Die stereotaktische Biopsie ist ein Verfahren zur Entnahme von Gewebeproben aus schwer zugänglichen Hirntumoren oder anderen anormalen Bereichen im Gehirn. Sie ermöglicht die Diagnose von Hirntumoren, ohne dass eine größere Operation erforderlich ist.
Was ist eine stereotaktische Biopsie?
Die stereotaktische Biopsie ist eine minimal-invasive Technik, bei der eine präzise Nadel oder ein Biopsieinstrument unter Verwendung von Bildgebungstechnologien (MRT, CT oder Neuro-Navigation) in den Tumor oder die verdächtige Gehirnregion geführt wird, um eine Gewebeprobe zu entnehmen.
"Stereotaktisch" bedeutet, dass das Verfahren unter Verwendung von 3D-Bildgebung erfolgt, die eine exakte Lokalisierung der Nadel im Gehirn ermöglicht. Dies erfolgt in der Regel mithilfe eines speziellen stereotaktischen Rahmens oder neuronavigierter Systeme. Der Begriff "Biopsie" bezeichnet die Entnahme von Gewebe zur Analyse.
Der Patient wird in der Regel in Vollnarkose oder lokaler Betäubung (je nach Tumorlokalisation und Eingriffsart) versetzt. Ein stereotaktischer Rahmen wird am Kopf des Patienten befestigt, um eine genaue Ausrichtung und Positionierung zu gewährleisten. Der Chirurg verwendet präzise Bildgebungstechniken (MRT oder CT), um den Tumor oder die abnormale Gehirnregion exakt zu identifizieren und die Biopsienadel direkt an die Zielstruktur zu führen.
Eine dünne Biopsienadel wird dann über den stereotaktischen Rahmen oder das neuronavigierte System in den Tumorbereich eingeführt. Der Chirurg entnimmt kleine Gewebeproben des Tumors (meist mehrere, um eine repräsentative Probe zu gewährleisten). Die Nadel wird entfernt, und der Patient wird überwacht, während die Narkose nachlässt. Je nach Verfahren und Zustand des Patienten kann der Eingriff ambulant oder stationär erfolgen. In den meisten Fällen muss der Patient für einige Stunden oder Tage im Krankenhaus bleiben, um sicherzustellen, dass keine Komplikationen auftreten (z. B. Blutungen oder Infektionen).
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Vorteile der stereotaktischen Biopsie
- Minimal-invasive Methode: Im Vergleich zu einer offenen Gehirnoperation, bei der der Schädel geöffnet werden muss, ist die stereotaktische Biopsie weniger invasiv und hat daher eine kürzere Erholungszeit und ein geringeres Risiko für Komplikationen.
- Präzision: Die Bildgebungstechnik ermöglicht eine exakte Führung der Biopsienadel, was eine sehr präzise Entnahme von Gewebe aus dem Tumor oder der verdächtigen Region ermöglicht.
- Schnelle Diagnose: Durch die Entnahme von Gewebeproben können wichtige Informationen zur Art des Tumors (gutartig oder bösartig), zu genetischen oder molekularen Markern und zu spezifischen Tumormerkmalen schnell gewonnen werden. Dies ist besonders wichtig für die Wahl der weiteren Behandlung (wie Operation, Strahlentherapie oder Chemotherapie).
- Weniger Komplikationen: Da keine große Hirnoperation erforderlich ist, gibt es weniger Risiko für Infektionen, Blutungen oder andere chirurgische Komplikationen.
Indikationen für eine stereotaktische Biopsie
Eine stereotaktische Biopsie wird häufig durchgeführt, wenn:
- Unklare Tumorlokalisation: Der Tumor oder die verdächtige Läsion befindet sich an einem Ort, der für eine herkömmliche chirurgische Entfernung schwer zugänglich ist (z. B. in tiefen oder empfindlichen Bereichen des Gehirns).
- Veränderte oder neu diagnostizierte Läsionen: Es gibt eine neue oder fortschreitende Läsion im Gehirn, deren Art unklar ist (z. B. bei Tumoren, Metastasen oder entzündlichen Erkrankungen).
- Unklare Bildgebungsergebnisse: Der Tumor oder die Läsion lässt sich auf Standard-Bildgebung (z. B. MRT, CT) nicht eindeutig klassifizieren oder charakterisieren, und eine Gewebeprobe ist notwendig, um eine Diagnose zu stellen.
- Vor der Planung einer Therapie: Die Biopsie kann dabei helfen, die Art des Tumors genau zu bestimmen, um eine individuell zugeschnittene Behandlung wie Operation, Chemotherapie, Strahlentherapie oder targeted Therapie zu planen.
Ablauf einer stereotaktischen Biopsie
- Vorbereitung: Bildgebende Untersuchungen sind notwendig, um die richtige Stelle für die Punktion festzustellen. Danach befestigt der Arzt einen stereotaktischen Rahmen, eine Art Helm, mit Schrauben an der Schädeldecke unter Lokal- oder Vollnarkose.
- Durchführung: Die Kopfhaut wird desinfiziert, und ein kleiner Hautschnitt erlaubt, dass ein Loch durch den Schädelknochen gebohrt wird. Unter Führung der stereotaktischen Halterung wird mit einer Kanüle Gewebeproben aus den Zielbereichen entnommen. Es werden häufig mehrere Proben ausgehend vom Zentrum der Läsion entnommen, beispielsweise in 4 Richtungen (je 90° versetzt im Abstand von 1 cm), um alle Bereiche des betroffenen Gewebes zu erfassen.
- Kontrolle: Um sicherzustellen, dass die Gewebeproben tatsächlich aus der angezeigten Läsion stammen, werden nach der Biopsie häufig Titankügelchen an der Biopsiestelle hinterlassen. Dies lässt sich später in den Kontrollbildern der CT oder MRT am Ort der Gewebeentnahme wiederfinden und sichert die Qualität der Biopsien.
Auswertung der Gewebeprobe
Die entnommene Gewebeprobe wird im Labor analysiert, um:
- Tumortyp: Zu bestimmen, ob es sich um einen gutartigen oder bösartigen Tumor handelt (z. B. Gliom, Meningiom, Metastase).
- Grading und Staging: Informationen über den Grad der Tumorzellen (Differenzierung) und das Stadium des Tumors zu erhalten, was für die Prognose und Behandlungsplanung wichtig ist.
- Molekulare und genetische Analyse: Moderne molekulare Tests können auf genetische Veränderungen (z. B. Mutationen, Amplifikationen) hin untersucht werden, die für die Wahl der besten Behandlungsmethoden von Bedeutung sind (z. B. gezielte Therapie).
Risiken und Komplikationen
Eine Hirnbiopsie birgt Risiken, wie zum Beispiel eine Hirnblutung, die dauerhafte Lähmungen oder Sprachstörungen verursachen oder sogar tödlich ausgehen kann. Weitere Nebenwirkungen sind die Entzündung der Wunde, die sich auch auf das Gehirn oder die Hirnhaut ausbreiten kann, und die Schwellung des Gehirngewebes. Bei der Entscheidung, eine Hirnbiopsie durchzuführen oder nicht, sollten die Pro und Kontras vorsichtig abgeschätzt werden.
Weitere Biopsie-Techniken
Neben der stereotaktischen Biopsie gibt es noch weitere Biopsie-Techniken, die je nach Lokalisation und Art der Gewebeveränderung eingesetzt werden können:
- Nadelbiopsien: Hierbei werden Hohlnadeln verwendet, um Proben aus einem verdächtigen Gewebebereich zu entnehmen. Man unterscheidet zwischen Feinnadelaspirationsbiopsie, Stanzbiopsie und Vakuumbiopsie.
- Knipsbiopsie (Zangenbiopsie): Bei einer Knipsbiopsie entnehmen Ärzte Gewebeproben mit einer kleinen Zange.
- Kürettage (Ausschabung, Abrasio): Hierbei wird Gewebe mit einem scharfen Löffel ausgeschabt.
- Zellabstrich (Bürstenbiopsie): Bei einem Zellabstrich streichen Ärzte Schleimhautzellen mit einer kleinen Bürste ab.
- Endoskopische Biopsie: Hier entnehmen Ärzte die Gewebeproben während einer Endoskopie.
- Bildgestützte Biopsie: Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgenstrahlen, CT oder MRT ermöglichen es, Proben punktgenau zu entnehmen.
- Liquid Biopsy: Eine Liquid Biopsy (flüssige Biopsie) kann Informationen über eine Krebserkrankung aus einer Blutprobe oder anderen Körperflüssigkeiten liefern.
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