Antrag auf geschlossene Unterbringung bei Demenz: Voraussetzungen und rechtliche Grundlagen

Die Frage der geschlossenen Unterbringung von Menschen mit Demenz ist ein komplexes Thema, das sowohl rechtliche als auch ethische Aspekte berührt. Es geht darum, wie man die Selbstbestimmung des Betroffenen wahrt und gleichzeitig sein Wohl und seine Sicherheit gewährleistet.

Was bedeutet geschlossene Unterbringung?

Geschlossene Unterbringung bedeutet die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung, beispielsweise in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer beschützenden Abteilung eines Alten- oder Pflegeheims. Dabei wird die Bewegungsfreiheit des Betroffenen eingeschränkt.

Wann ist eine geschlossene Unterbringung zulässig?

Eine geschlossene Unterbringung ist nur unter strengen Voraussetzungen zulässig. Grundsätzlich gilt, dass jede freiheitsentziehende Maßnahme eine Ausnahme darstellt und immer das mildeste Mittel gewählt werden muss. Die Unterbringung ist grundsätzlich nur mit vorheriger Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne vorherige Genehmigung darf der Betreuer/Bevollmächtigte die Unterbringung nur vornehmen, wenn mit einem Aufschub konkrete Gefahr für das Wohl des Betreuten verbunden wäre.

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) und freiheitsentziehende Unterbringung sind seit dem 1. Januar 2023 in § 1831 BGB geregelt (früher § 1906 BGB). Weitere relevante Gesetze sind das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) und das Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) des jeweiligen Bundeslandes. In Unterbringungssachen bestehen einheitliche Verfahrensvorschriften nach §§ 312 ff. FamFG.

Voraussetzungen für die Genehmigung

Betreuerinnen und Betreuer sowie Vorsorgebevollmächtigte können die von ihnen betreute Person mit gerichtlicher Genehmigung in einer geschlossenen Einrichtung unterbringen. Dies ist rechtlich möglich, wenn die Gefahr einer erheblichen gesundheitlichen Selbstschädigung oder gar Selbsttötung besteht oder wenn ohne die Unterbringung eine notwendige ärztliche Maßnahme nicht durchgeführt werden kann, mit der ein drohender erheblicher gesundheitlicher Schaden abgewendet werden soll (Voraussetzungen des § 1831 Absatz 1 BGB). Die Unterbringung eines Erwachsenen aus lediglich "erzieherischen Gründen" ist dagegen nicht möglich.

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Eine Genehmigung kann aber nur erteilt werden, wenn der Betreuer bzw. die Betreuerin für den Aufgabenkreis „Entscheidung über Unterbringung“ vom Gericht bestellt worden ist. Anderenfalls wäre die Erweiterung der Betreuung zusammen mit dem Antrag auf Genehmigung der Unterbringung zu beantragen. In einer Vollmacht muss der Aufgabenbereich Unterbringung ebenfalls ausdrücklich ausgewiesen sein. Anderenfalls ist eine Unterbringung mit der Vollmacht nicht möglich und es müsste ggfs. im Falle einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit ist das Amtsgericht befugt, die zwangsweise geschlossene Unterbringung einer Person in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen. Den Antrag hierfür stellt die örtliche Ordnungsbehörde, in der Regel die Gesundheitsämter. Voraussetzung für die Unterbringung ist, dass die Gefährdung auf einem krankheitsbedingten Verhalten beruht.

Verfahren bei der Anordnung

Das Gericht prüft auf Anregung (z.B. eines Angehörigen) von Amts wegen, ob die Genehmigung für die Unterbringung zu erteilen ist. Sollte es zu diesem Zeitpunkt weder einen vom Gericht bestellten rechtlichen Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Aufenthaltsbestimmung“ (oder Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen“) und „Gesundheitsfürsorge“, noch eine Person geben, die der Betroffene zu Maßnahmen, die mit Freiheitsentziehung verbunden sind, ausdrücklich bevollmächtigt hat (meist im Rahmen einer sog. Vorsorgevollmacht), prüft das Gericht zusätzlich, ob ein rechtlicher Betreuer mit dem entsprechenden Aufgabenbereich zu bestellen ist.

Darüber hinaus holt der Richter ein fachärztliches Gutachten (bei vorläufiger Unterbringung ein ärztliches Zeugnis) ein und hört den Betroffenen persönlich an. Ist die betroffene Person nicht in der Lage, sich im Unterbringungsverfahren selbst zu vertreten, bestellt das Gericht zusätzlich einen Verfahrenspfleger. Die Anregungen sind grundsätzlich schriftlich einzureichen, z.B. unter Verwendung des Formulars "Antrag auf Genehmigung der geschlossenen Unterbringung" oder "Antrag auf Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen".

Dauer der Unterbringung

Wird eine Unterbringung genehmigt oder vom Gericht angeordnet, so ist die Dauer der Unterbringung auf höchstens ein Jahr, bei offensichtlich langer Unterbringungsbedürftigkeit auf höchstens zwei Jahre zu befristen. Eine Verlängerung ist möglich (vgl. 329 Absatz I FamFG). Beruht die Unterbringung auf einer einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Sicherung, so darf sie nur für einen Zeitraum von sechs Wochen getroffen werden und eine Gesamtdauer von drei Monaten nicht überschreiten (vgl.

Wer entscheidet über die Unterbringung?

Grundsätzlich entscheidet der Betreuer, dessen Aufgabenbereich die Unterbringung umfasst, oder der ausdrücklich dazu befugte Vorsorgebevollmächtigte über die Unterbringung. Die Vertretungsmacht ist jedoch durch das Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung eingeschränkt. Wenn keine Vollmacht vorliegt, muss beim Betreuungsgericht ein Antrag auf rechtliche Betreuung gestellt werden.

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Rolle des Betreuers

Ein gesetzlicher Betreuer wird vom Betreuungsgericht eingesetzt und wird bevorzugt aus den Kreisen der Familie gewählt. Unabhängig davon, wer als gesetzlicher Betreuer bestimmt wird, gilt stets der Grundsatz, dass in jedem Bereich im Sinne des Demenzerkrankten gehandelt werden muss. Der gesetzliche Betreuer muss stets im Sinne des demenzerkrankten Menschen handeln und ist dem Gericht rechenschaftspflichtig. Das heißt, dass die Aktivitäten dem Betreuungsgericht gegenüber offengelegt werden müssen. Verstößt ein Betreuer gegen seine Pflichten, indem er zum Beispiel finanzielle Mittel missbraucht, so wird er dafür haftbar gemacht.

Rolle der Vorsorgevollmacht

Mit einer gültigen Vorsorgevollmacht, die die Aufenthaltsbestimmung umfasst, kann eine andere Person einen Heimvertrag abschließen - aber nur, wenn die betroffene Person nicht mehr geschäftsfähig ist. Die Geschäftsunfähigkeit muss im Zweifel durch eine ärztliche Bescheinigung oder Begutachtung festgestellt werden. Eine Generalvollmacht kann ebenfalls zur Unterbringung berechtigen, sofern sie weitreichend formuliert ist und nicht widerrufen wurde. Auch hier gilt: Keine Anwendung gegen den Willen einer geschäftsfähigen Person.

Alternativen zur geschlossenen Unterbringung

Bevor eine geschlossene Unterbringung in Betracht gezogen wird, sollten alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die die Selbstbestimmung des Betroffenen weniger einschränken. Dazu gehören:

  • Technische Hilfsmittel: Signalgeber, Smartwatches oder Handys zur Ortung.
  • Bauliche Maßnahmen: Niedrige Betten, Hüftprotektoren.
  • Personelle Unterstützung: Sitzwachen, verstärkte Betreuung.
  • Der Werdenfelser Weg: Ein Verfahren zur Reduzierung freiheitsentziehender Maßnahmen.

Was tun bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung?

Kommt es zu einer akuten Eigen- oder Fremdgefährdung, ist eine Unterbringung nach dem PsychKG möglich, allerdings nur durch Ordnungsbehörden, Ärzte oder Polizei. Pflegeeinrichtungen sind rechtlich nicht befugt, eine Person nach PsychKG selbst einzuweisen. In solchen Fällen sollte der Notarzt, ärztliche Bereitschaftsdienst oder ggf. die Polizei gerufen werden. Es ist wichtig, klar zu benennen, was beobachtet wurde (z. B. Suizidankündigung), Uhrzeit, beteiligte Personen, eingeleitete Maßnahmen und benachrichtigte Stellen (z. B. Notarzt, Polizei, Angehörige).

Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM)

Als freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) gelten alle Maßnahmen, die die Bewegungsfreiheit eines Menschen gegen dessen Willen einschränken. Jede Maßnahme, die die Bewegungsfreiheit einschränkt - z. B. Bettgitter, Fixierungen oder das Verschließen von Türen. Grundsätzlich dann, wenn eine FEM durchgeführt werden soll, egal ob durch Betreuung oder Vollmacht veranlasst. Ausnahme: akute Gefahr im Verzug. Hier greift das PsychKG des jeweiligen Bundeslands.

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Rechtliche Bewertung von FEM

Normalerweise sind freiheitsentziehende Maßnahmen und eine freiheitsentziehende Unterbringung von Patienten nicht erlaubt, sondern strafbare Freiheitsberaubung (§ 239 StGB). Sie sind aber unter bestimmten Umständen erlaubt. FEM in Heimen, Krankenhäusern oder Einrichtungen sind ohne vorherige Genehmigung des Betreuungsgerichts nur bei akuter Gefahr erlaubt. Zu Hause sind sie hingegen ohne Zustimmung des Gerichts möglich. In beiden Fällen ist Freiheitsentzug nur bei erheblicher Selbst- oder Fremdgefährdung erlaubt. Bevor freiheitsentziehende Maßnahmen angewendet werden, sollten immer alternative Maßnahmen, z.B.

FEM zu Hause

Nur weil das Betreuungsgericht freiheitsentziehende Maßnahmen zu Hause nicht genehmigen muss, heißt das nicht, dass rechtliche Betreuer oder Bevollmächtigte nach Belieben die Freiheit von Menschen mit Demenz einschränken dürfen. Wenn Sie von unbegründetem Freiheitsentzug erfahren, den die Betroffenen mit freiem Willen nicht gewollt hätten, können Sie sich ans Betreuungsgericht wenden. Das Betreuungsgericht kann dann z.B. Wenn Sie einen Menschen mit Demenz zu Hause pflegen und freiheitsentziehende Maßnahmen einsetzen wollen bzw. müssen, brauchen Sie dafür die Zustimmung des rechtlichen Betreuers oder der dafür bevollmächtigten Person.

Umgang mit Demenz und Selbstbestimmung

Im Umgang mit Demenzerkrankten ist es wichtig, ihren aktuellen Willen zu verstehen und die Selbstbestimmung trotz Demenz zu respektieren. Selbst wenn die Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt ist, sollten die Wünsche und Bedürfnisse erfasst werden. Dies kann beispielsweise durch Körpersprache, Mimik oder Verhaltensänderungen geschehen. Menschen mit Demenz sind oft noch lange in der Lage, in bestimmten Lebensbereichen eigene Entscheidungen zu treffen. Solange sich der Betroffene damit nicht selbst schadet, ist seine Entscheidung zu respektieren.

Geschäftsfähigkeit bei Demenz

Geschäftsunfähigkeit ist ein rechtlicher Begriff. Er beschreibt, dass eine Person aufgrund ihres geistigen Zustands oder ihres Alters nicht in der Lage ist, rechtlich bindende Verträge oder Geschäfte selbstständig abzuschließen. In Deutschland ist dies im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Geschäfte, die von geschäftsunfähigen Personen getätigt werden, sind grundsätzlich nichtig.

Die Rechtslage bei Demenz ist nicht immer eindeutig. Denn Demenz bedeutet nicht automatisch Geschäftsunfähigkeit. Entscheidend sind Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Sie ermöglichen eine vorausschauende Festlegung individueller Wünsche. Fehlen diese Vorsorgedokumente, ordnet das sogenannte Betreuungsgericht eine gesetzliche Betreuung an, die sich an den Bedürfnissen der betroffenen Person orientiert.

Demenzerkrankte können geschäftsfähig sein: Solange ihre kognitiven Einschränkungen nicht so schwerwiegend sind, dass sie ihre Fähigkeit, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen, verlieren. Sobald die Demenzerkrankung zu einem Punkt fortschreitet, an dem die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung und Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu verstehen und vernünftige Entscheidungen zu treffen, gilt sie als geschäftsunfähig.

Patientenverfügung

Die Patientenverfügung ist ein Vorsorgedokument, das im späteren Stadium einer Demenzerkrankung sehr wichtig werden kann. Die Demenz beeinträchtigt mit der Zeit die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen und eigene Wünsche zu äußern. In späteren Stadien der Erkrankung können Betroffene oft nicht mehr klar kommunizieren, welche medizinischen Behandlungen sie wünschen oder ablehnen.

Weitere Informationen und Unterstützung

  • Pflegestützpunkte: Diese bieten umfassende Beratung und Unterstützung für pflegende Angehörige.
  • Betreuungsvereine: Diese Vereine unterstützen durch Informationen, Beratung und Aufklärung.
  • Deutsche Alzheimer Gesellschaft: Empfehlungen zum Umgang mit Gefährdung bei Demenz.

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