Autonome Neuropathie: Behandlung, Symptome und Therapieansätze

Die autonome Neuropathie ist eine Erkrankung des vegetativen Nervensystems, bei der die Verbindung zwischen Gehirn und dem autonomen Nervensystem gestört ist. Dies kann zu Funktionsstörungen von Blutgefäßen, Herz und Schweißdrüsen führen. Die Behandlung der autonomen Neuropathie zielt darauf ab, die zugrunde liegende Erkrankung zu behandeln und die Symptome zu lindern.

Was ist Autonome Neuropathie?

Unter einer Polyneuropathie versteht man eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen das periphere Nervensystem außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks geschädigt ist. Die Nerven steuern die Muskeltätigkeit, tragen das Körpergefühl und die Wahrnehmung auf der Haut und beeinflussen die Funktion der inneren Organe. Bei einer Polyneuropathie ist die Reizweiterleitung der Nerven gestört. Reize werden nicht, zu stark oder abgeschwächt an das Gehirn geleitet. Kommandos vom Gehirn werden nicht mehr zuverlässig an die Muskeln und die inneren Organe weitergeleitet.

Ursachen der Autonomen Neuropathie

Die autonome Neuropathie ist selten eine eigenständige Krankheit. Vielmehr ist sie als sekundäre Folgeerkrankung zu betrachten. Die häufigste Ursache ist Diabetes. Weitere Auslöser sind Autoimmunkrankheiten, Parkinson, Viren und Bakterien sowie bestimmte Medikamente. In manchen Fällen ist die autonome Neuropathie angeboren. Insgesamt gibt es mehr als 2.000 Auslöser für eine Polyneuropathie. Die häufigsten Ursachen sind jedoch mit Abstand Diabetes und Alkoholmissbrauch. Weitere häufigere Ursachen sind:

  • Schilddrüsenerkrankungen
  • Nierenerkrankungen
  • Lebererkrankungen
  • Krebserkrankungen
  • Medikamente gegen Krebs
  • Vitaminmangel (Vitamin B12) nach Magen-Operationen o.ä.
  • Infektionen (z.B. HIV, Borreliose, Diphterie, Pfeiffersches Drüsenfieber)

Sind die Nerven selbst entzündet, so nennt man das Polyneuritis. Eine besonders rasch innerhalb von zwei bis drei Tagen auftretende Polyneuritis ist das Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Rund 20 Prozent aller Fälle bleiben ungeklärt.

Symptome der Autonomen Neuropathie

Da fast alle Organe betroffen sein können, sind die Symptome entsprechend vielfältig:

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei diabetischer autonomer Neuropathie

  • Herzrasen, Schwindel, Blutdruckabfall (orthostatische Hypotonie)
  • Beschwerden im Magen-Darm-Trakt
  • Lähmungserscheinungen vornehmlich an Händen und Füßen
  • Schwellung der Unterschenkel mit Auftreten von Ödemen
  • Blasenstörungen
  • Erektile Dysfunktion (Potenzstörungen)
  • Herzrhythmusstörungen
  • Blähgefühl und Appetitlosigkeit, Aufstoßen
  • Durchfall und Verstopfung im Wechsel
  • Urininkontinenz, Stuhlinkontinenz
  • Impotenz
  • Gestörtes Schwitzen
  • Schlechte Kreislaufregulation mit Schwindel beim (raschen) Aufstehen (Orthostase)
  • Schwellung von Füßen und Händen (Wassereinlagerungen)
  • Kribbeln
  • Stechen
  • Taubheitsgefühle
  • Schwellungsgefühle
  • Druckgefühle
  • Gangunsicherheit
  • Fehlerhaftes Temperaturempfinden

Eine Kombination verschiedener Symptome ist bei Polyneuropathie möglich. Bei den meisten Diabetikern besteht in Folge des Diabetes eine Polyneuropathie. Die Symptome zeigen sich zuerst und vor allem im Fuß. Es beginnt meistens mit einem Kribbeln oder Brennen im Fuß. Im späteren Verlauf treten wegen fehlendem Gefühl im Fuß schmerzlose und schlecht heilende Wunden auf, die zu einer Nekrose (schwarzer Verfärbung und Absterben von Zehen, Fuß usw.) führen können (Diabetischer Fuß).

Diagnose der Autonomen Neuropathie

Die Diagnose bei autonomer Neuropathie gestaltet sich ziemlich aufwendig, da verschiedene Auslöser infrage kommen. Neben einer Beurteilung der Krankengeschichte sind eine Reihe von Tests angezeigt. Hierzu gehört in erster Linie die Bestimmung des Blutzuckerspiegels, um Diabetes als primäre Ursache auszuschließen. Zur weiteren Diagnostik werden Herz, Blutdruck und Lungenfunktion überprüft unter Einbeziehung bildgebender Verfahren (Ultraschall, Magenspiegelung). Bei vermuteter Störung des Immunsystems erfolgt ein Test auf den Antikörper A3, der in diesen Fällen bei 50 % aller Patienten nachgewiesen werden kann.

Zusätzlich zur ausführlichen neurovegetativen Anamnese und sorgfältigen neurologischen Untersuchung sollte die klinische Beurteilung autonomer Funktionen auch die Untersuchung der Pupillengröße und -symmetrie sowohl bei Licht, Dunkelheit als auch bei abwechselnder Pupillenbeleuchtung im Swinging-flashlight-Test erfolgen und ebenfalls die Akkomodationsreaktion einschließen. Orientierend wird das Blutdruck- und Pulsverhalten beim Wechsel vom Liegen ins Stehen untersucht (Schellong-Test). Es sollte nach 2 min Liegen und zu den Zeitpunkten 1 und 2 min nach dem Aufstehen gemessen werden. Die Haut sollte auf Trockenheit bzw.

Die Routinelaboruntersuchung zur Abklärung der autonomen Funktionsstörungen umfasst die Messung von Blutzucker, HbA1c, thyreoideastimulierendem Hormon (TSH) und Vitamin B12, Serum- und Urinelektrophorese, Immunfixation (AL-Amyloidose?). Für die Diagnostik der Sjögren-Erkrankung sollten die SSA- und SSB-Antikörper bestimmt werden. Bei allen Patienten mit subakuter Entwicklung autonomer Funktionsstörungen empfiehlt sich die Bestimmung der Antikörper gegen ganglionäre Acetylcholinrezeptoren, gegen spannungsabhängige P/Q- und N-Typ-Kalziumkanäle, gegen spannungsabhängige Kaliumkanäle sowie der Anti-Hu-Antikörper.

Im Rahmen der Diagnostik einer Kreislaufdysregulation in Orthostase kann der Vergleich der Katecholaminplasmaspiegel im venösen Blut des Unterarms zwischen Liegen und Stehen hilfreich sein. Es sollten Noradrenalin, Dopamin und Adrenalin im Liegen und 5-10 min nach dem Aufstehen bestimmt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Ergebnisse durch die Einnahme von Medikamenten beeinflusst sein können. Andererseits kann ein präsynaptischer Noradrenalin-Mangel bspw. im Rahmen des Pure Autonomic Failure. Sofern bei Patienten mit OH die Dopaminspiegel erhöht und Noradrenalin- bzw.

Lesen Sie auch: Diabetes und Nervenschäden

Die autonome Funktionsdiagnostik ist zur Einordnung von Typ, Ausprägung und zeitlichem Verlauf der neurovegetativen Funktionsstörungen indiziert und sowohl für die Diagnostik von Parkinson-Erkrankungen und Ataxien als auch bei dem Verdacht auf eine Small-Fiber-Neuropathie oder Ganglionopathie zu empfehlen. Erforderlich ist die Untersuchung der sudomotorischen, kardiovagalen und der vasomotorischen Funktionen. Die vagale Kontrolle des Sinusknotens wird über die Herzratenvariabilität erfasst. Standardtests sind die Stimulation mittels 10-Sekunden-Atmung sowie das Valsalva-Manöver. Dieser rasch bettseitig ausführbare Test beginnt mit der Messung von Blutdruck und Puls im Liegen im zweiminütigen Intervall für etwa 5-10 min. Nachdem sich die Patienten selbstständig aufgerichtet haben, wird die Messung im Stehen über max. Um eine hohe Sensitivität des Tests zu erreichen, sollte die Untersuchung am Morgen durchgeführt werden. Die Patienten sollten noch keine Mahlzeit zu sich genommen haben. Kaffee, Tee, koffeinhaltige Getränke, Alkohol und Zigaretten sollten vor Untersuchung ebenfalls vermieden werden. Antihypertensiva und andere Medikamente mit Einfluss auf den Blutdruck werden möglichst erst nach der Kipptischuntersuchung eingenommen. Während der Kipptischuntersuchung wird aus der liegenden Position nach wenigen Minuten der Proband in die um 70° aufgerichtete Position gebracht. Die Untersuchungsdauer richtet sich nach dem Auftreten von orthostatischen Beschwerden bzw. einer signifikanten Veränderung von Blutdruck oder Puls im Stehen. Die Bestimmung der intraepidermalen Dichte markloser Fasern anhand von Hautbiopsien kann zur Diagnost

Therapie der Autonomen Neuropathie

Das Therapieziel ist stets auf die ursächliche, die autonome Neuropathie auslösende, Krankheit gerichtet. Diese bestimmt dann die Art und Weise der Behandlung. Erkrankungen des autonomen Nervensystems zeigen sich durch neurovegetative Überfunktion oder Unterfunktion. Dabei treten autonome Funktionsstörungen isoliert auf oder im Rahmen einer neurologischen Erkrankung. Die Beschwerden können das sympathische, parasympathische oder enterische Nervensystem isoliert oder in Kombination betreffen.

Sofern autoimmune, metabolische, infektiöse oder auch degenerative Ursachen nachweisbar sind, besteht die Möglichkeit, durch Behandlung der Grunderkrankung eine Verbesserung der autonomen Nervenfunktionen zu erzielen. Autonome Neuropathien im Rahmen von Hypovitaminosen wie beispielsweise dem Vitamin-B12-Mangel sind in der Regel nach Behandlung reversibel.

Medikamentöse Therapie neuropathischer Schmerzen

Zur Linderung neuropathischer Schmerzen stehen verschiedene medikamentöse Ansätze zur Verfügung, die auf die zugrunde liegenden Pathomechanismen abzielen. Eine komplette Schmerzfreiheit kann mit den derzeit verfügbaren Medikamenten in der Regel nicht erzielt werden. Die oralen Medikamente sollten langsam aufdosiert und je nach Nebenwirkungen individuell titriert werden. Patienten sollten darüber aufgeklärt werden, dass die analgetische Wirkung zeitverzögert eintritt.

Die wichtigsten Substanzen mit Hinweisen zur Dosierung sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die aktuelle S2-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt die Antikonvulsiva Gabapentin und Pregabalin sowie trizyklische Antidepressiva (TCA) und Duloxetin als Mittel der ersten Wahl zur Therapie neuropathischer Schmerzen.

Lesen Sie auch: Ursachen diabetischer Neuropathie

Laut aktueller S2-Leitlinie der DGN sollen Gabapentin und Pregabalin als Mittel der ersten Wahl zur Therapie chronischer neuropathischer Schmerzen eingesetzt werden, unabhängig von der Ätiologie. Auch in einer Metaanalyse der Neuropathic Pain Special Interest Group (NeuPSIG) wird eine starke Empfehlung für den Einsatz von Gabapentin und Pregabalin ausgesprochen - bei einer „number needed to treat“ (NNT) von 6,3-8,3 für Gabapentin und 7,7 für Pregabalin. Nebenwirkungen unter der Therapie sind häufig und umfassen vor allem zentralnervöse Effekte wie Schwindel, Schläfrigkeit, Konzentrations- und Gleichgewichtsstörungen, die nicht selten zum Therapieabbruch führen.

Carbamazepin, Oxcarbazepin, Lamotrigin und Topiramat blockieren Natriumkanäle peripherer Nozizeptorafferenzen. Aufgrund der geringen Evidenz und häufiger Nebenwirkungen werden Carbamazepin und Oxcarbazepin laut Leitlinie nicht zur Behandlung von schmerzhaften Polyneuropathien empfohlen. Bei Versagen von Gabapentin und Pregabalin kann im Einzelfall ein Off-label-Versuch erfolgen, vor allem bei einschießenden Schmerzattacken. Das Nebenwirkungsprofil von Carbamazepin und Oxcarbazepin ist ungünstig und umfasst kognitive Störungen, Benommenheit, Müdigkeit, Schwindel, Ataxie und gastrointestinale Störungen, aber auch Hyponatriämie, Blutbildveränderungen, Leberschädigung oder allergische Hautreaktionen. Topiramat und Lamotrigin sollten im Allgemeinen nicht zur Therapie neuropathischer Schmerzen eingesetzt werden. Lamotrigin kann im Einzelfall (bei Human-immunodeficiency-virus[HIV]-Neuropathie) erwogen werden, sollte jedoch wegen Nebenwirkungen (allergische Hautreaktionen) vorsichtig aufdosiert werden. Lacosamid wirkt ebenfalls über Blockade von Natriumkanälen. In der aktuellen Leitlinie wird der generelle Einsatz bei unzureichender Datenlage nicht empfohlen.

Die selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin und Venlafaxin führen über eine Inhibition der Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin zu einer Verstärkung der endogenen deszendierenden Schmerzhemmung. Laut Leitlinie sollten TCA als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden. Insbesondere bei begleitenden Schlafstörungen kann sich Amitriptylin aufgrund seines sedierenden Effekts günstig auswirken. Bei der DPN ist Amitriptylin einem Placebo deutlich überlegen (NNT 5,1). Aufgrund der nichtselektiven Bindung sind Nebenwirkungen häufig. auf. Bei möglichen kardialen Komplikationen wird vor Therapiebeginn die Ableitung eines Elektrokardiogramms ab dem 65. Lebensjahr empfohlen. Duloxetin ist in Deutschland als Mittel der ersten Wahl für die Behandlung der schmerzhaften DPN zugelassen. Die NNT für eine mindestens 50 %ige Schmerzreduktion liegt bei 5,8 für 60 mg/Tag bzw. 5,7 für 120 mg. Für eine Dosis unter 60 mg/Tag konnte kein wirksamer Effekt gezeigt werden. Venlafaxin hat in Deutschland keine Zulassung für die Behandlung neuropathischer Schmerzen, es kann jedoch in Einzelfällen „off label“ eingesetzt werden. In einem Review mit 13 Studien, darunter 8 zur Polyneuropathie, konnte eine signifikante Schmerzreduktion ab einer Dosis von 150 mg gezeigt werden. Zu Therapiebeginn treten häufig Übelkeit und Erbrechen auf, diese sind jedoch im Verlauf oft reversibel. Aufgrund potenzieller Blutdrucksteigerung werden regelmäßige Kontrollen empfohlen.

Ein Vorteil der Topika ist die geringe systemische Nebenwirkungsrate und somit gute Verträglichkeit, sodass der Einsatz vor allem für ältere Patienten empfohlen wird. Nach Nervenschädigung kommt es unter anderem zu einer Transient-receptor-potential-vanilloid-1(TRPV1)-Überexpression auf intakten Nervenfasern. Vom Capsaicinpflaster wird Capsaicin in die Haut freigesetzt und bindet selektiv TRPV1-Rezeptoren auf nozizeptiven Endigungen. Dies resultiert initial in einer Übererregbarkeit der Nervenfasern mit Brennen, Hyperalgesie, Allodynie und Rötung durch Freisetzung vasoaktiver Substanzen. Allgemein werden Capsaicinpflaster hinsichtlich ihres schmerzlindernden Effekts in verschiedenen Übersichtsarbeiten als vergleichbar zu anderen Therapieansätzen bewertet. Die S2-Leitlinie empfiehlt das Hochdosispflaster als zweite Wahl zur Therapie neuropathischer Schmerzen, bei lokalisierten Schmerzen auch als Primärtherapie. Generell sollte die Therapie so früh wie möglich im Krankheitsverlauf begonnen werden. Unter der Therapie können lokale Hautreaktionen wie Rötung, Brennen und Juckreiz, auftreten.

Lidocainpflaster wirken als Lokalanästhetika über Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle auf Nozizeptorafferenzen. Zudem bildet das Pflaster eine mechanische Barriere gegenüber äußeren Reizen mit Schutz vor Allodynie und Hyperalgesie. Laut Leitlinie können Lidocainpflaster in der Therapie lokalisierter neuropathischer Schmerzen als zweite Wahl eingesetzt werden (bei postherpetischer Neuralgie gegebenenfalls als erste Wahl), bei allen anderen Neuropathien „off label“. In mehreren offenen klinischen Studien konnte eine positive Wirkung von Lidocainpflastern bei DPN gezeigt werden, sodass der Einsatz grundsätzlich empfohlen wird. Da nur etwa 3 % des Lidocains systemisch absorbiert werden, sind systemische Nebenwirkungen selten.

Der schmerzlindernde Effekt intrakutaner Botulinumtoxin(BTX)-Injektionen entsteht durch verminderte Freisetzung proinflammatorischer Substanzen, Deaktivierung von Natriumkanälen und verminderten axonalen Transport mit Verhinderung einer peripheren und zentralen Sensibilisierung. In einer Metaanalyse zweier Studien zur Behandlung der DPN wurde eine signifikante Schmerzreduktion gezeigt. In einer placebokontrollierten Studie wurden 66 Patienten mit peripherem neuropathischem Schmerz untersucht (14 mit schmerzhafter Polyneuropathie). Es fand sich eine signifikante Schmerzlinderung über 24 Wochen (NNT 2,5). Insgesamt wurde aufgrund der unzureichenden Datenlage eine Level-B-Empfehlung für BTX bei DPN ausgesprochen.

Opioide wirken als Agonisten an µ‑Opioidrezeptoren im zentralen Nervensystem. Einige Opioide wirken zusätzlich auf die endogene Schmerzmodulation. Je nach Wirksamkeit werden niederpotente und hochpotente Opioide unterschieden, wobei jeweils die Morphinäquivalenzdosis angegeben wird. Neben zentralnervösen Nebenwirkungen (Schwindel, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen) und Obstipation, kann es im Verlauf auch zu einer Toleranzentwicklung kommen. Der Einsatz von Opioiden mit dualem Wirkmechanismus liefert einen zusätzlichen analgetischen Nutzen. Das niederpotente Tramadol hemmt neben seiner Wirkung am µ‑Rezeptor die Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme. Tapentadol wirkt zusätzlich über eine Noradrenalinwiederaufnahmehemmung. In einer Analyse zweier placebokontrollierter Studien zur Behandlung der DPN konnte durch den Einsatz von Tapentadol eine signifikante Schmerzlinderung erzielt werden. In der NeuPSIG-Leitlinie werden niederpotente Opioide als zweite Wahl und hochpotente Opioide als dritte Wahl empfohlen.

Patienten mit DPN sind meist Cluster 1 zugeordnet. Zurzeit wird untersucht, ob das therapeutische Ansprechen auf bestimmte Medikamente je nach Clusterzugehörigkeit unterschiedlich ist. Die Notwendigkeit der Patientenstratifizierung wird durch eine Studie von Demant et al. untermauert, in der der Effekt von Oxcarbazepin auf die Schmerzintensität bei peripherem neuropathischem Schmerz untersucht wurde. Die Subgruppe von Patienten mit einer thermischen Hyperalgesie („irritable nociceptor phenotype“) profitierte hier deutlicher von der Therapie als die Gesamtkohorte (NNT 3,9 vs.

Aufgrund der unzureichenden Schmerzlinderung und häufiger Nebenwirkungen unter den derzeit verfügbaren Medikamenten werden in aktuellen Studien neue Therapeutika zur Behandlung neuropathischer Schmerzen untersucht. Cannabinoide wirken als Agonisten am Cannabinoidrezeptor Typ 1 (CB1). Die Hauptkomponenten sind Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol. In einem aktuellen Cochrane-Review zeigte sich eine deutlichere Schmerzreduktion unter Cannabinoiden im Vergleich zu Placebo, allerdings auch häufiger zentrale Nebenwirkungen. Insgesamt waren die einzelnen Studien klein, von kurzer Dauer und aufgrund der unterschiedlichen Formulierungen und des unterschiedlichen Studiendesigns nicht vergleichbar. Ein neuer vielversprechender Ansatz zur Therapie ist das „gene silencing“ mutierter Gene. Kürzlich wurden mit Inotersen und Patisiran zwei Medikamente zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose mit Polyneuropathie zugelassen, die über ein genetisches Knock-down des betroffenen Proteins Transthyretin wirken.

Physikalische Therapie

Da Polyneuropathien häufig mit einer sensiblen Ataxie und motorischen Ausfällen einhergehen, sollte die medikamentöse Therapie um physiotherapeutische Maßnahmen ergänzt werden. Ziele sind unter anderem die Verbesserung von Stand, Gang und Gleichgewicht sowie ein gezieltes Training der Muskelkraft. Zur Verbesserung der Feinmotorik können ergotherapeutische Maßnahmen eingesetzt werden. Neben sensiblen und motorischen Symptomen können auch autonome Funktionsstörungen, wie eine orthostatische Hypotonie oder gastrointestinale Störungen, auftreten, die eine gezielte Therapie erfordern.

In der physikalischen Therapie können vor allem sensible und motorische Symptome gelindert werden. Dazu nutzen wir Bäder, Elektrotherapie und Wärmeanwendungen In der Krankengymnastik, der Sporttherapie und der medizinischen Trainingstherapie (spezielles Krafttraining) lernen Sie spezielle Übungen und stärken Ihre geschwächte Muskulatur.

Behandlung spezifischer Symptome

Neben der Behandlung der Symptome erfolgen immunmodulatorische Therapien, das Management von Diabetes oder die Behandlung der Amyloidose.

  • Magen- und Darmprobleme: Häufigere, aber kleinere Mahlzeiten. Übelkeit und Durchfall behandeln wir mit Medikamenten.
  • Schwindel und körperliche Schwäche: Stützstrümpfen und regelmäßigem Muskeltraining.
  • Impotenz: Wirkstoffe wie Sildenafil können die Beschwerden lindern.
  • Orthostatische Hypotonie: Patientenaufklärung inkl. Ernährung: wenig Fett, ballaststoffarm.

Wie wir Polyneuropathie durch Diabetes behandeln:

Bei der Behandlung der Polyneuropathie durch Diabetes, steht die Behandlung des Diabetes im Vordergrund: Durch die Senkung Ihres Blutzuckers verhindern wir ein Voranschreiten der Erkrankung. Durch eine richtige Fußhygiene verhindern wir eine Entzündung oder unbemerkte Verletzungen. Die Schmerzen behandeln wir sowohl medikamentös als auch physikalisch.

Wie wir Polyneuropathie durch Alkoholmissbrauch behandeln:

Für eine erfolgreiche Therapie von alkoholbedingter Polyneuropathie ist eine absolute Alkoholabstinenz notwendig. Wir gleichen ggf. Ihre Vitamindefizite durch hoch dosierte Nahrungsergänzungsmittel aus. Die Schmerzen behandeln wir sowohl medikamentös als auch physikalisch.

Auch wenn die Ursache Ihrer Erkrankung nicht eindeutig sein sollte, kann man Polyneuropathie symptomatisch behandeln.

Auswirkungen der Autonomen Neuropathie auf verschiedene Organe

Die autonome Polyneuropathie kann verschiedene Organe und Körperfunktionen beeinträchtigen. Hier sind einige Beispiele:

  • Dickdarm: Verstopfungen, Völlegefühl und Blähungen.
  • Dünndarm: Chronische Diarrhö.
  • Herz: Erhöhter Ruhepuls oder Pulsstarre, unklare Schwindelzustände nach dem Aufstehen, rascher Pulsanstieg bei Belastung, ungeklärte Tachykardien und Wegfall des nächtlichen Blutdruckabfalls.
  • Blase: Verlust des Blasenempfindens, Blasenüberfüllung und Überlaufinkontinenz, Harnwegsinfekte und schwacher Urinstrahl.
  • Gallenblase: Bildung von Gallensteinen.
  • Blutzuckerspiegel: Schwierigkeiten, eine Unterzuckerung festzustellen.
  • Sexualleben: Erektile Dysfunktion bei Männern, Verlust der Libido, trockene Schleimhäute und schmerzhafte Entzündungen im Bereich der Vagina bei Frauen.
  • Schweißproduktion: Vermehrtes Schwitzen beim Essen (gustatorisches Schwitzen) oder vermindertes Schwitzen, was zu trockener, rissiger Haut führen kann.

tags: #autonome #neuropathie #behandlung