Bipolare Störung und Demenz: Eine differenzierte Betrachtung

Die bipolare Störung (BS), ehemals manisch-depressive Erkrankung genannt, ist durch das Auftreten von mindestens zwei Episoden manischer oder hypomanischer und depressiver Phasen gekennzeichnet. Patient*innen mit BS haben im Verlauf ein erhöhtes Risiko für neurodegenerative Erkrankungen, insbesondere für Demenz. Die Ursachen für diese erhöhte Anfälligkeit und die komplexen Wechselwirkungen zwischen Pharmakotherapie und kognitiven Funktionen sind Gegenstand aktueller Forschung.

Bipolare Störung: Eine Übersicht

Die Bipolare Störung gehört wie die Depression zu den sogenannten affektiven Störungen. Das bedeutet, dass sie sich auf die Gefühle der Betroffenen auswirkt. Die Patienten erleben starke Stimmungsschwankungen, für die es meist keinen äußeren Auslöser gibt. Manische Phasen mit großer Euphorie, Energie und Selbstüberschätzung oder aber Gereiztheit und Misstrauen wechseln sich mit depressiven Phasen ab, in denen die Betroffenen niedergeschlagen und antriebslos sind. Oft wird die Bipolare Störung daher heute noch umgangssprachlich als Manische Depression bezeichnet. Bipolare Störungen betreffen schätzungsweise ein bis drei Prozent der Bevölkerung.

Formen der bipolaren Störung

Bei einer Bipolaren Störung wechseln sich in unregelmäßigen Abständen Phasen oder Episoden mit gedrückter (depressiver) Stimmung und solche mit auffälligem Stimmungshoch oder gereizter Stimmung (manische Phasen) ab. Nichtsdestotrotz handelt es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild. Vielmehr gibt es verschiedene Erscheingunsformen einer Bipolaren Störung, darunter vor allem folgende:

  • Bipolar-I-Störung: Depression und Manie wechseln einander ab. Eine depressive Episode dauert mindestens zwei Wochen an, eine manische Episode mindestens sieben Tage. Letztere ist stark ausgeprägt (Unterschied zu Bipolar-II-Störung).
  • Bipolar-II-Störung: Hier kommt es zu depressiven Episoden und mindestens einer hypomanischen Episode. Letztere unterscheidet sich von manischen Episoden in der Mindestdauer (mindestens vier Tage) und im Vorliegen bestimmter Symptome (z.B. verstärkt Konzentrationsschwierigkeiten statt Gedankenrasen oder Ideenflucht; weniger Selbstüberschätzung und tollkühnes Verhalten etc.).
  • Rapid Cycling: Diese Sonderform ist durch einen besonders schnellen Wechsel zwischen depressiven und manischen Episoden gekennzeichnet (innerhalb von zwölf Monaten mindestens vier voneinander abgrenzbare Episoden). Sie betrifft bis zu 20 Prozent aller Patienten mit Bipolarer Störung, und zwar vor allem Frauen.
  • Zyklothymia: Hier besteht über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren eine instabile Stimmung. Sie ist aber nicht so stark ausgeprägt, dass die Kriterien einer Manie oder einer mindestens mittelgradigen depressiven Episode erfüllt wären. Daher wird die Zyklothymia manchmal zu den anhaltenden affektiven Störungen statt zu den bipolaren affektiven Störungen gezählt.

Diagnose der bipolaren Störung

Die Bipolare Störung ist nicht leicht zu diagnostizieren, weil sie mit anderen psychischen Störungen wie einer klassischen Depression oder Schizophrenie verwechselt werden kann. Da die manische Phase von den Angehörigen und Betroffenen oft als lediglich aufgedrehte Stimmung interpretiert wird, dauert es oft Jahre, bis eine richtige Diagnose gestellt wird. Vor allem die Bipolar-II-Störung und die Zyklothymia sind schwer zu erkennen, da die Symptome hier schwächer ausgeprägt sind als bei der Bipolar-I-Störung. Es ist daher besonders wichtig, dem Arzt oder Therapeuten Erleben, Stimmungen und Gefühle detailliert zu beschreiben. Bei Verdacht auf eine Bipolare Störung kann zuerst der Hausarzt kontaktiert werden. Aufgrund der schwierigen Diagnose und der erhöhten Suizidgefahr ist es aber ratsam, sofort den Kontakt zu einer Klinik aufzunehmen oder einen Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen. Häufig sehen Betroffene allerdings keine Notwendigkeit für ärztliche Hilfe - vor allem während ihrer manischen Phase.

Zur Abklärung einer möglichen Bipolaren Störung wird sich der Arzt zuerst ausführlich mit dem Patienten unterhalten, um die Krankengeschichte zu erheben (Anamnese). Sehr sinnvoll ist es, wenn neben dem Patient auch Angehörige vom Arzt befragt werden (und später in die Behandlung mit einbezogen werden). Besonders wenn der Betroffene keine Krankheitseinsicht hat, sind die Beobachtungen und Mithilfe von nahestehenden Personen extrem wichtig. Denn Angehörige können die verschiedenen Stimmungsphasen des Betroffenen oft gut einschätzen. Die gleichberechtigte Zusammenarbeit von Betroffenen, Angehörigen und Professionellen (Therapeuten), wie sie die moderne Psychiatrie vorsieht, nennt sich "Trialog". Zum Einsatz kommen bei der Diagnostik einer Bipolaren Störung auch klinische Fragebögen. Einige dienen der Beurteilung manischer Symptome, andere die der Einschätzung depressiver Symptome. Außerdem gibt es solche Fragebögen sowohl für die Selbstbeurteilung als auch für die Fremdbeurteilung (etwa durch den Partner).

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Differenzialdiagnosen und Begleiterkrankungen

Bei der Diagnosefindung muss der Arzt vor allem auf die Unterscheidung zwischen Manie und Schizophrenie achten, was nicht immer leicht ist. Auch andere psychische Erkrankungen können anstelle von Bipolarer Störung für die Symptome des Patienten verantwortlich sein. Zu diesen Differenzialdiagnosen zählen etwa die Borderline-Persönlichkeitsstörung und ADHS. Ebenso muss der Arzt diverse organische Erkrankungen als mögliche Ursachen für manische bzw. depressive Symptome ausschließen, bevor er die Diagnose Bipolare Störung stellen kann. Zu diesen Erkrankungen gehören zum Beispiel Epilepsie, Hirntumoren, Multiple Sklerose, Schilddrüsenerkrankungen, Alkohol-, Drogen- oder Medikamentensucht, Neurosyphilis (Entzündungen im Nervensystem als Folge von Syphilis), Frontotemporale Demenz, Parkinson, Morbus Cushing und Morbus Addison. Diverse körperliche Untersuchungen helfen dabei, solche organischen Erkrankungen nachzuweisen beziehungsweise auszuschließen. Diagnostiziert der Arzt eine Bipolare Störung, muss er auch sorgfältig eventuelle Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) erfassen. Solche sind bei Bipolarer Störung nicht selten und können deren Verlauf und Prognose beeinflussen. Das muss der Arzt bei der Therapieplanung berücksichtigen. Viele Menschen mit Bipolarer Störung leiden etwa noch an anderen psychischen Erkrankungen. Zu den häufigsten zählen Angst- und Zwangsstörungen, Alkohol- oder Drogensucht, ADHS, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen. Außerdem haben Bipolare oft noch eine oder mehrere organische Erkrankungen, darunter vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Migräne sowie Erkrankungen des Bewegungsapparates (Muskulatur und Skelett).

Demenz: Ein Überblick

Die häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Alter sind Depressionen und Demenzen. Sie treten oft zusammen auf. Gut jeder fünfte Mensch mit Demenz leidet auch an einer deutlichen depressiven Störung. Das belastet die Lebensqualität von Patientinnen, Patienten und Angehörigen erheblich. Depressionen und Demenzen beeinflussen sich gegenseitig. Depressionen erhöhen das Risiko für Demenzen. Dieses Risiko ist größer als bei anderen chronischen Erkrankungen. Umgekehrt ist auch das Risiko für depressive Störungen bei Menschen mit Demenz deutlich erhöht. Depressive Störungen beeinträchtigen die kognitiven Fähigkeiten, Alltagsfunktionen (ADL) und soziale Kompetenz der Menschen mit Demenz zusätzlich und lassen sie noch „dementer“ erscheinen.

Die Diagnose, ob primär eine Depression oder eine Demenz vorliegt oder beides, ist nicht immer einfach. Für eine Demenz sprechen folgende klinische Merkmale:

  • Desorientiertheit - Patientinnen und Patienten finden sich in ihrer Umgebung nicht mehr zurecht
  • Konfabulationen - Betroffene versuchen Informationen aus ihrem Gedächtnis abzurufen, die nicht mehr gespeichert werden konnten
  • Ein zeitlich unscharfer Beginn der Erkrankung
  • Hirnwerkzeugstörungen (Störungen von Hirnfunktionen), die sich in Form von Sprach- und Bewegungsstörungen wie Aphasie und Apraxie bemerkbar machen

Für eine zusätzliche schwerere Depression bei Demenz sprechen:

  • Schuldgefühle
  • Lebensüberdrussgedanken oder Lebensmüdigkeit bis hin zum Wunsch, sich selbst zu töten (Suizidalität)
  • Schlaflosigkeit
  • Gewichtsverlust
  • Interessensverlust
  • Psychomotorische Hemmung oder auch Agitation - Erkrankten fällt es sehr schwer, sich zu bewegen, oder sie sind extrem unruhig
  • Ausgeprägte Konzentrationsstörungen

Formen der Demenz

Aufgrund von einer geistigen oder körperlichen Erkrankung können Demenzen auftreten, also ein Defizit in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Demenzen, je nachdem, ob die Demenz aufgrund einer außerhalb des Gehirns gelegenen Grunderkrankung (sekundäre Demenz) oder aufgrund von Veränderungen im Gehirn auftritt (primäre Demenz). Die sekundären Demenzen haben dabei eine bessere Heilungschance, vor allem, wenn sie früh erkannt werden.

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  • Alzheimer-Krankheit: Bei der Alzheimer-Krankheit sterben Nervenzellen und Nervenzellkontakte langsam ab. Dies geschieht vor allem in den Bereichen des Gehirns, die für die Denkfähigkeit und das Gedächtnis zuständig sind. So kommt es, dass die Betroffenen einen schleichenden Vergesslichkeitsprozess durchmachen, der geistig in völligem Abbau und in körperlichen Symptomen wie den Verlust der Kontrolle über Blase und Darm mündet. Das Alter spielt bei dieser primären Demenzform die größte Rolle, wenn es um den Risikofaktor der Erkrankung geht. Man unterscheidet drei Stadien: das frühe, mittlere und das späte Stadium. In ersterem bemerkt man die Anzeichen erst sehr spät, da äußerlich keine Anzeichen einer Demenz auffallen. Erst mit der Zeit nehmen Sprache, Denken und Orientierung ab, so dass die Demenz auch nach außen sichtbar wird. Im mittleren Stadium verblasst die Erinnerung mehr und mehr und die Sprachstörung nimmt zu. Es gibt bislang keinen Schutz gegen die Alzheimer-Demenz. Gesunde Ernährung, Bewegung und geistige Aktivität senken jedoch das Risiko einer Erkrankung.
  • Vaskuläre Demenz: Bei dieser primären Form von Demenz kommt es ebenfalls zum Absterben von Nervenzellen, allerdings durch eine Durchblutungsstörung des Gehirns. Der Begriff "vaskulär" (die Blutgefäße betreffend) deutet dies an. Dabei gibt es unterschiedliche Formen. Am häufigsten treten Wandverdickungen von kleinen Blutgefäßen auf, die die Struktur des Gehirns mit Blut versorgen. Diese lösen kleine Infarkte aus und schädigen so die Nervenfasern. Der größte Risikofaktor ist hierbei Bluthochdruck. Zwar ist der Verlauf der Krankheit ähnlich langsam wie bei der Alzheimer Erkrankung und daher nur schwer von dieser zu unterscheiden, aber die Symptome sind verschieden: anstelle von Gedächtnisstörungen treten Verlangsamung, Denkschwierigkeiten oder Stimmungslabilität auf. Es könnte sein, dass es Mischformen der beiden Krankheiten gibt, hier besteht aber noch Forschungsbedarf.
  • Lewy-Körperchen-Demenz: Charakteristisch für eine Lewy-Körperchen-Demenz sind v.a. optische Halluzinationen, die häufig sehr detailliert sind, und Parkinsonerscheinungen wie Steifheit der Bewegungen.
  • Frontotemporale Demenz: Bei der frontotemporalen Demenz sind zu Beginn, wie der Name schon sagt, Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns betroffen. Dadurch sind u.a. Emotionen und Sozialverhalten gestört. Meist beginnt die frontotemporale Demenz früher als die Alzheimer-Erkrankung und kann generell Menschen im Alter zwischen 20 und 85 Jahren betreffen, das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt zwischen dem 50. und 60. Die Betroffenen fallen hauptsächlich dadurch auf, dass sie sich ungehemmt verhalten und teilweise auch unberechenbar sind. Da hier grundsätzlich die Persönlichkeit betroffen ist, ist die Diagnosefindung am Anfang sehr schwierig, da Ärzt*innen nicht selten von einer psychischen Störung wie zum Beispiel Schizophrenie oder Depression ausgehen. Nach einiger Zeit entwickeln sich auch vermehrt Sprachprobleme, die sich zum Beispiel in Wortfindungsstörungen ausdrücken können. Teilweise verstummen die Betroffenen auch ganz.

Zusammenhang zwischen Bipolarer Störung und Demenz

Patient*innen mit BS haben im Verlauf ein erhöhtes Risiko für neurodegenerative Erkrankungen. Insbesondere das Risiko, an Demenz zu erkranken, kann durch die BS erhöht sein. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für diese Beobachtung:

  • Gemeinsame Risikofaktoren: Sowohl bei der bipolaren Störung als auch bei Demenzerkrankungen spielen genetische Faktoren, Entzündungsprozesse im Gehirn und vaskuläre Risikofaktoren eine Rolle.
  • Neurodegenerative Prozesse: Die wiederholten Episoden von Manie und Depression bei der bipolaren Störung können neurodegenerative Prozesse im Gehirn beschleunigen und somit das Demenzrisiko erhöhen.
  • Pharmakotherapie: Einige Medikamente, die zur Behandlung der bipolaren Störung eingesetzt werden, könnten potenziell negative Auswirkungen auf die kognitive Funktion haben und somit das Demenzrisiko beeinflussen.

Pharmakotherapie der Bipolaren Störung und ihr Einfluss auf die Kognition

Verschiedene medikamentöse Therapiestrategien in der Behandlung der BS können unterschiedliche Auswirkungen auf die Kognition und auf das Risiko für die Entwicklung demenzieller Erkrankungen haben. Da die BS per se mit einem erhöhten Risiko für kognitive Störungen einhergeht und sich das Risiko mit zunehmender Anzahl an Episoden weiter erhöhen kann, ist eine Differenzierung der Genese der kognitiven Defizite nicht immer möglich. Um das Risiko zu minimieren, sollte die Pharmakotherapie der BS auch unter diesem Aspekt, insbesondere in der Langzeittherapie, ausgewählt werden.

Lithium

Die effektivste medikamentöse Phasenprophylaxe ist die Behandlung mit Lithium. Studien zeigen, dass Lithium das Risiko für kognitive Störungen reduzieren kann. Für Lithium könnte, anhand der vorhandenen Studien, ein neutraler, teilweise aber auch ein protektiver Einfluss auf kognitive Defizite und die Entwicklung demenzieller Erkrankungen vorteilhaft bei der Therapie sein.

Zwei Studien untersuchen das direkte Risiko von Lithium auf die Entstehung einer Demenz. Die retrospektive Kohortenstudie von Gerhard et al. mit einer hohen Fallzahl von n = 27.678 Patient*innen mit BS und einer Kontrollgruppe von n = 18.119 konnte einen statistisch signifikanten, positiven Effekt von Lithium, sofern es über mindestens 300 Tage eingenommen wurde, feststellen (Hazard Ratio [HR] = 0,77, 95 %-CI 0,60-0,99). Auch in der Metaanalyse von Velosa et al., in der auch die Studie von Gerhard et al. eingeschlossen wurde, zeigte sich eine Risikoreduktion um 49 % für Demenzen unter Lithium.

Insgesamt 5 Studien untersuchen den Einfluss von Lithium auf die kognitive Funktion. Mora et al. untersuchte 10 Patientinnen mit BS, die auf die Therapie mit Lithium angesprochen haben im Vergleich zu 10 gesunden Kontrollen. Auch wenn Patientinnen unter Lithium in den kognitiven Bereichen schlechter abschnitten - mutmaßlich aufgrund der BS an sich - sehen Mora et al. In der Studie von Saito et al. wurden mittels des Alda-Scores (The Retrospective Assessment of the Lithium Response Phenotype; [24]) und des BACS-Scores (The Brief Assessment of Cognition in Schizophrenia; [15]) das Ansprechen von Lithium und Auswirkungen auf die Kognition untersucht. Es konnte keine Verbindung zwischen Ansprechen und Kognition festgestellt werden, wodurch die Autoren zu der Schlussfolgerung kommen, dass Lithium keinen Effekt auf die Kognition habe. Zwei Studien verglichen die Effekte von Lithium und Valproat auf kognitive Leistungen bei BS im Vergleich zu gesunden Kontrollen. In einer dieser Studien führte die Behandlung mit Lithium im Vergleich zu Valproat zu keiner Verschlechterung des Arbeitsgedächtnisses (p < 0,001). In allen anderen untersuchten Bereichen wiesen die Gruppen keinen signifikanten Unterschied auf (p > 0,13). Im Gegensatz dazu zeigte sich in der Studie von Senturk et al. Daglas et al. führten eine randomisierte kontrollierte Studie durch, in welcher sie die kognitive Funktion unter der Behandlung mit Lithium oder Quetiapin nach 3 und 12 Monaten verglichen. Die Lithiumgruppe wies eine signifikante Besserung der Wortflüssigkeit im Vergleich von 3 zu 12 Monaten auf (p = 0,004). Bei Quetiapin konnte dieser Effekt nicht nachgewiesen werden.

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In einer Metaanalyse konnte festgestellt werden, dass das Hippocampusvolumen im Langzeitverlauf der BS schrumpft. Der Einfluss von Lithium auf das Hippocampusvolumen wurde in 3 Studien untersucht. In der Metaanalyse von Haukvik et al. wurde Lithium mit AP oder Antikonvulsiva sowie gesunden Kontrollgruppen analysiert, in der Metaanalyse von Hajek et al. wurde Lithium vs. Kontrollgruppe bezüglich der Effekte auf den Hippocampus untersucht. In beiden Studien zeigte Lithium einen hypertrophierenden Einfluss auf das Hippocampusvolumen, während die Behandlung mit AP oder Antikonvulsiva mit einem signifikant kleineren Hippocampusvolumen einherging. In der Beobachtungsstudie von Yucel et al. Im Hinblick auf das Hippocampusvolumen zeigte sich, dass Lithium einen protektiven Effekt zu haben scheint.

Valproat

Anhand der Studien für Valproat lässt sich ableiten, dass Valproat mit einem erhöhten Risiko für demenzielle Erkrankungen einhergehen könnte. Es zeigten sich eher negative Auswirkungen auf die Kognition: So konnten Hinweise auf kognitive Defizite sowohl bei einer kurzzeitigen als auch bei einer Langzeittherapie gefunden werden. In einer Studie zeigte sich in der Langzeittherapie ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Demenz.

Die Kohortenstudie von Tsai et al. untersuchte das Risiko für die Entwicklung demenzieller Erkrankungen unter Valproat. Es konnte gezeigt werden, dass das Risiko für die Entwicklung einer Demenz unter Valproat um 73-95 % erhöht ist (p = 0,001). Die Fallzahl der Patientinnen ohne Valproatbehandlung ist hier allerdings 3‑mal höher als die mit einer Valproattherapie. In der bereits oben beschriebenen Metaanalyse von Gerhard et al. Drei Studien untersuchen den Effekt von Valproat auf die kognitive Funktion. In 2 Studien konnte ein negativer Effekt nachgewiesen werden. So konnte in einer Studie festgestellt werden, dass die Leistungen des Arbeitsgedächtnisses im Vergleich zu Patientinnen, die mit Lithium behandelt wurden, signifikant reduziert waren (p < 0,001). Dies wurde in dem Minireview von Pigoni et al., in welchem unter anderem die vorherige Studie eingeschlossen wurde, bestätigt. Mit Ausnahme der bereits oben erwähnten Metaanalyse zu Lithium und Antikonvulsiva konnten keine weiteren Studien zum Hippocampusvolumen unter Valproat identifiziert werden.

Antipsychotika (AP)

Zur Therapie der Manie und bei Ansprechen auch zur Phasenprophylaxe sind außerdem Antipsychotika (AP) wie Olanzapin, Arpiprazol oder Risperidon zugelassen sowie Quetiapin für alle Phasen der BS. Bei den AP gibt es bei der Langzeitbehandlung von Schizophrenien ebenfalls Hinweise, dass sie einen negativen Effekt auf die kognitive Funktion haben können. Antipsychotika werden zunehmend in der Behandlung, teilweise in sämtlichen Phasen der BS eingesetzt. Umso erstaunlicher ist es, dass die Datenlage für AP im Hinblick auf kognitive Defizite sowohl bei der BS als auch bei anderen Erkrankungen sehr schwach ist. Während eine Studie Hinweise für kognitive Beeinträchtigungen enthielt, konnte eine andere Studie keine relevanten Einflüsse auf die Kognition nachweisen. Studien, die das Risiko für die Entstehung demenzieller Erkrankungen durch AP bei der Behandlung von BS untersuchen, konnten nicht identifiziert werden. In der randomisierten kontrollierten Studie von Daglas et al. wurde die Beeinflussung von Quetiapin auf die Kognition bei jungen Patientinnen über einen Untersuchungszeitraum von 12 Monaten, untersucht. Torrent et al. führten eine Fall-Kontroll-Studie durch, in der sie die Behandlung mit drei verschiedenen AP - Olanzapin, Risperidon und Quetiapin - mit unbehandelten Patientinnen und einer gesunden Kontrollgruppe verglichen. Patient*innen mit BS schnitten generell schlechter als die Kontrollgruppe ab. Olanzapin und Risperidon waren mit einer schlechteren verbalen Lernleistung assoziiert, während dieser negative Effekt bei Quetiapin nicht nachgewiesen werden konnte. Im Vergleich dazu konnte in einer anderen Studie gezeigt werden, dass Antikonvulsiva und AP eher einen negativen Einfluss auf die Volumina zu haben scheinen. Ob dieser Einfluss tatsächlich auf die Pharmaka zurückzuführen ist, bleibt jedoch unklar. Aufgrund der Datenlage ist eine Assoziierung zwischen dem Hippocampusvolumen und kognitiven Störungen bzw.

Carbamazepin

Es konnten keine Studien zur Beurteilung des Risikos für die Entwicklung demenzieller Erkrankungen oder kognitiver Störungen unter Langzeittherapie mit Carbamazepin bei BS identifiziert werden. Allerdings verliert Carbamazepin aufgrund der Interaktionen zunehmend an Bedeutung.

Einschränkungen und zukünftige Forschung

Da die Qualität der hier eingeschlossenen Studien deutlich variiert und Informationen zur Dauer und Dosis der Einnahme, der Episodenhäufigkeit, zu wahnhaften Symptomen und Subtanzmissbrauch nicht immer vorhanden waren bzw. nur in einigen Studien aufgeführt wurden, könnten diese die Ergebnisse bezüglich eines erhöhten Risikos für demenzielle Erkrankungen verfälscht sein. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede waren in den eingeschlossenen Studien häufig nicht zu finden. Insgesamt ist die Studienlage zu diesem Thema schwach, sodass keine eindeutigen Aussagen getroffen werden können und die Ergebnisse eher als Hinweise zu verstehen sind. Da viele Studien nur eine geringe Probandenzahl aufweisen, ist die Aussagefähigkeit nochmals eingeschränkt. Zu Carbamazepin konnten keine Studien eingeschlossen werden, weswegen dazu keine Aussage gemacht werden kann. Der von uns gewählte Cut-off von 28 Tagen als Mindestdauer für eine Behandlung ist natürlich sehr kurz. Es ist anzunehmen, dass Langzeitstudien bestenfalls über Jahre deutlich aussagekräftiger wären.

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