Eine chronische Meningitis, definiert als eine Entzündung der Hirnhäute, die länger als vier Wochen andauert, stellt eine diagnostische Herausforderung dar. Die Symptome können vielfältig sein und reichen von Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen und kognitiven Beeinträchtigungen. Die Magnetresonanztomographie (MRT) spielt eine entscheidende Rolle in der Diagnostik.
Symptome und klinische Präsentation
Die klinische Präsentation einer chronischen Meningitis ist oft subtiler als bei der akuten Form. Während Nackensteifigkeit bei akuter Meningitis ein häufiges Symptom ist, tritt sie bei chronischer Meningitis seltener auf. Stattdessen können unspezifischere Symptome wie:
- Kopfschmerzen
- Abgeschlagenheit
- Persönlichkeitsveränderungen
- Fieber
vorherrschen. Hirnnervenfunktionsstörungen, wie Hörverlust oder Doppelbilder, können ebenfalls auftreten. In etwa 40 % der Fälle sind kognitive Veränderungen das einzige Krankheitszeichen. Daher sollte bei Patienten mit rasch fortschreitender Demenz eine chronische Meningitis als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden. Weitere Symptome können sein:
- Hydrozephalus
- Erhöhter Hirndruck
- Krampfanfälle
- Schlaganfall-ähnliche Episoden
- Kraniale Neuropathien
- Radikulopathien
Ein stetig zunehmender Kopfschmerz, insbesondere in Verbindung mit mentalen Veränderungen, sollte immer Anlass zu einer raschen Lumbalpunktion geben.
Ursachen der chronischen Meningitis
Das Ursachenspektrum der chronischen Meningitis ist breit gefächert und umfasst infektiöse, autoimmunologische, neoplastische und medikamenteninduzierte Ursachen.
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Infektiöse Ursachen
Je nach geographischer Region variieren die vorherrschenden Erreger. Zu den häufigsten infektiösen Ursachen gehören:
- Bakterien: Mycobacterium tuberculosis (führt zur Tuberkulösen Meningitis), Treponema pallidum (Syphilis), Borrelia burgdorferi (Lyme-Borreliose)
- Pilze: Cryptococcus neoformans, Coccidioides immitis, Histoplasma capsulatum
- Viren: HIV, Herpesviren (z. B. Varicella-Zoster-Virus)
- Parasiten: Seltener, z.B. Toxoplasma gondii
Nicht-infektiöse Ursachen
- Autoimmunerkrankungen: Sarkoidose, systemischer Lupus erythematodes (SLE), rheumatoide Arthritis, Vaskulitiden
- Neoplasien: Aussaat von Tumorzellen in die Meningen (Meningeosis neoplastica), primäre Hirntumoren
- Zysten: Zysten, die chemische Substanzen in die Zerebrospinalflüssigkeit abgeben und eine Entzündungsreaktion der Meningen hervorrufen
- Medikamente: Bestimmte Medikamente können eine nicht-infektiöse Meningitis auslösen
- Parameningeale Infektionen: Infektionen in der Nähe der Meningen können sich ausbreiten und eine Meningitis verursachen.
- Cerebral amyloid angiopathy-related inflammation (CAA-RI)
Autoimmunerkrankungen können per se Entzündungen der Meningen hervorrufen und das Risiko für opportunistische Infektionen erhöhen. Neoplasien können durch die Aussaat von Tumorzellen zu einer chronischen Meningitis führen.
Diagnostik
Die Diagnostik der chronischen Meningitis erfordert einen umfassenden Ansatz, um die zugrunde liegende Ursache zu identifizieren.
Lumbalpunktion
Die Lumbalpunktion hat einen sehr hohen Stellenwert. Die Analyse des Liquors umfasst:
- Zellzahl und Zelldifferenzierung: Bei einer chronischen Hirnhautentzündung ist die Zellzahl im Liquor fast immer erhöht, meist in Form einer lymphozyten-prädominanten Pleiozytose. Eine hohe Zahl von Neutrophilen kann auf bestimmte infektiöse Ursachen wie Mycobacterium tuberculosis hinweisen. Eosinophile sind dagegen häufig bei Parasiten oder bestimmten Pilzen vermehrt.
- Glukosespiegel: Einige infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen (z.B. Sarkoidose, meningeale Metastasen) gehen mit einem erniedrigten Glukosespiegel einher.
- Protein: Erhöhter Proteingehalt.
- Laktat: Erhöhter Laktatwert kann auf bakterielle oder tuberkulöse Meningitis hindeuten.
- Gram-Färbung und Kultur: Zum Nachweis von Bakterien.
- Antigen-, serologische und PCR-Tests: Zum Nachweis spezifischer Erreger, insbesondere bei Verdacht auf Pilze, Parasiten oder Viren. PCR-Tests auf multiple Organismen, die für akute Meningitiden entwickelt wurden, helfen bei chronischen Verläufen meist weniger.
- Zytologie: Zum Nachweis von Tumorzellen.
- Intrathekale Immunglobulinsynthese: Zum Nachweis einer lokalen Antikörperproduktion im ZNS, z.B. bei Neuroborreliose oder Autoimmunerkrankungen.
Bildgebung
Eine kontrastmittelverstärkte MRT des Kopfes ist essenziell, um Entzündungen, Raumforderungen oder andere strukturelle Veränderungen der Meningen darzustellen. Die MRT kann folgende Befunde zeigen:
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- Leptomeningeale Kontrastmittelanreicherung: Verdickung und Anreicherung der Hirnhäute, die auf eine Entzündung hinweist.
- Hydrozephalus: Erweiterung der Hirnventrikel aufgrund einer Abflussstörung des Liquors.
- Raumforderungen: Tumoren oder Zysten, die auf die Meningen drücken oder in sie einwachsen.
- Vaskulitis: Entzündung der Hirngefäße.
Eine CT des Thorax kann zum Ausschluss von Lymphadenopathie, Granulomen oder Neoplasien durchgeführt werden, insbesondere bei Verdacht auf Tuberkulose oder Sarkoidose.
Weitere Untersuchungen
- Serologische Tests: Check auf Syphilis, HIV und Lyme-Borreliose im Serum.
- Tuberkulin-Hauttest (Mantoux-Test) oder Interferon-gamma-Release-Assay (IGRA): Zum Nachweis einer Tuberkulose-Infektion.
- Next Generation Sequencing (NGS): Wird in der Forschung erprobt, ist aber noch nicht anwendungsreif.
- Video-EEG-Ableitung: Zum Nachweis von Anfallsaktivität oder fokalen Verlangsamungsherden.
Hirnbiopsie
Bei Patienten mit chronischer Meningitis und zunehmender neurologischer Verschlechterung aber uneindeutigen Testergebnissen kommt eine Biopsie des Gehirns und der Meningen infrage. Allerdings gibt es kaum Daten dazu, in wie vielen Fällen dadurch eine klare Ursache ans Licht kommt. Doch selbst wenn der Erreger nicht eindeutig zu identifizieren ist, kann möglicherweise die Art der histologischen Veränderungen (z.B. granulomatös, vaskulitisch, nekrotisierend etc.) einen Hinweis darauf geben, welche Therapie sinnvoll sein könnte.
Therapie
Die Therapie der chronischen Meningitis richtet sich nach der identifizierten Ursache.
- Infektiöse Meningitis:
- Bakterielle Meningitis: Antibiotika (z.B. bei Tuberkulose Antituberkulotika)
- Pilzmeningitis: Antimykotika (z.B. Fluconazol, Amphotericin B)
- Virale Meningitis: In einigen Fällen Virustatika (z.B. Aciclovir bei Herpesviren), meist supportive Therapie
- Parasitäre Meningitis: Antiparasitäre Medikamente
- Nicht-infektiöse Meningitis:
- Autoimmunerkrankungen: Immunsuppressiva (z.B. Glukokortikoide, Methotrexat, TNF-Blocker)
- Neoplasien: Chemotherapie, Strahlentherapie
- Medikamenteninduzierte Meningitis: Absetzen des auslösenden Medikaments
Lässt sich trotz aller Bemühungen kein Auslöser festmachen, versucht man typischerweise eine Therapie mit Antituberkulotika, Antimykotika oder Glukokortikoiden. Dabei sollte die Prävalenz der Tuberkulose in der Region beim Abschätzen der Erfolgswahrscheinlichkeit berücksichtigt werden. In einer US-amerikanischen Untersuchung wurde Ende der 1980er Jahre auf diese Weise letztendlich bei 40 % von über 80 Fällen ohne bekannte Ursache eine tuberkulöse Meningitis identifiziert.
Fallbeispiel: Chronische Leptomeningitis bei rheumatoider Arthritis
Ein Fallbericht einer 80-jährigen Patientin mit rezidivierenden Episoden von Sprachstörungen illustriert die diagnostischen Herausforderungen bei chronischer Leptomeningitis. Die Patientin hatte eine seropositive rheumatoide Arthritis und wurde mit Leflunomid behandelt. MRT-Aufnahmen zeigten eine kontrastmittelaufnehmende Verdickung der Leptomeninx. Liquoruntersuchungen ergaben eine intrathekale IgA- und IgM-Antikörpersynthese sowie eine lymphozytäre Pleozytose. Umfangreiche virologische und mikrobiologische Untersuchungen blieben ergebnislos. Eine Hirnbiopsie ergab den Befund einer zerebralen Amyloidangiopathie mit Entzündungsinfiltraten. Nach Ausschluss infektiöser Ursachen wurde eine Kortisonstoßtherapie eingeleitet, die zu einer deutlichen Besserung führte. Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden Diagnostik und die Berücksichtigung seltener Ursachen wie CAA-RI bei chronischer Meningitis.
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Prognose
Eine generelle Aussage zur Prognose lässt sich wegen der großen Vielfalt der möglichen Ursachen nicht machen. Es steht zu hoffen, dass Fortschritte in der Diagnostik, zum Beispiel bei der Entwicklung von Antikörpernachweisen für Autoimmunerkrankungen oder beim Next Generation Sequencing, die Rate an eindeutigen Diagnosen erhöhen und damit eine gezielte Therapie erlauben werden. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Therapie sind entscheidend, um neurologische Schäden zu minimieren und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Differenzialdiagnosen
Die Differenzialdiagnosen der chronischen Meningitis sind vielfältig und umfassen:
- Akute Meningitis: Insbesondere bei verzögertem Verlauf.
- Meningeosis neoplastica: Aussaat von Tumorzellen in die Meningen.
- Zerebrale Vaskulitis: Entzündung der Hirngefäße.
- Enzephalitis: Entzündung des Hirngewebes.
- Hirnabszess: Eiteransammlung im Gehirn.
- Subdurales Empyem: Eiteransammlung zwischen Dura mater und Arachnoidea.
- Arachnoiditis: Entzündung der Arachnoidea.
- Medikamenteninduzierte Meningitis: Reaktion auf bestimmte Medikamente.
- Migräne: Insbesondere bei chronischen Kopfschmerzen.
- Spannungskopfschmerzen: Häufige Ursache chronischer Kopfschmerzen.
- Idiopathische intrakranielle Hypertension (Pseudotumor cerebri): Erhöhter Hirndruck ohne erkennbare Ursache.
- Normaldruckhydrozephalus: Erweiterung der Hirnventrikel mit normalem Hirndruck.
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