Epilepsie ist eine chronische neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch abnormale elektrische Entladungen im Gehirn. Viele Faktoren können Anfälle auslösen, darunter Schlafmangel, Stress und bestimmte Nahrungsmittel. Ein oft diskutiertes Thema ist die Wechselwirkung zwischen Epilepsie und Kaffee. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Zusammenhänge und gibt Empfehlungen für Betroffene.
Wie wirken Kaffee und Medikamente im Körper?
Viele Menschen mit Epilepsie nehmen Medikamente ein, um ihre Anfälle zu kontrollieren. Es ist wichtig zu wissen, dass bestimmte Nahrungsmittel die Wirkung dieser Medikamente beeinflussen können. Nahrung und Arzneimittel nehmen im Körper oft die gleichen Wege. Sowohl bei der Aufnahme im Magen-Darm-Trakt als auch beim Abbau in der Leber können Wechselwirkungen entstehen.
Kaffee enthält Koffein, das über das Enzym CYP1A2 abgebaut wird. Dieses Enzym ist auch für den Abbau einiger Medikamente zuständig. Wenn Koffein und bestimmte Medikamente gleichzeitig in der Leber ankommen, kann es zu einer verringerten Abbaurate der Medikamente kommen, was zu erhöhten Wirkstoffspiegeln im Blut und einer längeren Verweildauer führt.
Koffein und seine Auswirkungen auf den Körper
Koffein wirkt stimulierend auf das zentrale Nervensystem. Es verbessert die Wachheit, indem es die Wirkung von Adenosin, einem körpereigenen Stoff, der Müdigkeit verursacht, hemmt. Adenosin wird auch als eine schützende Substanz angesehen, die während eines epileptischen Anfalls freigesetzt wird. Koffein kann auch die Atmung anregen.
Übermäßiger Kaffeekonsum kann jedoch auch negative Auswirkungen haben. Er kann häufiges Wasserlassen verursachen, da Koffein die Blutfiltration in den Nieren steigert und das antidiuretische Hormon (ADH) hemmt. Dies kann zu Dehydrierung und dem Verlust wichtiger Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Natrium und Kalium führen.
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Wechselwirkungen mit Antiepileptika
Die verstärkt aufputschende Wirkung von Koffein kann besonders für Patienten mit Herzrhythmusstörungen oder Epilepsie gefährlich sein. Bestimmte Antibiotika wie Enoxacin, Cipro- und Norfloxacin hemmen das Enzym CYP1A2 und verstärken dadurch die Wirkung von Koffein. In solchen Fällen sollten Patienten auf Kaffee, Cola und schwarzen Tee verzichten, um Erregung, Unruhe, Schlaflosigkeit und Halluzinationen zu vermeiden.
Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass Kaffee in bestimmten Fällen positive Auswirkungen haben kann. Eine Studie aus Lyon deutet darauf hin, dass der Genuss hoher Kaffeemengen (mehr als 6 Tassen pro Tag) oder zumindest mittlerer Mengen (mindestens 4 Tassen pro Woche) mit einem geringeren Sauerstoffmangel während fokaler epileptischer Anfälle verbunden sein kann.
Koffein und andere Medikamente
Koffein kann auch die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen:
- Antidepressiva: Koffein kann die Wirkung von Antidepressiva beeinflussen, abhängig vom Typ des Medikaments. Trizyklische Antidepressiva (TCA) werden langsamer abgebaut, was Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen erhöhen kann. Monoaminoxidase-Hemmer (MAOIs) in Kombination mit Koffein können eine gefährliche Überstimulation des Nervensystems und Bluthochdruckkrisen verursachen. Bei neueren Antidepressiva wie SSRIs ist die Wechselwirkung weniger stark ausgeprägt, aber Koffein kann dennoch Nervosität, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen verstärken.
- Blutdruckmedikamente: Koffein kann die Wirkung von Betablockern, ACE-Hemmern, Angiotensin-II-Rezeptorblockern und Diuretika beeinflussen. Da Koffein harntreibend wirkt, kann es die Wirkung von Diuretika verstärken, was zu Dehydrierung und Elektrolytstörungen führen kann.
- Diabetes-Medikamente: Koffein kann den Glukosespiegel im Blut verändern und die Insulinsensitivität beeinflussen. Diabetiker sollten ihren Koffeinkonsum reduzieren, um die diabetische Stoffwechsellage nicht zu verschlimmern.
- Asthmamedikamente: Kaffee und Koffein können die Wirkung von Theophyllin, einem häufig verwendeten Bronchien erweiternden Wirkstoff, beeinflussen.
- Antibiotika: Bestimmte Antibiotika, insbesondere Gyrasehemmer wie Ciprofloxacin, können die Verarbeitung von Koffein im Körper verlangsamen, was zu erhöhten Koffeinspiegeln und verstärkten Nebenwirkungen führen kann.
- Schilddrüsenhormone: Die Wirkung von L-Thyroxin, einem künstlichen Schilddrüsenersatzhormon, kann durch die gleichzeitige Einnahme mit Kaffee reduziert werden.
- Alzheimer- und Parkinson-Medikamente: Kaffee beeinflusst die Blut-Hirn-Schranke, was die Wirksamkeit von Medikamenten, die im Gehirn wirken sollen, beeinträchtigen kann.
- Osteoporose-Medikamente: Kaffee kann die Aufnahme und Wirksamkeit von Medikamenten wie Risedronsäure und Alendronat zur Behandlung von Osteoporose verringern.
Weitere wichtige Wechselwirkungen
Neben Kaffee gibt es noch andere Substanzen, die die Wirkung von Medikamenten beeinflussen können:
- Grapefruit: Grapefruit und Grapefruitsaft enthalten Inhaltsstoffe, die das Enzym CYP3A4 hemmen, welches für den Abbau vieler Medikamente zuständig ist. Dies kann zu erhöhten Wirkstoffspiegeln und verstärkten Nebenwirkungen führen. Betroffen sind u.a. Herzmittel, Cholesterinsenker und Immunsuppressiva. Auch bei der Einnahme von Carbamazepin, einem Medikament zur Behandlung von Epilepsie, muss auf Grapefruit verzichtet werden, da es sonst zu Herzrhythmusstörungen und Schwindel kommen kann.
- Milchprodukte: Kalzium in Milch und Milchprodukten kann die Aufnahme bestimmter Antibiotika, Schilddrüsenhormone und Bisphosphonate beeinträchtigen. Es wird empfohlen, zwischen der Einnahme dieser Medikamente und dem Genuss kalziumreicher Nahrungsmittel mindestens zwei bis drei Stunden Abstand einzuhalten.
- Lakritze: Lakritze kann die Ausscheidung von Kalium verstärken und den Blutdruck erhöhen. Menschen mit Bluthochdruck sollten auf Lakritze verzichten.
- Gerbstoffe: Schwarzer Tee und Kaffee enthalten Gerbstoffe, die die Aufnahme von Eisen aus Eisenpräparaten beeinträchtigen können.
- Alkohol: Alkohol kann die Wirkung vieler Medikamente verstärken oder verändern. Antidiabetika, Psychopharmaka, Schlafmittel und Antihistaminika können in ihrer Wirkung durch Alkohol verstärkt werden, was zu Unterzuckerung oder schwerer Müdigkeit führen kann.
Epilepsie im höheren Alter
Die Epilepsie ist die dritthäufigste neurologische Erkrankung im höheren Alter. Bei älteren Patienten sind epileptische Anfälle oft fokal und können sich durch rhythmische Zuckungen einer Extremität oder Missempfindungen äußern. Die Symptome sind oft wenig typisch und werden leicht fehlgedeutet.
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Eine Reihe von Medikamenten kann die Krampfschwelle senken, darunter Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva, Muskelrelaxanzien, Sympathomimetika sowie eine Reihe von Analgetika, Antirheumatika und Antibiotika. Auch Störungen des Elektrolythaushalts wie eine Hyponatriämie können im Alter häufiger einen Krampfanfall auslösen.
Behandlung von Epilepsie im Alter
Bei der Auswahl des Antiepileptikums spielen altersbedingte Veränderungen der Pharmakokinetik eine große Rolle. Im Alter sind Magensekretion, Blutvolumen und Blutfluss sowie die gastrointestinale Motilität vermindert. Die Serumkonzentration eines Medikaments hängt stark von seiner Proteinbindung ab, die im Alter abnimmt. Wichtige altersbedingte Veränderungen sind eine Verminderung der Lebermasse und damit des Leberstoffwechsels sowie eine Abnahme der Nierenfunktion.
Enzyminduzierende Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Primidon sind im Alter aufgrund der vielen Interaktionen nicht zu empfehlen. Stattdessen werden häufig Lamotrigin und Levetiracetam bevorzugt, da sie besser vertragen werden.
Ketogene Diät als alternative Behandlungsmethode
Eine ketogene Diät kann als Ernährungstherapie vor allem bei Kindern zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt werden, wenn Medikamente nicht ausreichend wirken (medikamentenresistente Epilepsie). Die ketogene Ernährung ist sehr fettreich und extrem arm an Kohlenhydraten. Dadurch wird die Energie für das Gehirn vorwiegend durch aus dem Fettabbau stammende Ketone statt durch Glukose bereitgestellt.
Die ketogene Diät besteht üblicherweise aus 90% Fett sowie 10% Eiweiß und Kohlenhydraten. Es gibt verschiedene Formen der ketogenen Diät, wie die klassische ketogene Diät (KD), die modifizierte Atkins Diät (MAD), eine Diät mit mittelkettigen Fettsäuren (MCT-Diät) und die niedrig-glykämische Index-Therapie (LGIT). Die ketogene Ernährung bei Epilepsie sollte unter Aufsicht von Ärzten und Ernährungsexperten stattfinden.
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Empfehlungen für Epilepsiepatienten
- Kaffeekonsum: In der Summe der Befunde gibt es keinen Grund, Epilepsiepatienten generell vom Kaffeetrinken abzuraten. Es ist jedoch wichtig, den Kaffeekonsum im Auge zu behalten und auf mögliche Nebenwirkungen zu achten. Bei bestimmten Antibiotika oder Antidepressiva kann ein Verzicht auf Kaffee ratsam sein.
- Medikamenteneinnahme: Vor einer Medikamenteneinnahme sollte der Beipackzettel genau studiert werden, um mögliche Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln zu erkennen. Bei Unsicherheiten sollte ein Arzt oder Apotheker konsultiert werden.
- Regelmäßige Mahlzeiten: Regelmäßige Mahlzeiten können dazu beitragen, dass Anfälle unter Kontrolle bleiben.
- Ausreichend Flüssigkeit: Achten Sie darauf, dass Sie immer ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, besonders wenn Sie Sport treiben.
- Schlaf: Ausreichend Schlaf ist wichtig, da Schlafmangel ein häufiger Auslöser für Anfälle ist.
- Stressbewältigung: Einfache Dinge wie ein Spaziergang, ein Treffen mit Freunden oder das Hören von Musik können helfen, Stress abzubauen.
- Ernährungstagebuch: Das Führen eines Ernährungstagebuchs kann helfen, mögliche Auslöser für Anfälle zu identifizieren.
- Apothekenberatung: Apotheken bieten flächendeckend ein niederschwelliges, kostenfreies Beratungsangebot von Mensch zu Mensch.
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