Synapsen sind die grundlegenden Verbindungsstellen im Nervensystem, die die Kommunikation zwischen Nervenzellen (Neuronen) und anderen Zellen, wie Muskel- oder Drüsenzellen, ermöglichen. Unser Nervensystem besteht aus etwa 100 Milliarden Nervenzellen, die untereinander vernetzt sind und dadurch zu komplexen Rechenleistungen in der Lage sind. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Reizweiterleitung und der Übertragung von Informationen von einem Neuron zum nächsten. Diese Strukturen sind dynamisch und hochspezialisiert, da sie Reize gezielt weiterleiten, filtern, verstärken oder hemmen können.
Die Bausteine einer Synapse
Eine typische Synapse besteht aus drei Hauptbereichen:
- Präsynapse: Sie bildet das Endknöpfchen des sendenden Neurons. Das präsynaptische Element enthält Vesikel mit Neurotransmittern und spannungsabhängige Calciumkanäle. Hier werden die sogenannten Neurotransmitter in kleinen Bläschen (Vesikeln) gespeichert. Die präsynaptischen Nervenenden enthalten die als Neurotransmitter bezeichneten Signalmoleküle, die in kleinen membranumschlossenen Vesikeln gespeichert sind. Jedes Nervenende im zentralen Nervensystem enthält durchschnittlich mehrere 100 synaptische Vesikel. Dennoch gibt es hier große Unterschiede: So gibt es beispielsweise Spezialisten unter den Synapsen, die mehr als 100.000 Vesikel enthalten. Dazu zählen die Synapsen, die unsere Muskeln steuern.
- Synaptischer Spalt: Der winzige Zwischenraum (etwa 20-50 Nanometer breit) trennt das Endknöpfchen von der nächsten Zelle. Es ist ein schmaler Zellzwischenraum.
- Postsynapse: Die postsynaptische Membran gehört zur empfangenden Zelle.
Neben diesen Hauptbestandteilen existiert noch eine Vielzahl regulierender Proteine, Enzyme und Transportmechanismen, die für Präzision und Selektivität in der Signalübertragung sorgen.
Arten von Synapsen: Chemisch vs. Elektrisch
Synapse ist nicht gleich Synapse: Unterschiedliche Anforderungen im Nervensystem haben zur Ausbildung verschiedener Synapsentypen geführt.
Chemische Synapsen
Bei der chemischen Synapse erfolgt die Signalübertragung indirekt mittels Neurotransmittern. Die Funktionsweise der Synapse ist analog zu der normalen chemischen Synapse. Sie ist im menschlichen Nervensystem am häufigsten und ermöglicht komplexe Regulation, Verstärkung und Hemmung. Bei einer chemischen Synapse erzeugt ein elektrisches Signal (Aktionspotential) in der Präsynapse die Freisetzung von Neurotransmittern. Diese Moleküle überqueren den synaptischen Spalt und aktivieren Rezeptoren an der Postsynapse. Das ausgelöste Signal kann die nächste Nervenzelle entweder aktivieren (erregende Synapse) oder hemmen (hemmende Synapse).
Lesen Sie auch: Anatomie der Nerven im Detail
Elektrische Synapsen
Diese seltenere Form findet man z.B. im Herzmuskel oder bei gewissen Reflexbahnen. Hier übertragen spezielle Kanäle (Gap Junctions) elektrisch geladene Teilchen (Ionen) direkt von Zelle zu Zelle. Der Signalfluss ist dabei extrem schnell, aber weniger regulierbar als bei der chemischen Synapse. Elektrische Synapsen bestehen aus Gap Junctions, bei denen Ionen direkt von einer Zelle zur anderen fließen können. Sie sind sehr schnell und ermöglichen auch eine bidirektionale Signalübertragung.
Die Signalübertragung an der chemischen Synapse im Detail
Damit das Aktionspotential an der chemischen Synapse übertragen werden kann, sind einige Abläufe nötig. Die Nervenzellen besitzen eine Antennenregion, die durch den Zellkörper und deren Fortsätze (Dendriten) gebildet wird. Die Signale werden dann verrechnet und durch ein „Kabel“, das Axon, in Form von elektrischen Impulsen weitergeleitet. In der Senderregion verzweigt sich das Axon und bildet Kontaktstellen aus, die Synapsen, an denen die Signale auf andere Nervenzellen übertragen werden (Abb. 1). Dort werden die aus dem Axon eintreffenden elektrischen Impulse in chemische Signale umgewandelt. Die Information fließt dabei nur in einer Richtung: Eine Zelle redet, die andere hört zu.
- Aktionspotential erreicht das Endknöpfchen: Ein Aktionspotential erreicht das Endknöpfchen (Synapse) $\rightarrow$ Spannungsänderung!
- Öffnung der Calciumkanäle: Sobald ein Aktionspotential die Terminale erreicht, öffnen sich die spannungsabhängigen $\ce{Ca^{2+}}$-Ionenkanäle. Es folgt ein starker Einstrom der Ionen in das Endknöpfchen. Spannungsabhängige Calcium-Kanäle öffnen sich.
- Calciumeinstrom: $\ce{Ca^{2+}}$-Ionen strömen in das Endknöpfchen $\rightarrow$ Positivierung $\rightarrow$ Depolarisation der Membran! Der Anstieg der Calciumionenkonzentration löst die Verschmelzung der Vesikel (Bläschen) mit der Membran aus. Angeregt durch die $\ce{Ca^{2+}}$-Ionen Konzentration, wandern die synaptischen Vesikel zur präsynaptischen Membran. Die $\ce{Ca^{2+}}$-Ionen werden derweil wieder aus der Terminale ausgepumpt, um die Ausgangslage wiederherzustellen.
- Verschmelzung der Vesikel mit der präsynaptischen Membran: Mit Neurotransmitter gefüllte Vesikel bewegen sich darauf hin zur Präsynapse, und verschmelzen dort mit ihr. Die Neurotransmitter werden dadurch in den synaptischen Spalt ausgeschüttet.
- Diffusion der Neurotransmitter: Die freigesetzten Transmitter diffundieren durch den synaptischen Spalt und binden reversibel an den für sie passenden rezeptorabhängigen Ionenkanälen. Der Neurotransmitter diffundiert durch den synaptischen Spalt zur Postsynapse.
- Bindung an Rezeptoren: Die Neurotransmitter können an der postsynaptischen Membran an für sie spezifische Rezeptoren (Andockstellen) binden. Die Bindung bewirkt eine Konformationsänderung und damit eine Öffnung, der rezeptorabhängigen Ionenkanäle.
- Ionenstrom und postsynaptisches Potential: Durch die geöffneten Ionenkanäle findet ein starker Einstrom an $\ce{Na+}$ in die Zelle und ein schwacher Ausstrom $\ce{K+}$ aus der Zelle statt. Das führt zu einer Depolarisation der Membran (= Endplattenpotential (EPP) oder postsynaptisches Signal (PSP)) Das EPP breitet sich elektrisch (durch Ionenwanderung) entlang der Membran aus. Erreicht es eine Stelle, die nicht mehr direkt unter der Terminale liegt, und überschreitet dort die Reizschwelle von -60mV wird ein Muskelaktionspotential ausgelöst. Der Muskel wird kontrahiert. Dieser Ein- und Ausstrom hat eine positive oder negative Veränderung der Spannung zur Folge (= postsynaptisches Potential).
- Abbau der Neurotransmitter: Der Transmitter (i.d.F. Acetylcholin) löst sich von den Ionenkanälen und wird an der Acetylcholinesterase in Acetat und Cholin abgebaut, um eine sofortige Neubesetzung des Rezeptors zu verhindern. Enzym baut den Transmitter ab: Acetylcholin wird z.B. von der Cholinesterase in zwei transportable Bestandteile, Acetat und Cholin, gespalten. Die Erregung / Hemmung findet solange statt, wie die Neurotransmitter an den Rezeptoren gebunden sind. Dann können sie wieder von der präsynaptischen Zelle aufgenommen und erneut verwendet werden.
- Recycling der Neurotransmitter: Die Spaltprodukte werden wieder ins Endknöpfchen aufgenommen und dort neu zu Acetylcholin synthetisiert. Acetat und Cholin $\rightarrow$ zurück zur präsynaptischen Membran $\rightarrow$ aktiv aufgenommen. Die Synapse ist jetzt voll regeneriert und kann erneut erregt werden! Regeneration der Neurotransmittervesikel für das nächste Aktionspotential: Acetat und Cholin $\rightarrow$ Acetylcholin.
Zwischen dem Eintreffen des Impulses bis zur Spannungsänderung auf der anderen Seite des synaptischen Spalts vergeht nur etwa eine tausendstel Sekunde. Damit stellt die synaptische Übertragung einen der schnellsten biologischen Vorgänge dar.
Synaptische Vesikel: Mehr als nur Verpackung
Die synaptischen Vesikel sind keineswegs nur eine Art membranumhüllte „Konservendose“ zur Speicherung der Botenstoffe. In ihrer Membran befindet sich eine ganze Reihe von Proteinen, die sich seit Millionen von Jahren durch die Evolution kaum verändert haben. Eine Gruppe dieser Proteine, die Neurotransmitter-Transporter, ist dafür verantwortlich, die Botenstoffe aus dem Zellplasma in die Vesikel hineinzupumpen und dort anzureichern. Dazu ist viel Energie erforderlich. Diese wird von einem weiteren Proteinmolekül bereitgestellt, einer Protonen-ATPase (V-ATPase), die unter Verbrauch von Adenosintriphosphat (ATP) Protonen in die Vesikel hineinpumpt. Neben diesen für das „Auftanken“ erforderlichen Proteinen enthalten die Membranen synaptischer Vesikel weitere Komponenten, die dafür sorgen, dass die Vesikel mit der Plasmamembran verschmelzen können (darunter das SNARE-Protein Synaptobrevin und den Calcium-Sensor Synaptotagmin) und nach der Membranfusion wieder in das Nervenende zurücktransportiert werden.
Die synaptische Vesikel werden anschließend im Nervenende über einige Zwischenschritte wieder recycelt und neu mit Botenstoffen befüllt.
Lesen Sie auch: Nervensystem: Grundlagen verständlich gemacht
Erregende und hemmende Synapsen
Chemisch-interneuronale Synapsen: Es gibt zwei Arten an chemisch-interneuronalen Synapsen.
Erregende Synapsen
Eine erregende Synapse verstärkt die Depolarisation am anbindenden Neuron. Als Transmitter kommen Acetylcholin, Dopamin, Serotonin, u.a. infrage. Die Funktion der Synapse ist analog zu der normalen chemischen Synapse. Die Transmitter öffnen die Ionenkanäle in der postsynaptischen Membran. Darauf folgt die Depolarisation und ein erregendes postsynaptisches Potenzial (EPSP).
Hemmende Synapsen
Eine hemmende / inhibitorische Synapse vermindert die Depolarisation (= Hyperpolarisation) am anbindenden Neuron. Ein Beispiel für einen Transmitter wäre die y-Aminobuttersäure. Im Gegensatz zur normalen Synapse werden bei der hemmenden Synapse K+ bzw. Cl- Kanäle geöffnet. Die darauf folgende Hyperpolarisation führt zu einem inhibitorischen postsynaptischen Potenzial (IPSP).
Synaptische Integration und Summation
Die Erregung eines Neurons ergibt sich aus der Summe der verschiedenen Signale, die das Neuron erhält. Also alle EPSPs verrechnet mit allen IPSPs (= Synaptische Integration)
Trotz allem: Nicht jedes Endplattenpotential - egal ob von einer erregenden oder hemmenden Synapse stammend - führt auch zu einer Reizüberschreitung in der postsynaptischen Membran. Oft sind mehrere APo's nötig, um tatsächlich zu einer Muskelkontraktion zu führen oder diese zu unterbinden.
Lesen Sie auch: Gehirnaufbau: Eine leicht verständliche Einführung
Es gibt zwei Arten von Summation, die an einem Soma auftreten können: die zeitliche und die räumliche Summation.
- Zeitliche Summation: Innerhalb kürzester Zeit laufen APo's am selben Dendrit in das Soma einer Synapse ein.
- Räumliche Summation: An einem Neuron laufen gleichzeitig mehrere APo's von verschiedenen Dendriten in das Soma einer Nervenzelle ein.
Beide Arten von Summationen führen zu graduierten PSPs.
Synaptische Plastizität: Die Grundlage des Lernens
Synaptische Plastizität ist die Fähigkeit von Synapsen, ihre Stärke und Effizienz zu verändern - je nachdem, wie oft und wie stark sie benutzt werden. Sie ermöglicht es dem Gehirn, auf Erfahrungen zu reagieren und sich anzupassen. Eine berühmte Form ist die Langzeitpotenzierung (LTP): Werden Synapsen über längere Zeit wiederholt aktiviert, werden sie besonders leistungsfähig. Diese Anpassungsfähigkeit ist die physikalische Grundlage für nahezu alle Lern- und Anpassungsprozesse im Nervensystem - von kindlicher Sprachentwicklung über das Erlernen eines Musikinstruments bis hin zur Regeneration nach einer Gehirnverletzung. Gehirnforscherinnen und -forscher sprechen deshalb oft vom "Gedächtnis der Synapsen".
- Beispiel 1: Lernen am Instrument: Übst du Klavier, verstärken sich relevante Synapsen im Motorkortex.
- Beispiel 2: Reflexe: Hast du je die Hand blitzschnell zurückgezogen, nachdem du etwas Heißes berührt hast?
- Beispiel 3: Lernen unter Stress: Unter Adrenalineinfluss - etwa bei einer Prüfung - werden Synapsen kurzfristig besonders "aufmerksam" und speichern Informationen effizienter.
Bedeutung für das Leben
Synapsen bilden das Fundament für alle Funktionen des Nervensystems: Sie verknüpfen Milliarden von Nervenzellen zu Netzwerken und ermöglichen Wahrnehmung, Bewegung, Denken und Lernen. Sie bestimmen, wie Informationen im Gehirn fließen und verarbeitet werden. Nicht immer funktioniert die synaptische Übertragung reibungslos. Depressionen wiederum werden u. a. die Reizweiterleitung an chemischen Synapsen stören oder verhindern können. Sie hemmen dann die Informationsübertragung an Synapsen an unterschiedlichen Stellen. Es aktiviert postsynaptische Rezeptoren, die auch durch Acetylcholin aktiviert werden. Atropin dagegen hemmt Acetylcholin-Rezeptoren, indem es die Bindung von Acetylcholin verhindert.