Assistenzarzt Neurochirurgie: Aufgaben, Ausbildung und Perspektiven

Das Gebiet der Neurochirurgie ist ein anspruchsvolles und sich stetig weiterentwickelndes Feld der Medizin, das operative Eingriffe am zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystem umfasst. Assistenzärzte in der Neurochirurgie spielen eine entscheidende Rolle bei der Versorgung von Patient:innen und erlernen gleichzeitig die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse, um sich zu kompetenten Fachärzt:innen zu entwickeln.

Was macht ein Neurochirurg?

Neurochirurgen beschäftigen sich mit Erkrankungen, Fehlbildungen und Verletzungen des zentralen und peripheren Nervensystems. Der Facharzt für Neurochirurgie kümmert sich dabei nicht nur um Verletzungen, Erkrankungen und Fehlentwicklungen von Strukturen der großen Nervensysteme (ZNS, PNS), sondern auch um die sie versorgenden Blutgefäße und Hüllen. Hinzu kommen Voruntersuchungen sowie anschließende Maßnahmen zur Therapie und Rehabilitation. Die Operationen in der Neurochirurgie beziehen sich, im Gegensatz zu denjenigen der Allgemeinchirurgie, meist auf überaus kleine Bereiche und Strukturen und werden nicht selten im Rahmen mikro-chirurgischer Eingriffe vorgenommen. Sowohl vor als auch nach dem operativen Eingriff wird der Facharzt für Neurochirurgie den Patienten begleiten.

Aufgaben eines Assistenzarztes in der Neurochirurgie

Assistenzärzte in der Neurochirurgie übernehmen vielfältige Aufgaben, die sowohl die Patientenversorgung als auch die eigene Weiterbildung umfassen. Zu den typischen Aufgaben gehören:

  • Aufnahme- und Abschlussuntersuchungen: Assistenzärzte führen Anamnesegespräche mit Patient:innen, erheben den neurologischen Befund und dokumentieren die Ergebnisse. Sie sind auch für die Vorbereitung der Patient:innen auf diagnostische Maßnahmen und Operationen zuständig.
  • Mitbetreuung und Weiterentwicklung der Therapiepfade: Assistenzärzte arbeiten aktiv an der Mitbetreuung und Weiterentwicklung neuer Therapiepfade der Abteilung mit. Dies beinhaltet die Teilnahme an interdisziplinären Fallbesprechungen und die Umsetzung evidenzbasierter Behandlungskonzepte.
  • Erlernen und Anwenden fachspezifischen Wissens: Ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung ist das schrittweise Erlernen und Anwenden des fachspezifischen Wissens. Dies geschieht durch die Teilnahme an Visiten, Teamsitzungen und Fortbildungen sowie durch die eigenständige Bearbeitung von Patientenfällen unter Supervision.
  • Teilnahme an Facharztvisiten und Teamsitzungen: Assistenzärzte nehmen an Facharztvisiten und Teamsitzungen teil, um von den Erfahrungen der Oberärzt:innen zu lernen und sich mit anderen Berufsgruppen auszutauschen.
  • Integration in ein kollegiales Team: Assistenzärzte werden in ein kollegiales, hochqualifiziertes Team unter Anleitung von Fach- und Oberärzten (m/w/d) integriert.
  • Teilnahme am Bereitschaftsdienst: Assistenzärzte nehmen am Bereitschaftsdienst teil und sind somit für die Notfallversorgung der Patient:innen außerhalb der regulären Arbeitszeiten zuständig.
  • Assistenz im OP-Saal und Durchführung von Operationen: Assistenzärzte assistieren im OP-Saal und führen unter fachärztlicher Assistenz Operationen durch. Dies ermöglicht ihnen, ihre chirurgischen Fähigkeiten zu entwickeln und zu verfeinern.

Konkret können die Aufgaben eines Assistenzarztes in der Neurochirurgie folgende Bereiche umfassen:

  • Erkennung, Erstversorgung und Management spontaner und traumatischer neurochirurgischer Notfälle.
  • Punktions- und Katheterisierungstechniken.
  • Operative Therapie neurochirurgischer Infektionen.
  • Neurochirurgisch-invasive Schmerztherapie und Verfahren der neurochirurgischen Schmerztherapie.
  • Diagnostische Eingriffe.
  • Bewertung von verbliebenen Fähigkeiten und Monitoring der Erholung sowie des Rehabilitationspotentials.
  • Shunt-Techniken.
  • Mitwirkung bei vaskulären Operationen.
  • Intraoperatives multimodales Monitoring/Mapping.
  • Neuromonitoring.

Ausbildung zum Facharzt für Neurochirurgie

Die Weiterbildungszeit in der Neurochirurgie beträgt 72 Monate bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. Davon müssen 6 Monate in der intensivmedizinischen Versorgung neurochirurgischer Patienten abgeleistet werden. Bis zu zwölf Monate dürfen im Fachbereich Chirurgie und/oder in Neurologie, Neuropathologie bzw. angerechnet werden. 48 Monate ist der Arzt in der stationären Patientenversorgung, sechs Monate in der Intensivmedizin, tätig.

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Die strukturierte Ausbildung umfasst in der Regel:

  1. Klinische Rotation: Assistenzärzte durchlaufen verschiedene Bereiche der Neurochirurgie, um ein breites Spektrum an Erkrankungen und Behandlungsmethoden kennenzulernen.
  2. Operative Ausbildung: Unter Anleitung erfahrener Operateur:innen erlernen Assistenzärzte die grundlegenden chirurgischen Techniken und assistieren bei komplexen Eingriffen.
  3. Theoretische Weiterbildung: Assistenzärzte nehmen an regelmäßigen Fortbildungen, Seminaren und Konferenzen teil, um ihr theoretisches Wissen zu vertiefen.
  4. Wissenschaftliches Arbeiten: Viele Kliniken fördern die wissenschaftliche Tätigkeit ihrer Assistenzärzte, beispielsweise durch die Teilnahme an Forschungsprojekten oder die Erstellung von Publikationen. Möglichkeiten zur Promotion und natürlich auch zur Habilitation sind gegeben.

Voraussetzungen für die Facharztausbildung

Um die Facharztausbildung in der Neurochirurgie beginnen zu können, ist ein abgeschlossenes Medizinstudium und die Approbation als Arzt/Ärztin erforderlich. Darüber hinaus sollten Bewerber:innen folgende Eigenschaften mitbringen:

  • Interesse an neuroanatomischen und -physiologischen Zusammenhängen
  • Handgeschick und räumliches Vorstellungsvermögen
  • Hohe Belastbarkeit und Verantwortungsbewusstsein
  • Teamfähigkeit und Kommunikationsstärke
  • Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit

Spezialisierungen innerhalb der Neurochirurgie

Nach Abschluss der Facharztausbildung besteht die Möglichkeit, sich in verschiedenen Bereichen der Neurochirurgie zu spezialisieren. Einige Beispiele hierfür sind:

  • Vaskuläre Neurochirurgie: Behandlung von Gefäßerkrankungen des Gehirns und Rückenmarks (z.B. Aneurysmen, Angiome).
  • Neuroonkologie: Operative Behandlung von Hirntumoren und Metastasen.
  • Wirbelsäulenchirurgie: Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen der Wirbelsäule (z.B. Bandscheibenvorfälle, spinale Stenosen).
  • Kinderneurochirurgie: Behandlung von neurochirurgischen Erkrankungen im Kindesalter.
  • Stereotaktische Neurochirurgie: Minimalinvasive Eingriffe zur Behandlung von Bewegungsstörungen, Schmerzen und psychischen Erkrankungen.

Berufliche Perspektiven für Neurochirurgen

Neurochirurgen können in verschiedenen Bereichen tätig sein, darunter:

  • Kliniken und Krankenhäuser: Die Mehrheit der Neurochirurgen arbeitet in Kliniken und Krankenhäusern, entweder als Angestellte oder als leitende Ärzt:innen.
  • Eigene Facharztpraxis: Neurochirurgen können sich auch mit einer eigenen Praxis niederlassen und ambulante Patient:innen behandeln.
  • Forschung und Lehre: Einige Neurochirurgen sind in der Forschung und Lehre tätig und tragen zur Weiterentwicklung des Fachgebiets bei.

Die Verdienstmöglichkeiten für Neurochirurgen sind in der Regel sehr gut. In einer Klinik als angestellter Facharzt für Neurochirurgie verdient der Neurochirurg zwischen 72.000 und 95.000 Euro pro Jahr. Das Gehalt eines Neurochirurgen mit eigener Praxis liegt im Durchschnitt bei 209.000 Euro.

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Arbeitsbedingungen

Die Neurochirurgie ist ein anspruchsvolles Fachgebiet, das hohe Anforderungen an die Ärzt:innen stellt. Die Arbeitszeiten können lang und unregelmäßig sein, insbesondere durch die Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Zudem ist die Arbeit oft mit einer hohen psychischen Belastung verbunden, da Neurochirurgen regelmäßig mit schweren Erkrankungen und Schicksalen konfrontiert werden.

Bedeutung der Neurochirurgie

Die Neurochirurgie spielt eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Erkrankungen und Verletzungen des Nervensystems. Durch innovative Operationstechniken und Therapieverfahren können Neurochirurgen die Lebensqualität ihrer Patient:innen verbessern und in vielen Fällen sogar Leben retten.

Beispiele für neurochirurgische Eingriffe

  • Bandscheibenvorfall: Zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule liegen die Bandscheiben, wie eine Art Kissen, die Flexibilität und Dämpfung bieten. Kommt es zu einem Bandscheibenvorfall (Discusprolaps), beispielsweise durch Überlastung oder genetische Ursachen, reißt die umgebende Hülle der Bandscheibe, der gallertartige Kern tritt aus und drückt auf das Rückenmark. Betroffene klagen über teils heftige Schmerzen im Rückenbereich, die - ja nach Lage des Prolaps - bis in die Beine ausstrahlen (Beispiel: Druck auf den Ischiasnerv). Die Folgen können Taubheit und Lähmungen sein.
  • Karpaltunnelsyndrom: Auf der Innenseite der Handwurzel verläuft der Nervus medianus, begleitet von den Sehnen der Muskeln der Fingerbeuger, durch einen engen Kanal, der als Karpaltunnel bezeichnet wird. Kommt es zu einem chronischen Druck auf den Nerven oder wird er eingeklemmt, zum Beispiel durch andauernde Fehlhaltungen, entstehen Schmerzen. Diese werden durch Bewegungen verstärkt. Der Neurochirurg wird zunächst die Ursache eines Karpaltunnelsyndroms feststellen.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Eine lebensbedrohliche Verletzung, die als Folge von Unfällen auftritt und ein sofortiges Eingreifen des Neurochirurgen erfordern. Zugrunde liegen Blutungen innerhalb des Schädels nach Einwirkung von außen, die sich auf das Gehirn auswirken. Der Facharzt für Neurochirurgie unterscheidet zwischen dem epiduralen und subduralen Hämatom sowie einer intracerebralen Blutung. Es besteht die Gefahr einer längeren Bewusstlosigkeit des Patienten bis hin zum Koma. Zur Diagnostik macht der Neurochirurg ein CT- oder eine MRT-Aufnahme des Kopfes.
  • Meningeom: Hierbei handelt es sich um einen meist gutartigen Tumor der Hirnhaut. Lange Zeit bleibt er unerkannt; Patienten berichten schließlich über dauerhafte Kopfschmerzen, Übelkeit oder Probleme beim Riechen oder Schmecken. Je nach Lokalisation können auch Wesensveränderungen auftreten.
  • Hydrocephalus: Der Neurochirurg unterscheidet zwischen dem primären bzw. idiopathischen und dem sekundären (Normaldruck-)Hydrocephalus. Der primäre Hydrocephalus wird auch als “Altershirndruck” bezeichnet, der sekundäre Hydrocephalus ist Folge einer zugrunde liegenden, vorherigen Verletzung bzw. Erkrankung, wie zum Beispiel eine Blutung in den Subarachnoidalraum oder eine Hirnhautentzündung.
  • Schmerztherapie: Leidet ein Patient unter bestimmten Metastasen oder Tumoren im Bereich der Rückenmarksnerven, kann der Neurochirurg diese durch eine Operation zwar lindern, den Patienten aber nicht vollständig heilen. Kann der Neurochirurg chronische Schmerzen nicht vollständig ausschalten, kommen andere Verfahren zum Tragen. Der operative Eingriff im Bereich der Schmerztherapie ist dann in ein Gesamtbehandlungskonzept eingebunden, die Behandlung erfolgt also interdisziplinär.

Diagnostische Verfahren in der Neurochirurgie

  • MRT (Kernspintomographie): Beim MRT (Kernspintomographie) stellt der Facharzt für Neurochirurgie die inneren Organe und Gewebe bildlich dar, wie beispielsweise von Kopf oder Gehirn.
  • EEG Untersuchung (Elektro-Enzephalogramm): Im Rahmen der EEG Untersuchung (Elektro-Enzephalogramm) misst der Neurochirurg die Gehirnströme über Spannungsveränderungen des Gehirns.
  • Elektromyographie (EMG): Die Elektromyographie (EMG) ist ein neurologisches Diagnostikverfahren, mit dem der Facharzt für Neurochirurgie die elektrische Muskelaktivität misst.
  • Hirnstimulation: Hierbei setzt der Facharzt für Neurochirurgie elektrische Reize in umschriebenen Hirnbereichen, die für bestimmte Körperfunktionen wichtig sind. Das Verfahren wird zur Diagnostik, aber auch zur Überprüfung von OP-Ergebnissen durchgeführt.
  • Lumbalpunktion: Gehirn und Rückenmark sind von einer schützenden Flüssigkeit, dem Liquor, umgeben. Bei der Lumbalpunktion kann der Neurochirurg die Zusammensetzung des Liquors untersuchen und erhält so Hinweise auf mögliche Erkrankungen.

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