Voraussetzungen für eine neurologische Rehabilitation: Ein umfassender Leitfaden

Die medizinische Rehabilitation zielt darauf ab, die körperlichen Funktionen, Organfunktionen und die gesellschaftliche Teilhabe von Patienten wiederherzustellen. Versicherte haben einen Rechtsanspruch auf medizinische Rehabilitationsleistungen. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen für eine neurologische Rehabilitation, wobei besonderes Augenmerk auf die verschiedenen Aspekte des Antragsverfahrens und die spezifischen Bedürfnisse der Patienten gelegt wird.

Wann ist eine Reha indiziert?

Eine medizinische Rehabilitation ist angezeigt, wenn eine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt, beispielsweise aufgrund einer chronischen Krankheit, eines Schlaganfalls oder einer Krebserkrankung. Sie kann erforderlich werden, wenn eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit droht und die ärztliche Behandlung einschließlich Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln nicht mehr ausreicht. Für über 70-jährige multimorbide Menschen kann eine geriatrische Rehabilitation erforderlich sein, insbesondere wenn mindestens zwei chronische Krankheiten mit einer allgemein verminderten körperlichen Belastungsfähigkeit und einer Abnahme der kognitiven Leistungen einhergehen, gegebenenfalls zusätzlich mit einer psychischen und sozialen Verunsicherung und einer Antriebsminderung. Auch bei Rehabilitationsleistungen für Mütter und Väter, meist als Mutter-/Vater-Kind-Leistung, stehen sowohl die Erkrankung des Elternteils als auch die mütter-/väterspezifische psychosoziale Problemsituation durch die Kindeserziehung im Fokus.

Formen der Rehabilitation

Der Gesetzgeber sieht zunächst die ambulante Durchführung von Reha-Leistungen vor. In solchen Fällen sucht der Versicherte die Reha-Einrichtung auf, übernachtet aber zu Hause. Eine besondere Form ist die mobile Rehabilitation, die im gewohnten Wohnumfeld stattfindet, weil nur dort die Rehabilitationsfähigkeit und eine positive Rehabilitationsprognose festgestellt werden können. Bei der stationären Durchführung wird der Versicherte rund um die Uhr in einer Reha-Einrichtung versorgt, Unterkunft und Verpflegung erfolgen dort. Ob eine stationäre, teilstationäre oder ambulante Reha notwendig ist, hängt vom Krankheitsbild ab. Generell genehmigen Krankenkassen - wie auch die gesetzliche Rentenversicherung - eine stationäre Reha erst dann, wenn die ambulanten Leistungen nicht ausreichen, um das Reha-Ziel zu erreichen.

Ambulante Rehabilitation

Die ambulante Reha findet in einer zugelassenen, wohnortnahen Rehabilitationseinrichtung statt. Während des Tages werden Sie von einem interdisziplinären Team individuell und ganzheitlich betreut und nutzen die umfangreichen Therapieangebote. Am Ende des Therapietages fahren Sie zurück in Ihr gewohntes Umfeld. Auch am Wochenende oder an therapiefreien Tagen sind Sie zu Hause. Der Vorteil: Sie können die erlernten Übungen bereits in Ihrer häuslichen Umgebung und mit der Familie umsetzen. Außerdem lassen sich notwendige Änderungen im Wohnumfeld rechtzeitig erkennen und gemeinsam mit Angehörigen tägliche Abläufe ausprobieren.

Voraussetzungen für eine ambulante Rehaleistung:

  • Eine ständige ärztliche Überwachung und eine pflegerische Versorgung sind nicht erforderlich.
  • Die wohnortnahe Rehabilitationseinrichtung ist nicht mehr als circa 30 Kilometer entfernt und kann in circa 45 Minuten erreicht werden.

Stationäre Rehabilitation

Eine stationäre Rehabilitation kommt infrage, wenn die ambulante Rehabilitation nicht ausreicht, nicht durchführbar oder nicht sinnvoll ist. Sie findet in einer zugelassenen stationären Rehabilitationseinrichtung statt. Das ermöglicht es Ihnen, sich herausgelöst aus dem Alltag um Ihre gesundheitlichen Probleme zu kümmern. Dabei werden Sie von einem Team aus Fachärzten und Therapeuten individuell betreut und angeleitet.

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Neurologische Rehabilitation im Detail

Die neurologische Rehabilitation unterstützt Menschen mit Störungen des zentralen und peripheren Nervensystems in Form einer Anschlussheilbehandlung oder eines Heilverfahrens. Meist verbergen sich hinter akuten Funktionsausfällen neurologische Ursachen, also Krankheitsbilder, deren Vorgänge im Nervensystem ablaufen oder dieses beeinflussen. Konnten in der Akutphase Patient:innen stabilisiert werden, bleiben dieselben oft mit den oben genannten Beschwerden bzw. Folgeschäden zurück. Je eher eine Rehabilitation beginnt, desto besser sind die Chancen darauf, dass die Symptome langfristig abklingen. Daher ist die neurologische Frührehabilitation der Phase B so wichtig.

Phasenkonzept der neurologischen Rehabilitation

In einem Reha-Zentrum, einer Reha-Klinik und anderen Formen der neurologischen Rehabilitation existiert ein Phasenkonzept, das die neurologische Rehabilitation in verschiedene Behandlungsphasen untergliedert. Der Ablauf einer neurologischen Rehabilitation verläuft nicht starr von Phase A bis Phase G. Nach der Erstversorgung in Phase A (in der Regel in einer Akutklinik) teilen die Spezialisten der Klinik die Patient:innen in eine der Phasen B bis G ein.

  • Phase B: Für die Aufnahme in die Phase B der neurologischen Rehabilitation müssen Patient:innen außer Lebensgefahr sein, in der Regel bettlägerig und benötigen intensivmedizinische Betreuung. Sie findet in der Regel unmittelbar nach der Akutbehandlung in einer Akutklinik statt und umfasst eine intensive medizinische Betreuung sowie eine Vielzahl von Therapiemaßnahmen. Das Hauptziel der neurologischen Frührehabilitation ist es, die betroffenen Patient:innen medizinisch zu stabilisieren, ihre vitalen Funktionen zu verbessern und sie schrittweise auf die weiteren Phasen der Rehabilitation vorzubereiten.
  • Phase E: Nachsorge und berufliche Rehabilitation: Die Patient:innen können wieder zu Hause wohnen und ggf.
  • Phase G: Ggf.

Ziele der neurologischen Rehabilitation

Zahlreiche Funktionsstörungen, die bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems auftreten, können in der neurologischen Rehabilitation gezielt behandelt werden. Neurologische Erkrankungen können jeden Menschen treffen - unabhängig von Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen, etc. Ob eine neurologische Rehabilitation notwendig ist, entscheidet sich jedoch im Einzelfall. Wenn Ihre Ärzt:in Ihnen oder einem Ihrer Angehörigen eine neurologische Rehabilitation nahelegt, sollten Sie diese Chance wahrnehmen, um den Erfolg einer Akutbehandlung langfristig zu verbessern. Sollte Ihr unter 12 Jahre altes Kind betroffen sein, haben Sie die Möglichkeit, für die Zeitdauer der Rehabilitation Krankengeld zu erhalten und sich so voll und ganz auf die Genesung Ihres Kindes zu konzentrieren. Die neurologische Rehabilitation berücksichtigt viele Bereiche menschlichen Verhaltens und Erlebens und stellt den Patient:innen durch das Phasenkonzept verschiedene individuelle Maßnahmen zur Verfügung.

Antragstellung für eine neurologische Reha

Alle Ärztinnen und Ärzte dürfen eine medizinische Rehabilitation verordnen, ein zusätzlicher Qualifikationsnachweis ist nicht erforderlich. Medizinische Rehabilitation kann in der Videosprechstunde verordnet werden, wenn die Praxis den Patienten kennt, die konkreten Funktionseinschränkungen bekannt sind und die gegebenenfalls erforderlichen Funktionstests durchgeführt wurden. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden auf Formular 61 verordnet. Sollen Kinder ihre Mütter oder Väter begleiten, füllen Ärztinnen und Ärzte zudem Formular 65 aus. Um prüfen zu lassen, ob die Krankenkasse für die Rehabilitation zuständig ist, kann Teil A genutzt werden. Auf den Teilen B bis D werden alle notwendigen Angaben für die Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemacht - soweit die Zuständigkeit der Krankenkasse gegeben ist.

Für das Ausfüllen der Verordnung sind Kenntnisse der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) und des zugrunde liegenden bio-psycho-sozialen Modells der Weltgesundheitsorganisation erforderlich. Sie helfen dabei zu beurteilen, mit welchen Behandlungsoptionen einem Patienten die größtmögliche Chance auf Erhalt oder Wiedergewinnung seiner Teilhabe ermöglicht werden kann. Die ICF stellt das konzeptionelle Bezugssystem für die Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dar. Mit ihrer Hilfe lassen sich Krankheitsauswirkungen auf der Ebene der Aktivitäten und der Teilhabe (z.B. Immobilität, eingeschränkte Selbstversorgung, soziale Abschottung) beschreiben, sowie der Einfluss fördernder wie auch hemmender Kontextfaktoren auf die Funktionsfähigkeit.

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Zuständigkeit des Kostenträgers

In vielen Fällen ist die AOK als Ihre gesetzliche Krankenversicherung der richtige Ansprechpartner, wenn Sie eine Reha beantragen möchten. Wenn mit einer Rehaleistung der Weg zurück ins Arbeitsleben ermöglicht werden soll, ist die Rentenversicherung zuständig. Sollten Sie einen Arbeitsunfall erlitten haben oder an einer Berufskrankheit leiden, wenden Sie sich bitte an die gesetzliche Unfallversicherung. Darüber hinaus gibt es noch weitere mögliche Träger.

Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten, wenn die Reha der Vermeidung der Pflegebedürftigkeit dient. Dient die Reha beispielsweise dem Erhalt der Erwerbstätigkeit, richtet sich der Antrag an die gesetzliche Rentenversicherung. Allgemein gesagt ist die gesetzliche Krankenkasse also bei Rentnern meist der zuständige Kostenträger, die Rentenversicherung dagegen meist bei Berufstätigen.

Schritte zur Antragsstellung

  1. Beratungsgespräch beim Haus- oder Facharzt: Sie beraten sich mit dem Haus- beziehungsweise Kinder- oder Facharzt. Er prüft, ob die ambulanten Möglichkeiten ausgeschöpft sind, und füllt mit Ihnen zusammen gegebenenfalls ein Formular zur Prüfung (Muster 61 Teil A) oder zur Verordnung (Muster 61 Teil B-E, wenn die Krankenkasse zuständig ist) einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme aus.
  2. Reha-Antrag ausfüllen: Holen Sie sich das Reha-Antragsformular bei Ihrem Kostenträger. Der Reha-Antrag besteht aus einem Selbstauskunftsbogen, AUD-Beleg (in dem von der Krankenkasse die Vorerkrankungen aufgelistet werden) und Befundbericht von Fach- bzw. Hausärzt*in.
  3. Reha begründen: Ihre Ärztin muss die Notwendigkeit der Reha begründen und Ihren Krankheitsverlauf dokumentieren. Wichtige Inhalte sind alle behandlungswürdigen Diagnosen, Reha-Ziele, ggf. besondere Behandlungsnotwendigkeit, z.B. ein bestimmtes Klima am Ort der Reha. Der Bericht muss dem Reha-Antrag beigelegt werden.
  4. Antrag einreichen: Reichen Sie den Reha-Antrag bei Ihrem Kostenträger ein. Der Kostenträger prüft die Notwendigkeit einer Rehabilitation. Er muss über den Antrag spätestens nach drei Wochen entscheiden.
  5. Bewilligung: Ihr Reha-Antrag wurde bewilligt. Informieren Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin und Ihren Arbeitgeber darüber, dass Sie eine Reha antreten.

Voraussetzungen für die Bewilligung

Damit der Kostenträger die Reha bewilligt, müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Rehabilitationsbedürftigkeit: Rehabilitationsmaßnahmen sind erforderlich.
  • Positive Rehabilitationsprognose: Die Rehabilitationsziele können in einem realistischen Zeitraum erreicht werden.
  • Rehabilitationsfähigkeit: Derdie Patientin ist körperlich in der Lage, Rehabilitationsmaßnahmen durchzuführen.
  • Gesetzliche Rentenversicherung: Sie müssen in den letzten zwei Jahren für mindestens sechs Monate Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben. Das ist der Fall, wenn Sie einem versicherungspflichtigen Job nachgegangen sind. Die Alternative ist, dass Sie seit mindestens 15 Jahren gesetzlich rentenversichert sind.

Wunsch- und Wahlrecht

Der Patient hat ein Wunsch- und Wahlrecht für "seine" Reha-Einrichtung, solange sie aus medizinischen Gesichtspunkten geeignet ist. Falls alle Kriterien mit den Ansprüchen der Krankenkasse übereinstimmen, muss der Kostenträger also die von Ihnen gewählte Reha-Einrichtung genehmigen. Es kann allerdings sein, dass die Krankenkasse aus Kostengründen eine andere Einrichtung vorschlägt. Sie haben das Recht, sich Ihre Rehaklinik selbst auszusuchen. Geben Sie direkt in Ihrem Reha-Antrag einen konkreten Wunsch für eine bestimmte Einrichtung an. Beim Antragsformular für ein Heilverfahren (HV) können Sie bis zu drei Wunschkliniken nennen. Die Wunschklinik muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Kosten und Zuzahlungen

Wir übernehmen die Kosten für eine ambulante oder stationäre medizinische Rehabilitation abzüglich Ihres Eigenanteils, wenn die Maßnahme nicht in die Zuständigkeit eines anderen Kostenträgers fällt. Bei stationären Rehamaßnahmen übernimmt die AOK die Fahrkosten für die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Manche Rehakliniken bieten auch einen kostenlosen Abholdienst an. Bitte erkundigen Sie sich dort vor der Abreise.

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Die gesetzliche Zuzahlung für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beträgt 10 Euro pro Kalendertag. Kinder und Jugendliche sind bei Leistungen zulasten der Krankenkassen bis zum 18. Lebensjahr und bei Leistungen zulasten der Rentenversicherung in der Regel bis zum 27. Lebensjahr von der Zuzahlung befreit. Generell gilt: Zuzahlungen sind nur bis zur finanziellen Belastungsgrenze zu leisten. Um eine unzumutbare finanzielle Belastung des Patienten zu vermeiden, gibt es bei den gesetzlichen Krankenversicherungen eine obere Belastungsgrenze. Die Reha-Zuzahlung zu den Leistungen darf 2% des Bruttoeinkommens nicht überschreiten. Bei chronisch Kranken liegt die Grenze bei 1% des Bruttoeinkommens.

Was tun bei Ablehnung des Reha-Antrags?

Häufig kommt es vor, dass der Kostenträger eine Maßnahme ablehnt, obwohl sie vom behandelnden Arzt befürwortet wird. Wird der Reha-Antrag abgelehnt, besteht vier Wochen lang Gelegenheit zum Einreichen eines Widerspruchs, der nach Möglichkeit schriftlich zu formulieren ist. Ein Widerspruch führt nach einer erneuten Bearbeitung häufig zu einem positiven Ergebnis. Es ist hilfreich, sich Tipps und Ratschläge zur genauen Formulierung bei den Sozialverbänden oder auch bei der Unabhängigen Patientenberatung einzuholen.

Legen Sie Widerspruch ein. Holen Sie sich erneut eine ärztliche Stellungnahme bzw. Gutachten ein, das inhaltlich auf die Ablehnungsgründe eingeht und legen Sie schriftlich Widerspruch ein. Wenn im Bescheid kein anderer Zeitraum benannt ist, müssen Sie hierfür eine Frist von vier Wochen nach Erhalt des Bescheids einhalten. Bei einer erneuten Ablehnung können Sie innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Widerspruchsbescheids vor dem Sozialgericht klagen.

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