheblichem Leidensdruck verbunden sind. Zudem werden sie prophylaktisch vor der intravenösen Opiattherapie verabreicht, was in vielen Standardarbeitsanweisungen (SOP) festgelegt ist.
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Die typischerweise in der Notfallmedizin verwendeten Antiemetika umfassen:
- Dimenhydrinat (z.B. Vomex®)
- Granisetron/Ondansetron (z.B. Zofran®)
- Metoclopramid (MCP, z.B. Paspertin®)
Es ist wichtig zu betonen, dass sich dieser Artikel auf den kurzfristigen Einsatz in der Notfallmedizin konzentriert und nicht auf den Einsatz von Antiemetika zur PONV-Prophylaxe (postoperative Übelkeit und Erbrechen) oder -Therapie in der Anästhesie oder auf längerdauernde Therapien wie bei Chemotherapien.
Häufig verwendete Antiemetika und ihre Nebenwirkungen
Dimenhydrinat
Dimenhydrinat wird oft bei Übelkeit und Erbrechen unterschiedlicher Ursache eingesetzt. Die wichtigste Nebenwirkung ist Müdigkeit, aber auch anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit können auftreten.
Ondansetron
Ondansetron ist ein starker, hochselektiver 5-HT3-Rezeptorantagonist und wirkt, indem er die Auslösung des Brechreflexes blockiert. Es wird häufig bei Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit Chemotherapie, Strahlentherapie oder Operationen eingesetzt.
Metoclopramid (MCP)
Metoclopramid wirkt sowohl zentral als auch peripher und wird zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen, einschließlich bei akuter Migräne, eingesetzt. Die wichtigsten Nebenwirkungen sind extrapyramidale / parkinsonoide Bewegungsstörungen, die auch bei niedriger / erster Dosis auftreten können. Laut Fachinformation zur symptomatischen Behandlung von Übelkeit und Erbrechen sollte MCP nicht länger als 5 Tage angewendet werden.
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QT-Zeit-Verlängerung und Risikopatienten
Eine potenzielle Nebenwirkung aller Antiemetika ist die Verlängerung der QT-Zeit. Die klinische Relevanz dieser Verlängerung ist jedoch in den in der Notfallmedizin eingesetzten Dosierungen unklar, tendenziell eher irrelevant. Dennoch sollte ein Bewusstsein dafür bestehen, dass sich verschiedene QT-verlängernde Substanzen gegenseitig verstärken können und dass Patienten mit Herzerkrankungen, QT-verlängernder Dauermedikation oder Elektrolytstörungen ein erhöhtes Risiko für relevante Herzrhythmusstörungen haben. Bei Hochrisikopatienten sollte die Gabe unter geeigneter Überwachung und mit kritischer Indikationsstellung erfolgen.
Indikationen und Evidenz
Übelkeit durch Schwindel / Kinetosen
Antiemetika können bei Übelkeit durch Schwindel oder Kinetosen, einschließlich Reiseübelkeit beim Transport im Rettungswagen, eingesetzt werden.
Opiat-induzierte Übelkeit
Die prophylaktische Gabe von Antiemetika bei opiat-induzierter Übelkeit ist umstritten. Die American Academy of Emergency Medicine positioniert sich klar gegen eine Begleitmedikation mit MCP, da Studien keine signifikante Reduktion der Übelkeit zeigen, dafür jedoch die bekannten Nebenwirkungen von MCP. Auch die Setrone scheinen bei der Prävention von Übelkeit durch intravenöse Opiatgabe nicht wirksam zu sein.
Schwangerschaftsübelkeit
Alle oben genannten Antiemetika sind laut Embryotox bei Schwangerschaftsübelkeit einsetzbar, wobei MCP und Setrone nur als zweite Wahl nach frustranem Therapieversuch mit Antihistaminika empfohlen werden. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass die Anwendung von Ondansetron im ersten Trimenon der Schwangerschaft zu einer erhöhten Rate an orofazialen Missbildungen führen kann. Daher sollte Ondansetron in diesem Zeitraum nicht angewendet werden.
Alternative Behandlungsansätze
Eine interessante Alternative ist die Aromatherapie mit Isopropylalkohol. Studien haben gezeigt, dass die Aromatherapie mit 70% Isopropylalkohol in Kombination mit Ondansetron oder Placebo die Übelkeit bei Notaufnahmepatienten reduzieren kann.
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Verabreichungswege und Dosierung bei Kindern
Mindestens Granisetron, Dimenhydrinat, Haloperidol (low-dose) und MCP können auch subkutan (s.c.) verabreicht werden, was in der Palliativmedizin häufig erfolgreich praktiziert wird. Zur Therapie bei Kindern sollten pädiatrische Dosierungshilfen (z.B. Kindersicher Pediatape) verwendet werden, um eine Überdosierung zu vermeiden.
Ondansetron: Detaillierte Informationen zu Dosierung und Anwendung
Ondansetron ist ein Antiemetikum, das Übelkeit und Erbrechen wirksam reduziert, indem es zentrale 5-HT3-Rezeptoren (Serotonin-Rezeptoren) inhibiert. Die empfohlene orale Dosis beträgt 8 mg alle 12 Stunden über maximal 5 Tage. Bei hochemetogener Chemotherapie kann eine orale Einzeldosis bis maximal 24 mg Ondansetron zusammen mit 12 mg Dexamethason oral ein bis zwei Stunden vor der Chemotherapie gegeben werden. Die empfohlene intravenöse Dosis beträgt 8 mg als langsame intravenöse Injektion über nicht weniger als 30 Sekunden. Bei hochemetogener Chemotherapie kann eine maximale Initialdosis von 16 mg Ondansetron i.v. als Infusion über mindestens 15 Minuten gegeben werden. Einzeldosen über 16 mg dürfen aufgrund des dosisabhängig steigenden Risikos einer QT-Verlängerung nicht infundiert werden.
Dosierung bei Kindern
Die Dosis kann auf Grundlage der Körperoberfläche (KOF) oder des Körpergewichts berechnet werden. Die Initialdosis von 5 mg/m² Ondansetron sollte unmittelbar vor der Chemotherapie intravenös verabreicht werden. Die intravenöse Einzeldosis darf 8 mg nicht überschreiten. Die Gabe von oralen Dosen kann 12 Stunden später erfolgen und kann über einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen fortgesetzt werden. Die orale Dosis beträgt bei einer KOF < 0,6 m² Ondansetron 2 mg, bei KOF zwischen 0,6 m² und 1,2 m² Ondansetron 4mg und bei KOF über 1,2 m² Ondansetron 8mg alle 12 Stunden.
Alternativ kann die Dosierung nach Körpergewicht erfolgen. Die Initialdosis von 0,15 mg/kg Körpergewicht sollte unmittelbar vor der Chemotherapie als intravenöse Einzeldosis verabreicht werden. Die intravenöse Einzeldosis darf 8 mg nicht überschreiten. Bei Bedarf können 2 weitere i.v.-Dosen mit einem Abstand von 4 Stunden verabreicht werden. Die Gabe oraler Dosen kann 12 Stunden später erfolgen und kann über einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen fortgesetzt werden. Die orale Dosis beträgt bei einem Körpergewicht unter 10 kg Ondansetron 2 mg und bei einem Körpergewicht über 10 kg Ondansetron 4 mg alle 12 Stunden. Alle intravenösen Dosen sollten in 50 bis 100 ml Kochsalzlösung oder Glukose 5%-Infusionslösung verdünnt und über mindestens 15 Minuten infundiert werden.
Ondansetron in der Schwangerschaft
Am 01.10.2019 wurde mittels eines Rote-Hand-Briefes über neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Ondansetron während der Schwangerschaft informiert. Es wird vermutet, dass Ondansetron orofaziale Fehlbildungen verursacht, wenn es im ersten Trimenon der Schwangerschaft verabreicht wird. Daher sollte Ondansetron nicht im ersten Trimenon der Schwangerschaft angewendet werden und Frauen im gebärfähigen Alter sollten eine Schwangerschaftsverhütung in Erwägung ziehen.
Antihistaminika und Epilepsie bei Kindern
Eine Studie aus Südkorea hat untersucht, ob die Behandlung mit Antihistaminika der ersten Generation bei Kindern im Alter von einem halben Jahr bis zu zwei Jahren verstärkt zum Auftreten von Epilepsie führen kann. Die Ergebnisse zeigten, dass unter der Behandlung mit diesen Wirkstoffen tatsächlich häufiger epileptische Anfälle auftraten. Das Risiko für Epilepsie in Verbindung mit Antihistaminika der ersten Generation war um bis zu 22 Prozent erhöht.
Kopfschmerzbehandlung und Antiemetika
Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen können Begleitsymptome von Migräneattacken sein. Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen) sollen diese Funktionsstörungen bei Migräne beheben. Die eingeschränkte Magenaktivität während der Migräneattacke führt dazu, dass die Schmerzmittel kaum in den Darm weitertransportiert werden, wodurch die gewünschte Wirkung ausbleibt. Aus diesem Grunde sollten Sie 15 Minuten vor der Einnahme des Migränemittels ein Antiemetikum (Metoclopramid oder Domperidon) einnehmen.
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