Die COVID-19-Pandemie hat die Welt vor neue medizinische Herausforderungen gestellt. Neben den bekannten Auswirkungen auf die Atemwege und die Lunge zeigen Studien, dass COVID-19 auch schwerwiegende Auswirkungen auf andere Organe haben kann, insbesondere auf das Gehirn. Ein besorgniserregender Aspekt ist der Zusammenhang zwischen COVID-19 und einem erhöhten Schlaganfallrisiko.
COVID-19 als Risikofaktor für Schlaganfälle
Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) weist darauf hin, dass COVID-19, insbesondere bei schweren Verläufen, zu Schlaganfällen führen kann. Dies ist besonders relevant, da der Schlaganfall ein medizinischer Notfall ist, der eine sofortige Behandlung erfordert.
Eine Untersuchung aus China ergab, dass mehr als ein Drittel der COVID-19-Patienten neurologische Beschwerden aufwies, wobei einige von ihnen einen Schlaganfall erlitten. Eine niederländische Studie zeigte, dass COVID-19 bei Intensivpatienten zu thromboembolischen Komplikationen wie ischämischen Schlaganfällen führen kann. Auch in New York City wurden Fälle von Hirninfarkten bei jüngeren COVID-19-Patienten beobachtet.
Professor Dr. med. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der DSG, erklärt, dass ein Schlaganfall durch eine Minderdurchblutung oder Blutung im Gehirn verursacht wird. COVID-19 kann das Blutgerinnungssystem beeinflussen und Entzündungen in den Arterien hervorrufen, was die Entstehung von Schlaganfällen begünstigen kann. Darüber hinaus haben Menschen mit schweren COVID-19-Erkrankungen oft Vorerkrankungen wie Diabetes und hohen Blutdruck, die ihr Schlaganfallrisiko zusätzlich erhöhen.
Mechanismen der Schlaganfallentstehung bei COVID-19
Infektionen im Körper, einschließlich COVID-19, können Schlaganfälle auslösen oder begünstigen. Bei einer Infektion werden neben dem Immunsystem auch das Gerinnungssystem aktiviert, was zu einer Verdickung des Blutes und einer Verlangsamung des Blutflusses führt. Es werden vermehrt Gerinnungsfaktoren produziert, wodurch das Blut schneller gerinnt. Diese kleinen Blutklümpchen können mit dem Blutfluss in den Kopf gelangen und dort Blutgefäße verstopfen, was zu einem Schlaganfall führt.
Lesen Sie auch: Ursachen von Demenz nach Corona
Die Bedeutung der Schlaganfallvorsorge und -behandlung während der Pandemie
Die DSG betont, dass ein Schlaganfall immer ein medizinischer Notfall ist und Patienten sich schnellstmöglich in Behandlung begeben sollten, auch während der Corona-Pandemie. Die Angst vor einer Ansteckung mit dem Virus sollte kein Grund sein, eine notwendige Behandlung zu verzögern, da in deutschen Kliniken strenge Schutzmaßnahmen vorhanden sind und COVID-19-Patienten von anderen Patienten getrennt werden.
Erhöhtes Schlaganfallrisiko nach COVID-19-Infektion
Eine neue Studie zeigt, dass in den ersten drei Monaten nach einer Corona-Infektion ein deutlich erhöhtes Risiko für Schlaganfälle besteht. Forschende haben während der Corona-Pandemie ein Jahr lang Covid-19-Fälle beobachtet und herausgefunden, dass das Schlaganfallrisiko nach einer Corona-Infektion deutlich erhöht ist.
Schlaganfallrisiko und Alter
Eine Studie aus den USA untersuchte den Zusammenhang zwischen COVID-19 und dem Risiko für einen akuten ischämischen Schlaganfall bei Patienten ab 65 Jahren. Die Ergebnisse zeigen ein 10-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko innerhalb der ersten drei Tage nach der COVID-19-Diagnose im Vergleich zum Kontrollzeitraum. In den folgenden Beobachtungszeiträumen nahm der Risikounterschied zwischen den Gruppen stark ab.
Der Zusammenhang war bei jüngeren Patienten stärker. Das Schlaganfallrisiko von Tag 0-3 war in der Gruppe der 65-74-Jährigen im Vergleich zur Gruppe der über 80-Jährigen deutlich höher. Personen ohne Schlaganfall in der Anamnese hatten ein höheres Risiko als Personen, die bereits früher einen Schlaganfall erlitten hatten.
Schlaganfallrisiko und COVID-19-Impfung
Ende März letzten Jahres wurde eine schwere, wenn auch seltene Nebenwirkung nach COVID-19-Impfung mit Vektor-basierten Vakzinen beobachtet: Impfassoziiert traten vor allem bei jüngeren Frauen Sinus- und Hirnvenenthrombosen auf, es kam zu Todesfällen. Der Vektor-basierte Impfstoff ChAdOx1 (AstraZeneca) wurde daraufhin nicht mehr jungen Frauen verabreicht, außerdem wurden Geimpfte für das Leitsymptom Kopfschmerzen nach Impfung sensibilisiert und Ärztinnen und Ärzte auf das Phänomen der Bildung von anti-PF4-Antikörpern hingewiesen. Es wurde aber auch ein leicht erhöhtes Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle (sogenannte Hirnblutungen) nach Impfung mit einem mRNA-Vakzin beschrieben.
Lesen Sie auch: Auswirkungen neurologischer Symptome bei Long-COVID
Eine im Oktober 2021 publizierte Auswertung zeigte diesbezüglich ein erhöhtes Risiko an den Tagen 1-7 und den Tagen 15-21 nach Impfung mit BNT162b2. Seitdem haftet allen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 das Stigma an, sie könnten Schlaganfälle auslösen, eine Sorge, die verständlicherweise zu Ängsten führt und zur Impfskepsis beiträgt.
In einem publizierten, systematischen Review wurden zwei randomisierte Studien, drei Kohortenstudien und elf Register-basierte Studien ausgewertet. Insgesamt wurden 17.481 Fälle ischämischer Schlaganfälle erfasst - bei einer Gesamtzahl von 782.989.363 Impfungen. Die Schlaganfallrate betrug insgesamt 4,7 Fälle pro 100.000 Impfungen. Wie die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, ist damit die Schlaganfallrate nach Impfung mit der in der Allgemeinbevölkerung vergleichbar - und die TTP, die zu Sinus- und Hirnvenenthrombosen führte, zumindest nach den Vorkehrungen, die getroffen wurden, eine sehr seltene Komplikation.
Eine aktuelle Auswertung des „French National Health Data System“ (Système National des Données de Santé [SNDS]) untersuchte, wie häufig nach erster und zweiter Gabe von Vakzinen gegen SARS-CoV-2 bei Menschen im Alter von 18 bis 75 Jahren kardiovaskuläre Ereignisse (Myokardinfarkte, Lungenembolien oder Schlaganfälle) auftraten. Im Ergebnis zeigte die Studie, dass es keine Assoziation zwischen mRNA-Impfstoffen und dem Auftreten dieser schweren kardiovaskulären Komplikationen gab. Die erste Dosis des Vektor-basierten Impfstoffs ChAdOx1 war in Woche 2 nach der Impfung mit einer erhöhten Rate an Myokardinfarkten und Lungenembolien vergesellschaftet, auch beim Impfstoff von Janssen-Cilag konnte eine Assoziation mit dem Auftreten von Myokardinfarkten in Woche 2 nach Vakzinierung nicht ausgeschlossen werden.
DGN-Generalsekretär Professor Dr. Peter Berlit schlussfolgert: „Die vorliegenden Daten zeigen zumindest für die mRNA-Impfstoffe keinerlei Sicherheitssignale in Bezug auf ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Ganz im Gegenteil: Der Experte betont, dass die SARS-CoV-2-Infektion mit einer höheren Schlaganfallrate einhergeht und die Impfung somit vor Schlaganfällen schütze. Das zeigte jüngst eine koreanische Studie: Von 592.719 SARS-CoV-2-positiven Patientinnen und Patienten im Studienzeitraum (von Juli 2020 und Dezember 2021) wurden 231.037 in die Studie eingeschlossen. Die geimpften Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer waren älter und wiesen mehr Komorbiditäten auf. Dennoch waren schwere oder gar kritische COVID-19-Verläufe in dieser Gruppe seltener ebenso wie die Rate an Folgeerkrankungen.
Neuro-Covid: Neurologische Beschwerden nach COVID-19
SARS-CoV-2 kann auch neurologische Erkrankungen auslösen. Viele Covid-19-Patientinnen entwickeln neurologische Beschwerden, die unter dem Begriff "Neuro-Covid" zusammengefasst werden. Anhaltende Erschöpfung, Schmerzen, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme und Schlafstörungen - nicht nur viele Intensivpatientinnen, sondern auch leicht Erkrankte leiden während und noch Monate nach einer Covid-19-Erkrankung unter Neuro-Covid. In extremen Fällen kommt es sogar zu demenzähnlichen Symptomen oder Psychosen.
Lesen Sie auch: Behandlung von Nervenschmerzen nach Covid
Erhöhte Schlaganfallsterblichkeit während der Pandemie
Im Laufe der Pandemie kamen deutlich weniger Menschen vor allem mit leichteren Schlaganfallsymptomen in die Kliniken. „Aus Angst vor Ansteckung erreichten Betroffene zu spät oder gar nicht die Notaufnahmen. Deshalb nahm die Schlaganfallsterblichkeit zu“, so Prof. Dr. Helge Topka.
Weitere Risikofaktoren für Schlaganfälle
Nicht nur COVID-19, auch ganz banale Infekte können einen Schlaganfall auslösen oder begünstigen. So treten Schlaganfälle zum Beispiel häufiger während der Grippe-Saison im Winterhalbjahr auf. Schwelen Entzündungen im Körper, ist das Risiko, einen Schlaganfall zu bekommen, dreimal so hoch. Auch eine Herzklappenentzündung (Endokarditis) kann einen Schlaganfall auslösen.
Vorbeugende Maßnahmen und Verhaltensweisen
Um das Risiko eines Schlaganfalls zu minimieren, ist es wichtig, Infektionen nicht zu verschleppen und Entzündungen im Körper frühzeitig zu behandeln. Auch eine Grippe-Impfung kann das Schlaganfallrisiko senken.
Symptome eines Schlaganfalls erkennen
Es ist wichtig, die Symptome eines Schlaganfalls zu kennen und im Verdachtsfall sofort den Notruf zu wählen. Typische Symptome sind:
- Einseitige Lähmung des Gesichts (hängender Mundwinkel)
- Schwäche oder Taubheit eines Arms oder Beins
- Sprachstörungen (verwaschene Sprache, Schwierigkeiten, Sätze nachzusprechen)
- Verständnisprobleme
Telemedizinische Beratung
Für niedergelassene Ärzte gibt es aufgrund der derzeitigen Pandemie zahlreiche Sonderregelungen, die allerdings jeweils nur begrenzt gültig sind. Aktuell gilt derzeit unter anderem (bis Ende Dezember 2021):
- Eine telefonische Beratung ist bei bereits bekannten Patienten in vielen Fällen möglich.
- Eine Krankschreibung ist für Patientinnen und Patienten mit leichten Atemwegserkrankungen ggf. telefonisch für bis zu sieben Kalendertage möglich.
- Folgeverordnungen sind nach telefonischer Rücksprache möglich. Diese werden per Post zugestellt.
- Video-Sprechstunden können - vor allem bei chronisch erkrankten Menschen - helfen, Kontakte zu vermeiden.
- Verordnungen von Heilmitteln verlieren nicht ihre Gültigkeit, wenn die Behandlung länger als 14 Tage unterbrochen wird.
Die aktuellen Regelungen sind bundesweit gültig.
Medikamente und Corona-Verlauf
Derzeit sind Gerüchte im Umlauf, wonach bestimmte Medikamente beziehungsweise Wirkstoffe für einen schwereren Verlauf einer Corona-Infektion verantwortlich sein sollen. Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, die diese Behauptungen stützen. Die Forschung nach Medikamenten gegen das Corona-Virus läuft weltweit auf Hochtouren. Die Mediziner haben in den vergangenen Monaten immer mehr Erfahrung mit der Behandlung des Virus gesammelt und die Behandlungsmethoden weiter verbessert. Auch einige deutsche Kliniken beteiligen sich an entsprechenden Studien.
Schutzmaßnahmen während der Pandemie
Um sich vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zu schützen, sollten folgende Maßnahmen beachtet werden:
- Vor dem Anziehen der Maske gründlich die Hände waschen
- Die Maske möglichst nicht an der Innenseite berühren.
- Die Maske immer mit über die Nase ziehen, nicht nur über den Mund.
- Die Maske sollte vor allem an der Nase, aber auch insgesamt eng anliegen.
- Die Maske nach Durchfeuchtung bzw.
Es hängt u.a. von den aktuellen Inzidenzwerten ab, in welchen Bereichen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss, z.B. in Geschäften oder öffentlichen Verkehrsmitteln. In der Regel ist damit ein medizinischer Mund-Nasenschutz oder eine FFP2-Maske gemeint.
tags: #covid #und #schlaganfall #zusammenhang