Demenz-Ratgeber für Betroffene und Angehörige

Die Diagnose Demenz verändert das Leben grundlegend, sowohl für die betroffene Person als auch für die Familie. Der Alltag wird herausfordernder, Gespräche gestalten sich schwieriger und vertraute Abläufe funktionieren nicht mehr wie gewohnt. Es gibt jedoch Möglichkeiten, den Alltag zu erleichtern und ein stabiles Miteinander zu schaffen. Dieser Ratgeber vermittelt in kompakter Form die wichtigsten Informationen über Demenz und zeigt, was das Leben der Betroffenen und ihrer Familien erleichtern kann.

Was ist Demenz?

Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "ohne Geist". Demenz ist eine Sammelbezeichnung für eine Gruppe von Krankheiten, die hauptsächlich das Gehirn betreffen und zu einem schrittweisen Verlust der geistigen Fähigkeiten führen. Dieser Verlust betrifft verschiedene Bereiche, darunter die Gedächtnisleistung, die Denkfähigkeit, die Orientierung, das Sprachvermögen und das Verhalten. In Deutschland leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, was sie zu einer der häufigsten Erkrankungen im hohen Alter macht.

Ursachen und Formen von Demenz

Da es verschiedene Demenzformen mit unterschiedlichen Ursachen gibt, unterscheiden sich auch die Symptome zum Teil recht stark voneinander, sodass eine eindeutige Diagnose oftmals schwierig ist. Zu den häufigsten Formen gehören:

  • Alzheimer-Krankheit: Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 60-80 % aller Demenzerkrankungen aus. Sie ist durch die Ansammlung von abnormen Proteinen im Gehirn gekennzeichnet, die zu einem fortschreitenden Abbau von Nervenzellen führen.
  • Vaskuläre Demenz: Diese Form der Demenz entsteht durch Veränderungen der Blutgefäße im Gehirn und damit verbundene Durchblutungsstörungen. Sie tritt oft nach Schlaganfällen auf und kann zu kognitiven Beeinträchtigungen führen. Sie macht etwa 10 % aller Fälle aus.
  • Demenz mit Lewy-Körperchen: Diese Form macht etwa 15 % der Demenzerkrankungen aus. Sie wird durch die Ansammlung von Lewy-Körperchen im Gehirn verursacht, was zu Beeinträchtigungen in der Kommunikation zwischen Nervenzellen führt.

Es gibt noch viele andere, aber seltenere Formen von Demenz, die jeweils spezifische Ursachen und Symptome aufweisen.

Stadien der Demenz

Die Auswirkungen der Demenz können je nach Stadium der Erkrankung variieren. Es werden in der Regel sieben Stadien der Demenzerkrankung nach der GDS-Reisberg-Skala unterschieden. Die GDS-Reisberg-Skala, auch bekannt als Global Deterioration Scale (GDS), ist ein Instrument zur Beurteilung des Schweregrads einer Demenzerkrankung, an denen sich Pflegekräfte und Angehörige orientieren können.

Lesen Sie auch: Fortgeschrittene Demenz: Ein umfassender Überblick

Umgang mit Menschen mit Demenz

Im Umgang mit Demenzkranken ist vor allem das Verstehen sehr wichtig. Immer wieder sollten sich Angehörige vor Augen führen, in welcher Situation sich die Betroffenen befinden. Krankheitsbedingt neigen Menschen mit Demenz dazu, plötzlich aggressiv und unfreundlich zu werden. Der Leidtragende verliert zunehmend die Orientierung und auch die Möglichkeit der Verständigung nimmt ab. Dies führt zu einer großen Verunsicherung bei ihm. Um diese nicht zusätzlich zu fördern, ist es wichtig, Konflikte zu vermeiden.

Kommunikation

Die richtige Kommunikation ist der Schlüssel für einen langen Verbleib zuhause. Die Kommunikation mit einem Demenzpatienten kann mitunter schwierig sein, da die Erkrankung die sprachlichen Fähigkeiten und das Verständnis beeinträchtigen kann.

  • Sprich langsam und deutlich: Verwenden Sie einfache Sätze und vermeiden Sie komplizierte Begriffe.
  • Geduld und Zeit: Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche und seien Sie geduldig.
  • Nonverbale Kommunikation: Körpersprache und Mimik spielen eine wichtige Rolle.
  • Verständnis für Frustration: Demenzpatienten können frustriert sein, wenn sie sich nicht ausdrücken können.
  • Einfühlungsvermögen: Versuchen Sie, die Ursachen für das Verhalten zu verstehen.
  • Sicherheit gewährleisten: Achten Sie darauf, dass der Patient und andere in seiner Umgebung sicher sind.

Auch wenn Alltagsgespräche irgendwann unmöglich werden, bleibt der Austausch wichtig. Menschen mit Demenz neigen oftmals dazu, ihre Gefühle durch Humor und der Suche nach körperlicher Nähe zu zeigen. Unser Angehörigenratgeber Demenz zeigt Ihnen, wie Sie Ihr eigenes Verhalten an die Welt des Betroffenen anpassen können.

Gestaltung des Alltags

Ein strukturierter Tagesablauf mit festen Essens- und Trinkzeiten, Medikamenteneinnahme und Pflegezeiten gibt den Patienten Sicherheit und Vertrauen. Es ist wichtig, dass sie weiterhin so viel wie möglich selbstständig machen und aktiv bleiben. Am einfachsten ist es, sich an bereits vertraute Abläufe zu halten, wie zum Beispiel Aufstehen, Frühstücken, Anziehen oder Duschen. Diese Routinen geben der erkrankten Person Sicherheit und Vertrautheit.

  • Aktivitäten: Versuchen Sie, möglichst täglich Aktivitäten einzubauen, die gut tun, wie zum Beispiel gemeinsame Spaziergänge oder Zeit für soziale Kontakte oder Hobbys.
  • Angst vermeiden: Aktivitäten, die Angst auslösen könnten, sollten behutsam und in kleinen Schritten vorbereitet werden. So behält die erkrankte Person die Übersicht über die Situation, und Angst und Panik entstehen weniger schnell.
  • Orientierung: Bei einer Demenz geht nach und nach das Zeitgefühl verloren: Wochentage geraten durcheinander, Tag und Nacht lassen sich schwer unterscheiden. Auch die Schlafqualität leidet - viele Erkrankte schlafen kürzer, wachen öfter auf und sind tagsüber erschöpft. Eine klare Tagesstruktur kann helfen, Orientierung zu geben: Tageslicht, frische Luft und feste Abläufe am Tag, Ruhe und gedimmtes Licht am Abend.

Ernährung

Eine Demenzerkrankung kann das Ess- und Trinkverhalten deutlich verändern. Manche Menschen vergessen zu essen und nehmen deshalb nicht ausreichend Nahrung zu sich. Andere wiederum essen scheinbar ohne Hemmungen - oft bevorzugt Süßes. Auch das Gefühl für Hunger und Durst nimmt ab, wodurch das Risiko für Mangelernährung und Flüssigkeitsmangel steigt. Im späteren Verlauf treten häufig Koordinationsprobleme sowie Kau- oder Schluckbeschwerden auf.

Lesen Sie auch: Wechselwirkungen zwischen Schmerzmitteln und Demenz

  • Ruhige Umgebung: Eine ruhige Umgebung, feste Essenszeiten und vertrautes Geschirr geben Orientierung.

Körperpflege

Sinnesüberlastung: Laute Wassergeräusche, helles Licht oder intensive Düfte von Pflegeprodukten können ebenfalls Stress auslösen. Diese Ängste zu verstehen und mögliche Auslöser zu vermeiden, kann für Angehörige ein erster Schritt sein, das Baden und Duschen angenehmer zu gestalten. Menschen mit Alzheimer oder anderen Demenzerkrankungen brauchen häufig mehr Zeit zum Anziehen. Sie tun sich schwer, sich Kleidung herauszusuchen oder wählen die falsche Kleidung für Wetter und Jahreszeit. Ermutigen Sie die oder den Erkrankten dennoch immer, sich selbst morgens anzuziehen.

  • Kleidung: Halten Sie das Angebot klein, also lieber weniger Kleidung, dafür welche, leicht kombinierbar ist.

Sicherheit im Alltag

Menschen mit Demenz benötigen oft besondere Sicherheitsvorkehrungen, um Unfälle zu verhindern und schnell auf mögliche Gefahren reagieren zu können. Die Sicherung der Wohnungstür ist besonders wichtig, um zu verhindern, dass der Demenzkranke unbeaufsichtigt das Haus verlässt.

  • Infrarotbegrenzungen: Haustüren oder Gartentore können mit Infrarotbegrenzungen ausgestattet werden.
  • Funksender: Ein Funksender, der an der Kleidung des Betroffenen angebracht ist, kann denselben Effekt erzielen.
  • Temperaturbegrenzer: Um Verbrennungen durch zu heißes Wasser aus dem Wasserhahn zu verhindern, kann eine Mischbatterie mit Temperaturbegrenzer eingebaut werden. Dies stellt sicher, dass das Wasser eine sichere Temperatur hat.
  • Herdsicherungssysteme: Diese Systeme schalten den Herd nach einer voreingestellten Zeit oder bei Überhitzung automatisch ab. Dies reduziert das Risiko von Bränden. Für Gasherde gibt es bisher keine geeigneten Sicherungssysteme.
  • Rauchmelder: In sämtlichen Räumen sollten Rauchmelder installiert sein, um Brände frühzeitig zu erkennen.
  • Personenortungssysteme: Es kann vorkommen, dass Demenzkranke sich auf Spaziergängen verirren und den Weg nach Hause nicht mehr finden. Personenortungssysteme sind eine effektive Möglichkeit, die betroffene Person mithilfe satellitengestützter Positionsbestimmung schnell zu finden. Diese Systeme integrieren einen Sender in ein Handy, ein Armband oder eine Uhr.

Die oben genannten technischen Hilfsmittel und Sicherheitsvorkehrungen können dazu beitragen, die Sicherheit und das Wohlbefinden von Demenzpatienten in ihrer häuslichen Umgebung zu verbessern. Die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten des Betroffenen müssen berücksichtigt werden, um die am besten geeigneten Maßnahmen zu ergreifen.

Unterstützung für Angehörige

Die Pflege von Demenzkranken stellt nicht nur hohe Anforderungen an die Betroffenen selbst, sondern auch an deren Pflegende und Angehörige. Die Betreuung von Demenzpatienten kann emotional und physisch sehr belastend sein.

  • Emotionale Belastung: Die schrittweise Verschlechterung des Gesundheitszustands des Demenzkranken, der Verlust von Erinnerungen und die Schwierigkeiten in der Kommunikation können zu emotionalen Belastungen führen.
  • Physische Belastung: Die körperliche Pflege eines Demenzkranken kann physisch anspruchsvoll sein.
  • Pausen und Entlastung: Es ist wichtig, regelmäßige Pausen einzuplanen und sich Zeit für sich selbst zu nehmen.

Professionelle Pflegedienste können eine wertvolle Ergänzung zur häuslichen Pflege von Demenzpatienten sein.

Lesen Sie auch: Ursachen und Behandlung von Zittern bei Demenz

  • Medikamentenverabreichung: Die korrekte Verabreichung von Medikamenten ist entscheidend.
  • Betreuung und Aktivierung: Die Betreuung von Demenzpatienten erfordert Geduld und Einfühlungsvermögen.

Angehörige und Pflegende von Demenzkranken sollten sich nicht scheuen, Hilfe und Unterstützung von außen in Anspruch zu nehmen.

  • Selbsthilfegruppen: In Selbsthilfegruppen treffen sich Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen, um sich auszutauschen und Unterstützung zu finden.
  • Beratungsstellen: Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, die Informationen und Unterstützung für Pflegende und Angehörige bieten.

Die rechtlichen Aspekte der Pflege von Demenzkranken sollten nicht vernachlässigt werden.

  • Betreuungsrecht: Das Betreuungsrecht regelt die rechtliche Betreuung von Menschen, die aufgrund von Demenz oder anderen Erkrankungen nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.
  • Pflegeversicherung: Die Pflegeversicherung bietet Leistungen für Pflegebedürftige, darunter auch Demenzkranke.

Finanzielle Unterstützung

Die Betreuungskosten ergeben sich aus dem Betreuungsumfang sowie der Qualifikation der Betreuungspersonen und richten sich nach der individuellen Betreuungssituation und Ihren Wünschen. Da kein ambulanter Pflegedienst vor Ort für Pflegeleistungen in Anspruch genommen wird, steht das volle Sachleistungsbudget des Pflegedienstes noch zur Verfügung. Aufgrund der landesrechtlichen Anerkennung von Linara als Anbieter von Alltagsunterstützungsleistungen nach §45a SGB XI können bis zu 40 % des Sachleistungsbudgets für die Dienstleistung von Linara erstattet werden (sogenannte Sachleistungsumwandlung gem. § 45a Abs. Der Betrag der Verhinderungspflege setzt sich zusammen aus dem Grundbetrag 1.612 € zuzüglich max. 806 € aus der Kurzzeitpflege. Um das Verhinderungspflegegeld zu erhalten, müssen die Voraussetzungen des § 39, SGB XI erfüllt sein. Die Aufwendungen können als außergewöhnliche Belastung mit der Einkommenssteuer verrechnet werden oder bis zu einer Höhe von 4.000 € als haushaltsnahe Dienstleistung direkt von der Steuerlast abgezogen werden.

Lebensqualität trotz Demenz

Die Lebensqualität von Demenzkranken kann trotz der fortschreitenden Erkrankung erhalten und sogar gefördert werden.

  1. Anpassung des Wohnumfelds: Die Umgebung spielt eine entscheidende Rolle im Leben eines Demenzkranken. Die Anpassung des Wohnumfelds kann dazu beitragen, die Sicherheit und das Wohlbefinden des Patienten zu gewährleisten.
  2. Strukturierte Tagesroutine: Eine strukturierte Tagesroutine kann Demenzkranken Sicherheit und Orientierung bieten. Die Aufrechterhaltung von sozialen Kontakten ist wichtig für die geistige und emotionale Gesundheit.
  3. Integration von Erinnerungen: Die Integration von Erinnerungen und persönlicher Geschichte in den Alltag eines Demenzkranken kann dazu beitragen, das Gefühl von Identität und Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten.
  4. Würdevoller Umgang am Lebensende: Es ist wichtig, einen würdevollen Umgang mit Demenz am Lebensende sicherzustellen. Die palliative Versorgung zielt darauf ab, die Lebensqualität von Demenzkranken in der Endphase der Erkrankung zu verbessern. Die Kommunikation mit Demenzkranken, auch wenn sie nicht mehr verbal sind, sollte respektvoll und einfühlsam sein. Es ist wichtig, die individuellen Wünsche und Vorlieben des Patienten zu respektieren, auch wenn er nicht mehr in der Lage ist, diese verbal auszudrücken. Die Betreuung eines demenzkranken Menschen in der Endphase kann emotional und physisch sehr belastend sein.

Der Erhalt und die Förderung der Lebensqualität von Demenzkranken erfordern eine ganzheitliche Herangehensweise, die sowohl die physischen als auch die emotionalen Bedürfnisse des Patienten berücksichtigt.

tags: #demenz #ratgeber #für #betroffene #und #angehörige