Cannabis und Gehirnregeneration: Studien und Erkenntnisse

Mit der zunehmenden Legalisierung und dem medizinischen Einsatz von Cannabis rückt die Frage, wie sich THC auf das Gehirn auswirkt, in den Fokus. THC, der psychoaktive Hauptwirkstoff der Cannabispflanze, kann therapeutische Wirkungen entfalten, birgt aber auch Risiken, besonders bei regelmäßigem Konsum in jungen Jahren.

Das Endocannabinoid-System (ECS) und THC

Um die Wirkung von THC im Gehirn zu verstehen, ist das Endocannabinoid-System (ECS) von Bedeutung. Das ECS ist ein biologisches Netzwerk, das verschiedene Funktionen im Körper reguliert. CB1-Rezeptoren, die vor allem im Gehirn vorkommen, spielen eine zentrale Rolle bei der Regulation kognitiver Prozesse und der Wahrnehmung. Der Körper produziert selbst Endocannabinoide, die an diese Rezeptoren binden und verschiedene Funktionen regulieren. THC dockt ebenfalls an die CB1-Rezeptoren an, oft jedoch stärker und länger als die natürlichen Botenstoffe.

THC kann zentrale Hirnregionen wie den Hippocampus (Gedächtnis), den präfrontalen Cortex (Impulskontrolle) und das Belohnungssystem (Motivation, Emotionen) beeinflussen. Dies kann zu veränderter Wahrnehmung, Euphorie oder gesteigerter Kreativität führen. Langfristiger Konsum, vor allem in jungen Jahren, kann strukturelle Veränderungen im Gehirn begünstigen. Die Großhirnrinde könnte sich ausdünnen und der Hippocampus an Volumen verlieren.

THC-Konsum in der Jugend

Besonders während der Jugend ist Vorsicht geboten, da das Gehirn bis in die Mitte der 20er-Jahre reift. Nervenzellen werden umgebaut, Synapsen gekappt und neue Verbindungen gestärkt. THC kann in diese Hirnentwicklung eingreifen, da die betroffenen Hirnareale besonders viele CB1-Rezeptoren enthalten. Die Auswirkungen von THC auf das jugendliche Gehirn sind jedoch nicht abschließend geklärt, und es gibt widersprüchliche Befunde bezüglich der Dauerhaftigkeit dieser Veränderungen.

Auswirkungen auf das Gedächtnis

Eine Studie untersuchte, warum THC bei manchen Menschen das Gedächtnis beeinträchtigen kann. Es wurde festgestellt, dass THC bei längerer Einnahme im Gehirn ein Enzym aktivieren kann, das normalerweise bei Entzündungen eine Rolle spielt - COX-2. Die Aktivierung von COX-2 kann die Struktur der Verbindungen zwischen den Nervenzellen verändern, vor allem im Hippocampus, der für das Lernen und Erinnern zuständig ist. In Tierversuchen führte dies dazu, dass weniger wichtige Signalstoffe (Glutamatrezeptoren) vorhanden waren und sich die Zahl der Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen verringerte. Interessanterweise verschwanden diese negativen Effekte, sobald COX-2 gehemmt wurde, selbst wenn weiterhin THC gegeben wurde. Gedächtnis und Nervenzellverbindungen blieben stabil.

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Diese Ergebnisse legen nahe, dass sich die unerwünschten Nebenwirkungen von THC auf das Gehirn möglicherweise verhindern lassen, wenn gleichzeitig COX-2 gehemmt wird.

Cannabis im Vergleich zu Alkohol

Es ist wichtig, die Auswirkungen von Cannabis auf das Gehirn im Vergleich zu anderen Substanzen zu betrachten. Alkohol beschleunigt den Abbau der grauen Substanz und beeinträchtigt die Entwicklung der weißen Substanz, die für Denken, Lernen und Kommunikation zwischen Nervenzellen wichtig ist. Besonders betroffen sind Hirnregionen wie der Frontallappen und das Kleinhirn. Cannabis verändert ebenfalls die Hirnstruktur, vor allem im Hippocampus und der Großhirnrinde. Die Veränderungen sind jedoch meist weniger stark ausgeprägt, und manche Effekte, etwa auf Gedächtnis oder Aufmerksamkeit, können sich nach längerer Abstinenz zurückbilden.

Medizinisches Potenzial von Cannabinoiden

Während der Freizeitkonsum von Cannabis mit Risiken einhergeht, können Cannabinoide im medizinischen Kontext ihr therapeutisches Potenzial entfalten. THC wird unter anderem bei chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose oder Übelkeit infolge einer Chemotherapie eingesetzt. Die Forschung zu COX-2 eröffnet neue Perspektiven für die gezieltere Steuerung der Cannabis-Wirkung.

THC und CBD im Gehirn

Cannabis kann verschiedene Bereiche im Gehirn beeinflussen, die für Wahrnehmung, Gedächtnis, Emotionen und Entscheidungsfindung zuständig sind. Der Wirkstoff THC bindet an CB1-Rezeptoren und verändert so die Kommunikation zwischen Nervenzellen. Kurzfristig kann THC Euphorie, Entspannung und gesteigerte Kreativität auslösen, aber auch Angstzustände oder depressive Verstimmungen verstärken.

CBD (Cannabidiol) wirkt im Gehirn auf eine andere Weise als THC - beruhigend, ausgleichend und ohne berauschende Effekte. CBD beeinflusst bestimmte Hirnregionen, die für Emotionen, Stressverarbeitung, Impulskontrolle und Gedächtnis zuständig sind. Bildgebende Verfahren zeigen, dass CBD die Kommunikation zwischen Frontalhirn und tieferliegenden Strukturen wie dem Striatum oder dem limbischen System verbessert - Areale, die bei psychischen Erkrankungen oft aus dem Takt geraten. In Tierversuchen und ersten klinischen Studien gibt es Hinweise, dass CBD auch entzündungshemmende Effekte im Gehirn haben und die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe (z. B. Serotonin oder Glutamat) beeinflussen könnte.

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Cannabis und das alternde Gehirn

Mit zunehmendem Alter nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit ab, was das Erlernen neuer Dinge oder die gleichzeitige Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge erschwert. Dieser Prozess ist normal, kann aber auch Demenzerkrankungen begünstigen. Forscher suchen nach Möglichkeiten, diesen Prozess zu verlangsamen oder umzukehren.

Eine Studie der Universität Bonn und der Hebrew Universität Jerusalem (Israel) zeigte bei Mäusen, dass eine geringe Menge an THC, dem aktiven Inhaltsstoff der Cannabispflanze, die kognitiven Funktionen alter Tiere wiederherstellen kann. Die Forscher verabreichten Mäusen im Alter von zwei, zwölf oder 18 Monaten über einen Zeitraum von vier Wochen eine geringe Menge an THC. Danach testeten sie das Lernvermögen und die Gedächtnisleistungen der Tiere. Die kognitiven Funktionen der mit Cannabis behandelten Tiere waren genauso gut wie die von zwei Monate alten Kontrolltieren.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Gehirn viel schneller altert, wenn Mäuse keinen funktionsfähigen Rezeptor für THC besitzen. Mit steigendem Alter verringert sich die Menge der im Gehirn natürlich gebildeten Cannabinoide. Wenn die Aktivität des Cannabinoidsystems abnimmt, findet ein rasches Altern des Gehirns statt. Die Forscher untersuchten das Gehirngewebe und die Genaktivität der behandelten Mäuse und stellten fest, dass die molekulare Signatur nicht mehr der von alten Tieren entsprach, sondern vielmehr jungen Tieren sehr ähnlich war. Auch die Zahl der Verknüpfungen der Nervenzellen im Gehirn nahm wieder zu.

Die Dosierung des verabreichten THC war so niedrig gewählt, dass eine Rauschwirkung bei den Mäusen ausgeschlossen war. Die Forscher planen, in einer klinischen Studie zu untersuchen, ob THC auch beim Menschen Alterungsprozesse des Gehirns umkehren und die kognitive Leistungsfähigkeit wieder steigern kann.

Cannabis als Rauschmittel und Hirnaktivität

Eine Studie an 1003 jungen Erwachsenen in den USA zeigte, dass häufiger Cannabis Konsumierende bei Aufgaben fürs Arbeitsgedächtnis im Durchschnitt eine geringere Hirnaktivierung zeigten. Personen, die in den Tagen vor dem Experiment Cannabis konsumiert hatten, schnitten bei diesem Test messbar schlechter ab. Die Ergebnisse der Studie sind jedoch schwierig zu interpretieren, da die Hirnaktivität in diesem Test mit Faktoren wie Intelligenz und Bildungserfolg der Versuchspersonen verbunden ist.

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Risiken des Cannabiskonsums für die psychische Gesundheit

Der medizinische Cannabiskonsum unter ärztlicher Aufsicht kann sicherer sein als der unregulierte Konsum. Natürliches Cannabis verfügt über 113 bioaktive Stoffe, die sogenannten Cannabinoide, wobei Tetrahydrocannabinol (THC) das bekannteste ist.

Besonders bei Beginn des Cannabiskonsums in der Jugend kann die gesunde Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt werden. Studien weisen darauf hin, dass jugendliche Cannabiskonsumenten deutlich höheren Risiken ausgesetzt sind als Erwachsene. Der Grund liegt in der Wirkung der psychoaktiven Komponente THC auf das Gehirn. Bis zum 23. Lebensjahr ist das Gehirn noch nicht vollständig ausgereift.

THC bindet an die CB1 Rezeptoren im Gehirn, was eine übermäßige Ausschüttung von Dopamin und eine Beeinträchtigung der Kommunikation zwischen den Synapsen auslöst. Ersteres löst ein starkes Glücksgefühl aus, das im Kontext des Konsums von Cannabis auch als High bekannt ist. Zweiteres führt auf Dauer zu einer Verkümmerung des präfrontalen Kortex. Der übermäßige Cannabiskonsum kann außerdem dazu führen, dass der Hippocampus und das Mittelhirn zu stark aktiviert werden, was das Fehlerlernen und die verbale Lernfähigkeit beeinträchtigt und das Problembewusstsein und das Problemlösevermögen einschränkt.

Ein starker Cannabiskonsum in der Jugend kann gefährlich sein, aber einige Studien zeigen, dass die Veränderungen im Gehirn von Heranwachsenden teilweise reversibel sind. Nach einem Cannabisentzug für mehrere Stunden bis hin zu mehreren Wochen konnte sich die Gedächtnisleistung erholen.

Cannabis Psychose

Eine Cannabis Psychose ist eine Störung der Wahrnehmung, die durch den Konsum von Cannabis entsteht. Es ist jedoch nicht abschließend geklärt, ob eine Kausalität zwischen den beiden Phänomenen besteht. Zweifelsfrei treten Psychosen bei starken Cannabiskonsumenten oder nach einer Cannabis Überdosis auf. Es könnte aber genauso gut sein, dass das soziale Umfeld, traumatische Erlebnisse oder die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle in der Entstehung von Psychosen spielen.

Psychosen können sich unterschiedlich äußern, etwa in Form einer Ich-Störung, als Wahnvorstellungen, Halluzinationen oder in einem Realitätsverlust. Eine Studie zeigte, dass häufiger und missbräuchlicher Cannabiskonsum mit psychotischen Erfahrungen korrelierte. Dabei wird angenommen, dass neben einer genetischen Prädisposition vordergründig der THC-Gehalt des Cannabis eine Rolle spielt. Neue Züchtungen mit extrem viel THC können demnach das Risiko für Psychosen verstärken.

Weitere psychische Folgen

Im Zuge einer Psychose kann es zu einer Wesensveränderung bei Betroffenen kommen. Studien kamen zu dem Schluss, dass ein regelmäßiger Cannabiskonsum das Gewebe im präfrontalen Kortex und der Amygdala schädigen könnte. Diese Bereiche im Gehirn sind für die Impuls- und Gefühlskontrolle sowie die Bewältigung von Angst und Aggression zuständig. Bei Betroffenen kann sich die Impulsivität in unüberlegtem Handeln und Sprechen äußern.

Eine Studie aus den USA kam zu dem Ergebnis, dass der Cannabiskonsum bei Jugendlichen Angststörungen nach sich ziehen kann. Menschen, die von einer Angststörung betroffen sind, meiden soziale Situationen.

Das amotivationale Syndrom bezeichnet eine Wesensveränderung, die durch mangelnde Motivation und Apathie gekennzeichnet wird. Menschen, die Cannabis oft und in hohen Dosen konsumieren, neigen zu Faulheit, Gleichgültigkeit und Unerreichbarkeit. Gleichzeitig zeigen sich Gleichgültigkeit und Antriebslosigkeit auch als Anzeichen schwerwiegender, psychotischer Störungen - etwa einer Schizophrenie oder Depression.

Entgegen der landläufigen Meinung, dass Cannabis Depressionen auslöse, ist es meist umgekehrt. Dem Cannabiskonsum gehen depressive Symptome voraus. Wenn Betroffene sich selbst mit Cannabis versorgen, um einen vermeintlichen Ausweg aus der Depression zu finden, verstärkt das die Symptomatik.

Medizinische Anwendung von Cannabis

Der Konsum von Cannabis muss nicht zwingend mit einer Wesensveränderung einhergehen. Ausschlaggebend sind dabei nicht nur die individuelle Veranlagung und das Alter der Konsumenten, sondern vor allem eine fachärztliche Betreuung. Aufgrund der psychoaktiven Natur von THC sollte Cannabis nicht außerhalb der Aufsicht eines Arztes oder einer Ärztin eingenommen werden. Medizinisches Cannabis kann eine sinnvolle, alternative oder ergänzende Behandlungsform darstellen - wenn es durch geschultes medizinisches Personal verschrieben wird.

Medizinisches Cannabis konnte bisher erfolgreich zur Therapie einiger körperlicher und geistiger Krankheitserscheinungen angewendet werden. Dazu zählen unter anderem Depressionen, ADHS und Schlafstörungen, aber auch Migräne und chronische Schmerzen.

Wird Cannabis mit hohem THC-Gehalt aus dubiosen Quellen bezogen und in hohen Dosen eingenommen, kann sein Konsum ernst zu nehmende psychischen Folgen haben. Aber auch Erwachsene können von einer Persönlichkeitsveränderung durch Cannabiskonsum betroffen sein - insbesondere, wenn eine genetische Veranlagung für Psychosen besteht. Aus diesem Grund sollte Cannabis nie außerhalb einer medizinisch beaufsichtigten Therapie erfolgen.

THC und der Proteinschalter mTOR

Eine niedrig dosierte Langzeitgabe von Cannabis kann nicht nur Alterungsprozesse im Gehirn umkehren, sondern hat auch eine Anti-Aging-Wirkung. Dies konnten Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn mit einem Team der Hebrew University (Israel) jetzt bei Mäusen zeigen. Den Schlüssel dafür fanden sie in dem Proteinschalter mTOR, dessen Signalstärke Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit und Stoffwechselprozesse im gesamten Organismus hat.

In höheren Organismen ist das Protein mTOR (Mechanistic Target of Rapamycin) die zentrale Drehscheibe für das Zellwachstum und den Stoffwechsel. Als ein empfindliches intrazelluläres Energiesensor-System hat dessen Aktivität durch die Regulierung des Zellstoffwechsels einen großen Einfluss auf die Alterung. Eine Verringerung der mTOR-Aktivität durch kalorienarme Ernährung, intensive körperliche Betätigung oder pharmakologische Behandlung hat somit prinzipiell eine allgemeine Anti-Aging-Wirkung.

Die Alterung des Gehirns geht neben einem veränderten Stoffwechsel auch mit einer verringerten Fähigkeit neuronale Verbindungen zu verändern, der so genannten synaptischen Plastizität, einher. Deshalb kann sich eine verringerte mTOR-Aktivität aber auch negativ auf das alternde Gehirn auswirken, indem sie die Ausbildung neuer Synapsen an einer Nervenzelle und damit auch die kognitiven Fähigkeiten verringert.

Die Behandlung mit THC hat eine gewebeabhängige und doppelte Wirkung auf die mTOR-Signalübertragung und das Metabolom. So führte die THC-Behandlung im Gehirn zu einem vorübergehenden Anstieg der mTOR-Aktivität und des Gehalts an Zwischenprodukten, die an der Energieproduktion und an Aminosäuren beteiligt sind. Unerwarteterweise fanden die Bonner Forschenden andererseits eine ähnlich starke Verringerung der mTOR-Aktivität von Mäusen im Fettgewebe und des Gehalts an Aminosäuren und Kohlenhydratmetaboliten im Blutplasma wie nach einer kalorienarmen Diät oder nach intensiven körperlichen Aktivitäten.

Auswirkungen von geringem Cannabiskonsum bei Jugendlichen

Ein Forscherteam aus den USA, Großbritannien, Deutschland und Österreich hat herausgefunden, dass bereits sehr geringer Cannabis-Konsum bei Jugendlichen messbare Veränderungen im Gehirn bewirkt. Die Forscher hatten Hirnscans von 92 Jugendlichen im Alter von 14 Jahren verglichen. Dabei kam heraus, dass die Graue Substanz bei denen, die nur ein- oder zweimal gekifft hatten, an Volumen gewachsen war, und zwar im Hippocampus und im Kleinhirn. Die Forscher wollten sich nicht festlegen, ob die Zunahme der Grauen Substanz nun als nützlich oder eher schädlich zu werten ist.

Cannabisverkaufsverbot und akademische Leistungen

An der Universität Maastricht sind üblicherweise viele Studierende unterschiedlicher Herkunft eingeschrieben. Nach einer neuen Verordnung der lokalen Behörden war es fortan nur noch Personen mit einem niederländischen, deutschen oder belgischen Pass erlaubt, Coffee-Shops in Maastricht zu betreten. Die Forscher Olivier Marie und Ulf Zölitz nutzten die Gelegenheit als eine Art „natürliches Experiment“.

Für Studierende, denen der Zutritt zu Coffee-Shops verwehrt war, stieg die Wahrscheinlichkeit, einen Kurs zu bestehen, um durchschnittlich 5 Prozent. Insbesondere Studentinnen sowie jüngere und leistungsmäßig schwächere Studierende haben sich verbessert. Die Verbesserungen waren größer in Kursen, die numerische oder mathematische Fähigkeiten erforderten. Befragungen der Studierenden legten nahe, dass die Leistungsverbesserung mehr auf einem besseren Verständnis der im Kurs behandelten Themen beruhte als auf fleißigeres Lernen.

Die Studie liefert Hinweise, dass sich Kiffen ungünstig auf die geistigen Leistungen auswirken könnte.

Cannabis und die Gehirnentwicklung

Die Reifung des Gehirns ist nicht mit Ende der Kindheit, sondern erst im jungen Erwachsenalter weitestgehend abgeschlossen. Insbesondere in der Pubertät finden umfangreiche Umbaumaßnahmen im Gehirn statt. Neue Verbindungen werden geknüpft und überschüssige Nervenzellen abgebaut. Nervenzellen werden auch als graue Substanz bezeichnet, weil ihre Zellkörper gräulich wirken. Ebenso wichtig wie die Entwicklung und Vernetzung von Nervenzellen ist die Ausbildung der so genannten Myelin-Scheide. Myelin ist eine weiße Schicht, die aus Fetten und Proteinen besteht, und sich wie ein Mantel um Nervenfasern wickelt. Myelinisierte Nervenbahnen verbessern die Signalübertragung und erhöhen dadurch die kognitiven Fähigkeiten. Myelinisierte Nerven werden auch als weiße Substanz bezeichnet.

Wenn Jugendliche regelmäßig Cannabis konsumieren, könnte der pflanzliche Wirkstoff THC die Reifung der grauen und weißen Substanz stören. Denn an der Gehirnentwicklung sind bestimmte Rezeptoren beteiligt, die zum Endocannabinoid-System gehören. Der Mensch produziert körpereigene Substanzen, die als Endocannabinoide bezeichnet werden. THC ähnelt diesen Substanzen. Es bindet an den Endocannabinoid-Rezeptoren und könnte so die Gehirnentwicklung beeinflussen.

Studien zu Gehirnveränderungen und Intelligenzminderung durch Cannabis

Mehrere Studien konnten zeigen, dass die Gehirne von Jugendlichen, die schon regelmäßig Cannabis konsumieren, strukturelle Unterschiede im Vergleich zu abstinenten Jugendlichen aufweisen. Beispielsweise konnte bei Cannabiskonsumierenden ein verkleinerter Hippocampus nachgewiesen werden. Auch wurden Veränderungen in Regionen gefunden, die wichtig sind für geistige Leistungen wie die Aufmerksamkeit oder die Kontrolle von Impulsen. Jedoch können die Studien nicht gänzlich klären, ob diese Veränderungen eine Folge des Konsums sind oder nicht schon vor dem Konsum vorhanden waren.

Einige der methodischen Probleme bei Fall-Kontroll-Studien können durch Kohortenstudien umgangen werden. Bei diesem Studientyp wird eine größere Gruppe von Personen, eine Kohorte, meist über einen längeren Zeitraum begleitet. Wenn ein Teil der Kohorte anfängt, Cannabis zu konsumieren, ein anderer nicht, lässt sich überprüfen, ob dies Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung hat.

So ließ sich aus einer Langzeitstudie beispielsweise ableiten, dass regelmäßiger Cannabiskonsum, der schon in der frühen Jugend beginnt, eine niedrigere Intelligenz im Erwachsenenalter zur Folge hat. Studien mit Zwillingen legten jedoch nahe, dass der Intelligenz-Unterschied nicht so sehr durch das Kiffen, sondern vielmehr durch genetische Unterschiede oder durch die Erziehung der Eltern bedingt sein könnte.

Auswirkungen auf den Bildungsweg

Ein Befund, der sich auch in Studien mit Zwillingen erhärtet hat, betrifft den Bildungsweg. Demzufolge beenden Cannabiskonsumierende die Schule häufiger ohne Abschluss oder haben schlechtere Noten als abstinente Jugendliche. Auch die Leistungen im Studium sind bei kiffenden jungen Erwachsenen häufig schlechter als bei abstinenten Studierenden.

Es ist nach Einschätzung von Hall und seinem Team klar, dass sich täglicher Cannabiskonsum unzweifelhaft ungünstig auf die Denkleistungen auswirkt. Nicht nur vertrage sich ein akuter Cannabisrausch nicht mit dem Lernen beispielsweise für die nächste Matheklausur oder dem Erstellen einer Seminararbeit. Die „Nachwehen“ des Rauschs könnten sich auch noch an den Folgetagen bemerkbar machen.

Erholung des Gehirns nach Ausstieg aus dem Konsum

Die geistige Leistungsfähigkeit erhole sich, wenn der Konsum dauerhaft eingestellt wird. Dies gelte auch für mitunter langjährig regelmäßig Konsumierende, was dafürspreche, dass Cannabiskonsum eben doch ein wichtiger Faktor ist, der einen schlechten Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit hat.

So konnte nachgewiesen werden, dass das Volumen des Hippocampus bei längerer Abstinenz von Cannabis wieder zunimmt. Auch scheint sich das Gedächtnis ebenso wie die Intelligenz zu erholen. Entscheidend sei, dass die Abstinenz von Dauer ist. Je länger die Abstinenz, desto stärker erhole sich das Gehirn.

Fazit

Studien legen nahe, dass sich Cannabiskonsum ungünstig auf die Reifung der Nerven und Nervenverbindungen auswirkt. Vor allem wenn Jugendliche regelmäßig kiffen, riskieren sie eine Minderung ihrer geistigen Leistungsfähigkeit. Studien konnten aber auch nachweisen, dass sich die geistigen Fähigkeiten bei anhaltender Abstinenz verbessern. Der Ausstieg aus dem Cannabiskonsum lohnt sich somit in jedem Fall.

Studien zu den Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die kognitiven Fähigkeiten

Eine Studie des gleichen Forschungsteams aus dem Jahr 2016 hatte bereits ergeben, dass eine intensive Nutzung über mehrere Jahre zu Gedächtnisverlust führen kann. Außerdem zeigte sich damals, dass Cannabiskonsumenten unter 16 Jahren Schwierigkeiten hatten, neue Informationen zu erlernen - ein Problem, das bei Nutzern ab 17 Jahren nicht beobachtet werden konnte.

Eine aktuelle Studie, die im „Journal of Clinical Psychology“ veröffentlicht wurde, hat sich vor allem auf die Lern- und Gedächtnisleistung der jungen Cannabiskonsumenten konzentriert. Ihr Ergebnis: Die Gedächtniskapazität wird durch Cannabis unterdrückt. Gleichzeitig konnten sie jedoch aufzeigen, dass die Beeinträchtigung schnell nachlässt, wenn man den Konsum stoppt.

Die Analyse der Ergebnisse zeigte, dass die Abstinenzler im Vergleich zum Ausgangswert eine signifikante Verbesserung des verbalen Lernens und des Gedächtnisses aufwiesen. Sie konnten sich insgesamt auch mehr merken als die Kontrollgruppe, bei der sich keine Verbesserung in den einzelnen Bereichen zeigte. Die Fähigkeit der Abstinenzler, neue Informationen zu erlernen und sie sich einzuprägen, hatte sich also nach nur einem Monat verbessert und normalisiert.

Cannabis als Jungbrunnen?

Forscher des Universitätsklinikums Bonn sowie ein Team der Hebrew University in Israel haben nachgewiesen, ob THC ein „Wundermittel“ im Kampf gegen das Altern sein könnte. Der Schlüssel dazu liegt in der Wirkung des THC auf das Protein m-TOR, das bei allen Säugetieren vorkommt. Das Protein wird auch als Stoffwechsel-Schalter bezeichnet. Die Forscher fanden heraus: Eine niedrig dosierte Langzeitgabe von Cannabis kann nicht nur bereits vorhandene Alterungsprozesse im Gehirn umkehren, sondern auch vor zukünftigen bewahren.

Wird das Protein mTOR im Körper aktivert, hat es einen direkten Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit und Stoffwechselprozesse. In früheren Studien wurde bereits festgestellt, dass eine Verringerung der mTOR-Aktivität (durch etwa eine kalorienarme Ernährung), intensive körperliche Betätigung oder eine pharmakologische Behandlung eine allgemeine Anti-Aging-Wirkung hat, weil es das Zellwachstum hemmt. Zugleich bedeutet das aber auch: Eine verringerte mTOR-Aktivität hemmt die Ausbildung neuer Synapsen an einer Nervenzelle und verringert damit die kognitiven Fähigkeiten.

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