Die Verbindung zwischen Bewegung, Lernen und Gehirn

Es ist ein weit verbreitetes Wissen, dass Bewegungspausen helfen können, Müdigkeit zu vertreiben und die Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Doch wie lassen sich diese Effekte erklären und welche Rolle spielt Sport und das Erlernen neuer Bewegungen für die Gedächtnisleistung? Dieser Artikel untersucht die Zusammenhänge zwischen Bewegung, Lernen und Gehirn, wobei sowohl kurzfristige als auch langfristige Auswirkungen von körperlicher Aktivität berücksichtigt werden.

Kurzfristige Effekte von Bewegung auf das Gehirn

Bewegung hat eine unmittelbare Wirkung auf den Körper, die sich auch im Gehirn bemerkbar macht. Petra Arndt erklärt, dass Bewegung die Durchblutung erhöht, was zu einer besseren Sauerstoffversorgung des Gehirns führt und uns wacher macht. Darüber hinaus werden während der Bewegung Botenstoffe ausgeschüttet, die das Wohlbefinden und die Ausgeglichenheit fördern.

Konkret bedeutet dies, dass Bewegungspausen im Unterricht oder bei der Arbeit helfen können, Müdigkeit zu reduzieren und die Aufmerksamkeit zu steigern. Kurze, aktive Pausen mit Bewegungen, die den Rumpf und die Arme beanspruchen, können die Atmung vertiefen und die Durchblutung fördern. Dies führt zu einer besseren Sauerstoffversorgung des Gehirns und zur Ausschüttung von Wachstumsfaktoren.

Langfristige Auswirkungen von Bewegung auf das Gehirn

Neben den kurzfristigen Effekten hat regelmäßige Bewegung auch langfristige Auswirkungen auf die Gehirnfunktion und die Gedächtnisleistung. Studien haben gezeigt, dass Ausdauertraining die Ausschüttung von neurotrophen Faktoren, auch Nervenwachstumsfaktoren genannt, anregen kann. Diese Faktoren spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau und der Stärkung neuronaler Verbindungen im Gehirn, insbesondere im Hippocampus, der Gedächtniszentrale des Gehirns.

Eine Studie von Draganski et al. zeigte, dass das Volumen des Hippocampus bei Personen, die ein dreimonatiges Jonglage-Training absolvierten, zunahm. Dies deutet darauf hin, dass das Erlernen neuer Bewegungen die Struktur des Gehirns verändern und die Gedächtnisleistung verbessern kann.

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Stefan Schneider erklärt, dass Sport und Bewegung körperliches Selbstvertrauen vermitteln. Dies führt zu einer aktiveren und agileren Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, was wiederum das Gehirn trainiert, indem es alle Bereiche anspricht.

Welche Bewegungsarten sind besonders förderlich für das Lernen?

Die Art der Bewegung, die für das Lernen besonders förderlich ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen und den jeweiligen Lernherausforderungen ab. Bei Müdigkeit können kurze Bewegungspausen mit einfachen Übungen, die den Rumpf und die Arme beanspruchen, helfen, die Durchblutung anzuregen und die Aufmerksamkeit zu steigern. Bei hohem Stresspegel können längere Bewegungseinheiten von 20 bis 30 Minuten oder Ausdauersportarten, die regelmäßig ausgeübt werden, helfen, Stress abzubauen und die Ausschüttung von Wachstumsfaktoren zu fördern.

Für Aufgaben, die viel Übung und Wiederholung erfordern, eignen sich komplexe Koordinationsübungen, wie zum Beispiel das Balancieren auf einem Bein. Bei neuen und herausfordernden Lerninhalten können entspannende Yogaübungen helfen, Stress abzubauen und die Konzentration zu fördern.

Eine Kombination aus Konzentration und Bewegung, wie zum Beispiel das Spiegeln von Körperbewegungen, kann die Durchblutung im vorderen Teil des Gehirns verbessern, der für Aufmerksamkeit und gerichtete Konzentration zuständig ist.

Bewegung im Schulalltag integrieren

Viele Schulen haben erkannt, wie wichtig Bewegung für das Lernen ist, und integrieren daher regelmäßig körperliche Aktivitäten in den Schulalltag. Beispiele hierfür sind bewegte Pausen, Bewegungsspiele im Unterricht und Sport-AGs.

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Petra Arndt schlägt vor, Schülerinnen und Schüler mit hohem Bewegungsbedarf oder solche, die mit dem Elterntaxi gebracht wurden und noch nicht richtig wach sind, in ein Bewegungsangebot mit Koordinationsübungen zu integrieren.

Bewegung und soziale Ungleichheit

Es ist wichtig zu beachten, dass die Möglichkeiten zur Bewegung und die damit verbundenen Vorteile nicht für alle Kinder gleich sind. Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien haben oft weniger Zugang zu Sportvereinen, öffentlichen Bewegungsmöglichkeiten und entwicklungsfördernder Bewegung im Alltag. Dies kann sich negativ auf ihre körperliche und geistige Entwicklung auswirken.

Um soziale Ungleichheit im Bereich Bewegung abzubauen, ist es wichtig, dass Eltern, Schulen und Gemeinden zusammenarbeiten, um allen Kindern gleiche Chancen auf Bewegung und sportliche Betätigung zu ermöglichen.

Bewegung und Geschlecht

Auch das Geschlecht spielt eine Rolle bei der Bewegungssozialisation von Kindern. Jungen und Mädchen werden oft mit unterschiedlichen bewegungsbezogenen Angeboten, Verhaltenserwartungen und Identifikationsmöglichkeiten konfrontiert, die Geschlechterbilder widerspiegeln. Es ist wichtig, stereotype Geschlechterbilder aufzubrechen und allen Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre individuellen Bewegungsbedürfnisse und -interessen auszuleben.

Bewegungsmangel bei Kindern

Studien zeigen, dass sich Kinder viel zu wenig bewegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Kinder unter fünf Jahren eine tägliche Bewegungszeit von 60 bis 180 Minuten und für ältere Kinder und Jugendliche mindestens 60 Minuten moderater bis hoher körperlicher Aktivität pro Tag. Bewegungsmangel kann zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen führen, wie z.B. Haltungsschwächen, Koordinationsproblemen, Übergewicht und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Darüber hinaus kann Bewegungsmangel auch die geistige Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden beeinträchtigen.

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Bewegung als Teil einer ganzheitlichen Bildung

Bewegung sollte als ein integraler Bestandteil einer ganzheitlichen Bildung betrachtet werden. Neben der körperlichen Gesundheit fördert Bewegung auch die geistige Entwicklung, das soziale Lernen und das Wohlbefinden. Schulen und Eltern sollten zusammenarbeiten, um Kindern und Jugendlichen vielfältige Möglichkeiten zur Bewegung und sportlichen Betätigung zu bieten.

Mentale Vorstellung von Bewegung

Eine Studie des MPI CBS in Leipzig hat gezeigt, dass die mentale Vorstellung von Bewegung die Leistung verbessern kann. Teilnehmer, die sich vor der Bewegung durch ein Kraftfeld eine spezifische Bewegung vorstellten, erzielten größere Erfolge beim Lernen und Bezwingen der Kraftfelder als diejenigen, die sich nichts vorgestellt hatten. Diese Ergebnisse eröffnen spannende Möglichkeiten für das Sporttraining und die Rehabilitation, insbesondere nach einem Schlaganfall.

Die größten Sport-Hirn-Missverständnisse

Es gibt einige Missverständnisse über die Auswirkungen von Sport auf das Gehirn. Zum Beispiel sorgt Sport zwar für eine bessere Durchblutung des Gehirns, aber für die kognitive Leistung hat das keine direkte Bedeutung. Auch die Annahme, dass Sport Glückshormone ausschüttet, ist nicht ganz richtig. Die positive Wirkung von Sport auf die Stimmung ist eher darauf zurückzuführen, dass die körperliche Aktivität das Bewegungszentrum fordert und andere Bereiche, wie z.B. jene zum Problemlösen, Lernen usw., deaktiviert werden.

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