Jährlich erleiden in Deutschland rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall, auch Apoplex genannt. Dabei sind zehn bis 15 Prozent der Betroffenen unter 55 Jahre alt. Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, bei dem es auf jede Minute ankommt, da pro Minute bis zu zwei Millionen Nervenzellen zugrunde gehen können. Umso wichtiger ist es, die Anzeichen eines Schlaganfalls frühzeitig zu erkennen und sofort zu handeln.
Was ist ein Schlaganfall?
Bei einem Schlaganfall kommt es zu einer plötzlichen Durchblutungsstörung im Gehirn. Dabei wird entweder eine das Hirngewebe versorgende Arterie verschlossen (ischämischer Schlaganfall oder Hirninfarkt) oder eine solche Arterie platzt (Hirnblutung). In beiden Fällen werden die Nervenzellen im Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was zum Absterben von Hirnzellen führen kann.
Es gibt im Wesentlichen zwei Formen von Schlaganfällen:
- Ischämischer Schlaganfall: Diese Form macht etwa 80 Prozent aller Schlaganfälle aus. Ursache ist eine Verstopfung einer Arterie, die zu einer mangelnden Durchblutung des Gehirns führt. Arteriosklerose (Kalk- und Fettablagerungen) kann direkt im Gehirn an den Gefäßwänden entstehen und die Ader verengen. An diesen Engstellen können sich Blutgerinnsel bilden, die die Gefäße teilweise oder sogar komplett verschließen. Auch Gerinnsel, die sich in den Halsgefäßen bilden, können ins Gehirn geschwemmt werden.
- Hämorrhagischer Schlaganfall (Hirnblutung): In etwa 15 bis 20 Prozent der Fälle wird ein Schlaganfall durch eine Hirnblutung verursacht. Diese entsteht, wenn eine Arterie im Gehirn reißt, was oft durch chronischen Bluthochdruck verursacht wird.
Symptome und Anzeichen eines Schlaganfalls
Die Symptome eines Schlaganfalls treten meist plötzlich auf, innerhalb von Sekunden bis Minuten. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jeder Schlaganfall die gleichen Symptome verursacht und nur selten alle Symptome gleichzeitig auftreten. Die Art und Intensität der Symptome hängt davon ab, welcher Teil des Gehirns betroffen ist.
Zu den typischen Anzeichen eines Schlaganfalls gehören:
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- Plötzliche Schwäche oder Taubheit: Betrifft oft eine Körperseite (vollständig oder teilweise). Eine sogenannte Hemiparese ist durch Beeinträchtigungen der Feinmotorik in Arm und/oder Bein einer Körperhälfte gekennzeichnet.
- Gesichtslähmung: Einseitig hängender Mundwinkel (faziale Parese). Bitten Sie den Betroffenen zu lächeln. Ist das Gesicht dabei einseitig verzogen, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.
- Sprach- und Sprechstörungen: Unverständliche oder undeutliche Sprache (Aphasie oder Dysarthrie). Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen? Versteht die Person die Aufforderung nicht?
- Sehstörungen: Plötzliche Sehstörungen wie Blindheit auf einem Auge, halbseitige Sehstörungen, Doppeltsehen.
- Starke Kopfschmerzen: Plötzliche, sehr starke Kopfschmerzen, die sogenannte Vernichtungskopfschmerzen.
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen: Plötzlich auftretender, heftiger Schwindel, oft in Kombination mit Gangunsicherheit (Drehschwindel oder Schwankschwindel).
- Koordinationsschwierigkeiten: Probleme mit der Koordination von Bewegungen.
- Schluckbeschwerden: Schwierigkeiten beim Schlucken.
Der FAST-Test
Eine einfache Methode, um einen Schlaganfall schnell zu erkennen, ist der sogenannte FAST-Test. FAST steht für:
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab?
- Arms (Arme): Bitten Sie die Person, beide Arme nach vorne zu strecken und die Handflächen nach oben zu drehen. Kann die Person beide Arme gleich hoch heben? Sinkt ein Arm ab oder dreht sich die Handfläche nach unten?
- Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist die Sprache undeutlich oder verwaschen?
- Time (Zeit): Zögern Sie nicht und wählen Sie sofort den Notruf 112, wenn eines dieser Symptome auftritt.
Inzwischen ist auch der BE-FAST-Test bekannt, der den klassischen FAST-Test um die Bereiche "Balance" (Gleichgewicht) und "Eyes" (Augen) erweitert, um alle möglichen Formen des Schlaganfalls zu berücksichtigen.
Schlaganfall-Symptome bei Frauen
Studien deuten darauf hin, dass Frauen beim Schlaganfall häufig zusätzliche Beschwerden zeigen, die die typischen Anzeichen wie Lähmung oder Sprachstörungen verdecken können. Dazu gehören beispielsweise Übelkeit, Schwindel oder allgemeine Schwäche. Eine Studie von 2025 bestätigt die Unterschiede bei Schlaganfallsymptomen zwischen Frauen und Männern. Vor allem Neglect und Blickabweichung sind bei Frauen starke Hinweise - wenn sie auftreten, muss unbedingt ein Schlaganfall ausgeschlossen werden.
Stummer Schlaganfall
Manchmal äußert sich ein Schlaganfall nur durch kurzzeitige Symptome, wie beispielsweise eine taube Lippe. In diesem Fall spricht man von einem stillen oder unbemerkten Schlaganfall. Auch hier ist schnelles Handeln gefragt, da er eine Vorstufe von schweren Schlaganfällen sein kann.
Mini-Schlaganfall (TIA)
Die sogenannte transitorische ischämische Attacke (TIA), auch Mini-Schlaganfall genannt, ist ein Warnsignal, das auf einen bevorstehenden Schlaganfall hindeuten kann. Bei einer TIA treten die gleichen Symptome wie bei einem Schlaganfall auf, verschwinden jedoch meist innerhalb weniger Minuten (maximal 24 Stunden) wieder. Auch wenn sich die Symptome schnell zurückbilden, sollte man dies nicht ignorieren und umgehend einen Arzt aufsuchen.
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Erste Hilfe bei Verdacht auf Schlaganfall
Wenn Sie bei sich selbst oder einer anderen Person Symptome eines Schlaganfalls bemerken, ist schnelles Handeln entscheidend:
- Notruf wählen: Wählen Sie sofort den Notruf 112 und schildern Sie die Symptome. Weisen Sie unbedingt darauf hin, dass ein Schlaganfall vorliegen könnte.
- Ruhe bewahren: Bleiben Sie ruhig und beruhigen Sie die betroffene Person.
- Lagerung: Lagern Sie den Oberkörper der Person etwas hoch, wenn sie bei Bewusstsein ist. Bei Bewusstlosigkeit bringen Sie die Person in die stabile Seitenlage.
- Freie Atemwege: Lockern Sie beengende Kleidung und sorgen Sie für frische Luft.
- Nichts zu essen oder zu trinken geben: Aufgrund möglicher Schluckbeschwerden besteht die Gefahr des Verschluckens.
- Informationen bereithalten: Halten Sie, wenn möglich, einen aktuellen Medikamentenplan, die Adresse des behandelnden Arztes und eine kurze Auflistung der Vorerkrankungen bereit, um diese dem Notarzt mitzugeben.
Diagnose und Behandlung im Krankenhaus
Nach dem Notruf wird der Patient in der Regel in eine Stroke Unit gebracht. Dies sind spezielle Abteilungen in Krankenhäusern, die auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten spezialisiert sind. Dort werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um die Art des Schlaganfalls festzustellen (ischämischer Schlaganfall oder Hirnblutung) und die geeignete Behandlung einzuleiten.
Zu den wichtigsten Diagnoseverfahren gehören:
- Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes: Um festzustellen, ob es sich um einen Hirninfarkt oder eine Hirnblutung handelt.
- Ultraschalluntersuchung der Hals- und Hirngefäße: Um mögliche Gefäßverschlüsse oder -verengungen zu erkennen.
- EKG und Herzuntersuchungen: Um mögliche Herzprobleme wie Vorhofflimmern als Ursache des Schlaganfalls zu identifizieren.
Die Behandlungsmöglichkeiten bei einem Schlaganfall hängen von der Art des Schlaganfalls und dem Zeitpunkt des Behandlungsbeginns ab.
- Akuttherapie bei ischämischem Schlaganfall:
- Thrombolyse (Lyse): Dabei wird ein Medikament verabreicht, das das Blutgerinnsel auflöst und die Durchblutung des Gehirns wiederherstellt. Die Lyse sollte idealerweise innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Symptome begonnen werden.
- Thrombektomie: Hierbei wird das Blutgerinnsel mit einem Katheter aus dem Gehirn entfernt. Diese Methode wird vor allem bei größeren Blutgerinnseln eingesetzt, die sich nicht allein medikamentös auflösen lassen.
- Ballonkatheter und Stent: In einigen Fällen kann das verstopfte Gefäß mit einem Ballonkatheter geweitet und anschließend ein Stent eingesetzt werden, um das Gefäß offen zu halten.
- Akuttherapie bei Hirnblutung:
- Blutdrucksenkung: Um die Blutung zu stoppen und weitere Schäden zu verhindern.
- Operative Entfernung des Blutgerinnsels: Bei größeren Blutungen kann es notwendig sein, das Blutgerinnsel operativ zu entfernen, um den Druck auf das umliegende Gewebe zu reduzieren.
- Entfernung von Teilen des Schädelknochens: In seltenen Fällen kann es erforderlich sein, Teile des Schädelknochens zu entfernen, um den Druck auf das Gehirn zu reduzieren.
- Weitere Behandlungsmaßnahmen:
- Überwachung und Stabilisierung der Vitalfunktionen:
- Behandlung von Begleiterkrankungen:
- Frühzeitige Rehabilitation:
Rehabilitation nach einem Schlaganfall
Nach der Akutversorgung im Krankenhaus ist eine umfassende Rehabilitation wichtig, um Langzeitschäden so gering wie möglich zu halten und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Rehabilitation sollte möglichst schon in den ersten Tagen in der Klinik beginnen und kann verschiedene Therapiebereiche umfassen:
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- Physiotherapie: Zur Verbesserung derMotorik, Kraft und Koordination.
- Ergotherapie: Zur Verbesserung derAlltagsfähigkeiten und Selbstständigkeit.
- Logopädie: Zur Behandlung vonSprach- und Schluckstörungen.
- Neuropsychologie: Zur Behandlung vonkognitiven Störungen und psychischen Problemen.
Die Dauer der Rehabilitation richtet sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen.
Risikofaktoren und Prävention
Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen können:
- Hohes Alter: Das Schlaganfallrisiko steigt mit zunehmendem Alter.
- Bluthochdruck: Der wichtigste Risikofaktor für Schlaganfälle.
- Vorhofflimmern: Eine Herzrhythmusstörung, die das Risiko von Blutgerinnseln und damit auch von Schlaganfällen erhöht.
- Diabetes mellitus: Erhöhte Blutzuckerwerte schädigen die Gefäße und erhöhen das Schlaganfallrisiko.
- Erhöhte Blutfettwerte: Hohe Cholesterinwerte fördern die Entstehung von Arteriosklerose.
- Rauchen: Schädigt die Gefäße und erhöht das Risiko von Blutgerinnseln.
- Übergewicht und Bewegungsmangel: Fördern dieEntstehung von Bluthochdruck, Diabetes und erhöhten Blutfettwerten.
- Familiäre Vorbelastung: Das Schlaganfallrisiko kann erhöht sein, wenn bereits Familienmitglieder einen Schlaganfall erlitten haben.
- Migräne mit Aura: Erhöht das Schlaganfallrisiko, insbesondere bei Frauen.
- Offenes Foramen ovale (PFO): Ein kleiner angeborener Defekt im Herzen, der das Risiko von Schlaganfällen in jüngerem Alter erhöhen kann.
Durch eine gesunde Lebensweise und die Behandlung von Risikofaktoren kann das Schlaganfallrisiko deutlich gesenkt werden:
- Regelmäßige Blutdruckkontrolle und -einstellung:
- Einstellung des Blutzuckers bei Diabetes mellitus:
- Senkung erhöhter Blutfettwerte:
- Verzicht auf das Rauchen:
- Gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse undBallaststoffen:
- Regelmäßige körperliche Aktivität:
- Vermeidung von Übergewicht:
- Regelmäßige ärztliche Kontrollen:
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