Hirnbiopsie: Risiken, Verfahren und Bedeutung für die Diagnose

Hirntumoren sind seltene, aber potenziell schwerwiegende Erkrankungen, die in jedem Lebensalter auftreten können. Die Diagnose und Behandlung von Hirntumoren erfordert ein umfassendes Verständnis der verschiedenen Tumorarten, ihrer Ursachen und der verfügbaren Therapieoptionen. Eine wichtige Rolle bei der Diagnose spielt die Hirnbiopsie, ein Verfahren zur Entnahme von Gewebeproben aus dem Gehirn.

Was ist eine Hirnbiopsie?

Eine Biopsie ist die Entnahme von Zellen oder Gewebe aus einem auffällig veränderten Körperbereich. Im Falle einer Hirnbiopsie werden Gewebeproben aus dem Gehirn entnommen, um die Art des Tumors festzustellen und die Therapie zu planen. Die Kenntnis der Histologie ist im Therapiekonzept jeder Tumorerkrankung von entscheidender Bedeutung. Selbst durch die heute zur Verfügung stehenden Methoden der CT, MRT und PET mit höchster Bildgebungsqualität kann die Diagnostik nicht vollständig gesichert werden. In den meisten Fällen ist die weitere Behandlungsplanung von Patienten eng an die histologische Tumordiagnose gebunden.

Wann wird eine Hirnbiopsie durchgeführt?

Eine Hirnbiopsie wird in der Regel durchgeführt, wenn nach bildgebenden Untersuchungen wie MRT ein Tumorverdacht besteht. Weitere Gründe für eine Biopsie können Blutungen, Infektionen (insbesondere die Herpes-Simplex-Gehirnentzündung), Gefäßentzündungen und die Sicherung der Diagnose eines primären ZNS-Lymphoms sein. Wenn der Arzt eine Hirnbiopsie empfohlen hat, gibt es gute Gründe dafür.

Wie läuft eine Hirnbiopsie ab?

Zur Vorbereitung sind bildgebende Untersuchungen nötig, um die richtige Stelle für die Punktion festzustellen. Danach befestigt der Arzt einen stereotaktischen Rahmen, eine Art Helm, mit Schrauben an der Schädeldecke unter Lokal- oder Vollnarkose. Die Kopfhaut wird desinfiziert und ein kleiner Hautschnitt erlaubt, dass ein Loch durch den Schädelknochen gebohrt wird.

Dabei stellt die, durch die Schnittbildgebung gestützte, stereotaktische Tumorbiopsie wegen der großen Genauigkeit und der geringen Komplikationsrate ein neurochirurgisches Standardverfahren zur Sicherung der Diagnose dar. Dem Patienten wird hierfür zunächst ein Stereotaxiering mit vier Lokalisatoren am Kopf angebracht. Mit Hilfe dieser Koordinaten wird das Areal des Tumors im Kopf des Patienten als Ziel ausgewählt. So kann millimetergenau biopsiert werden. Es folgen eine minimale Rasur des Kopfhaares sowie ein Hautschnitt von wenigen Zentimetern zur Freilegung des Schädelknochens. Nun kann der Neurochirurg mit der Anlegung des Bohrloches (kleiner 1 cm Durchmesser) beginnen und unter Führung der stereotaktischen Halterung mit Hilfe einer Kanüle Gewebeproben aus den Zielbereichen entnehmen. Es werden häufig mehrere Proben ausgehend vom Zentrum der Läsion entnommen, beispielsweise in 4 Richtungen (je 90° versetzt im Abstand von 1 cm), um alle Bereiche des betroffenen Gewebes zu erfassen. So lässt sich ein repräsentativer histologischer Querschnitt erstellen und eine Untergradierung bei Gliomen durch die Biopsie von Randbereichen vermieden.

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Zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose werden die Gewebeproben routinemäßig im Operationssaal vom anwesenden Neuropathologen entgegen genommen, histochemisch gefärbt und mikroskopisch analysiert. In einigen Fällen können sich zudem Untersuchungen der genetischen Zusammensetzung anschließen. Um sicher zu stellen, dass die Gewebeproben tatsächlich aus der angezeigten Läsion stammen, werden nach der Biopsie häufig Titankügelchen an der Biopsiestelle hinterlassen. Dies lässt sich später in den Kontrollbildern der CT oder MRT am Ort der Gewebeentnahme wiederfinden und sichert die Qualität der Biopsien. Eine durch die Schnittbildgebung gestützte Gewebeentnahme und -untersuchung stellt das exakteste diagnostische Mittel zur Beurteilung und Klassifikation von angezeigten Läsionen dar.

Welche Risiken birgt eine Hirnbiopsie?

Wie jeder operative Eingriff birgt auch die Hirnbiopsie Risiken. Zu den möglichen Komplikationen gehören:

  • Hirnblutung: Eine Hirnblutung kann dauerhafte Lähmungen oder Sprachstörungen verursachen oder sogar tödlich ausgehen.
  • Entzündung der Wunde: Die Entzündung kann sich auch auf das Gehirn oder die Hirnhaut ausbreiten.
  • Schwellung des Gehirngewebes

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Komplikationen selten sind. In einer Diplomarbeit von 2015 gab es bei ~96% der Patienten keine Komplikationen. Die Frage ist also, ob sich für euch die Risiken für den eventuellen Nutzen aufheben, wenn es tatsächlich sein könnte, dass eine neue Therapiemethode ausprobiert werden kann. Besteht grade eine klinische Verschlechterung (neue Symptome) oder ein Wachstum im Bild, kann eine Biopsie Sinn machen. Das Risiko ist sicherlich nicht ganz unbeträchtlich, allerdings muss man das individuell mit den Kollegen besprechen. Gemacht werden sollte das in einem spezialisierten Zentrum.

Wie werden die Gewebeproben untersucht?

Nach der Biopsie untersucht ein Facharzt die Gewebeproben unter einem Mikroskop. Dadurch lässt sich der Tumortyp und ebenfalls mögliche Erbgutveränderungen mit molekularbiologischen Tests feststellen. Im Labor bereiten Pathologen die Zell- oder Gewebeproben auf, die bei einer Biopsie entnommen wurden. Je nach Untersuchungsziel können sie die Proben konservieren, in feine Scheiben zerlegen und konservieren. Unterschiedliche Zusätze oder Farbstoffe in den jeweiligen Reaktionslösungen machen Enzyme oder Zellmerkmale sichtbar, die auf eine bestimmte Erkrankung hindeuten können.

Die aufbereiteten Proben werden dann unter dem Mikroskop feingeweblich (histologisch) untersucht. Zusätzlich können molekularbiologische Tests durchgeführt werden. Sie liefern Informationen über das entnommene Gewebe.

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So kann mit relativ großer Sicherheit erkannt werden, ob die Gewebeveränderungen gutartig oder bösartig sind. Bei einer Krebserkrankung kann die entnommene Gewebeprobe auch Hinweise auf die Art des Tumors und den Entstehungsort im Körper geben. Die Untersuchung kann auch ergeben, ob es sich bei der Gewebeveränderung möglicherweise um eine Metastase handelt, die aus einem anderen Organ gestreut hat.

Die Gewebeproben können außerdem Auskunft über die biologischen Eigenschaften und die Aggressivität des Tumors geben. Diese Einordnung (Grading) des Tumors hilft, die Erfolgsaussichten der folgenden Behandlung besser einzuschätzen. Molekularbiologische Tests der Gewebeproben können zudem zeigen, durch welche Therapien der Tumor angreifbar ist.

Die Ergebnisse aller histologischen Tests sind entscheidend, um weitere Behandlungsschritte zu planen.

Wie lange dauert es, bis die Ergebnisse vorliegen?

Bis man das Ergebnis der histologischen oder zytologischen Begutachtung erhält, dauert es durchschnittlich mehrere Tage. Sind spezielle Untersuchungen nötig, kann es auch wenige Wochen dauern, bis der endgültige Befund vorliegt. Eine Ausnahme ist die sogenannte Schnellschnittdiagnostik. Mit dieser Technik bestimmen Fachleute die Eigenschaften und die Ausbreitung eines Tumors noch während einer Operation. Das Gewebe wird dabei innerhalb weniger Minuten nach der Entnahme schockgefroren und anschließend aufbereitet und begutachtet.

Ziel einer Schnellschnittdiagnostik ist es, noch während der laufenden Operation wichtige Informationen zum Tumor zu erhalten, beispielsweise ob die Ärztinnen und Ärzte einen Tumor vollständig entfernt haben. Die Schnellschnittdiagnostik ersetzt aber nicht die standardmäßigen Untersuchungen: In der Regel werden die entnommenen Proben anschließend im Labor erneut begutachtet.

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Welche Rolle spielt die Hirnbiopsie bei der Therapieplanung?

Die Ergebnisse der Hirnbiopsie sind entscheidend für die Therapieplanung. Anhand der Gewebeuntersuchung kann der Tumortyp bestimmt und die Aggressivität des Tumors eingeschätzt werden. Diese Informationen sind wichtig, um die geeignete Behandlungsmethode auszuwählen. Betroffene können unterschiedliche Therapien erhalten: eine Operation, eine Bestrahlung und/oder eine Chemotherapie, je nach Erkrankungssituation auch zielgerichtete Medikamente. Neue Therapien erhalten Patienten im Rahmen von klinischen Studien.

Gibt es Alternativen zur Hirnbiopsie?

In einigen Fällen kann auf eine Hirnbiopsie verzichtet werden, wenn die Diagnose aufgrund der bildgebenden Untersuchungen eindeutig ist. Dies ist jedoch selten der Fall. Die Biopsie ist oft der einzige Weg, um die Art des Tumors sicher zu bestimmen und die Therapie optimal zu planen.

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