Die Huntington-Krankheit, auch bekannt als Chorea Huntington, ist eine seltene, erblich bedingte neurodegenerative Erkrankung, die durch einen fortschreitenden Verlust von Nervenzellen im Gehirn gekennzeichnet ist. Diese Erkrankung führt zu Bewegungsstörungen sowie psychischen Veränderungen mit Verhaltensstörungen. Auch ein Rückgang der intellektuellen Fähigkeiten kann hinzutreten. Die Huntington-Krankheit wird durch eine Mutation im HTT-Gen verursacht, das sich auf dem Chromosom 4 befindet. Diese Mutation führt zu einer abnormen Wiederholung von CAG-Trinukleotiden, was schließlich zu einer fehlerhaften Produktion des Huntington-Proteins führt. Aktuell gibt es keine Heilung für die Huntington-Krankheit, daher konzentriert sich die Behandlung auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität. Physiotherapie spielt dabei eine wichtige Rolle.
Was ist Chorea Huntington?
Chorea Huntington ist eine neurodegenerative Krankheit, bei der die Nervenzellen des zentralen Nervensystems, insbesondere des Gehirns, schrittweise ihre Funktion verlieren. Die Erkrankung wurde nach dem amerikanischen Arzt George Huntington benannt, der sie 1872 erstmals beschrieb und erkannte, dass es sich um eine erbliche Erkrankung handelt. Die ersten Krankheitszeichen treten meist im Alter von 30-45 Jahren auf, die Krankheit verläuft über 10-15 Jahre. In seltenen Fällen kann sie auch in der frühen Kindheit oder im höheren Alter auftreten.
Ursachen und Vererbung
Ursache ist eine Veränderung (Mutation) auf Chromosom 4 im „huntingtin“-Gen, das 1993 entdeckt wurde. In der Sequenz dieses Gens wiederholt sich das Basentriplett CAG deutlich häufiger als bei gesunden Individuen. Bei Betroffenen wird das Protein Huntingtin fehlgebildet, was zu einem gestörten Stoffwechsel in betroffenen Zellen und zu intrazellulären Ablagerungen führt.
Die Huntington-Krankheit ist autosomal dominant vererbt. Das bedeutet, dass Menschen erkranken, wenn ihnen der Vater oder die Mutter ein verändertes Gen vererbt. Jedes Kind eines Merkmalsträgers hat ein 50%iges Risiko, ebenfalls das veränderte Gen geerbt zu haben.
Symptome der Huntington-Krankheit
Der Verlauf der Erkrankung ist individuell sehr unterschiedlich, es zeigen sich vielfältige Symptome, die die Erkrankten entwickeln können. Die Symptome der Huntington-Krankheit beginnen in der Regel im mittleren Erwachsenenalter, etwa zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, können jedoch auch früher oder später auftreten.
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Zu den typischen Symptomen gehören:
- Bewegungsstörungen: Unwillkürliche und unkontrollierbare (sog. choreatischen) Bewegungen der Arme, Beine, des Rumpfes und des Kopfes. Anfangs ist es möglich, dass diese überschießenden und ungewollten Bewegungen oft noch in scheinbar sinnvolle Bewegungsabläufe eingebaut werden. Die Bewegungen nehmen bei Aufregung oder Nervosität zu. Eine deutliche Gangunsicherheit mit erhöhter Sturzgefahr kann zusätzlich bestehen. Außerdem ist die Sprache oft undeutlich und klingt abgehackt. Zudem können Schluckstörungen auftreten, so dass die Nahrungsaufnahme sehr schwierig wird. Lungenentzündungen aufgrund von Schluckstörungen sind eine häufige Komplikation im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.
- Kognitive Veränderungen: Gedächtnisprobleme, Schwierigkeiten beim Planen und Organisieren sowie eine Abnahme der Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu bewältigen. In späteren Stadien treten Gedächtnis- und Orientierungsstörungen bis zur Demenz auf.
- Psychiatrische Symptome: Reizbarkeit, Nervosität, Interesselosigkeit und Depression. Auch Zwangssymptome, Wahnvorstellungen und Halluzinationen können Teil des Krankheitsbildes sein. Betroffene können sich in ihrem Wesen, bzw. in ihrer Persönlichkeit durch die Erkrankung verändern. Verhalten und Stimmung von Menschen mit Chorea Huntington können sich folgendermaßen darstellen: Sturheit, Impulskontrollstörung, Teilnahmslosigkeit, Angst, Schlafstörungen.
Die Rolle der Physiotherapie bei Chorea Huntington
Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Chorea Huntington. Sie zielt darauf ab, die motorischen Fähigkeiten zu erhalten, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Durch gezielte Übungen und Techniken können Physiotherapeuten Patienten helfen, ihre Beweglichkeit, Koordination, Kraft und Balance zu verbessern.
Ziele der Physiotherapie
Die Hauptziele der Physiotherapie bei Chorea Huntington sind:
- Erhaltung der Mobilität: Durch gezielte Übungen soll die Beweglichkeit der Gelenke erhalten und Steifheit entgegengewirkt werden.
- Verbesserung der Koordination und Balance: Übungen zur Verbesserung der Koordination helfen, unkontrollierte Bewegungen besser zu kontrollieren und das Gleichgewicht zu halten, um Stürze zu vermeiden.
- Stärkung der Muskulatur: Kräftigungsübungen helfen, die Muskulatur zu stärken, um die Körperhaltung zu stabilisieren und die Bewegungen zu unterstützen.
- Linderung von Schmerzen: Durch gezielte Techniken können Schmerzen, die durch Muskelverspannungen oder Gelenkprobleme entstehen, gelindert werden.
- Verbesserung der Atemfunktion: Atemübungen können helfen, die Atemmuskulatur zu stärken und die Lungenfunktion zu verbessern, insbesondere bei Patienten mit Schluckstörungen.
- Förderung der Selbstständigkeit: Physiotherapie kann Patienten helfen, ihre Selbstständigkeit im Alltag so lange wie möglich zu erhalten, indem sie lernen, ihre Bewegungen besser zu kontrollieren und Hilfsmittel zu nutzen.
Physiotherapeutische Maßnahmen und Übungen
Das Übungsprogramm sollte über die speziellen Bedürfnisse des jeweiligen Patienten du des Krankheitszustandes zwischen Krankengymnasten und Patienten erarbeitet und vom Patienten und den Angehörigen gemeinsam weitergeführt werden. Methoden auf neurophysiologischer Basis haben sich bewährt. Aufgrund der vielfältigen Symptome bei Chorea Huntington ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit aller angewandten Therapiearten wie Logopädie und Ergotherapie sowie Physiotherapie erforderlich. Das Ziel der Therapie ist es, die Ressourcen des Körpers so lange wie möglich zu erhalten.
Einige physiotherapeutische Maßnahmen und Übungen, die bei Chorea Huntington eingesetzt werden können, sind:
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- Bewegungsübungen: Aktive und passive Bewegungsübungen zur Erhaltung der Beweglichkeit der Gelenke.
- Koordinationsübungen: Übungen zur Verbesserung der Hand-Auge-Koordination und der Koordination der Extremitäten.
- Gleichgewichtsübungen: Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts im Stehen und Gehen, z. B. auf einer instabilen Unterlage.
- Kräftigungsübungen: Übungen zur Stärkung der Muskulatur, insbesondere der Rumpf-, Bein- und Armmuskulatur.
- Atemübungen: Übungen zur Verbesserung der Atemfunktion und zur Unterstützung der Hustenkraft.
- Entspannungsübungen: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder autogenes Training zur Reduzierung von Muskelverspannungen und Stress.
- Gangschulung: Übungen zur Verbesserung des Gangbildes und zur Erhöhung der Sicherheit beim Gehen.
- Hilfsmittelberatung: Beratung zur Auswahl und Anpassung von Hilfsmitteln wie Gehwagen, Rollatoren oder speziellen Abpolsterungen.
Spezifische Übungsbeispiele
Hier sind einige spezifische Übungsbeispiele, die bei Chorea Huntington eingesetzt werden können:
- Dehnübungen: Dehnung der Arm-, Bein- und Rumpfmuskulatur zur Reduzierung von Muskelverspannungen und zur Verbesserung der Beweglichkeit.
- Rumpfstabilisationsübungen: Übungen zur Stärkung der Rumpfmuskulatur, z. B. Unterarmstütz, Seitstütz oder Beckenheben.
- Übungen zur Verbesserung der Handfunktion: Greifübungen mit verschiedenen Gegenständen, Kneten von Teig oder Übungen mit einem Theraband.
- Übungen zur Verbesserung der Feinmotorik: Übungen mit kleinen Gegenständen, z. B. Aufheben von Münzen oder Sortieren von Perlen.
- Übungen zur Verbesserung der Gesichtsmuskulatur: Übungen zur Stärkung der Gesichtsmuskulatur, z. B. Grimassieren, Zungenspiele oder Sprechübungen.
Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit
Aufgrund der Komplexität der Huntington-Krankheit ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachkräfte von großer Bedeutung. Neben Physiotherapeuten sind auch Ergotherapeuten, Logopäden, Neurologen, Psychologen und Sozialarbeiter in die Behandlung involviert. Durch den Austausch von Informationen und die Koordination der Therapien kann eine umfassende und individuelle Betreuung der Patienten gewährleistet werden.
- Ergotherapie: Ergotherapeuten helfen Patienten, ihre Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten, indem sie z. B. Hilfsmittel anpassen oder Strategien zur Bewältigung von Alltagssituationen entwickeln.
- Logopädie: Logopäden behandeln Sprach- und Schluckstörungen, die bei Chorea Huntington auftreten können.
- Neurologie: Neurologen sind für die medizinische Betreuung der Patienten zuständig und verordnen Medikamente zur Linderung der Symptome.
- Psychologie: Psychologen unterstützen Patienten und ihre Familien bei der Bewältigung der psychischen Belastungen, die mit der Erkrankung einhergehen.
- Sozialarbeit: Sozialarbeiter beraten Patienten und ihre Familien in sozialen und finanziellen Fragen und helfen bei der Organisation von Pflegeleistungen.
Tipps für Angehörige
Angehörige spielen eine wichtige Rolle bei der Betreuung von Menschen mit Chorea Huntington. Sie können die Patienten bei der Durchführung der physiotherapeutischen Übungen unterstützen und sie motivieren, aktiv zu bleiben. Es ist wichtig, dass Angehörige sich selbst nicht überfordern und sich rechtzeitig Unterstützung suchen. Entspannungstechniken, z.B. autogenes Training, sollten vom Patienten und auch von den ebenfalls stark geforderten Partnern erlernt werden.
Hier sind einige Tipps für Angehörige:
- Informieren Sie sich über die Erkrankung: Je besser Sie über die Huntington-Krankheit informiert sind, desto besser können Sie die Bedürfnisse des Patienten verstehen und ihn unterstützen.
- Seien Sie geduldig und verständnisvoll: Die Symptome der Huntington-Krankheit können sehr belastend sein. Seien Sie geduldig und verständnisvoll mit dem Patienten.
- Unterstützen Sie den Patienten bei der Durchführung der Übungen: Helfen Sie dem Patienten, die physiotherapeutischen Übungen regelmäßig durchzuführen.
- Motivieren Sie den Patienten, aktiv zu bleiben: Ermutigen Sie den Patienten, an Aktivitäten teilzunehmen, die ihm Freude bereiten.
- Suchen Sie sich selbst Unterstützung: Die Betreuung eines Menschen mit Huntington-Krankheit kann sehr anstrengend sein. Suchen Sie sich selbst Unterstützung bei anderen Angehörigen, Freunden oder Selbsthilfegruppen.
Forschung und Ausblick
Forschung und klinische Studien sind im Gange, um neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, einschließlich genetischer Therapien, die darauf abzielen, die zugrunde liegende Ursache der Erkrankung anzugehen. Das Verständnis der Huntington-Krankheit hat in den letzten Jahren zugenommen, und es gibt Hoffnung auf neue therapeutische Ansätze in der Zukunft. Um die Erforschung der Huntington-Erkrankung voranzutreiben, gründeten einige Zentren in Europa 2003 das Europäische Huntington-Netzwerk (EHDN). Dieses Netzwerk bündelt die Anstrengungen von Ärzten, Grundlagenwissenschaftler, Pflegekräften, Therapeuten, aber auch Patienten und Angehörigen, um neue Therapien für die Huntington-Erkrankung zu entwickeln.
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