Der Arzt und Alzheimer: Ein umfassender Überblick über Diagnose, Therapie und Prävention

Die Alzheimer-Krankheit ist eine der häufigsten Ursachen für Demenz, einer Erkrankung, die durch einen fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Angesichts der alternden Bevölkerung und der steigenden Zahl von Demenzerkrankungen ist es von entscheidender Bedeutung, die Rolle des Arztes bei der Diagnose, Behandlung und Prävention von Alzheimer zu verstehen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Aspekte der Alzheimer-Krankheit, von den ersten Anzeichen und Diagnosemethoden bis hin zu Therapieansätzen und Präventionsstrategien.

Frühe Anzeichen und Symptome von Alzheimer

Der schleichende Beginn der Alzheimer-Krankheit führt oft dazu, dass erste Einschränkungen und Verhaltensauffälligkeiten erst im Nachhinein als Symptome erkannt werden. Zu den frühen Anzeichen gehören:

  • Gedächtnisstörungen: Schwierigkeiten, sich an neue Informationen zu erinnern, wiederholtes Fragen oder Verlegen von Gegenständen. Betroffene finden beispielsweise wiederholt ihr Auto auf dem Parkplatz nicht oder verlegen wichtige Dinge wie den Haustürschlüssel.
  • Sprachprobleme: Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden oder Gegenstände zu benennen. Es fällt ihnen schwerer als zuvor, eigentlich banale Gegenstände wie einen Aschenbecher zu benennen.
  • Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens: Reizbarkeit, Depressionen, Antriebsschwäche oder Verlust des Interesses an Aktivitäten. Antriebsschwäche kann sich jedoch bereits vor dem Auftreten der „Vergesslichkeit“ ausbilden. Hat jemand stets gern Sport getrieben und äußert jetzt wiederholt seine Unlust, zum wöchentlichen Training zu gehen, könnte dies bereits auf eine Demenzentwicklung hinweisen.
  • Probleme mit dem Denken und der Urteilsfähigkeit: Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen oder sich zu konzentrieren.
  • Desorientierung: Verwirrung bezüglich Zeit, Ort oder Personen.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch andere Ursachen haben können, wie Stress, Depressionen oder andere Erkrankungen. Bei anhaltenden Gedächtnis- oder Wortfindungsstörungen sowie auffallenden Verhaltensstörungen im Alter sollte unbedingt eine Abklärung der Ursache beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder Neurologie erfolgen.

Diagnose von Alzheimer

Die Diagnose von Alzheimer ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Untersuchungen und Beurteilungen umfasst.

Anamnese und neurologische Untersuchung

Der Arzt wird zunächst eine sorgfältige Anamnese erheben, idealerweise unter Einbeziehung von Angehörigen und dem Hausarzt. Dabei werden die Krankengeschichte, die aktuellen Beschwerden und der Vergleich mit der Vergangenheit berücksichtigt. Eine neurologische Untersuchung dient dazu, andere Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können, wie beispielsweise eine Schilddrüsenunterfunktion oder Durchblutungsstörungen des Gehirns.

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Kognitive Tests

Verschiedene Tests werden eingesetzt, um die geistige Leistungsfähigkeit des Patienten zu beurteilen und den Schweregrad der Demenz einzuordnen. Dazu gehören:

  • Mini-Mental-Status-Test (MMST): Ein kurzer Test, der Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Sprache überprüft.
  • Uhren-Test: Der Patient wird gebeten, eine Uhr zu zeichnen, was Aufschluss über visuell-räumliche Fähigkeiten gibt.
  • Demenz-Detektion (DemTect): Ein Spezialtest zur Früherkennung, der Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis, Sprachflüssigkeit und Zahlenverarbeitung prüft.
  • Montreal Cognitive Assessment (MoCA): Ähnlich dem DemTect, dient der MoCA der Früherkennung von Defiziten des Gedächtnisses bzw. des Denkvermögens.
  • ADL-Skalen: ADL-Skalen (ADL: "Activities of Daily Living") messen die Auswirkungen der Demenz auf die Alltagsfähigkeiten.

Bildgebende Verfahren

Bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) werden eingesetzt, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie beispielsweise Hirntumore oder vaskuläre Demenz. Neuere Verfahren wie Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) und Positronen-Emissionstomographie (PET) können in unklaren Fällen und in Frühstadien zur Sicherung der Diagnose beitragen. So kann eine PET-Untersuchung z.B. einen verminderten Zuckerstoffwechsel im Gehirn nachweisen, obwohl im MRT noch keine Hirnschrumpfung darstellbar ist. Auch ist es neuerdings möglich, die für die Alzheimer-Erkrankung typischen Amyloid-Ablagerungen darzustellen.

Blut- und Liquoruntersuchungen

Blutuntersuchungen werden durchgeführt, um behandelbare Ursachen einer Demenz auszuschließen, wie beispielsweise einen Mangel an Vitamin B12 oder Schilddrüsenhormonen. In einigen Fällen kann auch eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor) erforderlich sein, um beispielsweise entzündliche Erkrankungen des Gehirns auszuschließen oder spezifische Biomarker für Alzheimer nachzuweisen.

Differentialdiagnostik

Die Diagnose „Alzheimer-Demenz“ ist in der Regel eine „Ausschlussdiagnose“. Es ist daher sehr wichtig mit Bildgebung (Computertomographie, Magnetresonanztomographie), Nervenwasseranalyse (Liquorpunktion) und weitreichender Labordiagnostik andere Ursachen zu untersuchen. Hierzu gehören u.a. eine Verkalkung der Hirngefäße (vaskuläre Demenz), eine Demenz mit Lewy-Körperchen, gut- und bösartige Hirntumore, AIDS, ein Parkinson-Syndrom, die Erbkrankheit Chorea Huntington, eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) und ein Vitaminmangel z.B. an B12, Folsäure oder B-Vitamin Niacin. Weiter können Erkrankungen der Nieren, der Leber und der Bauchspeicheldrüse zu einer Demenz führen. Auch Alkohol- bzw. Immer wieder kommt es vor, dass Patienten mit depressiven Erkrankungen aufgrund der psychischen und körperlichen Verlangsamung für dement gehalten werden („Pseudodemenz").

Therapie von Alzheimer

Obwohl Alzheimer derzeit nicht heilbar ist, gibt es verschiedene Therapieansätze, die darauf abzielen, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern.

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Medikamentöse Therapie

  • Antidementiva: Diese Medikamente, wie Acetylcholinesterase-Hemmer und Memantin, können die Gedächtnisleistung und andere kognitive Funktionen vorübergehend verbessern. Wobei man sagen muss, dass deren Wirksamkeit leider noch sehr beschränkt ist. Darum ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Wirkung und die leider auch damit verbundenen Nebenwirkungen in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
  • Symptomatische Medikamente: Medikamente gegen Schlafstörungen, Unruhe, Angstzustände oder Depressionen können eingesetzt werden, um Begleitsymptome der Demenz zu behandeln.

Im März 2023 wurde bekannt, dass der Amyloid-Antikörper Solanezumab den kognitiven Abbau von Personen in einem Demenzvorstadium nicht verhindern kann. Der Pharmakonzern Lilly hatte den Arzneistoff über 4,5 Jahre an mehr als 1100 Personen zwischen 65 und 85 Jahren getestet, bei denen Amyloid-Plaques im Gehirn nachgewiesen werden konnten, die jedoch noch keine Alzheimer-typischen Symptome aufwiesen. Es zeigte sich jedoch kein Unterschied hinsichtlich der kognitiven Funktionen der Studienteilnehmenden, die Solanezumab erhielten und denen, die das Placebo-Medikament erhielten.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Physio- und Ergotherapie: Diese Therapien helfen, motorische Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern.
  • Kognitives Training: Gedächtnisübungen und andere kognitive Trainingsprogramme können die geistige Leistungsfähigkeit verbessern.
  • Tagesstätten: Tagesstätten bieten Betroffenen die Möglichkeit, Beschäftigung und Anregung zu finden und den Alltag zu strukturieren.
  • Musik- und Kunsttherapie: Diese Therapien können die Stimmung verbessern und die Kommunikation fördern.
  • Achtsamkeitstraining und Lebensstilberatung: Achtsamkeitsübungen und eine intensive Lebensstilberatung können die Sorgen und Ängste von Patientinnen und Patienten mit subjektiven kognitiven Störungen reduzieren.

Geriatrische Rehabilitation

Die Geriatrie ist spezialisiert auf Patientinnen und Patienten, die etwa 65 Jahre oder älter sind. Ihr Behandlungsansatz ist ganzheitlich und integriert unterschiedliche medizinische Disziplinen und Therapieformen, darunter auch Physio- und Ergotherapie. Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit einer leichten bis mittleren Demenzerkrankung ähnlich gut profitieren wie Menschen ohne eine Demenz.

Rolle der Angehörigen

Angehörige spielen eine entscheidende Rolle bei der Betreuung und Unterstützung von Menschen mit Alzheimer. Sie können die Betroffenen in Unternehmungen einbinden, sie aktiv halten und ihnen helfen, ihren Alltag zu strukturieren. Es ist auch wichtig, dass Angehörige sich selbst nicht überlasten und Unterstützung suchen, beispielsweise durch Selbsthilfegruppen oder professionelle Beratung.

Prävention von Alzheimer

Obwohl es keine Garantie dafür gibt, dass man Alzheimer verhindern kann, gibt es verschiedene Maßnahmen, die das Risiko einer Erkrankung verringern können.

Lebensstilfaktoren

  • Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität kann die Durchblutung des Gehirns verbessern und das Risiko von Alzheimer verringern.
  • Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren kann die Gehirnfunktion unterstützen.
  • Kognitive Aktivität: Geistig aktiv zu bleiben, beispielsweise durch Lesen, Kreuzworträtsel oder das Erlernen neuer Fähigkeiten, kann die kognitive Reserve stärken.
  • Soziale Kontakte: Regelmäßige soziale Interaktion kann die geistige Gesundheit fördern.

Risikofaktoren

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes und hohen Cholesterinwerten kann das Risiko von Alzheimer verringern.
  • Übergewicht: Übergewicht im mittleren Alter kann das Risiko von Alzheimer erhöhen.
  • Rauchen: Rauchen schädigt die Blutgefäße und erhöht das Risiko von Alzheimer.

Brain Health Services

Ein europäisches Expertengremium sieht den Bedarf an spezialisierten Hirngesundheitszentren (sogenannte Brain Health Services (BHS)), die sich an Personen richten, die ein ungünstiges Risikoprofil aufweisen oder sich über ihre Hirngesundheit und Gedächtnisfähigkeiten sorgen, ohne jedoch bereits erkrankt zu sein. Die Brain Health Services sollen sich auf vier Säulen stützen: Erfassung des Demenzrisikos, Risikokommunikation, personalisierte Präventionsangebote und kognitives Training.

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Forschung zur Prävention

Die Forschung zur Prävention von Alzheimer ist ein aktives Gebiet. Derzeit werden verschiedene Studien durchgeführt, um die Wirksamkeit von Lebensstilinterventionen, Medikamenten und anderen Strategien zur Vorbeugung von Alzheimer zu untersuchen.

Gedächtnissprechstunden

Gedächtnissprechstunden sind spezialisierte Einrichtungen zur Untersuchung von Gedächtnisstörungen. Hier findet eine differenzierte Diagnostik statt. Die Angliederung an eine Krankenhausabteilung ermöglicht ambulante und auch teilstationäre Untersuchungen. Für die Untersuchung in einer Gedächtnissprechstunde ist eine Überweisung durch den Hausarzt oder Neurologen erforderlich. In Berlin gibt es beispielsweise folgende Gedächtnissprechstunden:

  • Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Berlin Buch Gedächtnissprechstunde und Zentrum für Demenzprävention
  • Hedwig- Krankenhaus Gedächtnissprechstunde
  • Vivantes Krankenhaus Am Urban Psychiatrische Institutsambulanz, Abteilung für Psychiatrie
  • Joseph-Krankenhaus Weißensee Zentrum für Seelische Gesundheit im Alter

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