Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Gesundheit, auch bei neurologischen Erkrankungen wie Parkinson. Immer wieder tauchen neue Ernährungstipps und vermeintliche Wundermittel auf, die Linderung oder gar Heilung versprechen. Ein Beispiel hierfür ist der bulgarische Joghurt, der in den Medien als mögliche Therapieoption bei Parkinson gehandelt wurde. Doch was steckt wirklich dahinter? Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftlichen Erkenntnisse und gibt eine Einordnung der aktuellen Forschungslage.
Der Hype um bulgarischen Joghurt
Im vergangenen Jahr sorgte eine Schlagzeile für Aufsehen: Bulgarischer Joghurt soll Parkinson heilen. Auslöser war ein Bericht des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik, in dem Forscher im Labor nachgewiesen hatten, dass D-Laktat, eine linksdrehende Milchsäure, Nervenzellen retten kann. Die Medien griffen die Nachricht begeistert auf, doch die Deutsche Parkinson Gesellschaft e.V. relativierte schnell: Es handelte sich lediglich um ein Experiment im Reagenzglas. Ob diese Zellreparatur auch im Gehirn von Parkinsonerkrankten funktioniert, sei noch völlig offen.
Trotz dieser Einschränkung hält sich der Mythos vom bulgarischen Joghurt als "Jungbrunnen" hartnäckig. Viele Menschen zieht es jährlich in das kleine bulgarische Dorf Momchilovtsi, wo der Lactobacillus bulgaricus, die Bakterienkultur, die für den Joghurt verantwortlich ist, eine lange Tradition hat. Chinesische Molkereien werben sogar mit der lebensverlängernden Wirkung des Joghurts aus dieser Region.
Wissenschaftliche Erkenntnisse aus Dresden
Am Max-Planck-Institut in Dresden forschen Wissenschaftler an der Wirkung von Substanzen, die der Lactobacillus bulgaricus in den Joghurt abgibt. Sie hoffen, daraus ein Medikament gegen Parkinson entwickeln zu können. Die Forscher Anthony Hyman und Teymuras Kurzchalia entdeckten, dass Parkinson-geschädigte Nervenzellen der Substantia Nigra durch die Zufuhr von Glykolsäure (Glykolat) und D-Laktat wieder funktionstüchtig werden können.
In ihren Studien untersuchten sie Dopamin-Neuronen aus Zellkulturen von Parkinsonkranken mit dem Gen-Defekt DJ-1, bei dem die natürliche Produktion von D-Laktat und Glykolat reduziert ist. Dadurch werden die Mitochondrien der Zellen, die für die Energieproduktion zuständig sind, geschädigt und sterben ab. Durch Zugabe von D-Laktat oder Glykolat konnten die Forscher die Mitochondrien wieder aktivieren und die Zellen zu ihrer ursprünglichen Leistungsfähigkeit zurückführen.
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Auch Dopamin-Neuronen, die mit dem Herbizid Paraquat vergiftet wurden, zeigten nach Zugabe von D-Laktat oder Glykolat eine Erholung der Mitochondrien. Paraquat ist bekannt dafür, Parkinson auszulösen. Die exakte Wirkungskette dieser Zell-Heilung ist jedoch noch nicht vollständig entschlüsselt.
Die Forscher stellten fest, dass mit der Nahrung aufgenommenes D-Laktat und Glykolat über den Verdauungstrakt ins Blut aufgenommen wird, die Blut-Hirn-Schranke überwindet und somit im Gehirn verfügbar wird. D-Laktat wird von bestimmten Joghurt-Bakterien (Lactobacillus bulgaricus) hergestellt. Glykolat kommt vermehrt in bestimmten unreifen Obstsorten vor, unter anderem in unreifen Pflaumen. Es ist jedoch unklar, wie viel unreifes Obst man zu sich nehmen müsste, um eine relevante Konzentration von Glykolat im Gehirn zu erreichen.
Das DJ-1-Gen und seine Bedeutung
Die Entdeckung von D-Laktat und Glykolat als mögliche Schutzstoffe für Nervenzellen basiert auf der Erforschung des Gens DJ-1. Dieses Gen, das zur Familie der Glykolasen gehört, gilt als Entgifter-Gen. Es wandelt aggressive Aldehydgruppen, die in Mitochondrien als Abfall entstehen, zu neutralen Verbindungen um. Die Forscher konnten zeigen, dass DJ-1 auch für die Produktion von D-Laktat und Glykolat zuständig ist. Funktioniert DJ-1 nicht richtig, kann es nicht nur zu Parkinson, sondern auch zu Alzheimer kommen.
Die Rolle des Darms bei Parkinson
Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der Darm eine wichtige Rolle bei der Entstehung und dem Verlauf von Parkinson spielen könnte. Forscher der Universität Helsinki fanden heraus, dass bestimmte Bakterienstämme im Darm von Parkinson-Patienten die Verklumpung des Alpha-Synuclein-Eiweißes fördern können, was zum Fortschreiten der Krankheit beiträgt. Insbesondere Bakterien der Gattung Desulfovibrio korrelierten mit der Schwere der Krankheitssymptome.
Die Forscher vermuten, dass die Entfernung dieser Bakterienstämme aus dem Darm die Symptome von Parkinson-Patienten lindern und verlangsamen könnte. Sie beobachteten, dass in den Darmzellen keine Alpha-Synuclein-Aggregate mehr gebildet wurden, nachdem die Bakterien entfernt worden waren.
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Ernährungsempfehlungen für Parkinson-Patienten
Trotz der vielversprechenden Forschungsergebnisse sollte man sich nicht von einfachen Lösungen blenden lassen. Eine ausgewogene Ernährung ist für Parkinson-Patienten von großer Bedeutung, aber es gibt keine spezielle "Parkinson-Diät", die für jeden geeignet ist.
Was man vermeiden sollte
- Einseitige Ernährung: Eine einseitige Ernährung kann bei Parkinson ungünstig sein. Insbesondere eine eiweißreiche Kost kann problematisch sein, da sie die Aufnahme von Medikamenten beeinträchtigen kann.
- Gluten: Die Behauptung, dass Gluten, der Klebstoff im Getreide, Darm und Nerven schädige und Parkinson auslösen könne, ist wissenschaftlich nicht belegt.
Was man essen sollte
- Kohlenhydrate: Menschen mit Parkinson brauchen viel schnell verfügbare Energie für die Arbeit der Muskeln und Nervenzellen. Kohlenhydrate aus Vollkornbrot und Naturreis sollten daher nicht fehlen.
- Mittelmeerkost: Die traditionelle Mittelmeerkost mit viel frischem Gemüse und faserhaltigen Früchten, wenig Fleisch und Fisch, Brot und Nudeln sowie Olivenöl mit einfach gesättigten Fettsäuren ist leicht verdaulich und reich an Inhaltsstoffen für den Zellschutz.
Joghurt - ja oder nein?
Ob bulgarischer Joghurt tatsächlich einen positiven Effekt auf Parkinson hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Forschungsergebnisse sind vielversprechend, aber es bedarf weiterer Studien, um die genauen Wirkmechanismen und die optimale Dosierung zu ermitteln.
Prinzipiell ist Joghurt ein gesundes Lebensmittel, das reich an probiotischen Bakterien ist. Diese können die Darmflora stärken und somit möglicherweise auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Allerdings ist die Konzentration an Milchsäurebakterien von Marke zu Marke unterschiedlich.
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