Autismus Gehirn MRT Forschung: Neue Einblicke in Diagnose und Verständnis

Autismus ist eine vielschichtige Entwicklungsstörung, die sich in unterschiedlichen Ausprägungen manifestiert und oft erst spät erkannt wird. Die Diagnose basiert üblicherweise auf der Beobachtung von Symptomen, doch die Forschung schreitet voran, um Autismus früher und präziser zu erkennen. Neue Ansätze, die auf Magnetresonanztomographie (MRT) und künstlicher Intelligenz (KI) basieren, versprechen, die Diagnose und das Verständnis von Autismus grundlegend zu verändern.

Autismus: Eine Herausforderung in der Diagnose

Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) umfassen ein breites Spektrum von Ausprägungen. Während einige Betroffene kognitiv stark eingeschränkt sind, zeigen andere lediglich schwache Symptome. Gerade bei geringer Ausprägung bleibt Autismus oft unerkannt, und es werden möglicherweise andere Diagnosen gestellt, bevor Autismus überhaupt in Betracht gezogen wird.

Aktuell erfolgt die Diagnose von Autismus anhand der bisherigen Entwicklung, dem Verhalten und Befinden eines Kindes. Die Symptome werden in drei Bereichen deutlich: im sozialen Umgang, in der Kommunikation und in sich wiederholenden Verhaltensweisen. Diese Auffälligkeiten zeigen sich meist vor dem dritten Lebensjahr.

Es gibt keine genauen Angaben, wie viele Kinder in Deutschland mit Autismus leben. Laut Untersuchungen in Europa, Kanada und den USA sind es 1,3 bis 2,2 pro 1000 frühautistische Kinder. Eine Datenanalyse der Versicherung hkk will gezeigt haben, dass Autismus bei Kindern in Deutschland zunimmt.

KI-gestützte MRT-Analyse: Ein neuer Ansatz zur Diagnose

Forscher haben einen neuen Ansatz entwickelt, der auf künstlicher Intelligenz beruht. Dieser soll in der Lage sein, genetische Marker für Autismus anhand der biologischen Aktivität im Gehirn zu identifizieren. Die Genauigkeit liege bei 89 bis 95 Prozent.

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Der Test beginnt mit einer Standard-Gehirnkartierung mithilfe von MRT-Scans. Anschließend werden die Bilder mithilfe künstlicher Intelligenz erneut analysiert. Dadurch sollen Bewegungen von Proteinen, Nährstoffen und anderen Prozessen im Gehirn erkannt werden, die auf Autismus hindeuten könnten.

Die KI kann gelöschte oder verdoppelte DNA-Abschnitte zeigen, die auf Autismus hindeuten können. Diese Sequenzen des genetischen Codes zeigen Veränderungen auf, die in früheren Untersuchungen mit Autismus in Verbindung gebracht wurden.

Die KI basiert auf maschinellem Lernen und einer neuen mathematischen Gehirnmodellierungstechnik, die als „transportbasierte Morphometrie“ bezeichnet wird. Sie bezieht sich auf den Transport biologischer Materie im Gehirn und kann Muster identifizieren, die mit wichtigen Teilen des genetischen Codes verbunden sind.

Frühzeitige Erkennung durch MRT und KI

Mithilfe von KI-Algorithmen und der Diffusions-Tensor-Bildgebung (DT-MRT) lässt sich die Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung womöglich bald früher stellen. Anhand der DT-MRT kann man die Konnektivität des Gehirns darstellen. Eine Störung der Verbindungen zwischen den Hirnregionen gilt als eine primäre Ursache für Autismus. Bei 126 zwei- bis vierjährigen Kindern mit Autismus und 100 Kontrollen zeigte die Technologie bei der Erkennung einer Autismus-Spektrum-Störung eine Sensitivität von 97 % und eine Spezifität von 98 %. Bislang erhalten in den USA mehr als die Hälfte der autistischen Kinder ihre Diagnose erst nach dem dritten Geburtstag.

Eine schnelle Vergrößerung der Hirnoberfläche zeigt in einer prospektiven Studie bereits im ersten Lebensjahr an, ob ein Kind mit einem hohen familiären Risiko später eine Autismus-Spektrum-Störung entwickelt. Die Studie in Nature (2017; 542: 348-351) könnte erstmals eine Frühdiagnose ermöglichen.

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Das IBIS-Netzwerk (für Infant Brain Imaging Study) begleitete eine Gruppe von 106 Kindern mit einem hohen familiären Risiko (weil ein älteres Geschwisterkind erkrankt war) sowie 42 Kinder ohne erhöhtes Risiko seit ihrer Geburt. Im Alter von sechs, zwölf und 24 Monaten wurden kernspintomographische Aufnahmen (MRT) des Gehirns angefertigt. Die Ergebnisse wurden mit den ASD-Diagnosen in Beziehung gesetzt, die später im Alter von frühestens zwei Jahren bei 37 Kindern gestellt wurden.

Die Kinder mit späterer ASD zeigen zwischen den beiden ersten Untersuchungen ein verstärktes Hirnwachstum, das zu einer messbaren Vergrößerung der Hirnoberfläche führte. Nach der Analyse der Daten von einem Computer unter Anwendung eines Deep Learning Algorithmus (eine Variante des maschinellen Lernens) wurde ein Zusammenhang erkennbar.

Hirnflüssigkeit als Biomarker

Untersuchungen von der University North Dakota zeigten, dass Kleinkinder mit autistischen Symptomen schon als Babys durch mehr Hirnflüssigkeit auffielen als bei gesunden Gleichaltrigen üblich. Die überschüssige Menge an Hirnflüssigkeit blieb im Verlaufe der nachfolgenden Lebensmonate im Umfang erhalten.

Da Hirnflüssigkeit in Standard-MRT-Aufnahmen leicht zu erkennen ist, kann diese, so die Experten, lange vor den ersten Autismus Symptomen als möglicher früher Biomarker für die spätere Verhaltensstörung genutzt werden.

Wissenschaftler von der University North Dakota dokumentierten die Hirnentwicklung von 343 Säuglingen, von denen 221 autistische Geschwister hatten, mit Magnetresonanztomographie-Aufnahmen (MRT) im Alter von 6, 12 und 24 Monaten. Bei 47 von ihnen wurde im Alter von zwei Jahren Autismus auf herkömmliche Weise in Verhaltenstests diagnostiziert. Unterschiede in der Hirnentwicklung im Vergleich zu den gesunden Kindern zeigten ihre MRT-Bilder allerdings schon ab dem Alter von sechs Monaten an. Ab diesem Zeitpunkt wurde bei ihnen eine um bis zu 15 Prozent größere Menge an Hirnflüssigkeit beobachtet, die sich in den nachfolgenden Monaten auch nicht verringerte.

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Spezifischer Hirnmarker im Broca-Areal

Forscher des CNRS (französisches Zentrum für wissenschaftliche Forschung), der Universität Aix-Marseille und der staatlichen Krankenhauseinrichtung von Marseille (AP-HM) haben durch MRT-Untersuchungen einen für Autismus typischen speziellen Hirnmarker entdeckt, der ab dem zweiten Lebensjahr auftritt. Bei der entdeckten Anomalie handelt es sich um eine weniger ausgeprägte Falte des Broca-Areals. Diese Region des Gehirns ist für Sprache und Kommunikation verantwortlich - Funktionen, die bei Autisten gestört sind. Diese Entdeckung basiert auf den Ergebnissen der MRT-Untersuchungen und einer Kohorten-Studie an Patienten, bei denen bereits im frühen Alter diese Krankheit identifiziert wurde. Sie ermöglicht eine verbesserte und frühzeitigere Diagnose bei diesen Patienten.

Die Forscher beschäftigten sich insbesondere mit dem „sulcal pit“ - dem tiefsten Punkt jeder Hirnfurche. Sie untersuchten Jungen im Alter zwischen 2 und 10 Jahren, die in 3 Gruppen unterteilt waren (Autisten, Kinder mit autistischen Symptomen und Kinder ohne Autismus-Spektrum-Störungen). Sie stellten fest, dass die Hirnfurche bei autistischen Kindern deutlich geringer ausgeprägt war als bei den beiden anderen Gruppen. Diese spezifische Anomalie bei autistischen Kindern könnte als Biomarker für diese Erkrankung genutzt werden und so eine frühzeitigere Diagnose ermöglichen (ab einem Alter von 2 Jahren).

Genetische Grundlagen und Hirnarchitektur

Autismus -Spektrum-Störungen (ASD) sind neurologische Erkrankungen mit einer Vererbbarkeit von ~ 90%. Fehlerhafte neokortikale Schichtungen mit abnormen Postsynapsen wurden in MRT-Scans von ASD-Patienten beschrieben. Es soll untersucht werden, ob genetische Mutationen die anormalen architektonischen Veränderungen im Gehirn während der Entwicklung verursachen und zur Manifestation von ASD beitragen.

Eine Variation der Kopien-Nummer des Chromosoms 16p11.2 wurde identifiziert, die erhebliche Anfälligkeit für ASD verursacht. Die Expression von TAO2, einem bestimmten Gen in diesem Intervall, ist von besonderem Interesse , da es ein Ziel des RNA-Bindungsprotein Fragile X Mental Retardation Protein ( FMRP ) ist, das, wenn deletiert oder mutiert, die häufigste Form von geistiger Behinderung vererbt. Es soll ein neuer TAOK2/FMRP-abhängiger ASD-Signalweg identifiziert werden, der Gehirnarchitektur und -Konnektivität zu regulieren scheint. Es wird die Sequenzierung ganzer Genome verwendet, um neue TAO2- und FMR1-Mutationen in ASD-Kohorten zu entdecken und die Funktion der TAO2- und FMR1-Varianten in der Entwicklung von dendritischen Postsynapsen und Hirnkonnektivität untersucht.

Veränderungen in der sensorischen Verarbeitung

Neuroscientists at Technische Universität Dresden have now shown that adults with autism have altered processing of auditory communication signals already in the subcortical auditory pathway - a structure that connects the ears with the cerebral cortex. Voice processing is an evolutionary preserved process. Voice-specific responses are already present in utero and voice-specific brain responses develop early in human life - even before birth, the fetus reacts to the mother’s voice differently than to a stranger’s voice. In autism, altered voice perception such as a lack of preference for the mother's voice can already be observed in early infancy.

Prof. Katharina von Kriegstein and her team at TU Dresden have now presented a new study, in which they tested the functional integrity of auditory sensory pathway nuclei for voice processing in three independent functional magnetic resonance imaging (fMRI) experiments in groups of adults with autism and control groups. Members of the control groups were chosen according to age, sex, handedness, and IQ, so that they would match their partner in the experiment group. The neuroscientists focused on two aspects of voice processing that are impaired in autism: voice identity perception, and recognising speech in noise.

“We found reduced brain responses for the autism as compared to typically developed control groups in the inferior colliculus (IC) - the central midbrain structure of the auditory pathway, but not in other structures of the auditory pathway. The alterations occurred particularly for voice identity processing, but there are also first indications of alterations for speech-in-noise processing,” describes first author Dr. Stefanie Schelinski.

Prof. Katharina von Kriegstein and her team at TU Dresden provide first direct evidence that autism is associated with different processing of visual stimuli in the magnocellular lateral geniculate nucleus (mLGN), a small but crucial structure in the brain.

Using high-resolution functional magnetic resonance imaging (7T-fMRI), the team measured blood-oxygenation-level-dependent (BOLD) responses in the mLGN. This allowed to analyse the BOLD-responses and its differences between autistic and non-autistic adults in the mLGN. One specialisation of the mLGN is the perception of motion. Motion also plays a role in social interaction and communication, such as in the perception of face movements when laughing or talking.

Hirnasymmetrie bei Autismus

Häufig ist bei Menschen mit Autismus die Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung im Gehirn betroffen, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirkt. So weisen sie im Vergleich zu nicht-autistischen Personen subtile Veränderungen in der Asymmetrie der Gehirnstruktur auf und eine geringere Lateralität der funktionellen Aktivierung, in Bezug auf die Verwendung der linken oder rechten Hemisphäre im Gehirn.

Eine Ursache verorten Forschende in gestörten Mustern der Hirnasymmetrie, die möglicherweise mit einer abweichenden Lateralisierung funktioneller Prozesse zusammenhängen.

Gemeinsam mit Kolleg*innen aus Kanada hat der Forscher Hirnscan-Daten von 140 autistischen Personen und 143 nicht-autistischen Personen im Alter von fünf bis vierzig Jahren ausgewertet, um Ungleichgewichte auf Systemebene in den Hemisphären bei Autismus zu untersuchen. „Wir beobachteten eine verminderte linksgerichtete funktionelle Asymmetrie der Sprachnetzwerksorganisation bei Personen mit Autismus im Vergleich zu nicht-autistischen Personen. Während die Asymmetrie der Sprachnetzwerke bei letzteren in verschiedenen Altersgruppen variierte, war dies bei Autismus nicht der Fall.

Auswirkungen auf das Arbeitsleben

Personen, die autistisch sind oder ADHS haben, sind nicht krank, sondern ihr Gehirn arbeitet anders als der Durchschnitt. Bei einem passenden Arbeitsumfeld, können sie ihre Stärken einbringen. Der Arbeitsmarkt braucht Vielfalt. In Deutschland haben ein bis zwei Prozent der Erwachsenen die Diagnose Autismus. Etwa bei zwei bis drei Prozent der Erwachsenen in Deutschland wird ADHS festgestellt.

Nur 4 von 10 Personen mit Autismus sind erwerbstätig „Menschen mit Autismus haben oft Probleme bei der Jobsuche. In Deutschland stehen nur vier von zehn Personen mit Autismus in einem Arbeitsverhältnis. Bei Personen mit ADHS ist das Beibehalten der Stelle oft ein Problem“, sagt Kerstin Erdal.

Neurodivergente Menschen nehmen Stress intensiver wahr. Was Betroffenen helfen kann, sind ein ruhiges Arbeitsumfeld, unterstützende Technik, Rückzugsbereiche, klare Anweisungen und Strukturen oder die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten.

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