Augenprobleme bei Parkinson: Ursachen und Behandlungsansätze

Die Parkinson-Krankheit ist primär für ihre motorischen Symptome bekannt. Etwa 82% der Betroffenen leiden jedoch auch unter visuellen Problemen, die den Alltag erheblich beeinträchtigen können. Diese Sehstörungen, die oft übersehen werden, können die Lebensqualität der Patienten ebenso stark beeinflussen und die ohnehin vorhandene Gangunsicherheit verstärken sowie das Sturzrisiko erhöhen.

Häufigkeit von Sehstörungen bei Parkinson

Studien zeigen, dass jeder zweite Parkinson-Patient im Verlauf der Erkrankung an unspezifischen Sehstörungen leidet. Eine Studie, in der 848 Parkinson-Patienten mit durchschnittlich sieben Jahren Symptomdauer befragt wurden, ergab, dass 82 % über ein oder mehrere Augenprobleme berichteten, wobei 68 % angaben, in ihrem täglichen Leben beeinträchtigt zu sein. Im Vergleich dazu berichteten nur 48 % der gesunden Kontrollgruppe (250 Personen) über ähnliche Symptome, und nur 35 % fühlten sich dadurch im Alltag eingeschränkt.

Arten von Sehstörungen bei Parkinson

Die Sehstörungen bei Parkinson können vielfältig sein und umfassen:

  • Unspezifische Sehstörungen: Verschwommensehen, Doppelbilder, erhöhte Lichtempfindlichkeit, Probleme mit der Tiefenwahrnehmung und Oszillopsien (Scheinbewegungen von Objekten).
  • Trockene Augen (Keratokonjunktivitis sicca): Ein häufiges Problem, das durch verminderte Tränenvolumina zu Entzündungen der Augenoberfläche, Augenjucken, Verschwommensehen und Fremdkörpergefühl führt.
  • Kontrastsehstörungen: Zeitweises Verblassen von Buchstaben beim Lesen.
  • Doppelbilder (Diplopie): Treten bei 10-30 % der Patienten auf und resultieren aus Störungen der Augenmuskeln und ihrer Koordination.
  • Halluzinationen: Obwohl Halluzinationen nicht direkt zu den Sehstörungen zählen, werden sie oft im Zusammenhang mit Parkinson aufgeführt. Sie sind eher Störungen der Wahrnehmung.
  • Verminderte Lidschlagfrequenz: Während ein gesunder Mensch 5-10 Mal pro Minute blinzelt, kann die Rate bei Parkinson-Patienten auf 1-2 Mal reduziert sein.

Ursachen für Augenprobleme bei Parkinson

Die Ursachen für Sehstörungen bei Parkinson sind multifaktoriell:

  • Dopaminmangel: Der für Parkinson charakteristische Dopaminmangel betrifft nicht nur motorische Bahnen, sondern auch die Netzhaut und visuelle Verarbeitungszentren im Gehirn. Dopamin spielt eine wichtige Rolle bei der Signalübertragung zwischen Photorezeptoren und Ganglienzellen.
  • Altersbedingte Augenerkrankungen: Parkinson-Patienten leiden häufig auch unter altersbedingten Augenerkrankungen wie Katarakt, Glaukom und Makuladegeneration.
  • Parkinson-Medikamente: Einige Medikamente, die zur Behandlung von Parkinson eingesetzt werden, können selbst Sehstörungen verursachen.
  • Verminderte Lidschlagfrequenz: Führt zu trockenen Augen, da die Augenoberfläche nicht ausreichend mit Tränenflüssigkeit benetzt wird.
  • Störungen der Tränendrüsensekretion: Können mit dem Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung zunehmen. Eine reduzierte Blinzelfrequenz in Folge einer verminderten Sensibilität der Hornhaut und Hypokinese der Augen- bzw. Lidmuskulatur können ebenfalls eine Rolle spielen.
  • Eingeschränkte Steuerung der Augenmuskeln: Dopaminmangel im Gehirn kann die Steuerung der Augenmuskeln einschränken, was zu Doppelbildern und Problemen bei der Tiefenwahrnehmung führen kann.

Auswirkungen von Sehstörungen auf den Alltag

Sehstörungen können den Alltag von Parkinson-Patienten erheblich beeinträchtigen:

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  • Erhöhtes Sturzrisiko: Sehstörungen verstärken die Gangunsicherheit und erhöhen das Risiko von Stürzen.
  • Eingeschränkte Alltagsaktivitäten: Patienten haben Schwierigkeiten beim Lesen, Autofahren, Fahrradfahren und anderen alltäglichen Aktivitäten.
  • Soziale Isolation: Aufgrund der Einschränkungen ziehen sich einige Patienten zurück und reduzieren ihre sozialen Kontakte.
  • Erhöhte Verletzungsgefahr: Fehlende Teile des Gesichtsfelds können dazu führen, dass Patienten unabsichtlich an Gegenstände oder Personen stoßen.
  • Verbindung mit Schwindel, Benommenheit und Gangunsicherheit: Ihr Auftreten korreliert mit der Schwere der gefürchteten Gang- und Balancestörung mit Fallneigung und Stürzen.

Diagnose von Augenproblemen bei Parkinson

Die Diagnose von Augenproblemen bei Parkinson erfordert eine sorgfältige Untersuchung durch einen Augenarzt und einen Neurologen. Wichtig ist, dass der behandelnde Arzt gezielt nach Sehproblemen fragt und bei der Inspektion der Augen auf charakteristische Veränderungen achtet. Eine regelmäßige augenärztliche Untersuchung von Parkinson-Patienten ist aufgrund der Häufigkeit ophthalmologischer Komorbiditäten sinnvoll.

Behandlung von Sehstörungen bei Parkinson

Die Behandlung von Sehstörungen bei Parkinson erfordert einen multidisziplinären Ansatz:

  • Trockene Augen: Konservierungsmittelfreie künstliche Tränen können helfen, die Augenoberfläche zu befeuchten und Beschwerden zu lindern. Die Pflege der Lidkanten ist ebenfalls wichtig.
  • Doppelbilder: Prismengläser können angepasst werden, um die Doppelbilder zu korrigieren.
  • Optimierung der Beleuchtung: Kaltlichtlampen sorgen für kontrastreiche Beleuchtung und erleichtern das Lesen.
  • Botulinumtoxin-Injektionen: Können bei Lidkrampf und Lidheber-Apraxie eingesetzt werden.
  • Parkinson-spezifisches Augentraining: Eine Augentrainings-Software für tägliches Beüben der Augen im häuslichen Umfeld wurde entwickelt. Das Training kann in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen (Geschwindigkeit) durchgeführt werden und ist mit Maus oder Touchscreen bedienbar.
  • Optimale Kontrolle der Parkinson-Symptome: Eine gute Kontrolle der Parkinson-Symptome, insbesondere der Hypokinese, kann ebenfalls zur Verbesserung der Sehstörungen beitragen.
  • Überprüfung der Medikamente: Bei Sehstörungen sollten immer auch alle eingesetzten Medikamente auf Nebenwirkungen überprüft werden.

Entwicklung einer Augentrainings-Software

Im Jahr 2021 wurde mit Hilfe des Teams von Professor Alexander Mertens, Lehrstuhl und Institut für Arbeitswissenschaft an der RWTH Aachen, eine Augentrainings-Software für tägliches Beüben der Augen im häuslichen Umfeld entwickelt. Die finanzielle Unterstützung erfolgte durch die Deutsche Parkinson-Vereinigung e.V. (DPV). Das Training kann in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen (Geschwindigkeit) durchgeführt werden und ist mit Maus oder Touchscreen bedienbar.

Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Eine frühzeitige Erkennung und interdisziplinäre Behandlung der Sehstörungen kann die Lebensqualität von Parkinson-Patienten deutlich verbessern. Neurologen, Augenärzte, Orthoptisten und andere Spezialisten sollten eng zusammenarbeiten, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass Patienten und ihre Angehörigen offen über ihre Sehprobleme sprechen, damit eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung erfolgen kann.

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