Ein Schlaganfall kann das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen von einem Tag auf den anderen verändern. Umso wichtiger ist eine umfassende und kontinuierliche Rehabilitation, die idealerweise bereits im häuslichen Umfeld fortgesetzt wird. Hier setzen innovative Apps zur Schlaganfall-Rehabilitation an, die eine flexible, ortsunabhängige und individualisierte Therapie ermöglichen.
Die Herausforderungen in der Schlaganfall-Nachsorge
Nach der ersten intensiven Rehabilitationsphase im stationären Bereich werden Patienten oft in ihr häusliches Umfeld und in die therapeutische Nachversorgung zu Hause entlassen. Dieser Übergang von einer hochfrequenten Therapie im stationären Bereich zu ein bis zwei Stunden Therapie pro Woche im häuslichen Umfeld stellt jedoch eine Herausforderung dar. Die wissenschaftliche Evidenz spricht nämlich für ein hochfrequentes, intensives und repetitives Training. Studien bestätigen den Wunsch von Patienten nach mehr Autonomie und aktiver Teilhabe am Rehabilitationsprozess.
Zudem ist die allgemeine Versorgungslage oft eine Herausforderung. Hausbesuche werden oft nicht angeboten, und Wartelisten sind lang. Wenn Therapeuten ins Haus kommen, beträgt die vereinbarte Frequenz in den meisten Fällen nur einmal pro Woche. Die Digitalisierung kann in diesem Zusammenhang Lösungen anbieten.
Apps als innovative Therapiebegleiter
Schlaganfall-Apps können eine wertvolle Ergänzung zur konventionellen Therapie darstellen und die Rehabilitation im häuslichen Umfeld unterstützen. Sie bieten eine Reihe von Vorteilen:
- Flexibilität und Ortsunabhängigkeit: Patienten können trainieren, wann, wo und so lange sie wollen.
- Individualisierung: Die Apps passen die Therapie an die individuellen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Fortschritte des Nutzers an.
- Motivation: Spielerische Elemente und die Visualisierung von Fortschritten können die Motivation der Patienten steigern.
- Ergänzung zur konventionellen Therapie: Apps sollen Therapeuten nicht ersetzen, sondern eine qualitativ hochwertige, umfassende und interdisziplinäre Trainingsmöglichkeit für Patienten nach einem Schlaganfall als Zusatz zur konventionellen Therapie schaffen.
Vorstellung ausgewählter Apps zur Schlaganfall-Rehabilitation
Im Folgenden werden einige beispielhafte Apps vorgestellt, die im Bereich der Schlaganfall-Rehabilitation eingesetzt werden können:
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Rehappy
Die App »Rehappy« der Rehappy GmbH aus Aachen ist die erste gelistete digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) für Schlaganfallpatienten. Sie unterstützt Patienten nach einer stationären Reha bei der ambulanten Nachsorge. Rehappy berücksichtigt die Bedürfnisse von Schlaganfall-Patienten durch Funktionen wie eine Vorlesefunktion, eine große Schrift und einfache Bedienelemente. Durch Fragebögen lernt die App den Anwender besser kennen und individualisiert Inhalte aus den Bereichen Wissen, Plan und Energie. Der Bereich »Wissen« vermittelt Schlaganfall-Informationen, Tipps für den Alltag und Checklisten für Anträge. Im Menüpunkt »Plan« können Anwender ihre individuellen Trainingsziele festlegen, Fortschritte dokumentieren und ein Reha-Tagebuch führen. Zum Bereich »Energie« gehört ein Trackingarmband, das die körperliche Aktivität erfasst und an die App weiterleitet. Im Webportal »Mein Rehappy« können sich Betroffene austauschen und in Interessensgruppen zusammenfinden. Ärzte und Psychotherapeuten können die App jeweils für 90 Tage verordnen.
Rewellio
Das Start-up Rewellio möchte mit seiner App als Medizinprodukt helfen, die Versorgungslücke nach einem Schlaganfall zu verkleinern. Ein interdisziplinäres Team hat es sich zum Ziel gesetzt, die Therapie nach einem Schlaganfall neu zu gestalten. Ein repetitives Training soll an die App ausgelagert und Patienten im Eigentraining gestärkt und unterstützt werden. Die App ist für Smartphones bzw. Tabletcomputer ab den Betriebssystemen Android 7 oder iOS 11 verfügbar. Nach Ablauf einer 30-Tage-Testversion kann „Rewellio“ im Abonnement gegen eine monatliche Zahlung genutzt werden. Basisinhalte der App sind evidenzbasierte Therapieverfahren wie Motorisches Lernen, Constraint-Induced Movement Therapy (CIMT) und Spiegeltherapie. Durch ein automatisiertes maschinelles Lernen im Hintergrund werden die Übungen in der App stufenlos und individuell an die Patienten angepasst. In Kombination mit der VR-Brille „Oculus Quest“ ermöglicht die App eine motorische Therapie in einer Virtuellen Realität (VR). Die Objektplatzierung im virtuellen Raum wird individuell an die jeweiligen Fähigkeiten angepasst. Im Dashboard werden die bei den Übungen gewonnenen rehabilitationsrelevanten Daten grafisch aufbereitet, sodass der Nutzer seine Fortschritte überprüfen kann. Als zertifiziertes Medizinprodukt ist die App „Rewellio“ derzeit in Europa, den USA, Kanada und Australien zugelassen.
RecoverBrain
Die RecoverBrain App hilft Menschen nach einem Schlaganfall, bei einer Aphasie oder bei Demenz und Alzheimer. Die App bietet sieben Schulungsmodule in unterschiedlichen kognitiven Bereichen, darunter Sprachverständnis, Verstehen komplexer Sätze, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Exekutivfunktion. Der Schwierigkeitsgrad des kognitiven Trainings passt sich in allen Rehabilitationsphasen an die Bedürfnisse des Users an.
FAST Schlaganfallerkennung
Die kostenlose App „FAST Schlaganfallerkennung“ hilft im Notfall, einen Schlaganfall zu erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das Wort FAST (schnell) steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit). Denn im Ernstfall zählt jede Sekunde. Die App kann im Google Play Store und im Apple Store heruntergeladen werden.
Weitere nützliche Apps und Online-Angebote
Neben den spezifischen Rehabilitations-Apps gibt es auch weitere Angebote, die für Schlaganfallpatienten und ihre Angehörigen hilfreich sein können:
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- Apps zum Herz-Monitoring: Da Schlaganfälle häufig durch Herzkrankheiten verursacht werden, können Apps zur Überwachung der Herzfunktionen gleichzeitig helfen, Schlaganfälle zu vermeiden.
- Online-Test der Deutschen Schlaganfall-Hilfe: Der Risikotest der Deutschen Schlaganfall-Hilfe bietet eine erste Information zur Einschätzung des eigenen Schlaganfallrisikos.
Die Rolle der virtuellen Realität (VR) in der Rehabilitation
Die Integration von virtueller Realität (VR) in die Schlaganfall-Rehabilitation eröffnet neue Möglichkeiten. Durch VR-Anwendungen kann das repetitive Training in einen reizarmen Raum verlagert werden. Im virtuellen Raum sind für den Patienten nur noch trainingsrelevante Dinge sichtbar. Studien zeigen, dass durch den Einsatz von VR-Anwendungen eine Steigerung der Aktivitätsgrade bei Heimübungen erzielt werden kann. In der Bewegungssanalyse kann die subjektive Wahrnehmung des eigenen Könnens einerseits und des tatsächlichen Bewegungsausmaßes andererseits relativiert werden. Patienten beschreiben in diesem Zusammenhang ihre Überraschung über ihre tatsächlichen motorischen Fähigkeiten.
Qualitätsstandards und Evidenzbasierung
Zur Qualitätssicherung und zur Gewährleistung therapeutischer Standards dienen Leitlinien, die evidenzbasierte Ansätze hinsichtlich Therapieintensität und -dauer umfassen. Für die poststationäre Phase nach einem Schlaganfall geben mehrere internationale Leitlinien einen interdisziplinären Zugang zur Behandlung und Betreuung von Patienten vor. Die Entwicklung von Apps zur Schlaganfall-Rehabilitation sollte sich an diesen Leitlinien orientieren und auf evidenzbasierten Therapieinterventionen basieren.
Die Zukunft der Schlaganfall-Rehabilitation durch Apps
Die Digitalisierung bietet großes Potenzial für die Verbesserung der Schlaganfall-Rehabilitation. Apps können eine flexible, individualisierte und motivierende Therapie ermöglichen, die Patienten im häuslichen Umfeld unterstützt. Die E-Health-Initiative in Deutschland eröffnet Chancen für Gesundheitsversorger im digitalen Bereich. Die laufende Auswertung und Aufzeichnung der Bewegungsdaten ermöglicht eine individuelle Anpassung und eine stufenlose Graduierung der einzelnen Übungen. Es ist jedoch wichtig, dass die Entwicklung und der Einsatz von Apps zur Schlaganfall-Rehabilitation auf wissenschaftlicher Evidenz basieren und von Therapeuten begleitet werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Apps einen tatsächlichen Mehrwert für die Patienten bieten und die Rehabilitation effektiv unterstützen.
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