Hirnaneurysma: Umfassende Informationen zu Clipping und Behandlung

Ein Hirnaneurysma, eine Gefäßwandaussackung an einer Hirnarterie, meistens in der Nähe der Schädelbasis, kann lebensbedrohliche Folgen haben. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Hirnaneurysmen, ihre Diagnose, Behandlungsmöglichkeiten wie Clipping und Coiling sowie wichtige Informationen für Betroffene und Interessierte.

Was ist ein Hirnaneurysma?

Ein Hirnaneurysma ist eine Ausbuchtung einer Schlagader im Gehirn, die zwischen einem Millimeter und zehn Zentimetern groß sein kann. Mediziner sprechen von einer krankhaften Erweiterung an Hirngefäßen, die meist angeboren ist. Es kommt am häufigsten an Gefäßaufzweigungen an der Hirnbasis vor. Ein Aneurysma ist eine Art Beule in einem Blutgefäß. Blutgefäße sind Röhren, durch die das Blut fließt. Wenn die Wand eines bestimmten Blutgefäßes, nämlich einer Schlagader, schwach wird, kann sich eine kleine Beule bilden. Diese Beule nennt man Aneurysma.

Ursachen und Risikofaktoren

Aussackungen der Blutgefäße, sogenannte „Aneurysmen“, können jeden betreffen. Fachmediziner gehen davon aus, dass sie aufgrund einer angeborenen Schwäche der Gefäßwände entstehen - bei dem einen früher, bei dem anderen später. Ein Aneurysma - vor allem im Gehirn - kann angeboren sein. In den meisten Fällen entsteht es jedoch in höherem Alter durch eine Schwächung der Arterienwand durch Ablagerungen. Zu den Risikofaktoren gehören Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes und Rauchen. Als sicher gilt ebenfalls eine familiäre Belastung, d.h. wenn beim Vater oder der Mutter ein Aneurysma festgestellt wurde. Viele Patientinnen und Patienten haben mehr als ein Aneurysma. Es kann eine erblich bedingte Risikoerhöhung geben.

Symptome und Diagnose

Oftmals machen solche Gefäßaussackungen keine Symptome. Bei den meisten Betroffenen verursacht ein Aneurysma gar keine Symptome - bis es plötzlich reißt. Deswegen wissen die meisten Menschen gar nicht, dass sie eine oder mehrere der gefährlichen Erweiterungen in ihrem Körper haben. Insgesamt tragen 3 - 4 Prozent aller Menschen im mittleren Erwachsenenalter ein intrakranielles Aneurysma, also ein Aneurysma innerhalb des Schädels. Nur wenige dieser Aneurysmen verursachen spürbare Symptome, erklärt Prof. Dr. med. Ralf A. Kockro, Spezialist für Neurochirurgie der Klinik Hirslanden in Zürich: „Viele Aneurysmen fallen erst auf, wenn sie platzen. Oder man entdeckt sie durch Zufall, z.B. im Rahmen einer Kopfschmerz-Diagnostik oder als Nebenbefund einer anderen Untersuchung, z.B. nach einem Unfall. Symptome verursachen nicht geplatzte intrakranielle Aneurysmen nur, wenn sie sich ausdehnen und durch ihre Raumforderung andere Strukturen belasten. Das kann sich z.B. in Sehstörungen oder epileptischen Anfällen äußern.“

Die Diagnose eines Hirnaneurysmas ist meistens ein Zufallsbefund. Nur bei begründetem Verdacht aufgrund familiärer Vorbelastungen oder immer wiederkehrender Kopfschmerzen, Schwindelattacken und Sehstörungen, ist eine gezielte Untersuchung angeraten. Bei Verdacht werden unsere Patienten mit CT, MRT oder bildgebenden Verfahren untersucht, die das Aneurysma sichtbar machen. Um ein Aneurysma darstellen zu können, braucht man spezielle Techniken. Manchmal kann man das Aneurysma anhand eines CT-Scans oder besser noch eines Kernspintomogramms (MRT) annäherungsweise vermuten.

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Zufallsbefund und Subarachnoidalblutung

Ein Aneurysma wird entweder im Rahmen einer Subarachnoidalblutung, also bei der Ruptur eines Aneurysmas oder beim Auftreten von neurologischen Symptomen entdeckt. Ein Aneurysma kann auch als Zufallsbefund, als so genanntes inzidentielles Aneurysma, beim Durchführen einer Schnittbilddiagnostik aus anderen Gründen entdeckt werden. Gelegentlich werden Aneurysmen, die bisher nicht zu einer Blutung geführt haben, „zufällig“ in Untersuchungen festgestellt („inzidentelle Aneurysmen“). In diesem Fall kann eine Behandlung empfohlen sein, um in der Zukunft eine solche Blutung zu verhindern. Die Erwägung einer solchen Maßnahme ist erheblich von der individuellen Patientensituation abhängig und sollte mit in der Behandlung erfahrenen Ärzten abgesprochen werde.

Symptome bei Ruptur

Reißt ein Aneurysma im Kopf, handelt es sich um einen akuten Notfall. Die Betroffenen müssen sofort operiert werden, um eine Nachblutung zu vermeiden. Im akuten Notfall einer Aneurysmablutung kommt es meist zu schlagartigen Kopfschmerzen, die von den Patient:innen als „so stark wie noch nie in ihrem Leben“ empfunden werden. Wenn ein Aneurysma platzt, treten größere Mengen Blut aus, so dass in der Regel sofort starke Schmerzen an der entsprechenden Körperstelle auftreten, aber auch Übelkeit und Erbrechen. Eine geplatzte Arterie im Gehirn hat meist die typischen Schlaganfall-Symptome zur Folge, darunter halbseitige Lähmungen im Gesicht und am Körper, Sprachstörungen, Sehstörungen oder Krampfanfälle. Eine solche Situation ist immer lebensbedrohlich, weshalb sofort der Rettungsdienst informiert werden muss, um die Blutung zu stillen. Leider führt eine Aneurysmablutung bei einem Drittel der Betroffenen zum Tode.

Behandlungsmethoden: Clipping und Coiling

Wird ein Verdacht bestätigt, wird genau untersucht, ob eine Operation sinnvoll ist. Nicht jedes entdeckte Hirnaneurysma ist gefährlich und muss behandelt werden. Ist es noch klein und verursacht keine Symptome, reicht eine regelmäßige Kontrolle. Stellt das Aneurysma jedoch eine Gefahr dar und droht zu reißen, muss das Gefäß operiert werden. Dann plant ein interdisziplinäres Behandlungsteam, bestehend aus Neurochirurgen und Neuroradiologen, gemeinsam mit Ihnen als Patienten das optimale Behandlungskonzept. Denn rechtzeitig erkannt, kann das Aneurysma mit geringem Risiko minimal-invasiv behandelt werden. Die Wahl des Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, die im Einzelfall abgewogen werden müssen.

Es gibt verschiedene Methoden, um Aussackungen der Blutgefäße im Bereich des Kopfes zu verschließen. Wichtig sind eine präzise Diagnostik, eine individuelle Therapie-Planung sowie eine ausgefeilte Operationstechnik. Bei einer Diagnose im Gehirn gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Clipping: Das Aneurysma wird durch einen Clip ausgeschaltet. Um ein Aneurysma - eine Aussackung an einem Blutgefäß - im Gehirn auszuschalten, kommen das mikrochirurgische Clipping oder das häufiger eingesetzte Katheter-gestützte Coiling infrage.

Mikrochirurgisches Clipping

Beim Clipping handelt es sich um eine offene mikrochirurgische Operation, wobei in Narkose eine Schädeleröffnung, Kraniotomie genannt, vorgenommen wird. Unter dem Operationsmikroskop wir das Aneurysma aufgesucht und mit einem Titanclip von dem Trägergefäß isoliert. Der Schädelknochen wird wieder eingesetzt, die Wunde wird verschlossen. Bei dem Eingriff unter Vollnarkose werden eine oder mehrere Federklemmen, meist aus Titan, von außen an das Blutgefäß angebracht und verbleiben dort. Das Aneurysma wird sozusagen an seinem Hals abgeklemmt. In der Folge gerinnt das noch darin befindliche Blut. Für ein Clipping muss das Aneurysma operativ gut zugänglich sein. Um das Blutgefäß zu erreichen, muss der Schädel eröffnet werden. Dazu ist ein kleiner Hautschnitt erforderlich. Der Eingriff erfolgt mithilfe eines Operationsmikroskops, welches das Operationsgebiet detailliert darstellen und perfekt ausleuchten kann.

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Vorteile und Nachteile des Clippings

Vorteil des Clipping: Das Ausschalten des Aneurysmas verläuft unter Sicht, eine Kontroll-Angiographie ist nur selten nötig. Das Clipping ermöglicht einen dauerhaften Komplettverschluss. Nachteil des Clipping: Die vorherige Eröffnung des Schädels. Allerdings wählen wir auch beim Clipping immer den minimalinvasiven Weg“ so Prof. Kockro. Eine Spezialität der Klinik ist der minimalinvasive Verschluss von Aneurysmen mittels Clipping über einen kleinen supraorbitalen Schlüssellochzugang. Hierbei wird ein Hautschnitt in der Augenbraue angelegt und eine kleine, ca. 2 cm große Schädelöffnung geschaffen. Über diese Öffnung kann zielgenau zum Aneurysma vorgegangen werden. Hierbei werden die natürlich vorhandenen Hohlräume zwischen den Hirnlappen und Hirnfurchen ausgenutzt. Das Hirn selbst bleibt völlig unverletzt. Das OP-Mikroskop samt integriertem Exoskop dient zum Aufsuchen und Präparieren des Aneurysmas. Aus dem Aneurysma abgehende Gefäße können aufgesucht und geschont werden. Das Aneurysma selbst kann dann unter endoskopischer Kontrolle und unter höchster Vergrößerung ausgeclippt werden.

Risiken des Clippings

Allerdings kann auch der Eingriff selbst Gehirngewebe schädigen. Dann kann es zu meist vorübergehenden, seltener zu dauerhaften Beschwerden kommen - etwa Lähmungen. Außerdem bringt jede Operation Risiken mit sich - zum Beispiel für Blutungen, Wundinfektionen oder Kreislaufprobleme. Eine Aneurysma-Operation ist deshalb eher für jüngere Menschen geeignet, die keine anderen Erkrankungen haben.

Neuroradiologische Behandlung mittels Coilembolisation

Bei der Coilembolisation handelt es sich ebenfalls um einen in Narkose durchgeführten Eingriff. Ein Katheter wird in die Leistenarterie eingeführt und unter Röntgenkontrolle bis in die Aneurysma tragende Arterie vorgeschoben. Beim Coiling werden unter Vollnarkose winzige Platinspiralen von innen im Aneurysma platziert. Der Eingriff erfolgt über das Gefäßinnere. Dazu wird zunächst ein Zugang im Leistenbereich geschaffen. Über die dort gelegene große Arterie wird ein Katheter bis zum Aneurysma vorgeschoben. Über den Katheter werden die Spiralen in die Gefäß-Aussackung eingebracht. Ist der Hals des Aneurysmas sehr weit, muss dieser Vorgang zusätzlich mit einem im Gefäß platzierten Ballon oder einer Gefäßstütze (Stent) abgesichert werden. Das Blut zwischen den Coils gerinnt, sodass sich auf diese Weise das Aneurysma ausgeschalten lässt.

Vorteile des Coilings

Großer Vorteil dieser minimalinvasiven Methode: Eine Operation mit einer Öffnung des Schädels ist nicht mehr notwendig. Das umliegende Gehirngewebe wird geschont, die Gefahr von nervlichen Ausfällen wie Seheinschränkungen, Sprach- und Denkstörungen oder schweren Lähmungen ist minimiert. Ein Eingriff per Katheter kommt vor allem für Menschen infrage, für die eine Operation zu belastend wäre - zum Beispiel weil sie eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben.

Nachteile und Risiken des Coilings

Es kann vorkommen, dass es teilweise noch immer von etwas Blut durchflossen wird, was einen erneuten Eingriff erfordern kann. Während des Coilings kann es durch den Katheter oder die Spiralen zu einem Einreißen des Aneurysmas kommen. Auch bei diesem Verfahren besteht ein Schlaganfallrisiko durch Gefäßverschluss. Allergische Reaktionen auf das Kontrastmittel sind möglich. Das Coiling ist dagegen in manchen Fällen eher ein Verschluss auf Zeit, da durch eine Kompaktierung der Coils eine neue Aussackung entstehen kann. Langfristige, regelmäßige Kontrollen sind hier unerlässlich.“ Auch dieser Eingriff hat Risiken: So kann der Katheter das Blutgefäß von innen verletzen, was ebenfalls zu Blutungen und Gehirnschäden führen kann. Gerinnt das Blut im Aneurysma nicht vollständig, kann außerdem weiterhin Blut ins Aneurysma fließen.

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Flow Diverter

Neuere Entwicklungen ermöglichen auch die Anwendung bisher nur unzureichend therapierbarer spindelartiger Gefäßaufweitungen (fusiformes Aneurysma) mit sogenannten „Flow Divertern“. Beim sogenannten „Coiling“ wird per Katheter über eine Leistenarterie eine Platinspirale in das betroffene Aneurysma eingebracht, die es somit ausfüllt und verschließt, oder es werden sogenannte Stents oder Flow-Diverter implantiert, um den Blutfluss an der Aussackung vorbei zu führen.

Wahl des Verfahrens

Das Komplikationsrisiko beider Verfahren ist zwar ähnlich, das outcome ist beim Coiling aber im Schnitt besser, wenn beide Verfahren gleichermassen geeignet sind. Welches Verfahren das für den Patienten günstigere ist, ist individuell unterschiedlich und wird innerhalb eines Teams von Neuroradiologen und Neurochirurgen besprochen. „Welche Methode wir wählen, entscheiden wir individuell für jeden Patienten neu“, erklärt Prof. Kockro. Schwierig wird es außerdem, wenn sich die Aussackung an einer Verzweigung der Blutgefäße gebildet hat, so dass mehrere Seitenarme vom Aneurysma ausgehen. „In diesen Fällen ist Coiling oder Stenting oft nicht machbar und daher wird das Aneurysma mit Clips von außen verschlossen und die Blutbahnen der tragenden Gefäße werden rekonstruiert“.

Vorbereitung und Nachsorge

Vor dem Eingriff wird das Aneurysma mit bildgebenden Verfahren dargestellt. Vor dem Coling-Verfahren wird zunächst zur genauen Beurteilung der Anatomie und der Gefäßverhältnisse eine Angiographie (Gefäßdarstellung) durchgeführt. Während des Eingriffs kommt die ICG-Angiographie (englisch: indocyanine green) zum Einsatz. Mit Hilfe dieses Verfahrens kann der Blutfluss durch die Hirngefäße in Echtzeit dargestellt und analysiert werden. Dabei wird den Patient:innen ein fluoreszierender Farbstoff über die Vene verabreicht, der nach kurzer Zeit wieder vom Körper ausgeschieden wird. Nach dem Clipping muss der Patient mehrere Tage im Krankenhaus bleiben. Direkt nach der Operation wird er auf einer Intensivstation überwacht. Fünf bis sechs Tage nach dem Eingriff können die Patienten die Klinik bereits verlassen und bei einem normalen Verlauf ist kein Reha-Aufenthalt erforderlich.

Leben mit einem Hirnaneurysma

Nicht alle Menschen mit einem Hirnaneurysma brauchen eine Behandlung. Ob und welche Behandlung bei einem Hirnaneurysma sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Wer keine Beschwerden und nur ein geringes Risiko für Komplikationen hat, braucht nicht unbedingt eine Behandlung.

Verhaltensregeln und Risikominimierung

den Blutdruck zu senken, wenn er zu hoch ist - zum Beispiel durch Ernährungsumstellung zur Gewichtsabnahme, regelmäßige Bewegung oder Medikamente,nicht zu rauchen undkeinen oder nur wenig Alkohol zu trinken. Diese Regeln gelten für alle Menschen mit einem Aneurysma - unabhängig davon, wie hoch ihr Risiko für Komplikationen wie einer Hirnblutung ist.

Regelmäßige Kontrollen

Sobald wir bei diesen Untersuchungen feststellen, dass es sich in Form oder Größe verändert, verschließen wir es.“ Ist das Aneurysma durch einen Clip komplett verschlossen, ist das Problem in der Regel beseitigt. Das Risiko, dass es an dieser Stelle erneut auftritt, geht laut Prof.

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