Die Behandlung von Epilepsie mit CBD-Öl ist ein viel diskutiertes Thema. Dieser Artikel soll einen umfassenden Überblick über die Dosierung, Wirkung und Anwendung von CBD-Öl bei Epilepsie geben, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und Expertenmeinungen.
Einleitung
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte, unprovozierte Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch abnorme elektrische Entladungen im Gehirn. Für viele Betroffene stellen diese Anfälle eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität dar. In den letzten Jahren hat medizinisches Cannabis, insbesondere das Cannabinoid Cannabidiol (CBD), zunehmend Aufmerksamkeit als potenzielle Therapieoption erlangt.
Was ist CBD und wie wirkt es?
Cannabidiol (CBD) ist ein nicht-psychoaktiver Bestandteil der Hanfpflanze. Im Gegensatz zu Tetrahydrocannabinol (THC) verursacht CBD keine berauschenden Effekte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat darauf hingewiesen, dass CBD weder berauschend wirkt noch abhängig macht.
Der exakte Wirkmechanismus von CBD bei Epilepsie ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass CBD die neuronale Hyperaktivität reduziert, indem es auf das Endocannabinoid-System einwirkt. Dieses System spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung verschiedener Körperfunktionen, einschließlich der neuronalen Aktivität. CBD kann auch intrazelluläres Calcium über GPR55 und TRPV1 modulieren sowie Adenosin-vermittelte Signale durch Hemmung der zellulären Adenosinaufnahme über ENT-1 beeinflussen.
CBD-Öl bei Epilepsie: Evidenz und Studienlage
Vielversprechende Ergebnisse bei bestimmten Epilepsieformen
Medizinisches Cannabis, speziell CBD, zeigt vielversprechende Ergebnisse in der Epilepsiebehandlung. Studien haben gezeigt, dass CBD die Häufigkeit und Schwere von Anfällen reduzieren kann, insbesondere bei schweren Formen wie dem Dravet-Syndrom oder dem Lennox-Gastaut-Syndrom. Epidyolex, ein zugelassenes CBD-Öl, wird zur Behandlung von Krampfanfällen im Zusammenhang mit diesen Syndromen eingesetzt.
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Die Zulassung von Epidyolex basiert auf Daten aus einem klinischen Entwicklungsprogramm, das drei randomisierte und kontrollierte Phase-3-Studien sowie eine offene Verlängerungsstudie umfasste. Diese Studien umfassten Daten von 714 Patienten mit LGS oder DS. Die Ergebnisse der Verlängerungsstudie zeigten, dass die Behandlung mit Epidyolex die Krampfanfälle um 38 % bis 44 % und alle Krampfanfälle um 39 % bis 51 % verringerte.
Unterschiede in der Evidenz je nach Patientengruppe
Die Studienlage zu Cannabis bei Epilepsie ist vielversprechend, aber unterschiedlich je nach Patientengruppe. Bei Kindern mit seltenen Epilepsieformen wie Dravet- oder Lennox-Gastaut-Syndrom zeigen Studien klare Vorteile von CBD, mit signifikanter Reduktion der Anfälle. Bei Erwachsenen ist die Evidenz schwächer, da groß angelegte Studien fehlen. Cannabis-Studien zu Epilepsie bei Erwachsenen zeigen zwar positive Einzelfälle, aber keine breite Bestätigung.
CBD-Dosierung bei Epilepsie
Individuelle Dosierung und ärztliche Begleitung
Die Dosierung von CBD-Öl bei Epilepsie sollte individuell angepasst werden und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Es gibt keine pauschale Dosierungsempfehlung, da jeder Organismus anders auf CBD reagiert. Faktoren wie der Grad der Beschwerden, die Verträglichkeit und der allgemeine Gesundheitszustand spielen eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der optimalen Dosis.
Die empfohlene Anfangsdosis von Epidyolex beträgt zweimal täglich 2,5 mg/kg (5 mg/kg/Tag) über eine Woche. Nach einer Woche sollte die Dosis auf eine Erhaltungsdosis von zweimal täglich 5 mg/kg (10 mg/kg/Tag) erhöht werden. Je nach individuellem klinischen Ansprechen und Verträglichkeit kann die Dosis in wöchentlichen Schritten von 2,5 mg/kg zweimal täglich (5 mg/kg/Tag) erhöht werden bis zu einer empfohlenen Höchstdosis von zweimal täglich 10 mg/kg (20 mg/kg/Tag).
Richtwerte und Dosierungsschemata
Für leichte Beschwerden sind bis zu 20 mg CBD pro Tag in vielen Fällen ausreichend. Bis zu 100 mg sind empfohlen, falls es sich um eine belastendere Gesundheitsbeeinträchtigung handelt. Die CBD-Öl-Dosierung lässt sich in Mikro-, Standard- und Makrodosierung einteilen:
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- Mikrodosierungen: Bis zu 20 mg CBD pro Tag, zur Verbesserung des subjektiven Wohlbefindens.
- Standarddosierungen: Zwischen 10 und 100 mg pro Tag, im Regelfall gut verträglich.
- Makrodosierungen: Bis zu 400 mg CBD pro Tag, nur für schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen und unter ärztlicher Aufsicht.
Berechnung der individuellen Dosis
Um die individuelle Dosis zu berechnen, ist es wichtig, den CBD-Gehalt pro Tropfen Öl bzw. Milliliter zu kennen. Die meisten Pipetten umfassen einen Milliliter, was etwa 20 bis 33 Tropfen entspricht. Je nach Konzentration des CBD-Öls kann die Dosis über die Menge der Tropfen konkretisiert werden.
Für den Mikrobereich kann mit 1 mg CBD je 4,5 kg Körpergewicht gerechnet werden. Anfänger sollten jedoch nicht sofort mit dieser errechneten Tagesdosis starten, sondern sich langsam an dieses Ziel herantasten. In der Startphase ist eine CBD-Öl-Einnahme von 5 bis 10 mg pro Tag völlig ausreichend.
Wichtige Hinweise zur Dosierung
- Die Dosierung sollte langsam gesteigert werden, um den Körper schrittweise an den Wirkstoff zu gewöhnen und Nebenwirkungen zu vermeiden.
- Es ist empfehlenswert, ein Tagebuch zu führen und die eingenommene Dosis und Wirkeffekte zu notieren.
- Es kann einige Tage dauern, bis sich eine spürbare Wirkung einstellt. Daher sollte nicht sofort die Dosis erhöht werden, falls keine Änderungen festzustellen sind.
- Bei Kombination von CBD-Öl mit anderen Produkten muss deren Konzentration genau berechnet werden.
- Viel hilft nicht unbedingt mehr. Bei vielen Menschen kann eine geringere Dosis bereits zur erwünschten Verbesserung beitragen.
Mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
Häufige Nebenwirkungen
CBD-Nebenwirkungen bei Epilepsie umfassen Schläfrigkeit, Appetitverlust, Durchfall oder selten eine Zunahme von Anfällen. In klinischen Studien war die Erhöhung von Transaminasen die häufigste Ursache für Behandlungsabbrüche.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Cannabis Wechselwirkungen mit Medikamenten wie Clobazam oder Valproat sind häufig, da CBD deren Blutspiegel erhöhen kann. Regelmäßige Kontrollen von Leberwerten und Medikamentenspiegeln sind unerlässlich.
Die Plasmakonzentrationen von CBD und dessen Wirksamkeit können durch starke CYP3A4-Induktoren wie Carbamazepin, Enzalutamid, Mitotan, Johanniskraut und/oder starke CYP2C19-Induktoren wie Rifampicin verringert werden. CBD ist ein Substrat für UGT1A7, UGT1A9 und UGT2B7. Bei gleichzeitiger Anwendung von UGT-Inhibitoren ist Vorsicht geboten.
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Eine gleichzeitige Einnahme von anderen Antiepileptika kann außerdem zu Wechselwirkungen mit CBD führen. Wenn Clobazam zusammen mit CBD angewendet wird, sollte bei Auftreten von Somnolenz oder Sedierung eine Verringerung der Clobazam-Dosis in Erwägung gezogen werden. Die gleichzeitige Anwendung von CBD mit Valproat erhöht das Auftreten erhöhter Transaminasewerte.
Gegenanzeigen
Epidyolex darf nicht angewendet werden bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, gegen Sesamol oder einen in der Fachinformation genannten sonstigen Bestandteile. Außerdem besteht für Patienten mit erhöhten Transaminasewerten, die das Dreifache der oberen Normgrenze (ULN) übersteigen, und deren Bilirubinwerte das Zweifache der ULN übersteigen, eine Kontraindikation.
Rechtliche Aspekte und Kostenübernahme
Gesetzliche Regelungen in Deutschland
Medizinisches Cannabis unterlag in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und wurde durch das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) ersetzt. Seit April 2024 kann es auf ein einfaches Rezept von qualifizierten Ärzten, meist Neurologen, verschrieben werden, ohne die bisher erforderliche Betäubungsmittelrezeptierung. Das Cannabisgesetz (CanG) und das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) von 2024 haben den Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtert. Cannabis auf Rezept ist nun schneller verfügbar, da Ärzte es auf ein einfaches Rezept verschreiben können und Telemedizin für Beratungen anerkannt ist.
Kostenübernahme durch Krankenkassen
Die Kosten für Epidyolex oder andere Cannabis-Medikamente können 2000-3000 Euro monatlich betragen. In Deutschland ist eine Cannabis Kostenübernahme durch Krankenkassen möglich, erfordert aber einen Antrag mit ärztlicher Begründung.
Risiken der Selbstmedikation
Selbstmedikation über den Schwarzmarkt birgt hohe Risiken: Ungeprüfte Produkte können Verunreinigungen wie Pestizide oder Schwermetalle enthalten und unklare Wirkstoffgehalte aufweisen, was die Anfallskontrolle gefährden kann. Epilepsie und Selbstmedikation mit frei verkäuflichem CBD-Öl oder Hanföl bei Epilepsie ist gefährlich. Diese Produkte sind nicht standardisiert, nicht medizinisch geprüft und können unwirksam oder schädlich sein.
Orthomolekulare Betreuung bei Epilepsie
Durch die Einnahme von Antiepileptika kann es zu vielfältigen Störungen der Mikronährstoffversorgung kommen. Magnesium, Vitamin D, Vitamin B1, Vitamin B6, Mangan und Vitamin E sind wichtige Bausteine in der orthomolekularen Betreuung von Epilepsiepatienten.