Multiple Sklerose und Augenprobleme: Ursachen und Behandlung

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die eine Vielzahl von Symptomen verursachen kann. Augenprobleme sind ein häufiges Symptom von MS und können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Augenprobleme, die im Zusammenhang mit MS auftreten können, ihre Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Einführung in Multiple Sklerose und ihre Auswirkungen auf die Augen

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das körpereigene Immunsystem die Myelinscheiden der Nervenfasern angreift. Myelin ist eine Schutzschicht, die die Nervenfasern umgibt und für eine reibungsloseSignalübertragung verantwortlich ist. Wenn Myelin beschädigt wird, können die Nervenimpulse nicht mehr richtig weitergeleitet werden, was zu einer Vielzahl von neurologischen Symptomen führt.

Augenprobleme sind ein häufiges Symptom von MS, da die Sehbahn und die Augenmuskeln ebenfalls von der Entzündung betroffen sein können. Zu den häufigsten Augenproblemen bei MS gehören Sehnervenentzündung (Optikusneuritis), Doppelbilder (Diplopie) und Augenbewegungsstörungen.

Optikusneuritis: Entzündung des Sehnervs

Die Optikusneuritis ist eine Entzündung des Sehnervs, die häufig als erstes Anzeichen einer Multiplen Sklerose auftritt. Sie betrifft vor allem junge Erwachsene und kann zu einer plötzlichen Sehverschlechterung auf einem Auge führen.

Ursachen der Optikusneuritis

Die Optikusneuritis wird durch eine Autoimmunreaktion verursacht, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Myelinscheiden des Sehnervs angreift. Dies führt zu einer Entzündung und Schädigung des Sehnervs, was dieSignalübertragung vom Auge zum Gehirn beeinträchtigt. In vielen Fällen ist die Optikusneuritis das erste Anzeichen für eine Multiple Sklerose (MS). Etwa die Hälfte aller MS-Patienten erlebt mindestens einmal eine Optikusneuritis, und bei 20 bis 25 Prozent der MS-Erkrankungen steht die Optikusneuritis am Anfang.

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Symptome der Optikusneuritis

Die ersten Anzeichen einer Optikusneuritis können beunruhigend sein. Innerhalb von Stunden oder Tagen verschlechtert sich das Sehen auf einem Auge. Die Welt erscheint unscharf, wie durch einen Nebel. 90 Prozent der Patienten empfinden Schmerzen, wenn sie die Augen bewegen. Weitere Symptome können sein:

  • Verschwommenes Sehen
  • Schmerzen bei Augenbewegungen
  • Eingeschränktes Farbsehen
  • Gesichtsfeldausfälle
  • Vermindertes Kontrastsehen
  • Lichtblitze

Diagnose der Optikusneuritis

Die Diagnose einer Optikusneuritis basiert auf einer umfassenden augenärztlichen Untersuchung und neurologischen Bewertung. Zu den wichtigsten diagnostischen Verfahren gehören:

  • Anamnese: Der Augenarzt wird detailliert nach den Symptomen, der Krankengeschichte und eventuellen Vorerkrankungen fragen.
  • Sehschärfenprüfung: Die Sehschärfe wird auf beiden Augen gemessen, um das Ausmaß der Sehverschlechterung zu bestimmen. Die Sehschärfe kann bei der Optikusneuritis von „kein Lichtschein“ bis 1,5 reichen, wobei sie bei zwei Dritteln der Patienten unter 0,5 liegt.
  • Pupillenreaktion: Die Reaktion der Pupillen auf Licht wird untersucht, um einen relativen afferenten Pupillendefekt (RAPD) festzustellen. Bei einseitiger Optikusneuritis ist die über das betroffene Auge ausgelöste Pupillenlichtreaktion im Vergleich zum Partnerauge schwächer.
  • Gesichtsfelduntersuchung: Das Gesichtsfeld wird untersucht, um eventuelle Ausfälle festzustellen. Bei der Optikusneuritis finden sich meistens Zentral- und Zentrozökalskotome.
  • Farbsinnprüfung: Der Farbsinn wird mit speziellen Tests überprüft, um eine Störung des Farbsehens zu erkennen. Normalerweise erscheinen die Farben auf beiden Seiten annähernd gleich gesättigt und hell, im Fall einer Optikusneuritis wirken sie dunkler und entsättigt.
  • Augenspiegelung (Funduskopie): Der Augenhintergrund wird mit einem Augenspiegel untersucht, um den Zustand des Sehnervs zu beurteilen. Die Papille erscheint meist normal, bei einem Drittel findet sich ein leichtes Ödem.
  • Visuell evozierte Potentiale (VEP): Bei einer Sehnervenentzündung erweist sich hier die Leitungszeit der Information vom Auge ins Gehirn als verlängert.
  • Optische Kohärenztomographie (OCT): Mit dem Verfahren der optischen Kohärenztomographie (OCT) lässt sich zeigen, ob es Veränderungen in der Nervenfaserschicht der Netzhaut und der Ganglienzellschicht gibt.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Eine MRT des Gehirns und der Augenhöhlen kann durchgeführt werden, um Entzündungen des Sehnervs zu erkennen und andere Ursachen für die Symptome auszuschließen. Die Kernspintomographie kann die Entzündung im Sehnerv direkt zeigen. Typisch ist Kontrastmittelaufnahme in den T1-Sequenzen. Wichtig ist der Nachweis von Entmarkungsherden im Gehirn, vor allem im Balken und im periventrikulären Marklager, die am besten auf T2-FLAIR-Bildern zu erkennen sind.

Behandlung der Optikusneuritis

Die Behandlung der Optikusneuritis zielt darauf ab, die Entzündung zu reduzieren und die Sehfunktion wiederherzustellen. Die Entzündungsaktivität geht in der Regel nach einigen Wochen auch ohne Behandlung zurück und die Sehfunktion verbessert sich. Doch der Sehnerv bleibt in Teilen geschädigt. Die Behandlung verfolgt daher zwei Ziele: Einerseits geht es darum, die Entzündung in der akuten Phase rasch und wirksam zu hemmen, andererseits soll langfristig ein Wiederaufflammen der Entzündung verhindert werden (Rezidivprophylaxe). Die wichtigsten Behandlungsoptionen sind:

  • Hochdosierte Kortikosteroide: Eine kurzzeitige, hochdosierte Behandlung mit Kortikosteroiden kann die Entzündung rasch reduzieren und die Erholung des Sehvermögens beschleunigen. Dabei sind jedoch die möglichen Nebenwirkungen zu berücksichtigen.
  • Immunsuppressiva: Wenn die Optikusneuritis im Zusammenhang mit einer MS oder einer anderen Autoimmunerkrankung auftritt, wird in der Regel eine Basistherapie eingeleitet, die die Grunderkrankung behandelt und die zugleich ein Wiederaufflammen der Sehnervenentzündung verhindern soll. Dafür gibt es verschiedene Medikamente, die das Immunsystem hemmen. Diese Behandlung erfolgt beim Neurologen oder bei einem anderen mitbehandelnden Facharzt.
  • Rezidivprophylaxe: Langfristig ist eventuell eine Basistherapie zur Behandlung der zugrunde liegenden Autoimmunerkrankung sinnvoll, die auch ein Wiederaufflammen der Optikusneuritis unterbinden soll.

Verlauf und Prognose der Optikusneuritis

Die Aussichten für Patienten mit einer typischen Optikusneuritis sind in Hinblick auf das Sehvermögen gut: Fünf Wochen nach dem Auftreten der ersten Symptome ist der Wiederanstieg der Sehschärfe weitgehend abgeschlossen. Weitere leichte Verbesserungen sind aber auch innerhalb der nächsten zwölf Monate möglich. Zehn Jahre nach der Erkrankung haben 74 Prozent der Patienten einen Visus von 1,0 oder besser, bei 18 Prozent von ihnen liegt der Visus zwischen 0,5 und 0,8. Eine gewisse Schwäche beim Farb- und Kontrastempfinden bleibt jedoch dauerhaft bestehen und bei der Untersuchung der Sehnervenschicht der Netzhaut zeigt sich, dass ein gewisser Verlust an Nervenfasern aufgetreten ist, der nicht wieder rückgängig gemacht werden kann. Ein gutes Drittel der Patienten erleidet innerhalb von zehn Jahren am selben oder am Partnerauge eine weitere Entzündung des Sehnerven. Bei der selteneren atypischen Optikusneuritis sind die Aussichten für die Patienten schlechter, die Chancen, das Sehvermögen zu erhalten sind geringer.

Differenzialdiagnosen

Es ist wichtig, die Optikusneuritis von anderen Sehnervenerkrankungen abzugrenzen. Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen gehören:

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  • Anteriore ischämische Optikusneuropathie (AION): Diese Erkrankung wird durch eine Durchblutungsstörung des Sehnervs verursacht und führt zu einem plötzlichen, schmerzlosen Sehverlust.
  • Sehnerventumoren: Tumoren, die auf den Sehnerv drücken, können ebenfalls zu Sehverschlechterungen führen.
  • Lebersche hereditäre Optikusneuropathie (LHON): Diese seltene, genetisch bedingte Erkrankung führt zu einem raschen, irreversiblen Sehverlust.

Augenbewegungsstörungen und Doppelbilder

Doppelbilder, verschwommenes Sehen, Gleichgewichtsstörungen: 11,4 Prozent der befragten MS-Erkrankten in Deutschland gaben zum Zeitpunkt der letzten Meldung für das MS-Register der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. an, unter MS-bedingten Augenbewegungsstörungen (Okulomotorische Störungen) zu leiden. Ein weiteres häufiges Augenproblem bei MS sind Augenbewegungsstörungen, die zu Doppelbildern (Diplopie) führen können.

Ursachen von Augenbewegungsstörungen

Augenbewegungsstörungen bei MS entstehen durch Entzündungen und Schädigungen der Hirnnerven, die die Augenmuskeln steuern. Wenn diese Nerven geschädigt sind, können die Augen nicht mehr richtig aufeinander ausgerichtet werden, was zu Doppelbildern führt. Dieses MS-Symptom, das durch Entzündungen verschiedener Hirnnerven und/oder Wärme (Uhthoff-Phänomen) hervorgerufen bzw. verstärkt werden kann, führt dazu, dass die Bewegungen der Augäpfel nicht mehr richtig gesteuert werden.

Symptome von Augenbewegungsstörungen

Die Symptome von Augenbewegungsstörungen können je nach Art und Ausmaß der Schädigung variieren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Doppelbilder (Diplopie)
  • Verschwommenes Sehen
  • Schwindel
  • Gleichgewichtsstörungen
  • Augenzittern (Nystagmus)

Diagnose von Augenbewegungsstörungen

Die Diagnose von Augenbewegungsstörungen basiert auf einer neurologischen Untersuchung und speziellen Tests zur Beurteilung der Augenbewegungen. Zu den wichtigsten diagnostischen Verfahren gehören:

  • Neurologische Untersuchung: Der Neurologe wird die Augenbewegungen, die Pupillenreaktion und andere neurologische Funktionen untersuchen.
  • Orthoptische Untersuchung: Der Orthoptist wird spezielle Tests durchführen, um die Augenstellung, die Augenbewegungen und die Zusammenarbeit der Augen zu beurteilen.
  • Bildgebende Verfahren: Eine MRT des Gehirns kann durchgeführt werden, um Entzündungen oder Schädigungen der Hirnnerven zu erkennen.

Behandlung von Augenbewegungsstörungen

Eine medikamentöse Behandlung der MS-bedingten Bewegungsstörungen der Augen ist möglich, führt allerdings nicht immer zum gewünschten Erfolg. Die Behandlung von Augenbewegungsstörungen zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Zu den wichtigsten Behandlungsoptionen gehören:

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  • Prismenbrillen: Prismenbrillen können helfen, die Doppelbilder zu korrigieren, indem sie das Licht so brechen, dass die Bilder auf der Netzhaut wieder richtig ausgerichtet werden.
  • Okklusion: Das Abdecken eines Auges mit einem Pflaster kann helfen, die Doppelbilder zu beseitigen, indem es die Informationen von einem Auge ausblendet.
  • Botulinumtoxin-Injektionen: Botulinumtoxin kann in die Augenmuskeln injiziert werden, um sie zu schwächen und die Augenstellung zu korrigieren.
  • Operation: In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Augenmuskeln zu korrigieren.
  • Medikamentöse Behandlung: Eine Entzündung des Sehnervs können Sie in der Regel mit Kortison behandeln lassen, das als Infusion verabreicht wird. Bei anderen MS-Symptomen der Augen, wie z. B.

Andere Augenprobleme bei MS

Neben Optikusneuritis und Augenbewegungsstörungen können bei MS auch andere Augenprobleme auftreten, wie z. B.:

  • Trockene Augen: MS kann die Tränenproduktion beeinträchtigen und zu trockenen Augen führen.
  • Nystagmus: Unkontrollierbare, rhythmische Augenbewegungen, die zu verschwommenem Sehen und Schwindel führen können.
  • Uhthoff-Phänomen: Eine vorübergehende Verschlechterung der Sehkraft bei Erhöhung der Körpertemperatur, z. B. durch Sport, heißes Baden oder Fieber.

Umgang mit Augenproblemen bei MS

Augenprobleme können die Lebensqualität von Menschen mit MS erheblich beeinträchtigen. Es gibt jedoch verschiedene Strategien, die Betroffenen helfen können, mit ihren Symptomen umzugehen und ihre Lebensqualität zu verbessern:

  • Regelmäßige augenärztliche Untersuchungen: Regelmäßige Untersuchungen beim Augenarzt sind wichtig, um Augenprobleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
  • Anpassung der Lebensweise: Nutzen Sie bei Sehstörungen Hilfsmittel (z. B.
  • Hilfsmittel: Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die Menschen mit Sehbehinderungen helfen können, ihren Alltag besser zu bewältigen, wie z. B. Lupen, spezielle Brillen und elektronische Hilfsmittel.
  • Unterstützungsgruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Unterstützungsgruppen kann helfen, mit den emotionalen und sozialen Herausforderungen von MS umzugehen.

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