Die Ursprünge des "Gehirn schlafen" Memes: Eine Untersuchung der digitalen Verdummung

In der heutigen digitalen Welt, in der soziale Medien und Online-Inhalte allgegenwärtig sind, ist ein besorgniserregendes Phänomen aufgetaucht, das als "Gehirn schlafen" bezeichnet wird. Dieses Phänomen, das sich auf die angebliche Verschlechterung des geistigen oder intellektuellen Zustands einer Person bezieht, insbesondere als Ergebnis eines übermäßigen Konsums von trivialen oder anspruchslosen Online-Inhalten, hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.

Was ist "Gehirn schlafen"?

Das Oxford Dictionary definiert "Gehirn schlafen" als "die vermeintliche Verschlechterung des geistigen oder intellektuellen Zustands einer Person, insbesondere als Ergebnis eines übermäßigen Konsums von Inhalten (vor allem von Online-Inhalten), die als trivial oder anspruchslos angesehen werden." Der Begriff ist dem Konzept des "Smombie" ähnlich, einem Mischwort aus Smartphone und Zombie, das bereits vor einigen Jahren auf ein ähnliches Problem hinwies. Beide Begriffe deuten darauf hin, dass junge Menschen neurokognitive Schäden durch das digitale Zeitalter erleiden, geistige Fähigkeiten verlieren und krank werden.

Anekdotische Evidenz und Expertenmeinungen

Es gibt zahlreiche anekdotische Belege für die "Verdummung der Jugend". Ein Paradebeispiel ist das Lesen. Es wird oft behauptet, dass Jugendliche seltener und schlechter lesen. Selbst renommierte Literaturwissenschaftler wie Sir Jonathan Bate, Professor an der University of Oxford und an der Arizona State University, äußern sich besorgt über die Lesefähigkeiten ihrer Studenten. Bate bemerkte kürzlich in einem Interview, dass seine Studenten vor vierzig Jahren problemlos drei Romane pro Woche lesen konnten, während sie heutzutage Schwierigkeiten haben, einen einzigen Roman in drei Wochen durchzuarbeiten. Diese Beobachtung ist besonders beunruhigend, da Literaturstudenten eine intrinsische Motivation für das Lesen haben und es tendenziell zu ihrem Beruf machen wollen.

Auch Kinderärzte beobachten zunehmend Entwicklungsverzögerungen bei Kindern. Ein Kinderneurologe mit 20 Jahren Berufserfahrung äußerte sich besorgt über die steigende Anzahl von Kindern mit Verhaltensweisen, die symptomatisch für Autismus sind, insbesondere die Unfähigkeit, sozial angemessen zu interagieren. Obwohl Autismus eine hirnorganische Erkrankung ist, deutet der sprunghafte Anstieg der Symptome darauf hin, dass Umweltfaktoren eine Rolle spielen könnten.

Das "Still Face" Experiment

Ein wissenschaftliches Experiment, das als "Still Face" Experiment bekannt ist, liefert weitere Einblicke in die möglichen Auswirkungen der digitalen Technologie auf die soziale Entwicklung von Kindern. In diesem Experiment wurden Kleinkinder in der Interaktion mit ihren Eltern beobachtet. Zuerst interagierten die Eltern ganz normal mit ihren Kindern. In einem zweiten Schritt wurden die Eltern angewiesen, ihre Kinder zwar anzuschauen, aber keinerlei Mimik zu zeigen. Die Kinder reagierten innerhalb weniger Momente mit Panik.

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Dieses Experiment wirft die Frage auf, ob die allgegenwärtige Nutzung von Smartphones durch Eltern eine flächendeckende "Still Face Epidemie" verursacht. Wenn Eltern auf ihr Smartphone schauen, während sie sich in der Nähe ihrer Kinder befinden, könnten sie unbeabsichtigt eine emotionale Distanz schaffen, die die soziale Entwicklung der Kinder beeinträchtigt.

Die Auswirkungen von Social Media

Die Kürze der Inhalte auf Social-Media-Plattformen wie Instagram, insbesondere die kurzen Videos im einstelligen Sekundenbereich, erschwert eine substantielle, inhaltsorientierte Aufklärung. Die Algorithmen bevorzugen kurze, visuelle Inhalte und schlagen längere Videos oder Links zu Quellen nicht vor. Dies könnte zu einer Verkürzung des Denkmodus und einer Oberflächlichkeit der Informationsaufnahme führen.

Langzeitdaten zum "Gehirn schlafen"

Verschiedene internationale Organisationen messen seit Jahrzehnten die kognitiven Kapazitäten von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. John Burn-Murdoch, Data Scientist und Journalist für die Financial Times, hat die Mittelwerte all dieser Langzeitstudien für die letzten 20 Jahre errechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass seit 2010 alle dokumentierten Kompetenzen junger Menschen in allen beobachteten Ländern abnehmen. Die Denk- und Problemlösefähigkeiten von Teenagern im Lesen, Rechnen und bei naturwissenschaftlichen Aufgabenstellungen sind seit etwa 2010 gesunken. Auch Erwachsene sind bei selteneren Messungen schlechter im Lesen und Rechnen geworden.

Darüber hinaus berichten immer mehr 18-Jährige, dass sie sich in letzter Zeit nicht mehr so gut konzentrieren können wie früher und dass es ihnen schwerer fällt, neue Dinge zu lernen. Der Anteil der US-Teenager, die "fast täglich" Bücher lesen, ist von ca. 35% in den 80er Jahren auf ca. 15% im Jahr 2024 gesunken. Der Anteil an Teenagern, die "fast nie" lesen, ist im selben Zeitraum von ca. 15% auf knapp 50% gestiegen.

Mögliche Ursachen

Burn-Murdoch identifiziert Social Media als eine mögliche Ursache für den Rückgang der kognitiven Fähigkeiten. Er argumentiert, dass wir von begrenzten Webseiten zu unbegrenzten, ständig aktualisierten Feeds und einer ständigen Flut von Benachrichtigungen übergegangen sind. Wir verbringen nicht mehr so viel Zeit damit, aktiv im Internet zu surfen und mit Menschen zu interagieren, sondern werden mit einer Flut von Inhalten konfrontiert. Dies führt zu einer Abkehr vom selbstbestimmten Handeln hin zu passivem Konsum.

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Ein Kulturwandel

Die Entwicklung von Taschenrechnern und KI-Assistenten wie ChatGPT könnte dazu führen, dass Lesen, Schreiben und Rechnen keine notwendigen Kulturtechniken mehr sind. Zumindest in der Theorie.

Neuroplastizität und "Use it or lose it"

Die Neuroplastizität des Gehirns, die Fähigkeit, sich an neue Erfahrungen anzupassen, bedeutet, dass alles, was uns im Alltag passiert, sich in unseren neuronalen Netzwerken niederschlägt. Das Stichwort, unter dem diese Prozesse laufen, ist "Use it or lose it". Wer eine Woche lang jeden Tag zehn Kopfrechenaufgaben macht, wird eine Verbesserung im Kopfrechnen feststellen. Die Social-Media-Umwelt aus Feeds, Reels und KI-Assistenten, die wir geschaffen haben, hat höchstwahrscheinlich einen verlustreichen Effekt auf unsere mentalen Fähigkeiten.

Die Frage der Wertigkeit

Die Frage, die wir als Gesellschaft allmählich beantworten müssen, ist, ob uns die Vorteile, die uns Social Media bringen, diesen Verlust an kognitiven Fähigkeiten wert sind.

Intuition und Entscheidungsfindung

Intuition, das unmittelbare, nicht diskursive Erkennen eines Sachverhalts oder eines komplizierten Vorgangs, spielt eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung. Sie beruht auf unbewusstem Wissen und Erfahrungen, die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind. Intuition kann in Situationen, in denen Spontanität gefragt ist, ein nützlicher Helfer sein, eine Kontrollfunktion bei wichtigen Entscheidungen übernehmen und mehr Sicherheit in zwischenmenschlichen Beziehungen geben.

Die Entwicklung des Geistes und der Bewusstseins

Daniel Dennett beschäftigt sich seit langem mit der Evolution des Geistes und des Bewusstseins. Er argumentiert, dass sich Geist und Bewusstsein in einem langen evolutionären Prozess aus dem "Nichts" entwickelt haben. Die genetische Evolution hat die einzigartigen Fähigkeiten und Möglichkeiten des menschlichen Geistes und der menschlichen Kultur geschaffen. Mit der kulturellen Evolution beschäftigt sich Dennett ausführlich und diskutiert hier den umstrittenen Begriff der Meme.

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Die Rolle der Meme in der kulturellen Evolution

Meme sind kulturelle Informationseinheiten, die von Mensch zu Mensch übertragen werden. Sie können Ideen, Verhaltensweisen, Stile oder alles andere sein, was durch Nachahmung von einer Person zur anderen weitergegeben wird. Sprache, Schrift und Buchdruck sind wichtige Medien der kulturellen Weitergabe, durch die eine Infosphäre gebildet wird, in der kulturelle Evolution stattfindet. Meme unterliegen den evolutionären Anforderungen der Fruchtbarkeit, der Langlebigkeit und der Wiedergabetreue.

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