Besser Leben mit Alzheimer: Hilfestellungen und aktuelle Entwicklungen

Alzheimer ist eine heimtückische Krankheit, die sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen eine enorme Belastung darstellt. Gedächtnisverlust, Wortfindungsstörungen, Orientierungslosigkeit bis hin zum Nichterkennen engster Kontaktpersonen sind typische Symptome. Bislang gilt Alzheimer als irreversibel und unheilbar. Verschiedene Therapieansätze können das Voranschreiten der Krankheit aber hinauszögern sowie die Lebensqualität der Patienten verbessern. Prävention bleibt jedoch weiterhin das Mittel erster Wahl zur Bekämpfung der Krankheit, wobei insbesondere die Ernährung sowie der persönliche Lebensstil wichtige Schlüsselrollen spielen. Dies bestätigen zahlreiche wissenschaftliche Studien.

Hoffnung durch neuartige Behandlungsmethoden

Eine neuartige Behandlungsmethode mit Ultraschall gibt Anlass zur Hoffnung. Durch transkranielle Pulsstimulation konnte die Gedächtnisleistung von Probanden verbessert werden. Medizinische Tests laufen nun auf Hochtouren.

Ultraschalltherapie: Ein vielversprechender Ansatz aus Australien

Australische Wissenschaftler forschen an einem Verfahren, bei dem der geistige Verfall bei Alzheimer-Patienten mithilfe von Ultraschallwellen rückgängig gemacht werden soll. Bei Tieren wurden viel versprechende Erfolge erzielt. Bereits 2015 hatten die Forscher vielversprechende Ergebnisse einer Studie präsentiert. Es war in Tierversuchen gelungen, das Erinnerungsvermögen von Mäusen und Schafen erfolgreich wiederherzustellen. Die Forscher setzten dafür eine Ultraschalltechnologie ein. Diese sorgt dafür, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, die das Gehirn vor im Blut zirkulierenden Krankheitserregern und Toxinen abschirmt, zeitweise zu öffnen. Im nächsten Schritt geht es nun darum, das Verfahren aus dem Forschungslabor zu holen und für die Therapie-Anwendung beim Menschen nutzbar zu machen. 2019 begannen die Sicherheitstests für die Anwendung beim Menschen. Der australische Staat unterstützt die Tests mit umgerechnet 6,25 Millionen Euro (10 Millionen australische Dollar). Ziel ist es, langfristig ein bezahlbares und tragbares Gerät zu entwickeln.

Die Rolle von Herpesviren bei Alzheimer

Neurowissenschaftler aus den USA fanden bei verstorbenen Alzheimerpatienten auffällig häufig Herpes-Viren im Gehirn. Um zu klären, ob Herpesstämme mit Alzheimer in Zusammenhang stehen, hat ein Wissenschaftlerteam aus den USA 1.000 Hirne von Verstorbenen untersucht. Darunter waren hirngesunde Menschen und Alzheimerpatienten im Frühstadium. Die Frage ist nun, ob Herpesviren Alzheimer auslösen können. Oder sind die Alzheimerkranken einfach anfälliger für Infekte und somit auch für Angriffe von Erregern wie dem Herpesvirus? Die Wissenschaftler kamen jedoch zu dem Schluss, dass bestimmte Herpes-Gene offenbar die Aktivität verschiedener Alzheimergene im Gehirn steigern. Gefunden wurden zwei Herpesvirusstämme: HHV6A und HHV7. Beide Virentypen lösen nach bisherigem Kenntnisstand keine eigenständigen Krankheiten aus. Die Hypothese, dass Viren auch langfristig zu Schäden an Nervenzellen führen, gibt es schon länger. Ob Krankheitserreger wie Viren entweder zum Ausbruch oder aber zur Verschlimmerung von Alzheimer beitragen könnten, ist noch nicht kausal bewiesen. Das Fazit der US-Wissenschaftler legt aber einen Zusammenhang nahe. Wenn bewiesen werden würde, dass Herpesviren Alzheimer auslösen, müsste die bisherige Alzheimerforschung infrage gestellt werden. Denn bislang geht man davon aus, dass bei Alzheimerkranken ein zentraler Botenstoff, der für funktionierende Nervenzellen sorgt, in zu geringer Menge vorhanden ist. Außerdem wird angenommen, dass Abbauprodukte von Eiweißen, die sich im Gehirn als sogenannte Plaques ablagern, zur Krankheit führen. Das wiederum scheint Auslöser dafür zu sein, dass Nervenzellen absterben.

Alltagshilfen und Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Es sind oft kleine Dinge, die das Leben mit Demenz erschweren, Dinge die gesunden Menschen oft gar nicht auffallen. Zwar raten Experten, den Wohnraum für Demenzkranke so wenig wie möglich zu verändern, aber trotzdem sind gewisse Sicherheitsmaßnahmen einfach notwendig. Nicht nur das Wohnen wird mit Demenzerkrankten immer spezieller - vor allem auch die Kommunikation ändert sich. Der Erkrankte versteht vieles anders oder falsch. Er reagiert nur noch spärlich auf Ansprachen, wiederholt sich oft oder sagt gar nichts mehr. Ein offener Umgang mit der Krankheit ist hilfreich. Vor allem im Familienkreis sollte gemeinsam darüber gesprochen werden, welche Aufgaben anstehen und wer was davon übernehmen kann. Auch Freunde lassen sich oft gut einbinden und unterstützen bereitwillig, wenn sie erfahren, welche konkrete Hilfe sie leisten können. Das können beispielsweise Erledigungen sein, Begleitung zu Behördengängen oder regelmäßige Besuche, damit der oder die pflegende Angehörige in dieser Zeit entspannen oder zum Beispiel einem Hobby nachgehen kann. Doch es gibt auch eine ganze Reihe von Unterstützungs- und Entlastungsangeboten verschiedener Träger.

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Das Alzheimer-Telefon: Eine wichtige Anlaufstelle

Das Alzheimer-Telefon ist ein bundesweites Beratungsangebot für Menschen mit Demenz, für Angehörige sowie für alle, die sich beruflich oder ehrenamtlich engagieren. Der Informations- und Beratungsbedarf der Anruferinnen und Anrufer ist ebenso enorm wie die Themenvielfalt in den Gesprächen. Jedes Gespräch ist individuell, jede Anfrage anders.

Beispiele aus der Beratungspraxis des Alzheimer-Telefons

  • Unterstützung bei nachlassender Selbstständigkeit: Nora, die Enkelin von Herrn und Frau Müller, wendet sich an das Alzheimer-Telefon, weil ihre Oma vergesslicher wird und Schwierigkeiten beim Kochen hat. Das Alzheimer-Telefon rät, ein einfaches Rezeptheft mit Familienrezepten zu erstellen und die Oma in kleine Aufgaben beim Kochen einzubeziehen, solange es geht.

  • Die Suche nach einem geeigneten Pflegeheim: Eine Anruferin sucht nach einem Krankenhausaufenthalt ihrer Mutter ein gutes Pflegeheim. Das Alzheimer-Telefon gibt Auskunft über Qualitätskriterien, wie das Vorhandensein eines Demenzkonzepts, kleine Wohngruppen, ein Bezugspflegesystem und gerontopsychiatrisch geschulte Pflegekräfte.

  • Umgang mit Orientierungsproblemen: Herr Schmitt sorgt sich um seinen Vater, der Alzheimer hat und sich beim Spazierengehen verirrt. Das Alzheimer-Telefon empfiehlt den Einsatz eines GPS-Ortungsgerätes, um den Vater bei Bedarf finden zu können, und gibt Hinweise zur Auswahl eines geeigneten Gerätes.

  • Vorbereitung auf Notfälle: Herr Schmidt pflegt seine demenzkranke Frau und fragt sich, was im Notfall geschehen soll. Das Alzheimer-Telefon rät zur Erstellung eines Notfallplans mit wichtigen Informationen und zur Aufbewahrung einer Notfallkarte im Portemonnaie.

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  • Unterstützung für Kinder und Jugendliche mit einem erkrankten Elternteil: Frau Meyer sorgt sich um ihre Kinder, nachdem bei ihrem Mann FTD diagnostiziert wurde. Das Alzheimer-Telefon empfiehlt offene Gespräche mit den Kindern, gemeinsame Unternehmungen und den Kontakt zu spezialisierten Angeboten wie dem Projekt 'Pausentaste'.

Sicherheit im Wohnraum schaffen

Kennen Sie diese Situation: Ihr Mann oder Ihre Frau, seit einiger Zeit an Demenz erkrankt, steht mitten in der Nacht völlig orientierungslos im stockdunklen Flur - direkt am Treppenabsatz. Einen Schritt weiter und er/sie würde die 12 Stufen hinunterfallen. Es sind oft kleine Dinge, die das Leben mit Demenz erschweren, Dinge die gesunden Menschen oft gar nicht auffallen. Zwar raten Experten, den Wohnraum für Demenzkranke so wenig wie möglich zu verändern, aber trotzdem sind gewisse Sicherheitsmaßnahmen einfach notwendig.

Neue Medikamente: Ein Hoffnungsschimmer in der Alzheimerforschung

Rund 1,2 Millionen Menschen in Deutschland leben derzeit mit der Diagnose Alzheimer. Im Jahr 2050 werden es fast zwei Millionen sein. Mit Lecanemab und Donanemab kommen jetzt Medikamente auf den Markt, die erstmals eine „kausale“ Wirkung gegen das Leiden - also eine Wirkung gegen die Ursache der Erkrankung - aufweisen. Lecanemab wurde im Juli 2023 in den USA zur Therapie von Alzheimer zugelassen, für Donanemab ist die Zulassung bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA beantragt.

Wirkungsweise von Lecanemab und Donanemab

Lecanemab und Donanemab sind Antikörper, die sich gegen schädliche Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn richten. Diese sogenannten Amyloid-Plaques gelten als mitverantwortlich für die Alzheimer Demenz. Die Ablagerungen entstehen über einen langen Zeitraum hinweg aus falsch gefalteten Eiweißen, sogenannten Beta-Amyloiden. Die Antikörper heften sich an eine bestimmte veränderte Form der Beta-Amyloide.

  • Beispiel Lecanemab: In einer großangelegten Studie schnitten Alzheimererkrankte, die das Mittel bekamen, nach 18 Monaten in Gedächtnistests messbar besser ab als Erkrankte, die ein Scheinmedikament erhielten. Und Untersuchungen wiesen nach, dass die schädlichen Ablagerungen im Hirngewebe weniger wurden.

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  • Beispiel Donanemab: Eine aktuelle Studie mit mehr als 1320 Alzheimererkrankten in einem frühen Krankheitsstadium hat gezeigt, dass Donanemab die Beta-Amyloide im Gehirn bei vielen fast vollständig abbaut. Nach 76 Wochen Therapie haben mehr als 75 Prozent der Behandelten gut darauf angesprochen im Vergleich zur Gruppe, die über den gesamten Zeitraum hinweg das Placebo erhielten. Bei 47 Prozent der Teilnehmenden, die Donanemab bekamen, verschlechterten sich die geistigen Fähigkeiten nach einem Jahr nicht, bei der Placebo-Gruppe lag dieser Anteil nur bei 29 Prozent. Insgesamt kam es mit Donanemab zu rund 35 Prozent weniger geistigen Einbußen als mit dem Placebo. Der Krankheitsverlauf verzögerte sich im Mittel um etwa vier Monate.

Einschränkungen und Perspektiven

Die Medikamentation ist nur bei Erkrankten im Anfangsstadium sinnvoll. Die Erkrankung wird durch die beiden Medikamente weder gestoppt noch geheilt. Fachleute deuten daher die Studienergebnisse zwar als einen wichtigen Schritt in der Alzheimerforschung, warnen aber vor zu viel Euphorie. Auch wenn die Wirkung für den Einzelnen nach 18 Monaten kaum spürbar ist, besteht die Hoffnung, dass die Effekte über längere Zeiträume anhalten. Und nicht zuletzt ist die Behandlung auch eine Kostenfrage. Wie viel genau zum Beispiel Lecanemab in Deutschland kosten würde, kann man zwar noch nicht sagen. In den USA kalkulieren die Hersteller jährlich 26 500 US-Dollar, also rund 25 000 Euro. Der Weg dorthin mühsam und teuer. Mehr als 25 Medikamente wurden zuletzt an Menschen auf Wirksamkeit geprüft - oft ohne Erfolg. Viele Milliarden haben klinische Studien zur Alzheimer-Forschung bisher verschlungen. Fast alle getesteten Medikamente setzen bei der Plaque-Bildung an.

Weitere Therapieansätze in der Forschung

  • Therapien gegen den Eiweißmüll im Gehirn: Viele Wirkstoffe zielen auf die „Amyloid-Kaskade“: Bei Alzheimer entstehen aus dem normalen Eiweiß der Nervenzellen kleinere Stücke, die verklumpen und typische, unlösliche „Plaques“ bilden. Manche Arzneien sollen die Scheren blockieren, die das normale Eiweiß zerkleinern. Andere sollen die Beläge auflösen.

  • Therapien gegen Entzündungen im Nervengewebe: Immunzellen im Gehirn bekämpfen Infektionen, räumen defekte Eiweiße und Zellreste ab und sorgen dafür, dass die Verknüpfungen zwischen Nervenzellen intakt bleiben. Es gibt mittlerweile deutliche Hinweise, dass eine dauerhafte Aktivierung dieser Immunzellen an der Entstehung von Alzheimer beteiligt ist.

  • Therapien gegen Eiweißmüll innerhalb der Nervenzellen: Auch in den Nervenzellen bilden sich bei Alzheimer Eiweißklumpen, die Tau-Fibrillen. Sie stören die Funktion der Nervenzellen.

  • Therapien für eine bessere Reizübertragung: Eine gestörte Reizübertragung zwischen Nervenzellen erschwert die Gedächtnisbildung. Antidementiva können diese Folgen von Alzheimer lindern. Sie blockieren Botenstoffe oder verhindern deren Abbau, was die Reizübertragung bessert.

Lecanemab und Donanemab zeigten jetzt erstmals eine Wirkung. Dass sie den Krankheitsverlauf nicht deutlicher stoppen können, liegt vermutlich daran, dass Alzheimer eben mehrere Ursachen hat. Amyloid gehört nach Ansicht der Neurobiologen dazu, Eiweißklumpen im Inneren der Nervenzellen spielen ebenfalls eine Rolle. Entscheidend könnte aber ein dritter Mechanismus sein - nämlich Entzündungen des Nervensystems.

Zugang zu neuen Medikamenten in Deutschland

Sollten die neuen Medikamente auch in Deutschland zur Behandlung zugelassen werden, wird dies voraussichtlich nur in spezialisierten Ambulanzen erfolgen. In der hausärztlichen Praxis gibt es keine Kapazitäten für die zeit- und betreuungsintensive Behandlung, da das Medikament alle zwei Wochen per Infusion in die Vene verabreicht werden muss. Außerdem sind zur Kontrolle regelmäßige Bildgebungen des Gehirns nötig. Rund 170 dieser Ambulanzen gibt es in Deutschland, die meisten davon in den westlichen Bundesländern. Zurzeit forschen Wissenschaftler auch intensiv auf dem Gebiet der Früherkennung von Alzheimer durch Blutmarker. Ein allgemeines Screening der älteren Bevölkerung halten Experten für Demenzforschung derzeit nicht für sinnvoll.

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