Die Fachgebiete Psychiatrie und Neurologie befassen sich mit Erkrankungen des Nervensystems und der Psyche. Obwohl sie historisch unter dem Begriff "Nervenheilkunde" zusammengefasst wurden, haben sie sich zu eigenständigen Disziplinen entwickelt. Dieser Artikel beleuchtet die Aufgaben und Schwerpunkte von Ärzten für Psychiatrie und Neurologie, ihre Ausbildungen, Behandlungsschwerpunkte und beruflichen Perspektiven.
Neuropsychiatrie: Eine Schnittstelle
Die Neuropsychiatrie bildet eine wichtige Schnittstelle zwischen Neurologie und Psychiatrie. Sie konzentriert sich auf Störungen, die sowohl neurologische als auch psychiatrische Symptome aufweisen. Dazu gehören Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Sprach- und Bewegungsstörungen sowie Verhaltens- und Empfindungsauffälligkeiten, die auf einer Hirnstörung beruhen. Die Früherkennung und Diagnose solcher Störungen ist das Ziel von Gedächtnissprechstunden, wie sie beispielsweise die Universitätsmedizin Mainz anbietet. Durch den Einsatz moderner diagnostischer Verfahren können Erkrankungen in einem frühen Stadium erkannt und eine rechtzeitige Therapie eingeleitet werden.
Neurologie: Diagnose und Behandlung von Nervenerkrankungen
Die Neurologie ist das medizinische Fachgebiet, das sich mit der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems befasst. Dies umfasst das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) sowie das periphere Nervensystem (Nerven außerhalb von Gehirn und Rückenmark), einschließlich der Blutgefäße und der Muskeln. Neurologen sind spezialisierte Ärzte, die Störungen wie Epilepsie, Schlaganfall, Multiple Sklerose und Parkinson behandeln.
Abgrenzung zu Psychiatrie und Neurochirurgie
Im Gegensatz zu Psychiatern, die psychische Störungen behandeln, die das Denken, Fühlen und Verhalten beeinflussen, konzentrieren sich Neurologen primär auf organische, d.h. körperlich begründbare Erkrankungen des Nervensystems. Eine weitere Abgrenzung besteht zu Neurochirurgen, die operative Eingriffe am Nervensystem durchführen, während Neurologen in der Regel nicht-operativ tätig sind.
Aufgaben eines Neurologen
Ein Neurologe ist ein Arzt mit einer abgeschlossenen Facharztausbildung in der Neurologie, der sich auf die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert hat. Der Begriff "Neurologe" stammt aus dem Griechischen, wobei "neuron" für Nerv und "logos" für Lehre steht. Neurologen arbeiten hauptsächlich in Krankenhäusern und spezialisierten Kliniken, aber viele sind auch in privaten Praxen tätig. Sie sind nicht nur in der Patientenversorgung aktiv, sondern beteiligen sich auch an der neurologischen Forschung, um die Behandlungsmöglichkeiten und das Verständnis von Nervenkrankheiten weiter zu verbessern.
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Behandlungsschwerpunkte in der Neurologie
Das Nervensystem steuert alles, von einfachen motorischen Bewegungen bis hin zu komplexen kognitiven Prozessen. Zu den wichtigsten behandelten Krankheitsbildern gehören:
- Alzheimer-Krankheit und andere Demenzformen: Diese degenerativen Erkrankungen führen zu einem fortschreitenden Gedächtnisverlust und anderen kognitiven Beeinträchtigungen.
- Parkinson-Krankheit: Eine Bewegungsstörung, die durch Zittern, Steifheit und Schwierigkeiten bei der Bewegung und Koordination gekennzeichnet ist.
- Multiple Sklerose: Eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Myelinscheiden angreift, die die Nervenzellen im Zentralnervensystem umgeben.
- Epilepsie: Eine Gruppe von Erkrankungen, die durch das Auftreten von wiederholten Anfällen charakterisiert sind.
- Schlaganfall: Tritt auf, wenn die Blutzufuhr zu einem Teil des Gehirns unterbrochen wird, was zu einem plötzlichen Verlust von Gehirnfunktionen führt.
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine fortschreitende neurodegenerative Krankheit, die die Nervenzellen betrifft, die für die Steuerung willkürlicher Muskelbewegungen verantwortlich sind.
- Migräne: Eine Form des Kopfschmerzes, die oft einseitig auftritt und von Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Empfindlichkeit gegenüber Licht und Lärm begleitet wird.
- Guillain-Barré-Syndrom: Eine seltene Störung, bei der das Immunsystem die Nervenzellen angreift, was zu Schwäche und oft zu Lähmungen führt.
Diagnostik in der Neurologie
Grundlage für die präzise Erkennung und Behandlung neurologischer Störungen ist eine moderne Diagnostik. Die wichtigsten diagnostischen Instrumente und Methoden, die in der Neurologie verwendet werden, sind:
- Computertomografie (CT): Diese bildgebende Methode verwendet Röntgenstrahlen, um detaillierte Querschnittbilder des Körpers zu erstellen.
- Magnetresonanztomografie (MRI): MRI nutzt starke Magneten und Radiowellen, um detaillierte Bilder der Organe und Strukturen im Körper zu erzeugen.
- Elektroenzephalogramm (EEG): Diese Methode zeichnet die elektrische Aktivität des Gehirns auf.
- Lumbalpunktion (Spinaltap): Hierbei wird eine Probe der Zerebrospinalflüssigkeit entnommen.
- Positronenemissionstomografie (PET): Diese nuklearmedizinische Bildgebungstechnik wird verwendet, um die zelluläre Funktion und den Metabolismus im Gehirn zu beobachten.
- Elektromyografie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeit (NCV): Diese Tests messen die elektrische Aktivität in Muskeln und Nerven.
- Duplexsonographie der hirnversorgenden Arterien: Eine Ultraschalltechnik, die verwendet wird, um den Blutfluss in den Arterien zu beurteilen.
- Arteriogramm (Angiogramm): Ein Röntgenbild der Arterien und Venen, das verwendet wird, um Verengungen oder Blockierungen in den Blutgefäßen zu identifizieren.
Facharztausbildung Neurologie
Die Facharztausbildung in der Neurologie in Deutschland ist eine umfassende, fünfjährige Weiterbildung, die tiefgehende Kenntnisse und Fähigkeiten in der Diagnose und Behandlung neurologischer Erkrankungen vermittelt. Innerhalb dieser Zeit erwerben angehende Fachärzte für Neurologie nicht nur spezifische neurologische Fachkenntnisse, sondern absolvieren auch verpflichtende Weiterbildungsabschnitte in verwandten Disziplinen wie der Psychiatrie.
Gehalt von Neurologen
Die Gehälter von Neurologen in der stationären Versorgung in Deutschland unterscheiden sich je nach Position, Art der Einrichtung, Komplexität der Aufgaben und der Berufserfahrung. In Krankenhäusern und Kliniken sind die Gehälter in der Regel tarifgebunden.
Zur Orientierung: Grundgehälter für Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA nach Position und 3 Jahren Berufserfahrung (gerundet):
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- Assistenzärzte: 5.800 EUR
- Fachärzte: 8.100 EUR
- Oberärzte: 10.000 EUR
In ambulanten Praxen liegt der Arbeitsschwerpunkt von Neurologen hauptsächlich auf die Behandlung von Folgeerscheinungen von Schlaganfällen und chronischen Erkrankungen. Der Reinertrag pro Praxis lag im Jahr 2021 bei etwa 238.000 €, was rund 20 % unter dem Durchschnitt aller ambulanten Praxen ist.
Berufliche Perspektiven in der Neurologie
Die Neurologie ist ein medizinisches Fachgebiet, das aufgrund der alternden Bevölkerung stetig wächst. Der steigende Anteil älterer Menschen führt zu einem erhöhten Bedarf an neurologischer Versorgung, da mit dem Alter häufig neurologische Erkrankungen wie Schlaganfälle, Demenz und Parkinson zunehmen. Dieser demographische Wandel erzeugt eine kontinuierliche Nachfrage nach spezialisierten Fachkräften sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Versorgung.
Psychiatrie: Behandlung psychischer Erkrankungen
Der Arzt für Psychiatrie beschäftigt sich mit der medizinischen Diagnose und Behandlung sowie der Erforschung von psychisch bedingten Erkrankungen. Zur Behandlung der Erkrankungen und ihrer Symptome greift er sowohl auf den Einsatz von Medikamenten als auch auf psychotherapeutische Maßnahmen und Übungen zurück.
Aufgaben eines Psychiaters
Eine der Hauptaufgaben des Psychiaters ist die psychiatrische Untersuchung. Im Rahmen dieser macht sich der Psychiater ein Bild des Patienten, um später die entsprechenden Behandlungsmethoden festzulegen. Auch körperliche Krankheiten wie organische Erkrankungen (z.B. des Gehirns) führen zu psychischen Störungen. Körperliche Beschwerden führen zu Schmerzen, die für Patienten oftmals sehr belastend sind und die Psyche des Patienten negativ beeinflussen. Nur eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten aus psychiatrischer Untersuchung und körperlicher Untersuchung führt zu einer korrekten Einschätzung der Beschwerden des Patienten.
Behandlungsmethoden in der Psychiatrie
- Medikamentöse Behandlung: Es gibt viele Arzneimittel, die in der psychiatrischen Behandlung ihren Einsatz zur Bekämpfung von Symptomen wie Depressionen oder Angstzuständen Verwendung finden. Am wohl bekanntesten sind hierbei die sogenannten Antidepressiva, welche zur Behandlung der oft vorkommenden Depressionen genutzt werden. Zur Behandlung von Halluzinationen oder Wahnvorstellungen greift der Psychiater oft auf Antipsychotika zurück.
- Psychotherapie: Psychotherapeutische Maßnahmen werden vom Facharzt für Psychiatrie/ Psychotherapie eingesetzt um Symptome wie Zwänge, depressive Stimmung, Sucht oder Komplexe zu behandeln. Hierfür setzt er unterschiedlichste Therapien, Gespräche und spezielle Übungen ein. Bei Störungen des Denkens, Fühlens, Handelns oder Erlebens greift der Psychiater bei Erwachsenen und Kindern oft auf die sogenannte Verhaltenstherapie zurück. Besonders bei Depressionen, Phobien, Essstörungen, Süchten und Panikattacken ist diese Behandlungsmethode hilfreich. Um Ursachen und Zusammenhänge einer seelischen Erkrankung zu erkennen, nutzt der Psychiater die sogenannte analytische Psychotherapie. Im Gegensatz zur analytischen Psychotherapie befasst sich die tiefenpsychologische Therapie mit sozialen interpersonalen (zwischen zwei Personen) Problemen. Bei der systemischen Psychotherapie wird neben dem Patienten auch seine Familie, Bezugspersonen und sein restliches Umfeld mit einbezogen.
Der Nervenarzt als erste Anlaufstelle
Erste Anlaufstelle und ein wichtiger Baustein für eine längerfristige psychiatrische Behandlung sind die niedergelassenen Nervenärzte. Es handelt sich dabei um Fachärzte, die im Rahmen ihrer Weiterbildung unter anderem auch Erfahrungen in psychiatrischen Kliniken gesammelt haben müssen und nun in eigener Praxis niedergelassen sind. Der Zugang zum Nervenarzt und die Finanzierung seiner Leistungen unterscheiden sich nicht von den Regelungen für andere Fachärzte. Man kann den Nervenarzt mit Krankenschein bzw. Versichertenkarte direkt aufsuchen oder aber eine Überweisung vom Hausarzt besorgen.
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Aufgaben niedergelassener Nervenärzte
Hauptaufgabe von niedergelassenen Nervenärzten ist die Diagnose und Behandlung psychischer Erkrankungen einschließlich der Verordnung von Medikamenten und anderen Heilmitteln wie ambulante psychiatrische Pflege oder Soziotherapie. Erforderliche körperliche Untersuchungen sowie Laboruntersuchungen kann der Nervenarzt je nach Ausstattung seiner Praxis selbst durchführen oder aber die Überweisung an einen anderen Facharzt vornehmen. Das Verhältnis zwischen Nervenarzt und Patient wird geprägt durch das therapeutisch orientierte Gespräch.
Ausbildung zum Psychiater
Die Basisvoraussetzung um Psychiater zu werden ist ein Medizinstudium. Das Medizinstudium als Basis für den Beruf des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie dauert insgesamt 12 Semester und erstreckt sich somit über 6 Jahre. Angehende Psychiater müssen zwei Jahre in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung auf einer Station im Krankenhaus und ein Jahr in der Neurologie ableisten. Zusätzlich müssen Psychiater sich selbst besser kennenlernen, um in der Arbeit mit Patienten die eigenen Gefühle, Bedürfnisse oder Wünsche nicht mit denen des Patienten zu verwechseln.
Gehalt eines Psychiaters
Ein Facharzt gehört der Entgeltgruppe 2 an, die wiederum in verschiedene Gehaltsstufen eingeteilt ist. Mit der Dauer der Tätigkeit in dieser Entgeltgruppe steigt das Gehalt an. An einem Universitätsklinikum verdienen Psychiater etwas mehr als an kommunalen Häusern. So beträgt das monatliche Bruttoeinkommen als Psychiater in einem Universitätsklinikum zu Beginn etwa 5.500 Euro. Das Einstiegsgehalt an einem kommunalen Haus fällt mit 5.300 Euro brutto im Monat etwas geringer aus. Dazu kommen Zulagen durch Überstunden, Nacht- und Wochenend- sowie Bereitschaftsdienste.
Psychiater vs. Psychologe
Die Berufsbezeichnung „Psychologe“ darf nur von Personen geführt werden, die über den Abschluss eines Hochschulstudiums in Psychologie verfügen. Die Psychologie ist eine eigenständige empirische Wissenschaft, während die Psychiatrie ein Teilgebiet der Medizin ist. Anders als der Arzt darf ein Psychologe z.B. keine körperliche Untersuchung durchführen und keine Medikamente verordnen.
Historische Entwicklung der Neurologie
Die neurologische Forschung begann Anfang des 19. Jahrhunderts. Da sich viele neurologische Erkrankungen in Form von körperlichen Beschwerden äußern, war die Neurologie in ihrer einen Quelle ein Teilgebiet der inneren Medizin. Die Behandlung der Erkrankungen von "Geisteskranken" stellte hingegen schon im 18. Jahrhundert eine selbstständige Fachrichtung dar und führte zur Gründung der Psychiatrie. Mit der Gründung der "Gesellschaft Deutscher Nervenärzte" trennte sich die Neurologie 1906 erstmals offiziell als Spezialgebiet von der inneren Medizin.
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