Verwirrtheit und Demenz sind Begriffe, die oft im Zusammenhang mit kognitiven Beeinträchtigungen verwendet werden, aber sie beschreiben unterschiedliche Zustände. Verwirrtheit ist ein Zustand akuter oder chronischer Desorientierung, der verschiedene Ursachen haben kann, während Demenz eine fortschreitende Erkrankung ist, die durch einen allmählichen Abbau der kognitiven Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede zwischen chronischer Verwirrtheit und Demenz, ihre Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist Verwirrtheit?
Verwirrtheit äußert sich durch Schwierigkeiten, sich räumlich und zeitlich zu orientieren. Betroffene können Fragen wie "Wissen Sie, wo Sie sind und wie Sie heißen?" nicht schlüssig beantworten. Gedächtnis, Merkfähigkeit und Konzentration leiden ebenfalls. Verwirrte Personen können unruhig, umtriebig und unfähig sein, geordnete Unterhaltungen zu führen. Ihre Handlungen passen oft nicht zur Situation, und sie können aggressiv oder selbstzerstörerisch sein.
Ursachen von Verwirrtheit
Die Ursachen für Verwirrtheit sind vielfältig:
- Schlaganfall: Plötzliche Verwirrtheit, begleitet von Sprachstörungen und Lähmungserscheinungen, kann auf einen Schlaganfall hindeuten.
- Demenzerkrankungen: Schleicht sich die Verwirrung langsam ein und verstärkt sich, ist besonders bei älteren Menschen eine Demenz wahrscheinlich.
- Dehydration: Unzureichende Flüssigkeitsaufnahme kann die Denkfähigkeit beeinträchtigen und zu Verwirrtheit führen.
- Chronische Krankheiten: Diabetes (bei Blutzuckerentgleisung) oder Nierenversagen (Ansammlung harnpflichtiger Stoffe im Blut) können Verwirrtheit auslösen.
- Psychische Erkrankungen: Psychosen können ebenfalls Ursache für Verwirrtheit sein.
- Medikamente und Drogen: Verwirrtheit kann als Nebenwirkung von Medikamenten oder als Folge von Drogenkonsum (Heroin, LSD, Kokain) bzw. Vergiftungen auftreten.
- Alkohol: Regelmäßiger Alkoholkonsum und Alkoholabhängigkeit können ebenfalls zu Verwirrtheit führen.
Diagnose und Behandlung von Verwirrtheit
Die Diagnose von Verwirrtheit erfolgt in der Regel durch ein Gespräch mit dem Betroffenen, seinen Bezugspersonen oder dem Pflegepersonal. Dabei werden folgende Fragen geklärt:
- Wann hat die Verwirrtheit begonnen und hat sie sich seitdem verschlimmert?
- Leidet der Betroffene unter Grunderkrankungen, die zu Verwirrtheit führen können (z.B. Demenz oder Diabetes mellitus)?
- Welche Medikamente nimmt der Betroffene ein?
- Trinkt der Betroffene ausreichend?
- Gab es in der letzten Zeit eine psychische Belastung?
Die Behandlung von Verwirrtheit richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Bei Flüssigkeitsmangel hilft ausreichendes Trinken, bei medikamentenbedingter Verwirrtheit muss das Medikament eventuell abgesetzt, anders dosiert oder ersetzt werden (immer in Absprache mit dem Arzt!). Psychisch bedingte Verwirrtheit erfordert aufmerksame Pflege und Zuwendung, Stressfaktoren sollten vermieden und eine Psychotherapie in Betracht gezogen werden.
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Orientierungshilfen im Alltag
Wenn die Verwirrtheit kein vorübergehender Zustand ist, sondern wie bei der Demenz bleibend, können Orientierungshilfen im Alltag helfen:
- Regelmäßiger Tagesablauf
- Vertraute Gegenstände und Bilder in der Umgebung
- Überschaubare Umgebung
- Ruhige, helle Räumlichkeiten
- Gut angepasste Seh- und Hörhilfen
Was ist Demenz?
Demenz ist ein Syndrom, das durch einen deutlichen Verlust neuropsychologischer Leistungen gekennzeichnet ist, der so schwerwiegend ist, dass der Alltag nicht mehr wie gewohnt bewältigt werden kann. Im Gegensatz zu angeborenen oder früh erworbenen Minderbegabungen stellt die Demenz einen Verlust des vorher vorhandenen Leistungsvermögens dar.
Formen der Demenz
Mediziner unterscheiden zwischen primären und sekundären Formen der Demenz. In etwa 90 Prozent der Fälle liegt eine primäre Demenz vor, die hirnorganische Ursachen hat und in der Regel irreversibel ist. Primäre Demenzformen werden weiter unterteilt in:
- Neurodegenerative Demenzformen: Hierzu zählt die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Form der Demenz.
- Vaskuläre Demenzen: Diese werden durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht.
- Mischformen der Demenz: Diese kombinieren Merkmale verschiedener Demenzformen.
Etwa zehn Prozent aller Demenzkranken leiden unter einer sekundären Demenz, deren Ursache nicht im Gehirn liegt. Stattdessen können sekundäre Demenzformen u. a. durch Stoffwechselstörungen, Vitaminmangel oder Medikamente verursacht werden.
Die häufigsten Demenzformen im Überblick:
- Alzheimer-Krankheit (Morbus Alzheimer): Die häufigste Form, gekennzeichnet durch Gedächtnis- und Orientierungsstörungen, Sprachstörungen, Störungen des Urteilsvermögens und Veränderungen der Persönlichkeit. Ursächlich sind Eiweißablagerungen im Gehirn (Amyloid-beta und Tau-Fibrillen), die die Gehirnfunktion stören.
- Vaskuläre Demenz (VD): Verursacht durch Durchblutungsstörungen im Gehirn, die zu kognitiven Beeinträchtigungen führen. Die Symptome ähneln denen der Alzheimer-Krankheit.
- Parkinson-Demenz: Kognitive Beeinträchtigungen, die bei Parkinson-Erkrankten auftreten können. Symptome sind verlangsamtes Denken und Sprechen, Wortfindungsstörungen, verminderte Aufmerksamkeit, Orientierungsprobleme, nachlassendes Gedächtnis und Persönlichkeitsveränderungen.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Gekennzeichnet durch Ablagerung sogenannter Lewy-Körperchen in den Nervenzellen des Gehirns. Symptome sind Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Halluzinationen, Bewegungsstörungen; die Leistungsfähigkeit kann im Tagesverlauf stark schwanken.
Vaskuläre Demenz im Detail
Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Demenzerkrankung. Ihre Symptome sind vielfältig und hängen von der Art und Lokalisation der Hirnschädigung ab. Die Symptome können plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten.
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Ursachen der vaskulären Demenz
Die vaskuläre Demenz wird durch eine Schädigung der Blutgefäße im Gehirn verursacht. Diese Gefäße versorgen das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff, was die kognitiven Funktionen einschränkt. Typische Ursachen sind:
- Schlaganfälle: Verschließen Hirnarterien und können eine vaskuläre Demenz verursachen.
- Stille Schlaganfälle: Verlaufen ohne spürbare Symptome, erhöhen aber dennoch das Demenzrisiko.
- Arteriosklerose und Bluthochdruck: Führen meist zu schleichenden Beschwerden.
Diagnose der vaskulären Demenz
Eine Demenzerkrankung kann nur durch eine Ärztin oder einen Arzt diagnostiziert werden. Die Diagnostik umfasst:
- Ärztliches Gespräch: Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hirngefäßerkrankungen, Bluthochdruck und Diabetes.
- Körperliche Untersuchung: Feststellung von Durchblutungsstörungen.
- Bildgebende Verfahren: CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) zur Feststellung von Veränderungen im Gehirn.
- Neurologischer Status: Prüfung von Koordination, Motorik, Tastsinn und Gleichgewichtssinn.
- Medizinische Demenztests: Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit (Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit).
Therapie der vaskulären Demenz
Eine vaskuläre Demenz ist nicht heilbar, da die entstandenen Hirnschäden nicht rückgängig gemacht werden können. Ziel der Therapie ist es, weiteren Schäden vorzubeugen und eine Verschlimmerung der Beschwerden aufzuhalten bzw. zu verlangsamen.
- Medikamentöse Behandlung: Blutverdünnende Medikamente zur Vorbeugung weiterer Schlaganfälle, Behandlung von Bluthochdruck, erhöhtem Cholesterinspiegel und Blutzucker.
- Nicht-medikamentöse Behandlung: Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Musiktherapie, Erinnerungsarbeit und Krankengymnastik zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten und Lebensqualität. Kognitive Stimulation und autobiographische Arbeit können ebenfalls hilfreich sein.
Prävention der vaskulären Demenz
Einer vaskulären Demenz beugt man vor, indem man einem Schlaganfall vorbeugt. Regelmäßige Bewegung kann (weiteren) Schlaganfällen vorbeugen.
Lewy-Körperchen-Demenz im Detail
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine weitere Form der Demenz, deren Symptome denen der Alzheimer- und der Parkinson-Krankheit ähneln. Betroffen sind zunächst die Alltagsfähigkeiten, die mit dem Planen, Organisieren und Orientieren zusammenhängen. Insbesondere Aufmerksamkeit und Konzentration sind gestört.
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Ursachen der Lewy-Körperchen-Demenz
Proteinreste aus Alpha-Synclein werden nicht mehr richtig abgebaut und bilden schädliche Einschlüsse in den Nervenzellen. Diese so genannten Lewy-Körperchen lagern sich im Großhirn, in der Substantia Nigra, ab und führen dort zum Absterben von Nervenzellen.
Diagnose der Lewy-Körperchen-Demenz
Die Diagnose wird anhand von drei Kriterien überprüft:
- Gedächtnisprobleme, die häufigen Schwankungen unterworfen sind
- Wiederholt auftretende Halluzinationen
- Motorische Störungen
Sind zwei der drei Kriterien erfüllt, ist von einer Lewy-Körperchen-Demenz auszugehen.
Therapie der Lewy-Körperchen-Demenz
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist bislang nicht heilbar. Durch medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien können aber die Symptome gelindert werden.
- Medikamentöse Behandlung: Alzheimer-Medikamente (Rivastigmin oder Donepezil) zur Behandlung der Demenz, Parkinson-Medikament Levodopa in niedriger Dosierung zur Verbesserung der motorischen Symptome, Quetiapin zur Behandlung psychotischer Störungen.
- Nicht-medikamentöse Therapie: Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität, Erhaltung der geistigen Fähigkeiten und Milderung herausfordernden Verhaltens.
Delir: Akute Verwirrtheit als Differenzialdiagnose
Ein Delir, auch akuter Verwirrtheitszustand genannt, ist eine weitere wichtige Differenzialdiagnose zur Demenz. Es handelt sich um eine temporäre und reversible kognitive Störung, die sich innerhalb weniger Stunden oder Tage entwickelt.
Symptome eines Delirs
- Abrupte Veränderung der Aufmerksamkeit und Wachheit
- Symptomverschlimmerung in den späten Nachmittags- und Abendstunden (Sundowning)
- Gedächtnisverlust, Orientierungslosigkeit
- Gestörtes oder unzusammenhängendes Sprechverhalten
- Wahrnehmungsveränderungen oder Halluzinationen
- Unruhe oder plötzliche Stimmungsschwankungen
Ursachen eines Delirs
- Medikamente
- Infektionen
- Operationen und Narkose
- Krankenhausaufenthalt (Stressfaktor)
- Chronische Krankheiten
- Dehydration
- Metabolische Störungen
Diagnose und Behandlung eines Delirs
Die Diagnose erfolgt klinisch anhand der Symptomatik. Wichtig ist die Klärung der Ätiologie, um die zugrunde liegende Ursache behandeln zu können. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache. Bei medikamenteninduziertem Delir sollte das Medikament abgesetzt werden, bei Infektionen ist eine Behandlung der Infektion erforderlich.
Unterschiede zwischen Demenz und Delir
| Merkmal | Demenz | Delir |
|---|---|---|
| Beginn | Schleichend | Plötzlich |
| Verlauf | Langsam fortschreitend | Fluktuierend |
| Bewusstsein | In der Regel klar | Fluktuierend, getrübt |
| Aufmerksamkeit | In der Regel erhalten | Gestört |
| Ursachen | Hirnorganische Erkrankungen | Vielfältig (Medikamente, Infektionen, etc.) |
| Reversibilität | In der Regel irreversibel | Oft reversibel |
Begleitende Beschwerden und letzte Lebensphase bei Demenz
Menschen mit fortgeschrittener Demenz können am Lebensende verschiedene belastende Beschwerden haben, wie Schmerzen, Luftnot, Unruhe und Angst. Die Einschätzung und Behandlung dieser Beschwerden ist schwierig, da die Betroffenen sich meist nicht mehr mit Worten mitteilen können.
Schmerzen
Schmerzen treten häufig auf und können durch Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Zahnschmerzen, Harnblasenentzündungen oder Verstopfung verursacht werden. Veränderungen des gewohnten Verhaltens können Hinweise auf Schmerzen sein. Zur Behandlung können Schmerzmedikamente und nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Ergotherapie oder Physiotherapie eingesetzt werden.
Infekte
Das Immunsystem von Menschen mit Demenz ist geschwächt, wodurch sie anfälliger für Infekte sind, insbesondere der Lunge (Lungenentzündung) und der Harnwege.
Luftnot
Luftnot kann sehr belastend und ängstigend sein. Ursachen können Lungeninfektionen, Blutarmut oder weitere Erkrankungen sein. Die Behandlung umfasst Sauerstofftherapie, Kühlung im Mund-Nasen-Bereich, aufrechte Körperposition und in manchen Fällen Morphin in niedriger Dosierung.
Unruhe und Angst
Unruhe und Angst können durch Schmerzen oder psychische Belastung ausgelöst werden. Engmaschige Begleitung durch vertraute Personen, Berührungen, Massagen oder Musik können beruhigend wirken. Medikamente sollten erst eingesetzt werden, wenn nicht-medikamentöse Maßnahmen ausgeschöpft sind.
Akute Verwirrtheit (Delir)
Unter einer Demenz kann es zu einer akuten Verwirrtheit (Delir) kommen, die meist plötzlich entsteht und wieder abklingt. Auch hier können Schmerzen die Ursache sein.
Sterbeorte und Todesursachen
Die meisten Menschen mit Demenz werden zu Hause von Angehörigen betreut und haben den Wunsch, auch dort zu sterben. Mit Fortschreiten der Erkrankung wird häufiger eine Pflegeeinrichtung das neue Zuhause. Todesursachen sind oft Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) oder andere Komplikationen der Demenz.
Letzte Lebensphase und Sterbephase
In den letzten Lebensmonaten kommt es meist zu einer starken Verschlechterung des Zustandes und zunehmenden Einschränkungen. Die Betroffenen haben häufige Infekte, sind zunehmend abhängig von Unterstützung, haben Schwierigkeiten beim Schlucken und verlieren das Interesse an Essen und Trinken. In der Sterbephase können Bewusstseinsveränderungen, erhöhter Herzschlag, niedriger Blutdruck, blasse Hautfarbe und veränderte Atmung auftreten.
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