Das Nervensystem, ein komplexes Netzwerk, das unseren Körper steuert, wird in zwei Hauptbereiche unterteilt: das periphere Nervensystem (PNS), das sich außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks befindet, und das zentrale Nervensystem (ZNS), das aus Gehirn und Rückenmark besteht. Nervenzellen, auch Neuronen genannt, sind die grundlegenden Funktionseinheiten dieses Systems, aber sie sind nicht die einzigen Zelltypen im Gehirn. Gliazellen, von griechisch "glia" für Leim, spielen eine Vielzahl von unterstützenden Rollen, darunter die Bereitstellung von Struktur und Halt, die Immunabwehr des Gehirns, die Bildung der Blut-Hirn-Schranke, die Beteiligung an der Signalübertragung und die elektrische Isolierung von Nervenzellen.
Vielfalt der Nervenzellen und ihre Funktionen
Nervenzellen gibt es in verschiedenen Formen, die jeweils auf bestimmte Funktionen spezialisiert sind. Rezeptorzellen sind beispielsweise dafür verantwortlich, Signale aus der Umgebung zu empfangen. Diese Signale können von verschiedenen Sinnesorganen stammen, wie z. B. Geschmack, Geruch, Sehen, Hören, Tastsinn, Schmerz, Propriozeption (die Wahrnehmung der Körperlage und -stellung), Wärme und Kälte.
Diese Rezeptorzellen leiten die empfangenen Signale an zwei Haupttypen von Nervenzellen weiter:
- Interneurone: Diese Nervenzellen verbinden zwei Neuronen miteinander, die sich am selben Ort befinden, und ermöglichen so eine lokale Verknüpfung.
- Projektionsneurone: Diese Nervenzellen verbinden zwei Neuronen miteinander, die sich an verschiedenen Orten befinden, und überbrücken so weite Strecken im Körper oder verbinden verschiedene Gehirnareale miteinander. Einige Projektionsneurone können über einen Meter lang sein.
Wenn eine Reaktion erforderlich ist, erfolgt diese in der Regel durch eine Art von Muskelbewegung. Muskeln sind an allem beteiligt, von Sprechen über Augenbewegungen bis hin zu Laufen und Winken. Die Signale im Körper fließen immer in einer bestimmten Richtung: von der Rezeptorzelle zu den Motoneuronen. Neuronen haben also eine Richtung, in der sie Signale transportieren.
Die Anatomie einer Nervenzelle: Dendriten, Soma, Axon
Eine typische Nervenzelle besteht aus mehreren Schlüsselkomponenten:
Lesen Sie auch: Gehirnzellen und Anästhesie: Ein detaillierter Blick
- Dendriten: Baumartige Zellfortsätze, die in der Regel erregende/aktivierende Synapsen enthalten. Sie empfangen Signale von anderen Neuronen.
- Soma (Zellkörper): Enthält den Zellkern und integriert die eingehenden Signale von den Dendriten.
- Axonhügel: Hier wird das erregende postsynaptische Potential (EPSP), falls stark genug, in Aktionspotentiale umgewandelt.
- Axon: Transportiert das Signal in Form von Aktionspotentialen zur Präsynapse.
Nervenzellen transportieren also Signale von den Rezeptorzellen zum Gehirn und ausgehende Signale vom Gehirn zu den Muskeln. Rezeptorzellen stellen den Kontakt zur Umgebung her und reagieren auf spezifische Signale aus der Umwelt.
Signalübertragung an Synapsen: Chemische und elektrische Prozesse
Synapsen, die Kontaktstellen zwischen Neuronen, gibt es in zwei Arten: elektrische und chemische. Die meisten Neuronen sind über chemische Synapsen miteinander verbunden, wo das Signal in Form von Neurotransmittern weitergegeben wird.
Eine chemische Synapse besteht aus drei Teilen:
- Präsynapse: Setzt Neurotransmitter in den synaptischen Spalt frei.
- Synaptischer Spalt: Der Raum zwischen den Neuronen.
- Postsynapse: Enthält Rezeptoren, die Neurotransmitter binden und ein Signal in der folgenden Nervenzelle erzeugen.
Dieses Signal ist in der Regel ein erregendes postsynaptisches Potential (EPSP), das das Membranpotential erhöht. EPSPs sind entscheidend für die Signalverrechnung in der Nervenzelle. Auf dem Weg vom Entstehungsort zur Axonhügel breiten sich die Signale wellenartig aus, wobei die Höhe des Wellenberges die Stärke des Signals bestimmt.
Am Axonhügel wird aus dem EPSP ein Aktionspotential, wenn ein Schwellenwert erreicht wird. Das Aktionspotential hat immer die gleiche Amplitude und ist daher ein digitales Signal. Je größer die Amplitude eines EPSP am Axonhügel ist, desto mehr Aktionspotentiale entstehen.
Lesen Sie auch: Überblick über die Funktionen von Nervenzellen
In der Präsynapse wird das Signal der Aktionspotentiale in ein chemisches Signal umgewandelt, wobei mehrere Aktionspotentiale mehr Neurotransmitter freisetzen als ein einzelnes Aktionspotential. Die Umwandlung des Signals an der Synapse und am Axonhügel ist für die Plastizität des Gehirns und Lernprozesse von großer Bedeutung.
Interneurone: Vermittler zwischen sensorischen und motorischen Neuronen
Interneurone sind eine spezielle Gruppe von Nervenzellen, die weder direkt dem motorischen noch dem sensorischen System angehören. Sie verschalten und verarbeiten Informationen im Gehirn und Rückenmark und vermitteln zwischen anderen Nervenzellen. Interneurone sind beispielsweise an komplexen Reflexen beteiligt, wie z. B. dem Wegziehen der Hand bei einer Verbrennung.
Motoneurone: Steuerung der Muskelaktivität
Motoneurone übertragen Informationen aus dem Gehirn an den Körper, um Reaktionen zu erzeugen. Wenn ein motorischer Reiz auf eine Muskelzelle trifft, kann eine aktive, bewusste Bewegung ausgelöst werden. Das motorische Nervensystem initiiert auch unbewusste Steuerungsprozesse, die das autonome, vegetative Nervensystem betreffen, das sich in Sympathikus und Parasympathikus gliedert.
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Eine Erkrankung des motorischen Nervensystems
Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine schwere, unheilbare Erkrankung des motorischen Nervensystems, bei der die motorischen Nervenzellen, die für die willkürliche Steuerung der Muskulatur verantwortlich sind, fortschreitend ihre Funktion verlieren. Die geschädigten Motoneurone befinden sich im Gehirn und im Rückenmark. Der Abbau von Nervenzellen führt zu Kraftminderung, Muskelschwäche, Muskelschwund oder Steifigkeit.
Zelluläre und molekulare Veränderungen bei ALS
Ein morphologisches Merkmal der ALS ist die Zusammenballung und Anreicherung von Eiweißen in den Motoneuronen, die als "Proteinopathie" bezeichnet wird. Ein Grundprinzip der ALS besteht darin, dass natürlich vorkommende Eiweiße eine Strukturänderung erfahren und Zusammenballungen (Proteinaggregate) bilden.
Lesen Sie auch: Synapsen erklärt: Von der Struktur zur Funktion
Genetische Faktoren bei ALS
Bei 5-6 % aller Menschen mit ALS sind mehrere Familienmitglieder betroffen (familiäre ALS). Die Rolle genetischer Faktoren wird noch unterschätzt, da bei mindestens 10 % aller Patienten, die keine Familiengeschichte einer ALS aufweisen, genetische Veränderungen vorliegen (genetische ALS). Seit 1993 wurden über 20 Gene identifiziert, bei denen bestimmte Fehler (Mutationen) zu einer FALS führen können.
Symptome und Diagnose von ALS
Zu Beginn der ALS nehmen Patienten überwiegend Muskelschwäche, Muskelschwund sowie Muskelsteifigkeit wahr. Die individuellen Beschwerden hängen davon ab, welches Motoneuron und welche Muskelgruppe stärker betroffen ist. Die Diagnose wird durch eine neurologische Untersuchung und zusätzliche Diagnoseverfahren wie Elektromyographie und Elektroneurographie gestellt.
Entwicklung von Nervenzellen: Ein komplexer Prozess
Die Entwicklung von Nervenzellen ist ein komplexer Prozess, der mit der Faltung des Ektoderms zum Neuralrohr beginnt. Die meisten Neuronen stammen von radialen Gliazellen ab, die sich teilen und entweder direkt zu Neuronen oder zu anderen Vorläuferzelltypen entwickeln können. Junge Neuronen wandern von ihrem Geburtsort im Inneren des Gehirns zu ihren Bestimmungsorten, wobei sie sich häufig entlang der Fortsätze radialer Gliazellen hangeln. Am Ende ihrer Suchbewegungen vernetzen sich die Spitzen von Axon und Dendriten über Synapsen mit anderen Nervenzellen.
Regeneration von Nervenzellen: Eine Herausforderung
Ein kaputter Nerv im Finger heilt, im Gehirn oder Rückenmark aber nicht. Ein wichtiger Unterschied zwischen dem Zentralen und dem Peripheren Nervensystem liegt in ihrer Fähigkeit zur Regeneration. Im Zentralen Nervensystem werden nach einer Verletzung im entwickelten Nervensystem überall "Stoppschilder" aufgestellt, die das Auswachsen der Zellfortsätze verhindern. Die Forschung konzentriert sich darauf, die zellinternen Mechanismen zu verstehen, die für den Wachstumsstopp der Nervenzellen des Zentralen Nervensystems verantwortlich sind.
tags: #besonderer #typ #einer #nervenzelle #im #muskel