Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch abnorme elektrische Aktivität im Gehirn. Die Diagnose und Behandlung von Epilepsie erfordert spezialisierte Kenntnisse und Erfahrung. In Deutschland gibt es zahlreiche Ärzte und Einrichtungen, die sich auf die Betreuung von Menschen mit Epilepsie spezialisiert haben. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Anlaufstellen und Behandlungsmöglichkeiten.
Spezialisierte Zentren und Ambulanzen
Epilepsiezentren
In Deutschland gibt es 56 zertifizierte Epilepsiezentren. Diese Zentren erfüllen strenge Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) und der Arbeitsgemeinschaft für prächirurgische Epilepsiediagnostik und operative Epilepsietherapie (AG Epilepsiechirurgie). Sie bieten ein umfassendes Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen für Menschen mit Epilepsie. Zu den zertifizierten Epilepsiezentren gehören unter anderem:
- Ruhr-Epileptologie (Universitätsklinikum Bochum)
- Epilepsiezentrum Münster-Osnabrück
- Epilepsie-Zentrum Essen (Universitätsklinikum Essen)
- Epilepsiezentrum am Christlichen Klinikum Unna
- Epilepsiezentrum Bethel (Krankenhaus Mara gGmbH)
- Sächsisches Epilepsiezentrum Kleinwachau
Epilepsieambulanzen
Neben den Epilepsiezentren gibt es in Deutschland auch zahlreiche Epilepsieambulanzen. Diese Ambulanzen bieten ambulante Diagnostik und Behandlung für Menschen mit Epilepsie. Es gibt 50 Epilepsie-Ambulanzen für Jugendliche und Erwachsene und 98 Epilepsie-Ambulanzen für Kinder und Jugendliche. Einige Beispiele für Epilepsieambulanzen sind:
- Epilepsieambulanz der Séguin-Klinik
- Epilepsieambulanz/Spezialambulanz NeurologieNorddt. Epilepsiezentrum HamburgEvang. Stiftung Alsterdorf
- Epilepsieambulanz am Ev. Krankenhaus Bielefeld
Schwerpunktpraxen Epileptologie
Zusätzlich zu den Zentren und Ambulanzen gibt es 57 Schwerpunktpraxen Epileptologie in Deutschland. Diese Praxen sind auf die ambulante Betreuung von Menschen mit Epilepsie spezialisiert.
Diagnostische Verfahren
Eine genaue Diagnose ist entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung von Epilepsie. Zu den wichtigsten diagnostischen Verfahren gehören:
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- Anamnese: Eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte ist der erste Schritt zur Diagnose. Dabei werden die Art der Anfälle, vorangegangene Behandlungen und Untersuchungen erfasst.
- EEG (Elektroenzephalographie): Das EEG ist eine nicht-invasive Untersuchung, bei der die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen wird. Es kann helfen, epileptiforme Potenziale zu identifizieren und die Art der Epilepsie zu bestimmen.
- Video-EEG-Monitoring: Beim Video-EEG-Monitoring wird das EEG über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet, während der Patient gleichzeitig gefilmt wird. Dies ermöglicht es, Anfälle aufzuzeichnen und die EEG-Veränderungen während der Anfälle zu untersuchen.
- MRT (Magnetresonanztomographie): Die MRT ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem das Gehirn dargestellt werden kann. Sie kann helfen, strukturelle Ursachen für die Epilepsie zu identifizieren, wie z.B. Tumore oder Narben.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten sind:
- Medikamentöse Therapie: Antiepileptika sind Medikamente, die die Anfallshäufigkeit reduzieren können. Es gibt viele verschiedene Antiepileptika, und die Wahl des geeigneten Medikaments hängt von der Art der Epilepsie, dem Alter des Patienten und anderen Faktoren ab.
- Epilepsiechirurgie: Bei manchen Menschen mit Epilepsie können Medikamente die Anfälle nicht ausreichend kontrollieren. In diesen Fällen kann eine Operation eine Option sein. Bei der Epilepsiechirurgie wird das Anfallszentrum im Gehirn entfernt oder isoliert.
- Vagusnervstimulation (VNS): Die VNS ist eine weitere Behandlungsmöglichkeit für Menschen mit Epilepsie, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken. Bei der VNS wird ein Gerät implantiert, das den Vagusnerv stimuliert.
- Ketogene Diät: Die ketogene Diät ist eine spezielle Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist. Sie kann bei manchen Menschen mit Epilepsie die Anfallshäufigkeit reduzieren, insbesondere bei Kindern.
- Psychosoziale Unterstützung: Menschen mit Epilepsie können unter psychischen Begleiterscheinungen der Erkrankung leiden, wie z.B. Angst, Depressionen oder sozialer Isolation. Eine psychosoziale Unterstützung kann helfen, diese Probleme zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern.
Spezialisierte Angebote
Einige Epilepsiezentren und -ambulanzen bieten spezialisierte Angebote für bestimmte Patientengruppen an:
- Epilepsie und Behinderung: Das Epilepsiezentrum am Christlichen Klinikum Unna hat ein spezielles stationäres Umfeld für Anfallskranke geschaffen, die zusätzlich unter einer geistigen, psychischen oder körperlichen Behinderung leiden.
- Psychogene Anfälle: Die Ruhr-Epileptologie bietet eine spezialisierte Beratung für Patienten mit nicht-epileptischen, seelisch bedingten (sog. psychogenen) Anfällen an.
- Schwangere Frauen mit Epilepsie: Die Ruhr-Epileptologie bietet eine spezielle Beratung für Frauen mit Epilepsie, die schwanger werden möchten oder bereits schwanger sind.
Die Rolle des Hausarztes und Neurologen
Der Hausarzt und der Neurologe spielen eine wichtige Rolle bei der Betreuung von Menschen mit Epilepsie. Sie können die Diagnose stellen, die medikamentöse Therapie einleiten und den Patienten an ein spezialisiertes Zentrum oder eine Ambulanz überweisen, wenn dies erforderlich ist.
Unterstützung durch Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen
Neben der medizinischen Versorgung gibt es auch zahlreiche Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die Menschen mit Epilepsie und ihre Angehörigen unterstützen. Diese bieten Informationen, Beratung und die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch. In Deutschland gibt es 23 Epilepsie-Beratungsstellen.
Forschung und Innovation
Die Forschung im Bereich der Epilepsie schreitet stetig voran. Neue Medikamente, Therapieverfahren und diagnostische Methoden werden entwickelt, um die Behandlung von Epilepsie zu verbessern. Die Ruhr-Epileptologie engagiert sich beispielsweise in der studentischen Lehre und ärztlichen Weiterbildung und forscht aktiv im Bereich der Epilepsie.
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